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Christian Science, deren Prinzip und Methode.

Aus der Mai 1909-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die vielerlei Segnungen, welche die Kenntnis der Christian Science mit sich bringt, sind mehr oder weniger bekannt und werden mehr oder weniger zugegeben. Daß Christian Science viele Krankheiten geheilt hat, die der allgemeinen Ansicht nach unheilbar gewesen waren, daß sie die Menschen moralisch und geistig bessert, während sie dieselben körperlich heilt, und daß sie Tausende von Sündern, Trunkenbolden und Wüstlingen bekehrt und zu nützlichen Männern gemacht hat: dies sind Tatsachen, die leicht festzustellen sind und die daher niemand leugnen kann. Weil nun Christian Science bei der Heilung dieselbe Methode anwendet wie bei der Bekehrung, und weil sie ohne Arzneien und ohne irgendwelche Manipulation oder physische Berührung heilt, so wundert sich der Forschende, der bisher in der Heilkunde das Wort Wissenschaft stets mit materiellen Mitteln in Verbindung gebracht hat, wie Christian Science oder die Christliche Wissenschaft zu diesem Namen berechtigt sein kann und auf welche Weise sie die guten Werke tut, welche ihr mit Recht zugeschrieben werden.

Wahre wissenschaftliche Basis

Religiöse Systeme werden in der Regel nicht mit wissenschaftlichem Denken in Verbindung gebracht; daher die Frage, wie derartige Resultate durch rein geistige Methoden erzielt werden können. Wenn man jedoch weiter nachdenkt, so kommt man zu der Einsicht, daß alle menschlichen Erfahrungen, die angenehmen wie die unangenehmen, das Resultat des Denkens sind. Wir brauchen uns nur der alltäglichen Bedürfnisse und deren Befriedigung zu erinnern, und wir finden, daß der Bauer infolge des Denkens sein Land lichtet und pflügt, den Samen sät, die Ernte einheimst und sie verkauft. Wir sehen, daß infolge des Denkens Häuser und Städte, Straßen und Eisenbahnen gebaut werden; daß alle Bequemlichkeiten, die uns umgeben, infolge des Denkens entstanden sind; daß die Bücher, welche wir lesen, die klassische wie auch die alltägliche Literatur, alle Prosa, Poesie und Romane Schöpfungen des Denkens sind; daß die Musik, welche wir lieben und die Instrumente, auf welchen sie gespielt wird, Gedankenprodukte sind, und daß selbst die menschliche Stimme, welche als das vollkommenste Instrument angesehen wird, dem kunstgerechten Denken des Sängers gehorcht.

Ferner ersehen wir aus der Geschichte wie auch aus der eigenen Erfahrung, daß böse Gedanken böse Folgen haben. Meinungsverschiedenheiten im Geschäft, in der Politik, in Regierungsangelegenheiten, in der Kunst und Wissenschaft äußern sich als Haß, Neid, Eifersucht und Rachsucht. Diese Regungen bereiten der Menschheit unsägliches Elend. Selbst das Evangelium des Friedefürsten ist oft so sehr mißdeutet worden, daß unter denen, die sich zu demselben bekennen, viele Parteien entstanden sind, und zwar nur wegen der Verschiedenheit des Denkens und der Ansichten. Wir erinnern an die blutigen Religionskriege, welche öfters die ganze zivilisierte Welt verwüstet haben.

Angesichts der Tatsache, daß das Denken so vieles bewirkt, dessen wir uns bewußt sind, ist es zu verwundern, daß es auch vieles bewirkt, dessen wir uns nicht bewußt sind? Ohne Zweifel bewirkt das Denken fortwährend gewiße Wirkungen, und selbstverständlich muß die Wirkung mit der Ursache übereinstimmen. Es ist deshalb die Pflicht aller derer, die ihrem eigenen Wohl und dem Wohl anderer dienlich sein wollen, die Macht des rechten Denkens kennen zu lernen. Wer diesen Wunsch hat und das Studium der Christian Science in diesem Sinn in Angriff nimmt, wird bald einsehen, daß er auf dem rechten Weg ist. Er kann sich z.B. gewisser Augenblicke erinnern, in denen er sich der Betrachtung eines Kunstwerkes hingab, oder aufmerksam den Tönen der Musik lauschte, oder in die Lösung eines schwierigen mathematischen Problems vertieft war, und dabei die materiellen Gegenstände um ihn her, seine ganze materielle Umgebung vergessen hatte. Aus solchen Beispielen ist ersichtlich, daß es Erlebnisse gibt, die rein geistig sind. Man kann sich deshalb eine rein metaphysische Methode vorstellen.

