„Kein Problem“ ist ein Ausdruck, den wir heutzutage oft hören, meist begleitet von einem beruhigenden Lächeln. Die positive, bereitwillige Einstellung, die damit vermittelt wird, ist immer willkommen. Aus geistiger Sicht hat dieser bekannte Ausspruch allerdings einen Wert, der weit über menschliche Hilfsbereitschaft hinausgeht.
Wie hat Christus Jesus Probleme gesehen? Er hatte immerhin einen ständigen Fluss davon zu bewältigen und war mitfühlend mit denen, die mit allen möglichen Schwierigkeiten zu ihm kamen. Ihn konnte nichts überwältigen. Vielmehr nutzte er Probleme als Gelegenheiten zu zeigen, wie wir uns auf Gott stützen können, um jeden Bedarf zu decken. Seine unmittelbaren und spektakulären Demonstrationen von Gottes Liebe und Fürsorge für die Menschheit bewiesen vielmehr, dass das, was sich als Problem darstellte, nichts Negatives war.
Eine Menschenmenge mit wenigen Nahrungsmitteln speisen? Davon bedroht sein, mitten im Sturm in einem See zu ertrinken? Diese und viele weitere Herausforderungen wurden bewältigt, indem Jesus demonstrierte, dass für Gott nichts zu schwer ist. Und seine Heilungen der Kranken, Lahmen und Geistesgestörten beweisen, dass selbst die beängstigendsten Schwierigkeiten nicht die unlösbaren Lasten sind, als die sie erscheinen. Jesu Verhalten kommunizierte „kein Problem“ machtvoller und aussagekräftiger als alle Worte.
Wir betrachten ein Problem im Allgemeinen als schwierige Situation oder unangenehmen Zustand, doch die Wörterbücher haben noch eine zweite Definition: Eine Frage, die gelöst oder beantwortet werden muss, beispielsweise eine Mathematikaufgabe. Studierende der Mathematik verwenden Problemlösung, um ein zugrundeliegendes mathematisches Prinzip oder Attribut zu verdeutlichen.
Genauso tat es unser Meister, wenn er betete und der Sturm gestillt, die Menschenmenge gespeist und der Kranke geheilt wurde. Die Christliche Wissenschaft, die sich auf die Worte und Werke Jesu gründet, offenbart, dass Jesu Heilungen die geistige Wahrheit von Gott und dem Menschen zugrunde lag, und zeigt uns, wie wir in unserem Leben seinem Beispiel als Heiler folgen können. Ein Verständnis von den Lehren der Wissenschaft des Christus kann Schwierigkeiten in einen praktischen Beweis von der Wahrheit des Seins umwandeln. Und das, was sich uns als schwieriges Problem darstellt, ist in Wirklichkeit ein Zeichen dafür, dass eine geistige Wahrheit noch nicht vollständig verstanden worden ist.
Diese Wissenschaft lässt sich in fünf Worten zusammenfassen: Gott, das Gute, ist alles. Diese Aussage verkündet eine geistige Wirklichkeit, die sich radikal von dem unterscheidet, was sich uns als materielle Welt darstellt, doch sie gibt Gottes Schöpfungsbericht in der Bibel wieder, der erklärte: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut“ (1. Mose 1:31). Im selben Bericht wird gesagt, dass der Mensch als Bild und Gleichnis Gottes erschaffen ist.
Aus Gottes Perspektive ist die wahre Identität eines jeden von uns geistig und vollkommen. Wie könnte ein allguter Gott etwas Geringeres erschaffen? Wenn wir von diesem Standpunkt der Vollkommenheit ausgehen, können wir erkennen, dass die materielle Sicht der Existenz mit all ihren Problemen ein Irrtum, ein Fehler sein muss.
Doch die bestehende Weisheit macht aus diesem Fehler eine Wirklichkeit und möchte uns einreden, dass wir Probleme lösen, indem wir zuerst ihre grundlegende Falschheit als wahr anerkennen und uns dann hineinvertiefen. Uns wird gesagt, dass wir diese Irrtümer analysieren, sezieren, studieren und eruieren müssen. Die Christliche Wissenschaft führt uns jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Wir lesen in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy: „Du besiegst den Irrtum, indem du seine Wirklichkeit verneinst“ (S. 339).
Die Bedeutung dieser Aussage wurde mir bewiesen, als ich an einem großen Bauprojekt arbeitete. Ich war der für das Design zuständige Architekt und zog einen weiteren Architekten hinzu, damit er den Bau leitete. Er hatte einen hervorragenden Ruf und ich hatte mich auf die Zusammenarbeit mit ihm gefreut.
