Wie sehr betrachten Sie sich als „Wissenschaftler/-in“? Woran haben Sie in letzter Zeit „geforscht“? Welche „Daten“ haben Sie analysiert, um Antworten auf Probleme zu finden, die der Lösung harrten? Wenn es der Zweck einer Wissenschaft ist herauszufinden, wie etwas funktioniert, welche „Entdeckungen“ haben Sie schon gemacht? Wenn es bei einer Wissenschaft darum geht, die Wahrheit zu erkennen und die Macht der Wahrheit anzuwenden, um praktische Lösungen hervorzubringen, welche Tatsachen haben Sie ans Licht gebracht, die dem Leben der Menschen mehr Freiheit verschafft haben? Für Christliche Wissenschaftler sind dies wichtige Fragen – die man sich vor dem Spiegel stellen sollte!
Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman gibt in einem seiner Bücher ein Beispiel für einen schlechten wissenschaftlichen Ansatz. Er beschreibt darin ein naturwissenschaftliches Lehrbuch für Grundschüler, in dem ein aufziehbarer Spielhund abgebildet ist. Die zu der Abbildung gehörige Frage lautet: „Wodurch wird der Hund bewegt?“ Die geforderte Antwort: „Durch Energie.“ Doch Feynman weist darauf hin, dass die Schüler nichts über die zugrunde liegende Naturwissenschaft an sich – in diesem Fall Physik – lernen, wenn man ihnen nur einen Begriff einpaukt.
Dann erklärt er, dass ein sinnvoller und wissenschaftlicher Ansatz gewesen wäre, den Spielzeughund auseinanderzunehmen, damit die Kinder die Zahnräder und die Spannung in der Feder sehen und dann mitverfolgen können, wie das Auslösen der Spannung die Bewegung des Hundes hervorruft. Mir fiel auf, dass diese Strategie für jede Wissenschaft gültig ist.
Wer etwas erforschen will, kann nicht einfach nur mechanisch Begriffe auswendig lernen. Man muss sich gründlich mit dem Objekt der Forschung auseinandersetzen – es sozusagen „auseinandernehmen“; man muss es untersuchen, testen, aus Fehlern lernen und sich damit beschäftigen, bis man das Prinzip dahinter verstanden hat und beweisen kann. Und da der Gegenstand der Wissenschaft, mit der wir uns befassen, der Christus ist, werden alle Assoziationen mit einer kalten, sterilen Labor-Atmosphäre durch Wärme, Trost und die ruhige Gewissheit ersetzt, dass die heilende Macht, die in Jesu Mission so klar zutage trat, uns auch heute noch zur Verfügung steht, um sie zu erforschen, zu testen und zu beweisen. Doch wie jeder gute Wissenschaftler müssen wir bereit sein, diszipliniert und systematisch vorzugehen.
Mary Baker Eddy entdeckte die Wissenschaft des Christus und legte die vollständige und komplette Beschreibung derselben im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, dar. Dennoch glaubte sie nicht, dass sie damit deren Anwendung oder die Möglichkeiten, die sie umfasst, erschöpft hätte; ebenso wenig wie Newtons Entdeckung der Schwerkraft einem tieferen Eindringen in die Implikationen der Schwerkraft bei der Entwicklung der Naturwissenschaften ein Ende gesetzt hatte.
Sie formulierte folgende zeitnahe Frage: „Wer kann, ohne sich zu irren, einen Bruchteil der tatsächlichen Wissenschaft des Gemüts-Heilens verstehen?
Derjenige, der sein Wissen auf einer christlichen, mentalen, wissenschaftlichen Grundlage eindeutig bewiesen hat; der zwischen Materie und Gemüt gewählt und bewiesen hat, dass das göttliche Gemüt der einzige Arzt ist“ (Vermischte Schriften 1883–1896, S. 269).
Vielleicht geht es ja genau darum, dass man für eine effektivere Heilarbeit auch die Bereitschaft braucht, einen wissenschaftlichen Entdeckergeist zu entwickeln. Eine wissenschaftliche Denkweise wird durch die Überzeugung angetrieben, dass Fragen Antworten haben, dass die Wahrheit machtvoll ist, dass alle Tests im Rahmen von bewährten Gesetzen stattfinden und die Beweise diesen Gesetzen entsprechen müssen. Von dieser mentalen Einstellung ausgehend muss man aktiv forschen, experimentieren und daran arbeiten, Lösungen für ungelöste Probleme zu finden.
Eine wissenschaftliche Denkweise beinhaltet, dass man weiß, wie wichtig es ist, die Daten korrekt zu deuten und dass man dazu bereit ist, seinen Ansatz zu ändern, sobald man erkennt, dass man sich geirrt hat. Manchmal verlaufen Experimente ja nicht wie geplant – denken Sie nur an Petrus´ Versuch, zusammen mit Christus Jesus auf dem Wasser zu wandeln! Oder denken Sie an die Jünger – wie viel Vertrauen hatten sie wohl in ihre Fähigkeit, das ihnen aufgetragene „Experiment“ erfolgreich durchzuführen, nämlich Tausende von Menschen zu speisen, obwohl die verfügbaren Mittel lediglich aus ein paar Fischen und etwas Brot zu bestehen schienen? Doch der Umstand, dass die Jünger nicht wussten, wie sie diese Aufgabe lösen sollten, hieß nicht, dass die zugrundeliegende Wissenschaft verkehrt war. Es bedeutete lediglich, dass sie mehr über die Gesetze Gottes zu lernen hatten und dass sie lernen mussten, wie ein Verständnis von der gegenwärtigen Wirklichkeit des unendlichen Guten praktisch umgesetzt werden konnte, denn der Mensch ist nie von Gottes Fürsorge getrennt.
