Ich suchte in meinem Bücherschrank nach einem bestimmten Buch und wurde dabei von einem anderen abgelenkt, das vor einigen Jahren sehr beliebt war. Es enthält Bilder, die als „Stereogramme“ bezeichnet werden. [Anm. der Redaktion: „Stereogramme“ sind Bilder, die dreidimensional wirken, wenn man sie aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet.] Ein Stereogramm ist also ein „3-D“-Bild, das hinter einem Muster eine Form – etwa einen Schmetterling oder eine Blume – verbirgt. Dieses Muster sieht häufig wie eine Tapete aus. Damit man die Form in dem Muster erkennen kann, muss sich das Auge von dem Muster selbst abwenden und auf die weniger offensichtliche Form dahinter schauen. Das ist irgendwie schwierig, weil unser Auge sich normalerweise auf das erste Bild konzentriert, das es erkennt. Es mag Zeit, Mühe und Geduld erfordern, über das hinauszuschauen, was zuerst unsere Aufmerksamkeit erregt.
Ich hatte seinerzeit geübt, diese Tiefenbilder zu erkennen, und jetzt konzentrierte ich mich auf ein Stereogramm in dem Buch, das mir immer besonders gefallen hatte. Ich wollte herausfinden, ob ich den darin verborgenen Schmetterling wohl wieder entdecken würde. Zuerst war es gar nicht so leicht, ihn zu finden, weil die Farben in dem Muster gut ineinander übergingen und es mir schwer machten, über das Muster hinauszusehen. Ich musste lächeln, als ich mir vorstellte, das Stereogramm ohne weitere Erklärung einer Freundin zu zeigen und zu sagen: „Schau dir mal den Schmetterling an!“ Meine Freundin würde darauf bestehen, dass es ein Tapetenmuster ist, während ich behaupten würde, dass man einen Schmetterling sieht.
Es mag Zeit, Mühe und Geduld erfordern, über das hinauszuschauen, was zuerst unsere Aufmerksamkeit erregt.
Dabei kam mir der Gedanke, dass das oberflächliche Muster eines Stereogramms uns genauso von der versteckten Form ablenkt, wie die Stürme und Missklänge mancher Tage uns davon abhalten mögen, die tiefere Realität von Gottes Schöpfung wahrzunehmen, die immer harmonisch und friedvoll ist. Ich betrachte schwierige Situationen gerne von dieser Warte aus und anstatt dagegen anzukämpfen oder ständig darüber nachzugrübeln, konzentriere ich mich lieber auf das Gute, das, wie ich durch mein Studium der Christlichen Wissenschaft weiß, allgegenwärtig ist, genauso wie der Schmetterling immer in dem Stereogramm enthalten ist, auch wenn wir ihn zuerst nicht sehen.
Vor mehr als zweitausend Jahren revolutionierte Christus Jesus buchstäblich das Denken und lenkte es in neue Bahnen, als er verkündete, dass Harmonie, Vollkommenheit und alles Gute ganz und gar Bestandteile unseres Seins sind. Er erklärte: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch“ (Lukas 17:21), und diese Gewissheit ermöglichte es ihm, jeglicher Art von Sünde und Krankheit zu begegnen, ohne sich davon beeindrucken zu lassen. Er wusste, dass das Reich Gottes kein Ort ist, sondern die immerwährende Gegenwart der göttlichen Harmonie darstellt, die in uns regiert, und dass wir dieses Reich in unserem Alltag manifestiert sehen werden, wenn wir anerkennen, dass es gegenwärtig ist.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, spornte uns ebenfalls dazu an, weit unter die Oberfläche der Dinge zu tauchen und nicht einfach das zu akzeptieren, was uns die physischen Sinne präsentieren. Sie schrieb: „Wir müssen tief in die Wirklichkeit hineinschauen, statt nur den äußeren Eindruck der Dinge zu akzeptieren“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 129). Sie forderte uns auf zu erkennen, was unser wahres Wesen ausmacht. Wenn wir das richtige Bild von uns – mit anderen Worten unser vollkommenes, wahres geistiges Sein – wahrnehmen und es dann standhaft als unsere einzige Identität beanspruchen, werden wir frei von den Voreingenommenheiten und falschen Vorstellungen der materiellen Sinne, die das Dasein befristen und die Gesundheit einschränken.
Hier ist ein kleines Beispiel dafür. Als ich gerade frisch verheiratet war, nahm ich eine Arbeitsstelle in einem Geschäft an, das Waren per Postversand verkaufte. Die Kunden suchten sich in einem Katalog aus, was sie kaufen wollten, und konnten dann in das Geschäft kommen, um sich das jeweilige Möbelstück, Fahrrad, Haushaltsgerät etc. anzusehen, bevor sie die Bestellung aufgaben. In den verschiedenen Abteilungen des Geschäfts (Möbel, Küche, Schmuck usw.) waren Schreibtische aufgestellt, an denen Verkäufer saßen und den Kunden behilflich waren. Da es keine zugewiesenen Arbeitsplätze gab, saßen die Verkäufer mal in dieser Abteilung, mal in jener. Es gab jedoch einen Schreibtisch, an dem niemand sitzen wollte, nämlich den direkt am Eingang.
Es war mitten im Winter und der Tisch stand unmittelbar vor der Automatiktür des Geschäfts. Wenn man da saß, hatte man das Gefühl, man würde draußen sitzen. Jeder Verkäufer bekam eine Erkältung, nachdem er an diesem Schreibtisch gesessen hatte, und nun weigerten sich alle, noch einmal an diesen Platz zurückzukehren. Ich war die einzige, die bereit war dort zu sitzen, und zu jedermanns großer Überraschung wurde ich nie krank. Mir war klar, dass meine Gesundheit nicht von der Temperatur abhing, sondern allein auf meiner Beziehung zu Gott beruhte. Ich musste wachsam sein, denn meine Kollegen kamen immer wieder vorbei, bedauerten mich und prophezeiten, dass ich am nächsten Tag eine schlimme Erkältung haben würde. Ich blieb jedoch standhaft und hielt den Gedanken fest, dass mein wahres Sein – mein einziges Sein – geistig und damit vollkommen, unversehrt und unangreifbar war.
Wenn wir uns geduldig und standhaft auf den „Schmetterling“ konzentrieren – d. h., wenn wir beten, um uns unseres wahren Seins in stärkerem Maße bewusst zu werden –, fühlen wir uns beschützt und geborgen. Wir werden frisch inspiriert, und unerwartete Lösungen tun sich dort auf, wo es zuerst keine zu geben schien. Lassen Sie uns also danach streben, immer die Schönheit und Freiheit unseres wirklichen geistigen Seins zu schauen!