Wer sich mit Mathematik beschäftigt, wendet ihre Lehre ganz logisch im Alltag an. Jedes Kind, das gelernt hat, dass 2+2=4, freut sich, so viele Gelegenheiten wie möglich zu finden, wo es sein neues Wissen anwenden kann. Das nennen wir das Gelernte in die Praxis umsetzen. Es bedeutet nicht, dass wir etwas anwenden, um herauszufinden, ob 2+2=4 oder ob die Regel auch bei uns funktioniert. Vielmehr werden die immer-wirkenden Regeln der Mathematik angewandt, weil sie nützlich sind. Und die laufende Erfahrung mit der Idee, die demonstriert wird, vertieft unser Verständnis der Exaktheit der Regel.
Dieselbe Herangehensweise ist nötig, wenn wir die Wissenschaft des Christentums erlernen, die Wissenschaft der lebendigen Liebe und des Verständnisses von Gottes immer-wirkenden Gesetzen. Will man diese Wissenschaft wirklich verstehen, muss man die Regeln, die man beim Studium der Bibel und von Mary Baker Eddys Schriften identifiziert hat, im Alltag anwenden.
Ein Schlüssel zum Fortschritt in dieser Wissenschaft ist, alles aus dem Kontext der eigenen Praxis der Christlichen Wissenschaft zu behandeln. Praktikerinnen und Praktiker sind per Definition Personen, die das praktizieren, was sie wissen – die ihr Wissen konsequent umsetzen. In jedem Berufsfeld ist Erfolg von der Anwendung der erworbenen Ideen abhängig. Wollte man Kleinigkeiten als unwichtig abtun, dann wäre es, als ob man Beträge im Bankkonto nicht richtig zusammenzählt, solange sie klein sind. Oder aber, wenn man sich nicht mit dieser göttlichen Wissenschaft beschäftigt, weil eine Sache zu groß erscheint, dann ist es, als würde man Beträge nicht zusammenzählen, weil die Summe dann zu hoch ist. Die Einwilligung, geistige Gesetze und geistige Tatsachen auf jede Situation anzuwenden, ist damit vergleichbar, mathematische Regeln konsequent einzusetzen.
Manche Praktikerinnen und Praktiker der Christlichen Wissenschaft stehen in Vollzeit bereit, um anderen auf Anfrage bei der Anwendung dieser Wissenschaft zu helfen und im Gebet eine Behandlung zu geben, die zur Heilung führt. Doch alle, die diese Wissenschaft des Seins studieren, praktizieren sie im Idealfall für sich und zum Wohl der Welt. Alle Studenten der Christlichen Wissenschaft sind täglich aufgefordert, das, was sie vor sich sehen, aus geistig-wissenschaftlicher Perspektive zu betrachten. Viele von uns haben sicher irgendwann schon aggressive Autofahrer beobachtet. Der allgemeine Eindruck ist, dass sie rücksichtslos und egoistisch sind, und die Versuchung, sich dieser Überzeugung anzuschließen, kann groß sein.
Wir können uns still auf die Seite der geistigen, wissenschaftlichen Wahrheit stellen.
Genau dann erfordert die Praxis der Wissenschaft des Christentums, dass wir uns fragen, ob wir die Sichtweise einnehmen wollen, jemand könne von Gott getrennt, egoistisch oder auch nur in Eile sein. Oder bestehen wir mental darauf, dass die wahre Identität aller Kinder Gottes geistig und gut ist, weil Gottes Gesetze dies so festgelegt haben? Bestehen wir mental darauf – auch mitten im Verkehr –, dass der Mensch, der wahre Ausdruck von Gottes Wesen, wahrhaftig die Bekundung der göttlichen Liebe ist und dass Liebe „ihrer Manifestation oder ihres Gegenstandes nicht beraubt werden“ kann, wie Mrs. Eddy schreibt? Der vollständige Satz lautet: „Dies ist die Lehre der Christlichen Wissenschaft: Die göttliche Liebe kann ihrer Manifestation oder ihres Gegenstandes nicht beraubt werden; Freude kann nicht in Leid verwandelt werden, denn Leid ist nicht der Herr über Freude; das Gute kann niemals Böses erzeugen; die Materie kann niemals Gemüt erzeugen noch kann Leben im Tod enden“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 304).