Selbstverständlich muß das Normalmaß des richtigen Gedankens und Denkens für alle Zeiten richtig sein. Kein anderes Normalmaß wäre hinreichend. Diese Richtschnur erlangt man nur durch die wahre Idee von Gott, dem großen Urgrund und Schöpfer. Daß ein solcher Urgrund, ein solcher Schöpfer existiert, gibt heutigestags ein jeder zu, sei er nun religiös oder weltlich gesinnt. Man kann sich überhaupt die eigene Existenz gar nicht denken — so unbefriedigend der menschliche Begriff von derselben auch sein mag — ohne die Existenz einer Ursache oder eines Schöpfers als Basis aller Existenz zuzugeben. Selbst wenn ein Mensch denkt — wie mutlose Menschen manchmal zu denken geneigt sind —, es müsse unserem mühevollen und sorgenerfüllten Erdenleben irgendwo ein großer Fehler zugrunde liegen, so muß er dennoch zugeben, daß es nur ein Fehler in Bezug auf ein Etwas, nicht aber ein Fehler in Bezug auf ein Nichts sein kann. Ferner wird kein denkender Mensch leugnen, daß Gott genau, unfehlbar und gesetzmäßig wirkt. Was erhaben und höchst wissenschaftlich ist, kann nicht besser charakterisiert werden als mit den Worten genau, unfehlbar und gesetzmäßig. Im allgemeinen glaubte man bis jetzt, in der Religion handle es sich um den Glauben an Gott, während die Wissenschaft (Science) sich nur mit materiellen Gesetzen und materiellen Phänomenen abgebe. In der Christian Science erkennen wir die wahre Beziehung der Religion zur Wissenschaft. Das Wort Wissenschaft (Science) in seiner höchsten Bedeutung bezieht sich auf Wahrheit, ja auf Gott selbst und sein unabänderliches Gesetz. So wird also die Religion aus dem Reich der Annahme entfernt, ihre Lehren erhalten eine exakte Basis und die Wissenschaft nimmt den Glanz der Gottheit an

Basis der Christian Science Praxis

Scientifische (wissenschaftliche) Kenntnis umfaßt die richtigen Ideen, welche die Wahrheit ausdrücken bzw. enthüllen, und welche, wenn man sie annimmt und versteht, die Basis der Praxis oder der Demonstration bilden. Um sich richtige Ideen anzueignen, muß man falsche Annahmen als falsch erkennen und sie aufgeben. Daß das menschliche Denken nicht immer die richtige Grundlage gehabt hat, wird als selbstverständlich erkannt, wenn man bedenkt, daß es viele widersprechende Ansichten über Gott gibt, von denen gar manche töricht, unnatürlich, ja geradezu phantastisch sind. Christian Science erklärt uns Gott in einer Weise, die dem menschlichen Verstand allgemein als annehmbar erscheint und ihn befriedigt. Sie erklärt, daß Gott als Ursache und Schöpfer unendliche Intelligenz sein muß; auch macht sie uns diese Tatsache klar und anwendbar, indem sie das Wort Geist als ein Synonym für Gott betont. Sie lehrt, daß Gott Geist, und daß Geist Gott ist; nie aber verwechselt sie das Wort Geist, in diesem Sinn angewandt, mit dem sogenannten menschlichen Geist oder sterblichen Verstand, dessen Denkvermögen angenommenermaßen von der Materie bzw. von dem Gehirn abhängig ist, sondern sie gebraucht es stets in der höheren, göttlichen Bedeutung.

