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Predigt in einer Sägemühle.

Aus der Mai 1909-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als ich zuerst „Science and Health“ zu lesen begann und mein Denken mit Christian Science einigermaßen in Übereinstimmung zu bringen suchte, kam es in meinem Inneren dem Anscheine nach zu einem heftigen Konflikt zwischen ihren Lehren und dem, was ich früher gelehrt worden war und glaubte. Jede Seite von „Science and Health“ starrte von Behauptungen, die ich weder verstehen noch glauben konnte. So widerstreitend waren die Gefühle, die das jedesmalige Lesen des Buches in mir wachrief, daß ich physisches Unbehagen verspürte. Ich hatte aber dem mir beistehenden praktizierenden Scientisten versprochen das Buch zu lesen; zudem wünschte ich zu wissen, was mich geheilt hatte. So las ich denn beständig, aber in herausfordernder Stimmung, indem ich jede Behauptung, der ich nicht beistimmen konnte, beanstandete. Dadurch entstand ein innerer Aufruhr und ich hatte viel zu leiden. Als ich diesen Zustand eines Tages einer Freundin erzählte, sagte sie: „Sie finden aber doch einige Behauptungen, die Sie verstehen und glauben, nicht wahr?” Ich gab dies zu. „Warum lesen Sie also nicht diese, und denken über dieselben nach? Versuchen Sie einmal, nach dem bereits Gelernten zu leben und machen Sie sich keine Gedanken über das, was Sie nicht verstehen. Auf diese Weise wird Ihr Verständnis stetig wachsen und sich erweitern.”

Dies schien mir ein guter Rat zu sein; ich befolgte ihn so gut ich konnte, und das Ergebnis war — Friede. Ich dachte weiter über das Gelesene nach und war wirklich erstaunt zu finden, wie viel ich verstand und wie schön es war. Ich versuchte nach den Lehren des Buches zu leben, die darin enthaltenen Behauptungen zu beweisen, und bald stellten sich Erfolge ein. Wenn ich an eine Stelle kam, die ich nicht verstand, überging ich sie, legte sie geistig auf ein hohes Regal, bis das Verständnis kam. Indem ich so las und mich bestrebte, dementsprechend zu leben, brachte mir jeder Tag mehr Klarheit bezüglich der Wahrheit; täglich verstand ich die Lehren der Christian Science besser. Manchmal dämmerte die Erkenntnis nur langsam in mir, manchmal kam sie plötzlich wie ein Lichtstrahl. Das augenblickliche Erkennen kam bisweilen gänzlich unversehens und an völlig unvermuteten Orten. Solch ein plötzliches Aufleuchten erlebte ich einmal in einer Sägemühle. Es bot sich mir nämlich die Gelegenheit, eine der großen Sägemühlen in einer unserer Städte des Westens zu besichtigen. Die Größe der Anlage, die Mannigfaltigkeit und Vollkommenheit der Maschinen und die Geschwindigkeit, mit welcher die riesigen Stämme in Bretter verwandelt wurden,— alles das machte einen tiefen Eindruck auf mich. Es war außerordentlich interessant, dem Vorgang von dem Augenblick an zu folgen, da die Stämme triefend aus dem Fluß gebracht wurden, bis sie als fertiges Produkt zum Abschiffen bereit waren. Und hier, inmitten all des Gerassels und Getöses der Maschinen, kamen mir zwei wertvolle Lehren der Christian Science zum Bewußtsein.

Es hatte einige Zeit erfordert, ehe ich meine alte theologische Auffassung von Gott beiseite gelegt und mich an die Christian Science Idee gewöhnt hatte. Ich konnte mir Gott wohl als Liebe, als Leben, als Geist denken, schien jedoch nicht begreifen zu können, was meine Christian Science Freunde meinten, wenn sie von Gott als Prinzip sprachen. Offenbar war ihnen dieser Ausdruck besonders heilig. Ich hörte sie oft sagen: „Das Prinzip ist unser Führer”; oder: „Ich versuche mein Leben dem Prinzip gemäß einzurichten”; mir aber erschien der Ausdruck kalt und steif, meiner früheren Auffassung von Gott völlig entgegengesetzt. Meinem Besuch in der Sägemühle verdanke ich die erste Erleuchtung, die mir bezüglich dieses Begriffes zuteil wurde. Als ich die Mühle betrat, bot sich mir scheinbar ein Bild der größten Verwirrung dar. Das Dröhnen der Maschinen, das Summen der Sägen, das geschäftige Treiben der Arbeiter,— alles machte den Eindruck eines unbeschreiblichen Wirrwarrs; als wir aber von Stelle zu Stelle gingen und den Vorgang beobachteten, der die rohen Holzklötze in glatte, weiße Bretter verwandelte, wurde mir klar, daß dieser anscheinenden Konfusion ein wohlüberlegter Plan zugrunde lag, der vollkommen ausgeführt wurde. Ich sah, daß alle Teile harmonisch zusammenwirkten, daß die scheinbar getrennten Teile durch dieselbe unsichtbare Kraft, welche die mächtigen Maschinen trieb, in Bewegung gesetzt wurden. Der kleinste und unbedeutendste Maschinenteil wurde durch dieselbe treibende Kraft bewegt, welche die großen Sägen bewegte. Beim Beobachten dieser vollkommenen Kontrolle und Harmonie dämmerte leise die Erkenntnis in mir, was mit einem vollkommenen, regierenden Prinzip gemeint sei. Ich begann mir bewußt zu werden, was ein Christian Scientist mit dem Wort Prinzip meint, wenn er es auf die Gottheit anwendet; daß es nämlich, trotz des scheinbaren Chaos des falschen Lebens, ein „göttliches Prinzip” gibt, „Liebe, welche unter und über allem wahren Sein liegt und dasselbe umschließt” („Science and Health,” S. 496). Ich sah ferner ein, daß falls ich mich vom Irrtümlichen abwenden und mir des Menschen Anrecht auf das Wahre bewußt würde, auch mein Leben unter die Herrschaft des Prinzips käme; daß es mein Vorrecht sei zu wissen, daß alle Ereignisse in meinem Leben, vom geringsten und scheinbar unbedeutendsten an bis zu den scheinbar wichtigsten, vom göttlichen Prinzip geleitet und beherrscht werden, welches niemals hart und unbeugsam, sondern stets vollkommene Liebe ist.

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