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Ein Gott— eine Familie

Vater & Sohn finden gemeinsame Grundlage

Aus der November 2001-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Mit Eltern aufzuwachsen, die unterschiedliche religiöse Einstellungen haben, ist nicht immer einfach, wie Kevin Watters aus Northfield, New Hampshire, USA, sagt. Aber er lernte dabei, mehr als nur „religiöse Phrasen zu dreschen”. In zwei getrennten Interviews mit dem Herold sprechen Kevin und sein Vater Don Watters aus Los Altos, Kalifornien, über die Beziehungen in ihrer Familie.

Wie war es mit Eltern aufzuwachsen, die einen unterschiedlichen Glauben praktizieren?

Es war gut, obwohl es gewisse Herausforderungen mit sich brachte.

Ich bin hauptsächlich mit Christian Science aufgewachsen, aber ich habe gleichzeitig eine andere Religion kennen gelernt. Das war aus zwei Gründen vorteilhaft; Ich kann mich in Menschen, die anders denken, besser einfühlen und ich habe beide Eltern lieben gelernt, obwohl einer von beiden über manches nicht so denkt wie ich. Man lernt also zu lieben.

Was glauben denn deine Mutter und dein Vater?

Meine Mutter ist Christliche Wissenschaftlerin. Sie war meist zu Hause und daher immer für mich da. Wenn ein Problem auftrat, dann beteten wir gemeinsam oder riefen einen Christian Science Praktiker an, der uns durch Gebet half. Meist besuchte ich eine Christian Science Sonntagsschule.

Mein Vater ist Katholik und war beruflich sehr viel auf Reisen. Wenn sich die Gelegenheit ergab, dann ging ich auch mal mit meinem Vater in die Kirche, aber ich habe keine Firmung mitgemacht.

Wie bist du mit unterschiedlichen Auffassungen zurechtgekommen?

In einem Haushalt, in dem auch traditionelle Medizin angewandt wird, muss man sich gut überlegen, was man wirklich glaubt. Mein Vater nimmt Medikamente. Als ich klein war, habe ich auch manchmal Medikamente genommen, aber trotzdem halte ich Christian Science für die wirkungsvollste Heilmethode und verlasse mich auf diese Wissenschaft.

Gab es einen Punkt in deinem Leben, an dem du dich entschieden hast, was du wirklich praktizieren wolltest?

Ja. Als ich ungefähr zwölf Jahre alt war, holte mich mein Vater einmal von der Schule ab und sagte: „Wir fahren jetzt zum Arzt.” Ich fragte: „Warum?”

Und er sagte: „Wir lassen deine Warzen entfernen.” Ich hatte ca. 20 Warzen an meinen Händen. Mein Vater hatte mich deshalb schon mal mit zum Arzt genommen, aber die medizinische Behandlung hatte nicht lange angehalten. Die Warzen waren nicht nur wieder gekommen, sondern hatten sich auch noch vermehrt.

Daher sagte ich: „Nein, ich will mich darauf verlassen, dass Gott mich heilt.” Und er sagte: „Okay. Ich gebe dir eine Woche, aber wenn dann kein Fortschritt erkennbar ist, gehen wir wieder zum Arzt.”

Meine Eltern hatten abgemacht, dass meine Mutter und ich erst mal das machen konnten, was wir für das Beste hielten. Wir haben daher fast immer christlich-wissenschaftliche Behandlung in Anspruch genommen und mein Vater gestand uns einen gewissen Zeitraum zu, um das Problem durch Gebet zu heilen.

Und was geschah dann?

Ich erzählte meiner Sonntagsschullehrerin von den Warzen und bat sie, für mich zu beten. Ich erinnerte mich, dass es keinen Ort gibt, wo Gott nicht ist. Daher konnte es auch keinen Fleck geben, an dem eine Warze oder sonst etwas, was einem guten Gott so unähnlich ist, existieren konnte. Es war das erste Mal, dass ich meinen eigenen Standpunkt vertrat. Innerhalb der Zeit, die mein Vater mir gesetzt hatte, verschwanden alle Warzen und ich glaube, dass auch mein Vater das als geistige Heilung anerkannte.

Ein andermal hatte ich Probleme mit meinen Knien. Meine Mutter und ich suchten einen Arzt auf, weil mein Vater meine Knie gerne untersucht haben wollte. Der Arzt sagte mir, dass ich Plattfüße hätte und dass ich, wenn ich keine orthopädischen Schuhe tragen und keine Streckübungen und so machen würde, mit achtzehn ein Krüppel wäre. Das war eine ziemlich ernste Diagnose, besonders wenn man bedenkt, dass ich sportlich sehr aktiv war.

Ich bekam die orthopädischen Schuhe und trug sie auch eine Weile, aber ich erkannte, dass sie mir nicht helfen würden. Von da ab verließ ich mich völlig darauf, meine Füße und Knie durch Gebet zu heilen. Seither habe ich damit keine Probleme mehr gehabt.