Natürlich erfahren wir meist nicht, welchen Einfluss eine solche ständige Einstellung zugunsten der von Gott verliehenen Natur jedes Menschen hat. Doch wenn wir sie einnehmen, stellen wir zumindest fest, dass wir durch diesen Akt der Liebe verändert werden. Und das ändert das mentale Klima unseres Tagesablaufs und verleiht uns weitere Gelegenheiten und sichtbare Erfolge, die Hässlichkeit umzukehren, mit der wir oft konfrontiert sind. Wir müssen es aber konsequent tun! Es ist nichts anderes, als die Mathematik durchgehend korrekt anzuwenden und nicht mal ja und mal nicht. Wie die Mathematik ist auch die göttliche Wissenschaft des Seins unveränderlich.
Manchmal finden wir uns in Situationen wieder, wo Leute uns von ihren Sorgen erzählen. Hin und wieder würden wir vielleicht am liebsten davor weglaufen. Doch es ist gut, sich in Erinnerung zu rufen, dass Leute oft von ihren Problemen erzählen, weil sie ihrer leid sind. Sie wollen wirklich frei sein von dem, was sie belastet. Sie reagieren vielleicht auf die mentale Bereitschaft einer Person, sie so zu sehen, wie Gott sie sieht. Unser Denken kann wie eine offene Tür wirken und andere einladen, mit uns gemeinsam einen Schimmer vom Christus zu erkennen, den Beweis für Gottes herzliches Wesen.
Statt über die menschliche Not zu stöhnen, können wir uns still auf die Seite der geistigen, wissenschaftlichen Wahrheit stellen und die göttliche Wirklichkeit wiedergeben, bekräftigen und anerkennen. Das ist kein Kampf des Guten über das Böse. Vielmehr erkennt man demütig an, dass Gott sich selbst und uns als Seine Schöpfung beständig ausdrückt.
Andere fühlen sich von uns angezogen, wenn wir diese Wissenschaft wirklich praktizieren. Hat Jesu Beispiel uns das nicht gezeigt? Er sagte: „Und ich, wenn ich erhöht bin von der Erde, dann werde ich alle zu mir ziehen“ (Johannes 12:32). Wenn das Denken zu einer erhöhten Sichtweise von der natürlichen Identität des Menschen bewogen wird, dann fühlen andere sich zu dieser Person bzw. zur Liebe Gottes hingezogen, die von dieser Person ausgedrückt wird. Und die göttliche Wissenschaft offenbart das Verständnis, das die Menschheit von allem befreit, was ihr von Natur aus empfängliches Herz blockieren könnte. Wer diese Wissenschaft praktizieren möchte, kann sich jederzeit auf Gottes Seite stellen und von Gottes Perspektive aus denken. Selbst wenn Sie kein Wort sagen, ist das, was Sie denken, von großem Wert für andere, Ihre Welt und Ihr eigenes Wohl.
Vor vielen Jahren hatte ich einmal einen wichtigen Austausch mit einer neuen Nachbarin, die mich bei der Gartenarbeit ansprach. Sie zählte die vielen körperlichen Probleme ihrer Tochter auf. Trotz allem, was sie sagte, fühlte ich mich ganz von der natürlichen Vollständigkeit des Menschen erfüllt, entsprechend meinem Bemühen, Gottes Schöpfung konsequent als vollständig zu sehen. Meine einzige, liebevoll gesprochene Antwort war: „Ihre Tochter ist bereits in jeder Hinsicht vollständig“ – und das meinte ich ernst! Die Mutter war so glücklich über meine Antwort. Sie sagte: „Danke sehr! Genauso sehe ich sie auch!“
Später erfuhr ich, dass nach unserer Unterhaltung mehrere dramatische körperliche Änderungen in dem Kind stattfanden, die das Mädchen von einigen Problemen und einer als lebensgefährlich diagnostizierter Sache befreiten. Beide Eltern waren tief berührt von der erlösenden Idee der Vollständigkeit ihrer Tochter und hocherfreut über die körperlichen Anzeichen, die damit einher gingen. Die Familie bemerkte nicht nur die Befreiung von diesen Begrenzungen, sondern sagte, dass auch die behandelnden Ärzte über ein weiteres Untersuchungsergebnis erstaunt waren, das die Familie bis heute aufbewahrt. Seit der Zeit hat die junge Frau jahrelang an Schwimmwettkämpfen im Rahmen der Special Olympics bis hin zu Ausscheidungen ihres Bundesstaates teilgenommen. Sie hat ein besonderes College-Programm abgeschlossen und ist in Teilzeit berufstätig.
