Kommt der Dank nach der Ernte oder die Ernte nach dem Dank? Und sollen wir, falls die Ernte nicht zufriedenstellend oder gänzlich ausgefallen ist, die Gottheit strafen durch Verweigerung unseres Dankes? Sollen wir zu unseren Fahrzeugen und Geräten sagen: Wenn ihr gut fahrt bzw. arbeitet, öle ich euch. Oder zum Ofen: Wenn du mich gut wärmst, kriegst du zur Belohnung auch Brennholz?
Es ist alter Brauch seit Jahrtausenden, den göttlichen Mächten Lob und Dank zu verheißen, wenn sie sich so gnädig erweisen wollten, das Gewünschte zu ermöglichen. Beispielsweise gelobte Kaiser Otto der Große 966 in der Schlacht auf dem Lechfelde den Bau des Wormser Doms, falls er die verheerenden Ungarneinfälle vom Reich fernhalten könnte. Das scheint ja auch viel wirtschaftlicher: Erst wenn man das Faustpfand in der Hand hat, kann man auch für die Gottheit „etwas springen lassen". So versprechen ja auch viele Kranke Gott Lob und Dank zuhauf, falls sie endlich gesund würden. – Und es ändert sich nichts! Stimmt da womöglich an diesem Verfahren etwas nicht?
René Egli („Das LOLA-Prinzip") zerrupft Jesu tröstliche Verheißung: „Bittet, so wird euch gegeben" mit der Behauptung, wer bettle, bekomme gerade deshalb nichts, weil er den Mangelgedanken in die Schicksalskräfte aussende. Was man in den Rechner eingibt, wird ja auch ausgedruckt! Damit wackelt bereits die erste Zeile des berühmtesten Psalms: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln". Da ist der Blick auf den Mangel gerichtet. Und der wird dann auch vom „Rechner" ausgedruckt. Sagen Sie einem Kleinkind oder Hund mit erhobenem Zeigefinger: „Geh da nicht hin!" Sie erreichen das Gegenteil, nämlich lhren Furchtgedanken. Ein Lehrgangsteilnehmer schlug mir Abänderung vor: „Der Herr ist mein Hirte, ich lebe in Fülle." Damit freue ich mich schon im Voraus auf Fülle und erleichtere ihr Erscheinen!
Bei drückender Trockenheit riefen die Australier die Bevölkerung auf, „um" oder „für" Regen zu beten. – Mit dem Mangelgedanken! Bruce Lipton und Gregg Braden („Die Schöpferkraft in den Zellen") hielten zu der Zeit dort Vorträge, auch vor Verantwortungsträgern. Am nächsten Tag prangte in den Zeitungen: „Australian Rain Day" mit der Aufforderung, „Regen zu beten." Gregg Braden hatte zuvor Folgendes erlebt: Ein Indianer hatte ihn bei texanischer Dürre an einen heiligen Steinkreis eingeladen, worin der Indianer in tiefem Gebet sich das Gewünschte bereits vorstellte: klatschenden Regen auf der Haut „fühlte", ihn in durch reichlich Wasser hochgewachsenem Mais rauschen „hörte", aus feuchter Erde „roch" und mit den Füßen im Matsch „tastete". Dann gingen sie essen und als sie wieder herauskamen, zogen schwarze Wolken auf, die der Wetterdienst für eine ganz andere Gegend vorhergesagt hatte. – Und als Lipton und Braden Australien verließen, regnete es Überschwemmungen.
Mk.11,24 übersetzte Luther: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, gläubet nur, dass ihrs empfahen werdet ..." In der heutigen Übersetzung steht: „... dass ihr's empfangt." Welche Zeitangabe ist richtig? In der griechischen Urschrift steht: „... dass ihr's empfangen habt." In der göttlichen Welt ist alles Gute jederzeit und überall schon immer da und kennt keine Zeitabläufe! Und so werfen neuerdings die fortgeschrittensten Physiker alle unsere Vorstellungen von Zeit und Raum über den Haufen. Wir aber kleben geradezu an Vorstellungen von Zeitenfolge und suchen vor Auswirkungen Ursachen! Jesus weist (Johannes 9) solches Ursache–Wirkung-Denken schroff zurück: „Es hat weder er gesündigt noch seine Eltern." Wer Ursachen sucht, erkennt sie auch an und muss dann auch die Auswirkungen anerkennen. Wie will der denn dann heilen?