Christian Science erklärt die Person Gottes in der rechten Weise. Die Vorstellung von Gott als einem menschlich-persönlichem Wesen läßt uns Seine Allgegenwart unbegreiflich erscheinen; wenn wir Ihn aber als Geist erkennen, wird Seine Allgegenwart unserem Bewußtsein natürlich, vernunftgemäß und tatsächlich. Es ist klar, daß diese Allgegenwart die Wirklichkeit alles wahren Seins bilden muß. Indem Christian Science menschliche Meinungen und Annahmen berichtigt und der Religion eine wissenschaftliche Basis gibt, entfernt sie den alten persönlichen Begriff von Gott und gibt uns statt dessen einen besseren Begriff.

Angenommen, ein Mensch, der sich Gott als persönlich vorstellt — d.h. in dem Sinn, wie menschliche Wesen persönlich sind —, besäße die Fähigkeit, seine Gedanken auf Leinwand oder auf Papier zum Ausdruck zu bringen, und kniete dann vor einem seiner Bilder nieder, um es anzubeten: würde nicht ein jeder dieses Verfahren als töricht bezeichnen? Man würde fragen: „Welchen Zweck hat denn das? Dieses Bild stellt doch gewiß nicht Gott vor. Es kann gewiß kein Gebet erhören noch irgend etwas anderes ausrichten.” Bleibt sich nun die Sache nicht ganz gleich, wenn einer, der nicht zeichnen oder malen kann, sich blos eine Person denkt und dieses geistige Bild anbetet? Ein geistiges Bild ist ebensowenig Gott wie ein materielles Bild. Kein Wunder, daß im allgemeinen die Gebete der Menschheit nicht erhört worden sind, denn es sind so viele geistige Bilder angebetet worden als es Menschen gibt.

Christian Science lehrt, daß die Person Gottes unendlich ist und daß kein Mensch einen Entwurf oder ein Bild von Ihm herstellen kann. Wir können nichts verlieren, wenn wir in Bezug auf diesen Punkt anders denken lernen, sondern nur gewinnen, ja alles gewinnen. Derjenige, der nicht weiß, wie er beten soll, weil ihm gesagt worden ist, sein geistiges Bild sei nicht Gott, sollte sich daran erinnern, daß er zur Zeit als er dachte, dieses Bild sei Gott, auch nicht beten konnte. Er hat daher nichts verloren, wenn er sowohl in Bezug auf das Gebet als auch auf Gott seine falschen Annahmen beiseite legt. Christian Science lehrt uns das praktische, anwendbare Gebet, indem sie uns die richtige Idee von Gott gibt. Diese Idee wird dann persönliches Wissen und enthüllt des Menschen Einssein mit Gott.

Christian Science zeigt ferner, daß eine Anschauung von Gott als einem wankelmütigen und veränderlichen Wesen dazu beigetragen hat, uns von Ihm zu trennen und unser Vertrauen auf Ihn zu vernichten. Sie erkennt Ihn als einen unveränderlichen Gott, der immer gut ist und der nur das kennt, was Seine göttlichen Eigenschaften ausdrückt. Sie bedient sich eines bisher nicht in diesem Sinn angewandten Wortes, um den Begriff von Gott zu erweitern und zu erheben, nämlich des Wortes Prinzip, und zwar gebraucht sie es wechselweise mit Gott. Dies schließt notwendigerweise die Erkenntnis in sich, daß Gott gut ist, und dieses Wort gut wird in der Christian Science substantivisch als „das Gute” (d. h. der Inbegriff des Guten) abwechselnd mit Gott angewandt.

