Ich bin sehr gern aktives Mitglied meiner Zweigkirche Christi, Wissenschaftler, und vor ungefähr einem Jahr, als ich im Vorstand der Kirche war, hatte ich eine Erfahrung, die mich dazu inspiriert hat, tiefer in die geistige Wahrheit einzudringen, dass wir eins mit Gott sind.
Eine Dienstleisterin der Kirche und ihre Mitarbeiter überraschten mich eines Tages im Leseraum mit völlig unangebrachten Bemerkungen über eine Angelegenheit, die vom Vorstand abgewickelt wurde. Ich konnte in dem Augenblick nicht beten, doch als sie gingen, machte ich mir bewusst, dass die göttliche Liebe – die einzige Macht, die tatsächlich handelt – stets gegenwärtig war und immer gegenwärtig sein würde. Jede persönliche Zwietracht, so wusste ich, ist unwahr in der göttlichen Realität, denn als Bild und Gleichnis der Liebe können alle Kinder Gottes nur das Wesen der Liebe widerspiegeln und Respekt, Güte, Demut und Vertrauen auf Gott, das Gute, zum Ausdruck bringen.
Nachdem ich zu Hause angekommen war, verbrachte ich den ganzen Nachmittag damit, in einem Text Stellen für ein tiefergehendes Studium zu markieren. Es handelte sich dabei um Zitate, die bei einer Diskussionsrunde zum Thema öffentliche Praxis der Christlichen Wissenschaft verteilt worden waren, an der ich kurz zuvor teilgenommen hatte. Ich hatte diese Tätigkeit fast abgeschlossen, als ich feststellte, dass ich mich nicht wohlfühlte. Mein Brustkorb fühlte sich beengt an und ich hatte Kopfschmerzen. In der Zwischenzeit erhielt ich eine Mitteilung von einer Freundin, die ebenfalls Christliche Wissenschaftlerin ist. Sie hatte erfahren, was an jenem Sonntagmorgen in der Kirche vorgefallen war, und legte mir Lied Nr. 169 aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft ans Herz.
Ich las mir das Lied sorgfältig durch und achtete dabei besonders auf die erste und zweite Strophe:
Führ, freudlich Licht, mich aus der Nacht heraus,
O führe mich!
Die Nacht ist schwarz, und ich bin weit von Haus,
O führe mich!
Schütz mich vor Fall; ich bitte nicht, schon hier
Zu sehn das Ziel; ein Schritt genüget mir.
Es war nicht immer so, ich wollte nicht,
Dass Du mich führst;
Ich wählt’ mir selbst den Weg, war ohne Licht,
Doch jetzt – Du führst!
Die Erdenfreuden, dumpf und voll Gefahr,
Liebt’ ich: o Gott vergib vergangne Jahr’.
(John Henry Newman, Übersetzung © CSBD)
In der portugiesischen Übersetzung dieses Liedes wird das Wort „Stolz“ statt Gefahr benutzt, und ich dachte: „Nein!“ Stolz war keine Wirklichkeit, die mich daran hindern konnte, das menschliche Ego völlig loszulassen und zu erkennen, dass „Gott [...] zugleich der Mittelpunkt und der Umkreis des Seins“ ist (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 203–204). Mir wurde bewusst, dass Gott „der Mittelpunkt und der Umkreis“ meines Seins war, und damit war in meinem Bewusstsein kein Platz für ein menschliches Ego, das sich auf irgendeine Weise bemerkbar machen könnte. Ich bedankte mich bei meiner Freundin für ihre Botschaft.
Anschließend ging ich zu Bett, wachte in der Nacht allerdings mehrmals auf, weil sich der Zustand verschlimmerte. Am Morgen dauerte das Gefühl von Unwohlsein an, doch ich wandte mich der Bibellektion aus dem Vierteljahresheft der Christlichen Wissenschaft für jene Woche zu, die das Thema „Unwirklichkeit“ hatte.
