Als ich unlängst online eine Reihe von christlich-wissenschaftlichen Zeugnissen las, fiel mir der enorme Kontrast auf zwischen dem Inhalt der heutigen sozialen Medien und dem kleinen Einblick in das Leben von Personen, der jeden Monat in Form von Heilungszeugnissen zu uns kommt. Statt „Selfies“ zu verbreiten – ob in Wort oder Bild –, mit denen die „neuesten“ Errungenschaften der Familie oder topaktuellen persönlichen Meinungen mitgeteilt werden, können wir sicher sein, dass Zeugnisse von heiligen, lebensverändernden Augenblicken berichten. Ja, sie geben oft die ersten wirklich tiefen Erfahrungen einer Person mit der wahren Natur des Lebens wieder. Selbst 75 Jahre später kann man noch die Ehrfurcht darüber spüren, was sich zugetragen hat, als jemandem mitten auf dem Ozean mehrmals das Leben gerettet wurde, als ein Konvoi im Zweiten Weltkrieg plötzlich unter Beschuss kam oder wie es war, als jemand nach Jahren plötzlich aus einer chronischen Krankheit erhoben wurde.
Machtvolle Heilungen wie diese waren so offensichtlich stichhaltig und echt und an der Tagesordnung, dass mehr nicht nötig war, um einen ganz neuen Impuls zu geben – neue geistige Erfahrungen, die innerhalb der Familie erzählt wurden, Berichte von einer Heilung, die von einem Nachbarn zum nächsten wanderten. Mittwochabendversammlungen waren vollbesetzt mit Leuten, die es nicht abwarten konnten, von gerade erlebten Heilungen zu berichten. All das rief natürlich Freude, Wachstum und ein mitreißendes Gefühl ganz neuer Möglichkeiten in den Leuten hervor.
Doch die Frau, die die Christliche Wissenschaft entdeckt und gegründet hat, erklärte, dass mehr erforderlich sei, wenn diese großartigen Demonstrationen der göttlichen Liebe fortdauern sollten. Dieses Mehr würde erfordern, dass man sich nach einer Heilung nicht wieder auf die imaginäre Basis einer materiellen Existenz zurückzieht, bei der man sich als Person oder Wesenheit in der Materie sieht. Joseph Mann, den ein Christlicher Wissenschaftler von einer lebensbedrohlichen Schusswunde heilte, erinnerte sich, wie Mary Baker Eddy Jahre später zu ihm sagte: „Sie hatten eine wunderbare Erfahrung. Sie wurden gewaltsam aus dem Haus geworfen [aus der Einstellung, die meint, in der Materie zu leben] und haben sich draußen wieder berappelt. Gehen Sie nicht in das Haus zurück“ (We Knew Mary Baker Eddy, Expanded Edition, Volume II [Wir kannten Mary Baker Eddy, Erweiterte Ausgabe, Band 2], S. 161).
Mary Baker Eddy war sich aufgrund ihres jahrelangen Aufbaus der Christlichen Wissenschaft sehr bewusst, dass die Opposition durch einen materiellen Sinn vom Leben intensiver wurde. Für jeden geistigen Fortschritt bekräftigte dieser materielle Sinn geräuschvoller als jemals zuvor seinen eigenen Glauben an die Materialität des Lebens. Mrs. Eddy erkannte von Anfang an, dass eine Überzeugung vom Leben in der Materie eine mentale Dunkelheit verbreitet, die behauptet, geistige Erleuchtung überschatten zu können. So berichtet sie beispielsweise von einer Erfahrung, die sich fast unmittelbar nach ihrer eigenen ersten großen Heilung zutrug. Ein Besucher, der eindeutig davon ausgegangen war, dass sie ihren Verletzungen erlegen werde, kam in ihr Zimmer, und Mrs. Eddy erwähnte später in einem Interview, dass sie auf einmal dieselben Symptome wieder hatte, von denen sie doch gerade geheilt worden war! (Siehe Mary Baker Eddy: Christliche Heilerin, Erweiterte Ausgabe, S. 55–57).