Es sei darauf hingewiesen, daß Worte Gott in keiner Weise beeinflussen oder Ihn ändern können. Sie werden nur angewandt, um dem Sterblichen behilflich zu sein, und in dem Maße wie sie verstanden werden, sind sie von großem Wert. Dieses Wort: das Gute, als der Inbegriff des Guten verstanden, ist sehr zweckdienlich, indem es dazu beiträgt, uns von einer falschen Auffassung der Person Gottes sowie von anderen irrtümlichen Ansichten über Ihn zu befreien. Das Verständnis, daß Gott der Inbegriff des Guten ist und daß der Inbegriff des Guten Gott ist, hat es gar manchen Menschen ermöglicht, ihren ersten Schritt in der christlichen Religion zu tun. Viele intelligente und gebildete Leute können den vorherrschenden Ansichten über die Person Gottes nicht beistimmen. Sie können nicht begreifen, daß Er als der Inbegriff des unendlich Guten das Übel verordnen konnte. Da nun dies die Ansicht der scholastischen Theologie ist, so haben sich viele denkende Menschen als außerhalb des Gebietes der Religion stehend betrachtet. Sie geben jedoch gerne zu, daß sie an das Gute glauben. Sie mögen zwar erklären, das Wesen Gottes sei ihnen ein Rätsel, denn sie bringen eben die alten materiellen Begriffe mit Gott in Verbindung; hingegen werden sie zugeben, sie hätten einen Begriff vom Guten und es sei ihr beständiges Streben, dasselbe zum Ausdruck zu bringen. Daraus ist ersichtlich, daß sie einigermaßen ein Verständnis von Gott haben, denn Gott ist der Inbegriff des unendlich Guten, und der Inbegriff des unendlich Guten ist Gott. Wer das Gute auch nur teilweise kennt und es zum Ausdruck bringt, hat bis zu einem gewissen Grade Gott kennen gelernt. Es gibt auf der ganzen Erde keinen Menschen, den man mit Recht einen Agnostiker oder einen Atheisten nennen kann.

In Bezug auf das Übel

Alle Christen glauben, oder behaupten wenigstens zu glauben, daß Gott die zehn Gebote eingegeben hat. Wer dies zugibt, muß gewiß ebenfalls zugeben, daß diese Gebote die Wahrheit bzw. Wissenschaft (Science) ausdrücken. Das erste derselben: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben” ist in Wirklichkeit allumfassend. Es stimmt mit der Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart Gottes, des Inbegriffs des Guten überein. Es lehrt offenbar, daß das Übel weder Macht, Wissen noch Gegenwart hat. Der Durchschnittsmensch, der sich vor dem Übel fürchtet und es für weit mächtiger hält als das Gute, findet, daß die Lehre von der Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart Gottes mit der täglichen Erfahrung im Widerspruch zu stehen scheint. Und doch muß er zugeben, daß wenn man Gott als die einzige Ursache und den einzigen Schöpfer anerkennt, man zugleich zu dem Schluß kommen muß, es könne nur eine Macht geben, nämlich Gott, den Inbegriff des Guten; daß wenn man sich hingegen für das Vorhandensein irgend einer anderen Macht ausspricht, man gegen das erste Gebot sündigt.

Christian Science erklärt das, was Durchschnittschristen zu glauben behaupten, in einer solchen Weise, daß sie es wirklich glauben. Sie legt dar, daß das erste Gebot durch seine bestimmte Kundgebung des einen Gottes den Weg der Wissenschaft (Science) erklärt. Sie zeigt deutlich, daß gerade jene menschlichen Erfahrungen, welche mit der absoluten Wissenschaft im Widerspruch zu stehen scheinen, die Notwendigkeit der Wissenschaft betonen. Ferner gibt Christian Science dem Menschen die Erkenntnis der logischen und unwiderlegbaren Tatsachen des Seins und lehrt ihn die Wissenschaft der Wahrheit, die Wissenschaft des Lebens. Dadurch wird es ihm möglich, den Schwierigkeiten des Lebens ruhig gegenüberzutreten. Er überwindet dieselben dann in dem Maße seines Verständnisses dieser Wissenschaft. Der Anfänger ist jedoch geneigt, das, was Christian Science über diesen Punkt lehrt, falsch aufzufassen und deshalb falsch zu beurteilen. Daher hört man wohl zuweilen sagen: „Wie unvernünftig! Diese Christian Scientisten behaupten, alles sei gut.”