Das „freudliche Licht“ führte mich „aus der Nacht heraus“, als ich im Wechselseitigen Lesen folgende Bibelstelle las: „dessen Stimme zu jener Zeit die Erde bewegte; nun aber hat er verheißen und sagt: Noch einmal will ich nicht allein die Erde erschüttern, sondern auch den Himmel. Aber das ‚Noch einmal‘ zeigt an, dass das Erschütterliche verwandelt werden soll, als solches, das geschaffen ist, damit das Unerschütterliche bleibt“ (Hebräer 12:26, 27).
In dem Augenblick spürte ich, wie Stolz bzw. ein menschliches Ego aus meinem Denken entfernt wurde. Mein Bewusstsein wurde mit dem Licht der Würde des Menschen – der Widerspiegelung Gottes – erfüllt, das uns unerschütterlich innewohnt und nicht entwürdigt, verborgen oder geleugnet werden kann. Gott, das göttliche Prinzip, Liebe, kennt alle Seine Kinder, mich eingeschlossen, als ehrbar, liebevoll, ehrlich und aufrecht. Als ich die Wahrheit über die Würde des Menschen erkannte, der geistig ist, fühlte ich mich, als löste sich der umklammernde Griff um meinen Brustkorb, und bald darauf bemerkte ich, dass die Kopfschmerzen ebenfalls verschwunden waren.
Ich las bei der Gelegenheit auch folgenden Satz über Christus Jesus in Wissenschaft und Gesundheit: „Er sollte beweisen, dass der Christus materiellen Bedingungen nicht unterworfen ist, sondern außerhalb der Reichweite menschlichen Zorns steht und fähig ist, durch Wahrheit, Leben und Liebe über Sünde, Krankheit, Tod und das Grab zu triumphieren“ (S. 49).
Eines der oben erwähnten Zitate für eingehendere Studien war ebenfalls sehr hilfreich. Die Randüberschrift für diese Stelle ist „Richtige Anschauungen über die Menschheit“. Die Stelle selbst lautet: „Nimm Reichtum, Ruhm und gesellschaftliche Einrichtungen weg, die nicht ein Jota in der Waagschale Gottes wiegen, und wir gewinnen klarere Anschauungen vom Prinzip. Löse das Cliquenwesen auf, wiege Reichtum mit Ehrlichkeit auf, beurteile Wert nach Weisheit, und wir gewinnen ein besseres Bild von der Menschheit“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 239).
Als ich darüber betete, was im Leseraum vorgefallen war, wurde mir sehr klar bewusst, dass es nur einen Gott, nur ein Gemüt gibt, nämlich die göttliche Liebe. In Gott gibt es keine Trennung und keine Zwietracht, wie man sie in gesellschaftlichen Klassen oder Cliquen, Nationalitäten oder Rassen findet. In dieser besonderen Situation begriff ich, dass es keine Trennung zwischen den Vorstandsmitgliedern einer Kirche und anderen Leuten geben konnte, ob dies nun andere Mitglieder waren oder Reinigungs- und Wartungspersonal. Wir sind alle die Widerspiegelung Gottes und spiegeln daher dieselben göttlichen Eigenschaften wider. Diese geistige Wahrheit leugnet die Möglichkeit jeglicher Missverständnisse zwischen den Ideen – den Kindern – Gottes. Als ich auf diese Weise über dieses Problem betete, fand die endgültige Heilung statt und es gab keine Zwietracht mehr mit den Personen, die in diesen Vorfall verwickelt waren.
Durch diese Erfahrung verstand ich sehr klar, dass wir immer bei Gott sind, wenn wir Ihn über alles und unseren Nächsten wie uns selbst lieben. So werden wir anhaltend und dauerhaft an Gott festhalten, der „... nicht fern ist von jedem von uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir“ (Apostelgeschichte 17:27, 28). Wir sind immer eins mit Gott.
Angélica Guagliardo, Alvorada, RS