Zu meiner Schulzeit waren Laborversuche in erster Linie dazu bestimmt, bereits bewiesene wissenschaftliche Erkenntnisse zu bestätigen. Mit anderen Worten, man versicherte uns, dass wir in der Lage sein würden, mit zuverlässiger Sicherheit zu dem erwarteten Ergebniss zu gelangen, wenn wir uns beim Durchführen des Versuchs genau an die vorgeschriebenen Schritte hielten. Aber ich weiß noch, wie frustriert ich immer war, wenn mein Ergebniss weit hinter dem gewünschten Resultat zurückblieb.
Gewöhnlich zeigte mir dann der Lehrer, was die Ursache für das Misslingen gewesen war, sei es, dass ich zu viel Hitze zugegeben, zu viel Feuchtigkeit eingelassen oder sonst etwas getan hatte, was von den vorgegebenen Schritten abgewichen war. Wenn das Ergebniss hingegen den Erwartungen entsprach, dann weckte dieses Erfolgserlebnis immer den Wunsch in mir, mehr zu erforschen.
Heute haben wir nicht nur Jesu Vorbild, sondern auch das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, das uns zeigt, wie ein Verständnis vom Christus Heilung von Sünde und Krankheit in allen ihren Formen bewirken kann.
Viele Menschen begrüßen wissenschaftliche Ideen, solange damit ausschließlich eine materielle wissenschaftliche Beweisführung gemeint ist. Doch Mary Baker Eddy hatte erfasst, dass eine Wissenschaft, die sich auf die Materie als Ursache gründet, einem falsch angefangenen Experiment gleicht. Ihr eigener prekärer Gesundheitszustand, ihr tiefes Erforschen von Jesu Lehren sowie ihre Experimente mit den medizinischen Wissenschaften ihrer Zeit, insbesondere der Homöopathie, führten sie dazu, die fundamental mentale Natur des Daseins zu erkennen.
Sie entdeckte, dass die zugrundeliegende Ursache alles dessen, was wahrhaft existiert, Geist ist – eine unendliche Intelligenz und Macht für das Gute, das göttliche Gemüt, und dass der Mensch auf immer der unversehrte Ausdruck dieses Gemüts, Gottes, ist. Dieser „fallende Apfel“ verhalf ihr zu der Erkenntnis, dass die Erfahrungen des Lebens in gewisser Weise Experimenten gleichen – sie sind Gelegenheiten, um den Beweis zu erbringen, dass die ewigen Anzeichen des Geistes und des geistigen Seins, wenn sie aus ganzem Herzen geliebt und als wahr anerkannt werden, die Anzeichen von Leid oder Krankheit in ihr Gegenteil umwandeln.
Ja, man könnte sagen, dass jedes Experiment, jede Erfahrung, die sich auf die Materie stützt oder daraus Schlüsse zieht, auf fehlerhaften Informationen aufbaut. Eine materielle Beweisführung führt entweder zu einem falsch-positiven Ergebnis (d. h., wir glauben, dass etwas vorhanden sei, was nicht da ist, wie Schwäche oder Krankheit) oder zu einem falsch-negativen Ergebnis (d. h., wir glauben, dass etwas nicht da sei, wenn es in Wahrheit nur verborgen ist, wie Sünde). Aber die Beweisführung wird immer verkehrt sein, denn ihr Grundsatz und die vermeintliche Wahrheit, zu der sie führt, gründen sich auf die vergängliche Materie und die unzuverlässigen materiellen Sinne. Nur was die ewige Wahrheit – das, was für alle Zeiten wahr ist – ans Licht bringt, stellt einen schlüssigen Beweis dar.
Bereits seit über 125 Jahren erbringen die christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften für eine skeptische Welt solche Beweise mithilfe beglaubigter Heilungen durch Gebet. Diese Zeugnisse sollten Grund genug sein, tiefer schürfen zu wollen und diese kleine, aber engagierte Gruppe von Wissenschaftlern zu ermutigen, auch weiterhin Beweise vorzulegen, damit sie geprüft und bedacht werden können.
Für Christliche Wissenschaftler gibt es keinen besseren Zeitpunkt, ihren Einsatz zu verdoppeln, um die heilende Wirksamkeit der Wissenschaft des Christus zu demonstrieren. Jede Heilung zählt. Jeder Beweis bringt unsere Sache voran. Jeder von uns wird gebraucht, und zwar jetzt! Die Zeugnisversammlungen unserer Kirchen sind ideale Labors, um über die Erkenntnisse, zu denen wir durch unsere Forschungen gelangt sind, zu berichten.
Bezugnehmend auf ihre Aussage in der „wissenschaftlichen Erklärung des Seins“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468): „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie“, richtet Mary Baker Eddy in ihrem Werk Rückblick und Einblick einen eindringlichen Appell an uns: „Wir, die wir diese wissenschaftliche Tatsache früher als andere erkannt haben, sind es uns selbst und der Welt schuldig, ernstlich um ihren Beweis zu ringen“ (S. 94).
Scott Preller