Wir geben zu, daß einer solchen Auslegung gemäß die Lehren der Christian Science vernunftwidrig erscheinen. Es ist dies jedoch eine Mißdeutung. Christian Science ist kein System des oberflächlichen Optimismus. Sie verkündet die Wissenschaft des Lebens, des Seins, und erklärt dem Menschen deren Anwendbarkeit durch richtiges Verständnis und richtiges Handeln. Sie erklärt zwar, daß Gott, der Inbegriff des Guten ist und daß es in Ihm kein Übel gibt; nie aber behauptet sie, daß menschliche Erfahrungen ausschließlich gut seien. Im Gegenteil, Christian Scientisten geben mit allen anderen Leuten zu, daß in der menschlichen Erfahrung Sünde, Krankheit und Tod reichlich vorhanden sind. Die Menschheit hat darum keine Erlösung gefunden, weil sie von materiellen Dingen Befriedigung, und von einer vermeintlichen Vereinigung des Geistes mit der Materie inneren Trost erwartet. Noch nie hat ein Mensch durch das Erreichen all seiner materiellen Wünsche oder durch Befriedigung seines ehrgeizigsten Strebens Glückseligkeit gefunden; ebensowenig hat die Annahme, man müsse sterben, um in den Himmel zu kommen, das innere Sehnen jemals befriedigt. Bloße Theorien können menschliche Bedürfnisse nicht stillen. Es ist doch eigentlich recht sonderbar, daß man solches von ihnen erwartet, da man ja im Geschäft, in der Mechanik und in all den kleinen und großen Angelegenheiten des Lebens Wissenschaft verlangt. Nur das größte aller Probleme, das Problem des Lebens, ist in das Reich der Annahme verwiesen worden.

Dadurch, daß man Gott als den Urheber von Sünde, Krankheit und Tod angesehen hat, sind diese Übel noch nie erklärt worden. Im Gegenteil, es hat das nur zu ihrer Fortdauer beigetragen, und mit ihnen haben sich Furcht und Hilflosigkeit fortgepflanzt. Christian Science besteht streng darauf, daß die Basis oder das Prinzip alles Seins stets anerkannt werde und erklärt dem Anfänger, daß er nicht das Übel zu ergründen und dasselbe zu erklären braucht. Weder die Theologie noch die materiellen Wissenschaften haben ihm zu der Lösung dieses Rätsels verholfen. Es sollte ihm deshalb nicht unbillig erscheinen, wenn man ihn ersucht, die Fragen in Bezug auf die Natur des Übels beiseite zu legen, bis er die affirmativen Behauptungen der Christian Science bis zu einem gewissen Grade bewiesen hat. Erst wenn er so weit gekommen ist, wird er die Natur des Übels verstehen; er wird sich dann die Fragen hinsichtlich der scheinbaren Wirklichkeit menschlicher Erfahrung wie Sünde, Krankheit und Tod selbst beantworten. Das Prinzip der Christian Science erklärt das Weltall und all seine Phänomene, und in dem Maße, wie sich der Schüler der Christian Science das Verständnis des Guten aneignet, wird er die trügerische Natur des Übels verstehen.

Christian Scientisten behaupten nicht, alle Probleme bereits gelöst zu haben; hingegen erklären sie, daß sie durch eine teilweise Demonstration der erhabenen Tatsachen der Christian Science Gesundheit und Frieden erlangt haben. Dies stellt ihnen die Erfüllung der Worte des Psalmisten in Aussicht: „Ich will satt werden, wenn ich erwache, an deinem Bilde.” Durch Fortschritt und durch Beweise des eigenen Verständnisses der Christian Science lernt man deren Erklärungen über die Natur des Übels verstehen. Man sieht dann ein, daß Sünde, Krankheit und Tod keinen Teil haben an Gott, Geist, der die Quelle der Heiligkeit, der Gesundheit und des Lebens ist; daß deshalb Sünde, Krankheit und Tod ohne Gott, ohne Wissenschaft, ohne Wahrheit in der Welt sind und einen materiellen, unzulänglichen, unrichtigen und unwissenschaftlichen Begriff vom Sein als Grundlage haben.

Der Glaube an den Christus

Wie das erste Gebot, so schließt auch Christian Science alles Übel aus unserem Begriff von Gott aus. Sie lehrt das Verfahren, auf welches Jesus hinweist. Daß Christian Scientisten bei der praktischen Anwendung der Lehren des Meisters von den Vertretern der Systeme, welche diese Lehren nicht praktisch anwenden, mißverstanden werden, ist nicht zu verwundern. Auf jeden Fall steht die Tatsache fest, daß praktische Beweise wissenschaftliches Verständnis andeuten. Durch Christian Science sind die Kranken geheilt worden und werden sie geheilt infolge wissenschaftlichen Denkens, wie Jesus es lehrte. Er hob die Notwendigkeit des Gehorsams gegen das erste Gebot klar und deutlich hervor. Er erklärte: „Ein guter Baum kann nicht arge Früchte bringen.” Ferner sagte er: „Niemand ist gut denn der einige Gott.” Er wies auf die richtige Art des Gebetes hin, als er am Grabe des Lazarus erklärte: „Ich weiß, daß du mich allezeit hörest.”

