Missbrauch - ein Begriff, der in nahezu jeder deutschen und internationalen Zeitschrift fast tagtäglich auftaucht. Manche Berichte schildern die unerfreulichen, ja sogar unappetitlichen Einzelheiten, andere Berichte zeigen Lösungsansätze auf, die aber häufig nur unbefriedigend klingen.
Der Herold der Christlichen Wissenschaft, die Monatszeitschrift für Heilung und Inspiration, basiert auf dem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy. Dieses Buch bietet nicht einfach nur eine andere Sicht auf die Welt, auf die Menschen oder auf bestimmte Einzelthemen an, sondern offeriert eine radikal andere Sicht. Die Vollkommenheit des Menschen, seine unzerstörbare Natur, Liebe, die der Mensch von Gott empfängt und durch die er Erfüllung, Schutz und Geborgenheit erlebt, werden zu zuverlässigen Tatsachen im Alltag.
Entscheidend ist also nicht, was ein Mensch unter Umständen in der eigenen Kindheit erlebt hat oder welche Umstände als ungünstig angesehen werden. Entscheidend ist, heute die unzerstörbare Substanz der Gotteskindschaft des Menschen zu entdecken. Der Mensch, auch das kleine Kind, lebt in diesem Bereich wahrer geistiger Liebe und wird von seinem Vater-Mutter Gott, behütet und niemals verlassen. Wie wirkt sich dieses Verständnis praktisch aus? In Gebet des Herrn heißt es: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. "Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man leichtfertig behaupten, dies sei nichts anderes als ein frommer Wunsch. Aber Mary Baker Eddy hat dieses Gebet auf eine höhere, geistige Auffassung gestellt und folgende Auslegung hinzugefügt: „Und Gott führt uns nicht in Versuchung, sondern erlöst uns von Sünde, Krankheit und Tod." (WuG, S.17)
Dieser Gedanke kann für jede Leserin und für jeden Leser des Herolds zu einer täglichen Richtschnur werden, nämlich immer wieder den Gedanken zu pflegen, dass tatsächlich niemand in irgendeine Versuchung geführt werden kann, etwas Böses oder Falsches oder Unmoralisches zu tun. Und mit dieser klaren Tatsache einher geht die Botschaft, dass der Mensch von Sünde, Krankheit und Tod erlöst wird. Da ist keine Bitte, kein schwaches Hoffen, kein wie auch immer gearteter Wunsch. Es ist die klare Aussage: „Gott erlöst von Sünde."
Ein guter Bekannter von mir wurde eine Zeitlang von jemandem bedroht, gedemütigt, belästigt, mit unfreundlichen Briefen bombardiert, am Telefon terrorisiert bis hin zu sehr direkten Drohungen, ihn tätlich anzugreifen. Nach einigen Wochen des Gebets kam der Gedanke auf, dass es in Ordnung wäre, auch die Polizei einzuschalten. Diese sah sich die Briefe mit den Drohungen an, erklärte, man müsse sie sehr ernst nehmen, aber wahrscheinlich müsse er sich daran gewöhnen, weil die Polizei in einem solchen Fall nichts tun könne.
Als er mir von der Aussage der Polizei berichtete, fügte er, fast schon erleichtert hinzu: „Das heißt also, Gebet wird die Veränderung bringen." In den folgenden Monaten sprach er oft über den Satz, dass Gott den Menschen von Sünde erlöst - ohne jeden Zweifel, zuverlässig. Und auch an Tagen, wo diese Aussage nicht sehr überzeugend klang, hielt er treu an dieser Tatsache fest. Klar war, wenn Gott den Menschen von Sünde erlöst, hat er auch keinen Menschen geschaffen, der Opfer von Sünde sein könne. Beides gehört zusammen. Die Sündlo-sigkeit des so genannten Täters und die Unmöglichkeit, Opfer sündiger oder verbrecherischer Gedanken zu werden.