Gottes immerwährendes Jetzt ist uns nur schwer verständlich. Ich sah eine befreundete Musiklehrerin vor dem Auftritt ihrer vielen Schüler hochrot aufgeregt. Ich ging mit einer Denkaufgabe zu ihr: „Stell' dir vor, du hast eine Schallplatte (CD, DVD) am Laufen: Einiges hast du bereits gehört, das ist Vergangenheit, einiges läuft im Augenblick, das ist Gegenwart, einiges steht noch bevor, das ist Zukunft. Und wenn du jetzt die Platte herausnimmst, hast du dann Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft in der Hand? Bei Gott ist alles bereits geschehen und gut gelungen. Und du hast jetzt die Gelegenheit, alles nochmals im Einzelnen nachzuverfolgen, wie es gelungen ist." Diese Frau verstand meine anspruchsvolle Gedankenakrobatik, beruhigte sich sofort und die Veranstaltung verlief wunderbar!
Lange vor den Physikern machte Mary Baker Eddy ihr Denken unabhängig von Raum und Zeit (vgl. Wissenschaft und Gesundheit S.125): „... und der Gärtner wird seine Blume vor ihrer Aussaat wahrnehmen." Das ist Erntedank im Voraus!
Ich lebe und lehre seit etlichen Jahren den Frieden mit allen Gartenwesen, auch den unbeliebten. Voriges Jahr aber kam ich mit all meinen Kenntnissen nicht durch: An zweien meiner Bohnenstangen vermehrten sich die schwarzen Bohnenläuse seuchenartig. Da kam mir der Einfall, dass auch eine Bohnenstange mit den sich emporwindenden Bohnenranken ein in sich geschlossener, in sich vollständiger Gottesgedanke sei, der sich selbst behaupten, sich selbst verteidigen könne. Ich sagte den beiden Bohnenstangen streng: Ich gehe jetzt auf den Markt und suche noch nach Tomatensetzlingen und wenn sich bis zu meiner Rückkehr nichts ändert, setze ich die Tomaten dahin! Bei meiner Rückkehr fühlte ich schon von Weitem den Umschwung: Die Ameisen zogen sich zurück, Marienkäfer waren angekommen und die Läuse vermehrten sich einfach nicht mehr und starben bald aus.
Ich stelle mir nicht nur im Garten schwierige Mitgeschöpfe als liebevolle Geschwister aus dem gleichen Himmel vor.
Die Erkenntnis, dass jede noch so große oder kleine Einheit ein in sich geschlossener, vollständiger, unzerstörbarer Gottesgedanke mit dem „Himmelreich inwendig in sich" sei, hilft mir nun auch großartig bei der Heilarbeit. Bei Not verleiht solches Bewusstsein Ruhe und Vertrauen. Beeindruckende Vorbilder sind dazu Paulus und Silas im Gefängnis (Apostelgeschichte 16). Paulus hatte einen aufdringlichen Wahrsagegeist vertrieben und dafür waren sie unschuldig misshandelt und festgesetzt worden.
Die meisten heutigen Christen hätten sich in solcher Lage zerquält mit der unlösbaren Frage: „Warum züchtigt mich Gott so streng? Was will Er mir mit dieser Heimsuchung sagen?" – Wie genau in der Mitte der Bibel die Psalmen, die Lobgesänge auf Gott, stehen, so sangen Paulus und Silas in der Mitte der Nacht das Lob Gottes sehr zur Verwunderung der gewiss nicht ganz so fröhlichen Mitgefangenen. Unbeeindruckt von der gegenwärtigen misslichen Lage. Einfach so aus Gewohnheit. Grund für ein überschwängliches Lob Gottes hatten ihnen die Tage und Jahre davor zur Genüge geboten. „Denn Dankbarkeit ist Reichtum und Sorgen machen arm", steht in einem Kirchenlied. Und dann — und darauf – und dadurch riss ein „Erdbeben" alle Türen auf und öffnete sogar alle Fesseln! Ein Lob Gottes birgt keine „Risiken", hat aber oft erstaunliche „Nebenwirkungen". Und sogar der Gefängnisaufseher wurde gläubig.
Unter eine Warenbestellung setze ich gern den Spruch: „Mit Dank im Voraus." Gilt das nur für Waren? Vorbild ist Jesus, der den bereits verwesenden Lazarus aus dem Grabe ruft mit vorausgehendem „Ich danke dir, dass du mich erhört hast" (Johannes 11). Oder bei der Speisung der 4.000 und 5.000: Er nahm das (wenige) Brot, dankte (genauer übersetzt: segnete) und brach’s.
Ich stelle mir nicht nur im Garten schwierige Mitgeschöpfe als liebevolle Geschwister aus dem gleichen Himmel vor. „Hast du dir jemals diesen Himmel und diese Erde vorgestellt, von Wesen bewohnt, die unter der Herrschaft der höchsten Weisheit stehen?" (WuG, S. 91). „Der Florist wird seine Blume vor ihrer Aussaat wahrnehmen" (WuG, S. 125)-und sie wird seine Vorfreude dann strahlend erwidern!
Säen Sie wohl!