Bist du weiter mit deinem Vater in die Kirche gegangen?

Seit ich mich für Christian Science entschieden habe, machen wir es so, dass mein Vater jedes Jahr mit uns zum Dankgottesdienst kommt und meine Mutter und ich gehen mit ihm in die Weihnachtsmesse.

Sprecht ihr in eurer Familie über Religion?

Eigentlich nicht so viel, weil man sich leicht nur auf die Unterschiede konzentriert. Aber als Kind habe ich meinem Vater meine Ansichten wohl irgendwie aufgedrängt. Ich erzählte ihm, was ich in der Sonntagschule lernte, und wollte wissen, warum er an manches, woran ich glaubte, eben nicht glaubte. Ich musste seine Glaubenseinstellung erst akzeptieren und schätzen lernen.

Welche Gemeinsamkeiten in Bezug auf ein Gottesverständnis siehst du in deiner Familie?

Ich würde sagen, was uns verbindet, ist der Glaube daran, dass Gott gut ist und dass wir durch unsere Lebensführung Gott ehren müssen. Zwei Dinge habe ich an meinem Vater immer bewundert. Erstens ist er ein sehr frommer Katholik. Er geht wirklich jeden Sonntag in die Kirche. Seine Hingabe geht sogar so weit, dass er ein Flugzeug chartern und zur nächsten Kirche fliegen würde, wenn wir uns irgendwo auf einer Insel befänden. So wichtig ist die Kirche für ihn und diese Hingabe und sein Engagement hatten sicher Einfluss auf mich.

Einfluss welcher Art?

Er ist mit gutem Beispiel vorangegangen. Ich habe dadurch gelernt, dass Religion, Kirche und Spiritualität wichtig sind. Dass sie es wert sind, dass man für sie Opfer bringt. Nur darüber reden reicht nicht. Dein Glaube muss in deinen Taten zu erkennen sein.

Zweitens halte ich meinen Vater für sehr christlich — er ist sehr liebevoll, sanft, geduldig und ehrlich.

Wie funktioniert Religion in eurer Familie?

Man findet eine gemeinsame Basis, obwohl das nicht immer einfach ist. In unserer Familie ist es die Bibel. Letztes Jahr wollten wir unser Weihnachtsfest etwas spiritueller gestalten. In den Jahren davor hatte ich immer einige Bibel-verse ausgewählt, die ich dann vor dem Essen vorlas. Aber letztes Jahr saßen wir gemütlich im Familienkreis und lasen die Bergpredigt. Die Predigt ist lang — sie geht über Kapitel 5 bis 7 im Matthäus-Evangelium — aber jedes Familienmitglied las einen Teil. Es war toll zu erleben, wie mehr als 20 Familienmitglieder mit den unterschiedlichsten Glaubenseinstellungen beisammen saßen und gemeinsam die Bergpredigt lasen.

Was würdest du jemandem sagen, der sich mit seiner Glaubenseinstellung allein gelassen fühlt?

Es ist wichtig zu erkennen, dass du nicht wirklich allein bist. Gott kümmert sich um dich und du kannst Gott vertrauen. Ganz egal, was andere sagen oder tun, du hast eine einzigartige Beziehung zu Gott, die dir hilft mit allem fertig zu werden, was auf dich zukommt.

Sie sind Katholik und mit einer Christlichen Wissenschaftlerin verheiratet. Wie gehen Sie an die Erziehung ihrer Kinder heran?

Ich denke, das Wichtigste ist, ein Leben als Christ zu führen. Bei den zwei größten Geboten Jesu geht es um die Verehrung Gottes und darum, wie man andere Menschen behandelt — also die goldene Regel. Das haben wir versucht unseren Kindern vorzuleben. Es genügt nicht nur anzuerkennen, dass es einen Gott gibt, der sich um sie kümmert. Hand in Hand damit geht die Verantwor tung, wie man sein Leben lebt und wie man mit anderen umgeht.

Als Eltern haben wir betont, was Christen sind und was Christen tun sollen, nicht aber, was die feinen Unterschiede zwischen den verschiedenen Ausprägungen des Christentums sind. Als die Kinder jung waren, ermutigten wir sie die Gottesdienste beider Glaubensrichtungen zu besuchen.

Meine Frau Sue und ich waren uns einig, dass Sue als Hauptbezugsperson mehr Einfluss auf die Kinder haben würde als ich und daher ihre Glaubenseinstellungen weitergeben würde. Schon vor unserer Heirat hatten wir darüber diskutiert und waren einig gewesen, dass unsere Glaubensrichtungen in den wesentlichen Punkten übereinstimmten und dass wir miteinander leben und Kinder großziehen können.

Was haben Sie gemacht, wenn Ihre Kinder krank wurden?