Ich erinnere mich an manche Aussagen des Bekannten, wo er sagte, er werde nicht nach immer neuen und zusätzlichen und anderen Aussagen suchen, weil das Thema Sünde und Opfer völlig eindeutig wären. Es ginge darum, diese eine Tatsache voller Freude, ohne Furcht und ohne Bezug zur bereits verstrichenen Zeit dankbar im Bewusstsein zu akzeptieren. Auch die Überlegung, nun habe man schon so lange gebetet und es sei noch keine Lösung eingetreten, ist Teil einer mangelhaften Vorstellung über sich selbst oder der Glaube, die Sünde sei halt stärker als alle wahren, liebevollen Überlegungen.
Auf Anraten der Polizei sollte sich der Bekannte durchaus vorsehen, wenn er das Haus verlässt, da man nicht wissen könne, was geschehen wird. Ab und zu wurde ein Streifenwagen an seinem Haus vorbei durch die kleine Straße geschickt. Er sagte, er werde sich nicht von der Angst regieren lassen, dass etwas geschehen würde. Für ihn sei wichtig, die Gegenwart Gottes zu spüren und Ausdruck für Lebensfreude, Erwartung und Gewissheit zu sein. Er entdeckte in dieser Zeit mehr und mehr Beispiele, wo er selbst beitragen konnte zu dokumentieren, dass Gott den Menschen nicht in Versuchung führt. Und eines Tages erklärte er, dass er sich nun richtig wohl fühle, weil ihm klar sei, dass alle Menschen, die ihm auf der Straße begegnen, die Tatsache der Sündlosigkeit des Menschen im Herzen kennen. Dies gebe ihm eine Sicherheit, die kein Polizeiwagen für ihn erreichen könne.
Nach ungefähr zwei Jahren, die viele Gebete und viel stilles Lauschen auf die göttliche Stimme der Liebe mit sich brachten, kam ein weiterer Aspekt in sein Bewusstsein: Vergebung. Er hatte sich im Grunde über die Person, die sich da in seinem Leben breitmachen wollte, niemals nachgedacht, sie regelrecht ignoriert. Und eines Tages erkannte er, dass er seinen Gebeten ein weiteres Element hinzufügen musste, nämlich der Person zu vergeben. Er konnte nicht für sich die Gegenwart Gottes in Anspruch nehmen - und einen anderen außerhalb dieser schützenden und befreienden Gegenwart sehen. Und er konnte schnell und ohne jede Mühe erklären, dass Vergeben etwas ist, was ihm vertraut ist, was ihm keinerlei Herausforderung darstellt und von nun an als einer seiner Wesenszüge in seine Gebete und Gedanken mit einfließen würde.
Ich kann sagen, dass von diesem Augenblick an erkennbar war, dass regelrecht eine Last von ihm genommen war. Bis dahin sah es so aus, als müsse er sich womöglich gegen einen falschen Anspruch wehren oder zumindest wachsam sein, diese Tatsache im Bewusstsein aufrecht zu erhalten. Von nun an war seine Freude erkennbar, etwas Gutes weitergeben zu können. Den anderen von seiner falschen Vorstellung zu befreien, seine Sündlosigkeit zu sehen und dem anderen damit ein kostbares Geschenk weiterzugeben, brachte eine klar erkennbare und spürbare Veränderung.
Auch dann hat es noch einige Monate gedauert, bis der Spuk endgültig vorbei war. Er endete ohne Vorankündigung, es gab keine Mitteilungen, keine äußeren Anzeichen. Plötzlich blieben die Drohbriefe aus, es gab keine Anrufe mehr und keine Belästigungen. Der Friede war wiederhergestellt. Ein Mensch, irgendwo auf der Welt, war vom Anspruch der Sünde befreit worden. Und Vergebung sichtbar geworden. Das war ein perfekter Beweis für die Tatsache, dass Gott niemanden in Versuchung führt, aber von Sünde, Krankheit und Tod befreit.