Weitere, zielgerichtetere und böswilligere Opposition stellte sich ihr zu Lebzeiten in den Weg. Doch auch die wurde unweigerlich überwunden durch ihr Verständnis, dass sie sich nicht auf ein menschliches Selbst stützte, sondern auf ihre Offenbarung und Demonstration des allumfassenden und völlig Guten, der göttlichen Wirklichkeit, zu der ihr eigenes wahres Wesen als der Ausdruck Gottes gehörte. Als sie sich sozusagen selbst fand, war es ganz natürlich für sie, den Unterschied zwischen reiner Furcht und einem mesmerischen Eindruck einerseits und einer geistigen Realität andererseits zu erkennen, die so konkret war, dass man sie als wissenschaftlich bezeichnen konnte.
In ihrer Botschaft „Wählet“ schrieb sie mit angemessener Präzision und Klarheit nicht nur für das damalige Publikum, sondern für spätere Generationen – für uns heute – von der Vision, deren dringende Notwendigkeit sie so genau verstand: „Gänzlich getrennt von diesem sterblichen Traum, dieser Täuschung und Verblendung des Sinnes, kommt die Christliche Wissenschaft, um den Menschen als Gottes Ebenbild zu offenbaren, als Seine Idee, mit Ihm zugleich bestehend – Gott, der alles gibt, und der Mensch, der alles hat, was Gott gibt“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 5).
Die Überzeugung, dass wir in der Materie, als limitiertes Selbst leben, das versucht, sich mehr von der Wissenschaft „anzueignen“, hat wenig mit der geistigen Offenbarung enormen Ausmaßes zu tun, die uns die Freiheit gibt, das zu sein, was wir bereits sind. Mit diesem Glauben kann man sich auch schlecht gegen die Illusion verteidigen, die Dunkelheit einer materiellen Vorstellung von der Existenz könne die geistige Erleuchtung überschatten und erschöpfen. Das kann sie nicht, doch erst unser Gehorsam Gott gegenüber und die klare Entscheidung für das neue geistige Bewusstsein, das das All-Gemüt uns verleiht, beweist über jeden Zweifel hinaus die Machtlosigkeit dieser Dunkelheit.
Mrs. Eddy wusste, dass die Anhänger der Sache der Christlichen Wissenschaft das von Christus Jesus geschaffene Vorbild eines selbstlosen, völligen Gehorsams gegen Gott in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen mussten, damit die von ihr gegründete Bewegung Bestand habe. Eine menschliche Hoffnung auf materiellen Komfort, materielle Errungenschaften und materielle „Erfolge“ konnten das nicht bewerkstelligen. Als Nachfolger Jesu mussten sie bereit sein, eine Wahl zu treffen. Sie konnten nicht zwei Herren dienen und versuchen, sowohl die Früchte vom Baum des Lebens als auch die vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, und gleichzeitig erwarten, dass sie ein angenehmes Leben in der Materie führen könnten. Vielmehr würden sie bereit sein müssen, die tiefste Bedeutung von Jesu Worten zu lernen: „Ich und der Vater sind eins“ (Johannes 10:30) und „Ich kann nichts von mir selber tun“ (Johannes 5:30). Sie würden die Wissenschaft Schritt für Schritt erlernen und leben müssen – eine Wissenschaft, die dem Christentum von Christus Jesus zugrunde liegt.
Mrs. Eddys Erkenntnis, dass es für alle, die sich als Christliche Wissenschaftler betrachteten, unvermeidbar war, sich einem christlich-wissenschaftlichen Verständnis vom Leben zu unterwerfen, war von mütterlicher Geduld begleitet. „Erhebe dich sanft aus der Materie in den Geist“, schrieb sie in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift (S. 485) in dem Wissen, dass dies nicht durch den Willen, sondern durch Demut; nicht durch Stolz, sondern durch kindlichen Gehorsam bewerkstelligt würde. Doch sie wusste, dass genau diese Erhebung aus dem Glauben an die Existenz eines in der Materie lebenden Selbst in ein gänzlich gottgegebenes Bewusstsein die göttliche Kraft gibt, für alle Zeiten zu bauen und wieder zu bauen.
Allison W. Phinney