Die Annahme ist unberechtigt, daß die Werke Jesu von der absoluten Wahrheit und deshalb von der Wissenschaft (Science) getrennt werden können. Sein Evangelium ist ohne Zweifel das Evangelium der Wahrheit und muß deshalb wissenschaftliche Kenntnis sein. Er bewies sich als der einzige unfehlbare Heiler, der je auf Erden gelebt hat. War seine Methode weniger wissenschaftlich als andere Methoden, weil sie das Erbarmen der Liebe mit der Genauigkeit der Wahrheit verband? Man hat die Welt gelehrt, Jesu Werke seien übernatürlich gewesen, und so erscheinen sie ohne Zweifel denen, die sie nicht verstehen. Der Unwissenheit erscheint die Wissenschaft immer wunderbar und übernatürlich. Wir tun täglich viele Dinge, die dem Barbaren übernatürlich vorkommen würden.

Ein Eingreifen in die unabänderlichen Gesetze Gottes, der absoluten Wahrheit, bzw. ein zeitweiliges Aufheben derselben ist undenkbar. Jesus beabsichtigte nichts derartiges; vielmehr waren seine Gebete eine Anerkennung der Anwendbarkeit der göttlichen Liebe, der Gegenwart und Allmacht des Guten. Er hob das Gesetz nicht auf, sondern er erfüllte das Gesetz der Gesundheit und Harmonie, — ein Gesetz, das durch richtige Gedanken und richtiges Denken in Kraft tritt. Solcher Art ist das Gebet nach der Methode Jesu; es „vermag viel.”

Es wird uns somit klar, daß der Geist, welcher Christum Jesum beseelte, die heilende sowohl als die erlösende Macht war. Jesus erklärte niemals, daß Christus mit ihm die Welt verlassen würde, sondern er wies stets auf die ewige Gegenwart des Christus hin; so z. B. in den folgenden Worten: „Ehedenn Abraham ward, bin Ich”; „Ich will euch nicht Waisen lassen”; „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.” Man hat das Wesen des Christus allgemein mißverstanden und hat angenommen, die Persönlichkeit Jesu sei die erlösende Macht; und doch ermahnte er seine Jünger beständig, sich von Persönlichkeit abzuwenden, — sowohl von ihrer als auch von seiner eigenen. Er sagte ihnen, sie sollten sich selbst verleugnen; ferner erklärte er: „Denn so ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch.” Offenbar wollte er sie auf die Notwendigkeit des individuellen Verständnisses hinweisen. Dieses Verständnis ist der Widerschein des göttlichen Geistes, wie er in Jesus, dem Christus zum Ausdruck kam, — des Geistes der absoluten Wahrheit. Niemals kann derselbe die Erde verlassen, denn es gibt keinen Ort, wo die allgegenwärtige Wahrheit nicht gegenwärtig ist.

Lieben Christian Scientisten Jesum deshalb weniger, weil sie ihn besser kennen lernen und seine erhabene Selbstaufopferung besser verstehen? Er gab uns eine Regel, nach welcher wir unsere Liebe gegen ihn beweisen müssen. Er sagte nicht: „Ihr müßt ob meines Namens recht gerührt werden; ihr müßt betreffs meiner Person oder meiner Lehren in einen Zustand der Aufregung geraten.” Nein, seine Worte lauten: „Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote,” und seine sämtlichen Gebote waren für alle Zeiten bestimmt. Wenn wir die Kranken durch die Macht des Geistes heilen, beweisen wir unser Verständnis der Gebote Jesu. Alle Christen werden dies mit der Zeit anerkennen und von ihren natürlichen Rechten Gebrauch machen.

(Schluß folgt.)

Copyright, 1909, by Mary Baker Eddy.
Verlagsrecht 1909, von Mary Baker Eddy.

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