Die Kunst der Kritik befände sich wahrlich in einem bedauernswerten Zustand, wenn alle denkenden Menschen mit Miß Reed übereinstimmen würden. Diese Dame behauptete nämlich in einem Vortrag über die Christian Science vor dem „Pan-Anglican Congress,“ es sei nicht nötig, mit der Persönlichkeit oder der Arbeit des Gründers einer neuen Bewegung bekannt zu sein, um die Bewegung richtig erörtern zu können. Sie scheint aber ihre Aussage im geheimen bezweifelt zu haben, denn sie erklärt gleich darauf, Mrs. Eddy sei „äußerst erregbar und exzentrisch.” Als einer, der Mrs. Eddy und ihre Arbeit kennt, möchte ich mir folgende Bemerkung erlauben: Wenn Miß Reed das Oxforder Wörterbuch von Anfang bis zu Ende durchsucht hätte, so wäre es ihr kaum möglich gewesen, zwei Eigenschaftswörter zu finden, die weniger auf Mrs. Eddy passen als die obenerwähnten. Mrs. Eddy ist nicht „äußerst erregbar”; sie ist vielmehr in ihrem Wesen sehr freundlich und gelassen. Mrs. Eddy ist nicht „exzentrisch”; im Gegenteil: es gibt kaum eine Person, die so zusammenhängend und logisch denkt, wie sie. Die Arbeit, welche sie täglich bewältigt, würde manchen Geschäftsmann in Erstaunen setzen.
Die Entwickelungsgeschichte der Christian Science ist an und für sich schon eine schlagende Antwort auf obigen Angriff. Innerhalb des kurzen Zeitraumes von vierzig Jahren hat sich die Christian Science Bewegung über die ganze Erde verbreitet und ist außerordentlich gut organisiert — alles unter der Leitung einer Person, die man uns als „äußerst erregbar” und „exzentrisch” hinstellen möchte! Während der genannten Zeit hat das Lehrbuch der Christian Science, „Science and Health with Key to the Scriptures,“ von Mrs. Eddy verfaßt, einen enormen, noch nie dagewesenen Absatz gehabt, und eine große Anzahl intelligenter Männer und Frauen haben sich um die Gründerin der Christian Science geschart.
Ein Geistlicher aus Boston unterstützte die Kritik der Miß Reed indem er erklärte, die Christian Science werde in Amerika nur „mit gutmütigem Spott” angesehen. Erwartet denn dieser Herr, daß man ihm das wirklich glauben soll? Er selbst wohnt im Schatten des Domes der Mutterkirche, welcher über die Dächer Bostons emporragt. An irgend einem Sonntag oder Mittwochabend kann er sich davon überzeugen, daß dieses große Kirchengebäude, welches über fünftausend Sitzplätze hat, mit einer ernsten und andächtigen Gemeinde gefüllt ist. Außerdem ist es einerlei, wohin man von Boston aus reist, denn überall findet man Christian Science Versammlungen und Christian Science Arbeiter.
Unsere Kritikerin behauptet, die Christian Science habe den persönlichen Gott entthront. Es dürfte wohl schwierig sein festzustellen, was für ein Wesen sie sich unter einem persönlichen Gott denkt. Man stellt sich gar zu leicht einen Gott in Menschengestalt vor. Mrs. Eddy erklärt: „Was die Person des Unendlichen ist, wissen wir nicht; wir sind uns jedoch in Dankbarkeit und Liebe der väterlichen Fürsorge des höchsten Wesens bewußt” („No and Yes,“ S. 28). Die Welt ist des Dogmatisierens allmählich etwas müde geworden. Sie verlangt ein höheres Verständnis vom Christentum, so daß es dem Volk möglich wird, die Lehren Jesu in Anwendung zu bringen und den Glauben durch Werke zu beweisen. Das Studium der Psychologie, in welche unsere Kritikerin ihr Vertrauen setzt, wird solches nie zustande bringen. Der Geist, welcher in Jesu Christo wohnte, war es, der die Kranken am Galiläischen Meer und in den Straßen von Jerusalem heilte, und derselbe Geist befähigt auch heute alle diejenigen, welche ihn realisieren, die Kranken zu heilen. Mrs. Eddy sagt hierüber: „Haltet stets diesen Gedanken fest: Durch die geistige Idee, den heiligen Geist und Christus werdet Ihr befähigt, mit wissenschaftlicher Gewißheit die Heilungsregel zu demonstrieren, welche auf dem göttlichen Prinzip, der Liebe beruht; denn dieses Prinzip, die Liebe, unterliegt allem wahren Dasein, bedeckt es und umschließt es” („Science and Health,“ S. 496).
Mrs. Eddys Bemerkung.
Nachdem Mrs. Eddy diesen Artikel gelesen hatte, rief sie aus: „Das drückt wirklich den Buchstaben und den Geist der Christian Science aus! ‚Ei‚ du frommer und getreuer ... gehe ein zu deines Herrn Freude‘”—