Es obliegt denjenigen, die diese Wissenschaft praktizieren, einander mit Liebe zu umgeben und darum zu beten, andere so zu sehen, wie Gott sie sieht. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Die große Wahrheit in der Wissenschaft des Seins, dass der wirkliche Mensch vollkommen war, ist und immer sein wird, ist unbestreitbar; denn wenn der Mensch das Bild, die Widerspiegelung Gottes ist, dann ist er weder umgekehrt noch gefallen, sondern aufrecht und Gott-ähnlich“ (S. 200).
Eine absolute Tatsache, wie sie in der Christlichen Wissenschaft vorgelegt wird, besagt, dass die wahre Natur eines jeden immer und ausschließlich uneingeschränkt gut ist. Unser dementsprechendes Gebet ist kein Versuch, die andere Person zu ändern. Vielmehr befähigt die göttliche Wissenschaft uns, das zu bezeugen, was wirklich vorhanden ist (und was Gott weiß), und nicht einen materiellen Anschein, der sich vor uns abspielt. Wenn wir zustimmen, auf diese Weise für die göttliche Wahrheit einzustehen, dann haben wir einen Sieg der richtigen Art errungen. Es gibt nur einen Gott und nur Seinen Ausdruck. Wie weise ist es, in jedem Fall mental auf diesen fundamentalen Punkt der göttlichen Metaphysik zu bestehen! Diese wissenschaftliche Wahrheit aus tiefster Seele zu fühlen, auf der Grundlage der gesamten Autorität Gottes, bedeutet, unser Denken im Gebet zu beschützen; und wenn Gottes Liebe auf diese Weise widergespiegelt wird, erreicht und segnet das Menschen nah und fern.
Ich habe viel geistiges Wachstum erfahren, indem ich gelernt habe, alles, was am Tag aufkommt, vom Standpunkt meiner Praxis dieser Wissenschaft zu handhaben. Alles, was uns am Tag begegnet, ob klein oder groß, profitiert, wenn wir Zeugnis ablegen für das reinigende Licht des Christus, Gottes ewigem, vollständigem Ausdruck Seiner selbst. Und dies zu tun ist reine Liebe zu uns selbst und allen Menschen. Bei ihrem Studium dieser Wissenschaft erkannte Mrs. Eddy, dass sie konsequent praktiziert werden muss. Sie schrieb: „Es ist möglich – ja, es ist die Pflicht und das Vorrecht jedes Kindes, jedes Mannes und jeder Frau –, dem Beispiel des Meisters durch das Demonstrieren von Wahrheit und Leben, Gesundheit und Heiligkeit in einem gewissen Grade zu folgen“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 37).
Jeder von uns wird mehrmals am Tag aufgefordert, einer heilenden Perspektive zuzustimmen. Immer wenn wir etwas hören, was nicht auf die göttliche Liebe zurückzuführen ist, erreicht uns in Wirklichkeit eine mentale Bitte um Hilfe in unserer heilenden Praxis der Wissenschaft des Guten. Es ist wirklich ein Privileg, liebevoll auf diese Bitte einzugehen – die geistigen Tatsachen der Schöpfung zu erkennen und ihnen freudig den ersten Platz in unserem Denken einzuräumen. Und wir können Heilung anerkennen und auch erwarten.