Bis unsere Kinder alt genug waren, um für sich selbst zu entscheiden, vereinbarten wir, dass sie mit den konventionellen medizinischen Mitteln behandelt würden, wenn sie sich in einer lebensbedrohlichen Lage befänden oder ich es für unbedingt notwendig hielt. Ich kann mich nur an eine oder zwei Situationen während ihrer Kindheit erinnern, wo dieser Fall eintrat. Wir einigten uns, dass unsere Kinder Christian Science entsprechend leben würden. Käme es jedoch so weit, dass ich mich in einer Situation total unwohl fühlte, könnte ich immer noch meine Rechte als Elternteil geltend machen.

Haben Sie Erfahrungen mit geistigem Heilen gemacht?

Nicht so, wie Christliche Wissenschaftler es tun. Als Gläubiger glaube ich an die Kraft geheilt zu werden. Ich glaube ferner, dass ich verschont und behütet worden bin. Aber ich verlasse mich auf die konventionelle Medizin.

Sprechen Sie zu Hause viel über Religion?

Wir diskutieren nicht über Religion. Wir sprechen eher darüber, wie man ein christliches Leben führt, als über die Unterschiede zwischen verschiedenen Religionen. Reden ohne Handeln bringt nichts.

Es gibt zwar Unterschiede zwischen bestimmten Religionen, aber es gibt einen gemeinsamen christlichen Weg, egal, ob die Leute Christliche Wissenschaftler, Katholiken oder Protestanten sind.

Es ist sicherlich schwieriger ein Christlicher Wissenschaftler zu sein als ein Katholik oder Protestant. Grund dafür ist die zusätzliche Dimension des geistigen Heilens. Das ist eine ganz besondere Variante des Christentums und schwieriger als das, worauf sich die meisten Menschen einlassen.

Was ist Ihnen in Ihrer Ehe wichtig?

Das Wichtigste sind persönliches Vertrauen und gleiche Werte. Im Grunde waren wir von Anfang an überzeugt, dass wir einen ähnlichen Lebensstil hatten, mit einigen Ausnahmen natürlich. Und unsere Vorstellungen davon, zu was für Menschen unsere Kinder heranwachsen sollten, waren im Grunde dieselben. Wenn man sich in den meisten Fragen einig ist, dann ist es weniger wichtig, wie man das Ergebnis nennt. Vielmehr ist es wichtig, wer man ist und was man tut. So sah ich die Dinge jedenfalls vor dreißig Jahren. Und zu unserem Glück hat es sich für uns als richtig und gut erwiesen.

Würden Sie es wieder so machen?

Auf jeden Fall! Die meisten Meinungsverschiedenheiten treten doch auf, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen. Spricht man über die jeweiligen Motive die uns bewegen und untersucht sie, dann lösen sich gewöhnlich die Meinungsverschiedenheiten in nichts auf.

In diesem Fall stellt die Grundlage das dar, was man sein will und wie man sein Leben leben will. Die anderen Dinge fallen eher unter die Kategorie der Details. Sie sind weniger wichtig als eine grundlegende Einigkeit in der Frage, wer man ist und worum es im Leben geht.

Welchen Rat können Sie Teenagern geben, die bei Eltern mit unterschiedlichen Glaubenseinstellungen aufwachsen?

Ich würde versuchen zu verstehen, was ähnlich und was anders ist. Oft sieht man Unterschiede, wo es vielleicht gar keine gibt. Was andere über Christliche Wissenschaftler denken oder was sie über Katholiken denken, sind oft Vorurteile. Wie es wirklich ist, erfährt man, wenn man miteinander redet, Fragen stellt und Meinungen austauscht. Und das Folgende ist nun mehr für die Eltern als für die Kinder gedacht: Es ist sehr wichtig, sich dafür zu interessieren, was die Kinder über ein Thema denken — insbesondere über Religion. Es ist wichtig, ihre Ansichten ernst zu nehmen und sie nach dem Grundsatz der goldenen Regel zu behandeln. Sie sollten wie Erwachsene behandelt werden, wenn es um ihr Recht auf eine eigene Meinung geht und um ihre Verpflichtung, die Meinung eines anderen nachzuvollziehen. Man muss sie spüren lassen, dass man sie für gleichwertig hält und dass man glaubt, dass sie alles erreichen können, was sie wollen. Man sollte sie auch wisen lassen, dass man bereit ist ihnen zu helfen.

Und ich bin überzeugt, dass die Art, wie die Ehepartner miteinander umgehen, genauso wichtig ist wie ihr Umgang mit dem Kind. Die Hauptsache ist, dass sich die Ehepartner grundsätzlich vertrauen und einander die Freiheit lassen, der Mensch zu sein, der sie sind. Dann kann man das auch an die Kinder weitergeben. Und die können ihr Leben ebenfalls in Freiheit leben.

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