Hierin liegt die Aufgabe - und auch die Fähigkeit - jedes einzelnen Christlichen Wissenschaftlers, sein geistiges Verständnis für die Welt zu nutzen. Jeder einzelne von uns kann Tatsachen über die Vollkommenheit der Schöpfung bekräftigen, sie pflegen und hegen. Zum Gebet gehört eine unmittelbare Wirkung. Wir müssen, wie es dieses Beispiel gezeigt hat, den Täter nicht kennen. Wir müssen auch nicht wissen, ob es sich in einem bestimmten Fall um Datenmissbrauch, Kindesmissbrauch oder Vertrauensmissbrauch handelt. Denn entscheidend sind nicht die vielen Spielarten eines irrigen, fehl geleiteten Denkens, sondern die eine Wahrheit, die befreit. Hierzu bedarf es aller aufrichtigen Menschen, die sich der göttlichen Tatsache bewusst sind, dass der Mensch von Sünde erlöst ist, und die nicht dabei stehen bleiben, dies nur zu erhoffen. Praktisch heißt das: Ich bemühe mich, mein gedankliches Bild von den Menschen konsequent von meinem Verständnis von Gott abzuleiten. Den begreife ich als nur gut und vollkommen und als Schöpfer von allem. Somit fasse ich den Menschen – als Gottes Schöpfung, als Seinen Ausdruck - folglich auch als nur gut und vollkommen auf, ohne einen Makel, ohne einen Mangel. Es fehlt kein Verständnis, keine Charaktereigenschaft, keine Liebe, keine Intelligenz, keine Gelegenheit, keine Kraft oder Ausdauer. Jeder Mensch bekommt unmittelbar von Gott alles, was er/sie braucht - und das in jeder Phase des Lebens. Und selbst wenn dieses Wissen oder Verständnis sich erst zeigen sollte, wenn jemand schon in eine schwierige Situation gekommen sein sollte, kann es die eigene Wahrnehmung und die eigene Einschätzung augenblicklich verwandeln.
Und wenn ich diese Überlegungen weiterverfolge, komme ich nicht umhin, gedanklich für die Freiheit und Unabhängigkeit aller Menschen von äußeren Bedingungen einzutreten. Das betrifft die Opfer ebenso wie die Täter. Es betrifft aber auch Menschen ganz allgemein, die als Opfer jeglicher einengender äußerer Umstände bezeichnet werden müssen, seien es wirtschaftliche Not, ungünstige natürliche Bedingungen, gesundheitliche Einschränkungen, kulturelle Traditionen und vielerlei Abhängigkeiten.
Dieses Bewusstsein, die vollkommene Schöpfung eines vollkommenen Gottes zu sein, schafft eine Freiheit, die auch den Mitmenschen von seinen Begrenzungen - aus Gegenwart und Vergangenheit - mit befreien kann. Es schafft eine klare Wahrnehmung für das vollkommene Wesen des anderen und fördert es zutage und ermöglicht so ein vertrauensvolles, wohlwollendes Miteinander unter allen Menschen.
Sie können aus Ihrer Liebe zu Gott, zu Ihren Nachbarn, zum Herold und zur Christlichen Wissenschaft heraus so viel Gutes tun. Lassen sie sich von den Schreckensmeldungen nicht blenden - niemand ist wehrlos. Gott ist an der Seite jedes Menschen.
Eine Reihe von Leserinnen und Lesern hat die Redaktion des Herolds gebeten, etwas Heilendes und Ermutigendes zu den Missbrauchsfällen zu sagen, die die Öffentlichkeit in Deutschland seit geraumer Zeit beschäftigen. Kaum ein Tag vergeht ohne neue Enthüllungen und erfreulicherweise gibt es konkrete Schritte, diese Fälle auch juristisch aufzuarbeiten. Lesen Sie bitte den folgenden Beitrag.