Zuerst entsprach sein Verhalten meinen Erwartungen. Doch während der Bauarbeiten entstanden erhebliche Probleme. Mein Kollege schien kein Interesse an dem Projekt zu haben und ließ Fehler, sogar große, unkorrigiert bestehen. Meine Versuche, ihn zur Vernunft zu bringen, wurden ignoriert.
Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, wie wir Jesu Beispiel als Heiler folgen können.
Im Lauf der Bauarbeiten musste ich verzweifelt mitansehen, wie mein Design aufgrund der entstandenen Fehler immer weniger zu erkennen war. Meine Wut auf den Kollegen wuchs. Die Situation wurde so schlimm, dass das Projekt nicht mehr zu retten schien. Ich sah nur noch die Möglichkeit, zurückzutreten und nichts weiter mit dem Projekt – oder dem Mann – zu tun zu haben.
Während der ganzen Zeit betete ich nicht darüber. Ich befand mich in dem unglücklichen Zustand, in dem ich glaubte, so eindeutig recht zu haben, dass Gebet nicht erforderlich war. Aus meiner Sicht war es Gottes Aufgabe, meine absolut gerechtfertigte Position zu retten.
Eines Tages kreisten meine Gedanken auf meinem Morgenspaziergang um die Litanei aus Betrübnis und wütender Selbstrechtfertigung und kamen nicht davon los. Doch dann traf mich eine Frage wie ein Blitz und brachte mich zum Stillstand: „Was weiß Gott über dieses Projekt – vom Stahl, von Stein und Glas, der Zwietracht und dem Streit?“ Aus meinem Studium der Christlichen Wissenschaft wusste ich, dass die Antwort lautete: „Nicht das geringste!“
Dieser Augenblick katapultierte mich aus dem hypnotischen Zustand heraus. Das Problem hatte nichts mit dem Projekt zu tun; es lag im Denken. Ich wusste, dass ich mein Denken an Gott ausrichten musste, und ich fing sofort an, meine geistige Identität und die meines Kollegen als Bild und Gleichnis Gottes zu bekräftigen. Das bedeutete, dass wir beide Gottes Güte durch Ehrlichkeit, Integrität, Intelligenz, Freundlichkeit usw. ausdrückten.
Obwohl die Situation zunächst unverändert schien, verschwanden die Abneigung und die negativen Gedanken, die mich so belastet hatten. Dann sagte mir mein Kollege einen oder zwei Tage später, dass es ein Fehler gewesen war, dieses Projekt anzunehmen, da er schon mit anderer Arbeit überlastet war. Er entschuldigte sich dafür, die Kontrolle verloren zu haben, und fragte, ob ich die Aufsicht über die Bauarbeiten übernehmen könnte. Obwohl ich mit dieser Arbeitsphase sehr wenig Erfahrung hatte, stimmte ich zu.
Ich setzte mich mit den Baufirmen in Verbindung, deren Arbeiten nicht den Vorgaben entsprachen, und sie willigten sofort und ohne Murren ein, ihre Fehler zu korrigieren. Nach kurzer Zeit war Harmonie wiederhergestellt. Das Projekt entwickelte sich sehr gut, und ich habe später an mehreren anderen Projekten erfolgreich mit diesem Architekten zusammengearbeitet.
Was mich erstaunte – und eine unschätzbare Lektion in der Christlichen Wissenschaft für mich darstellte –, war, dass all dies fast ohne Einsatz meinerseits vonstattenging, außer dass ich betete, d. h. mein Denken an Gott ausrichtete. Ich war zu der Erkenntnis gekommen, dass meine Aufgabe nicht darin lag, Gebäude zu entwerfen oder Baufehler zu korrigieren; ich musste Gottes Liebe ausdrücken. In dem Moment, wo Ego und Eigenwille aus dem Weg geräumt waren, verschwand ein zuvor scheinbar unüberwindlicher Berg an Problemen einfach.
Viele Glaubensrichtungen flehen Gott nur an, Probleme zu lösen. Doch das wirksamste Gebet hebt uns über augenscheinliche Probleme hinaus zur Sichtweise Gottes und Seiner Schöpfung als rein geistig und vollkommen. Wenn wir verstehen, dass es in Wirklichkeit keinen materiellen Zustand und kein Problem gibt, der bzw. das einer Korrektur bedarf, bessert sich unsere Erfahrung in Übereinstimmung mit dieser rein geistigen Sichtweise.
Wir lesen auf Seite 2 in Wissenschaft und Gesundheit: „Gebet kann die Wissenschaft des Seins nicht ändern, aber es dient dazu, uns mit ihr in Einklang zu bringen.“ Und auf der nächsten Seite: „Wer würde sich vor eine Wandtafel stellen und das Prinzip der Mathematik bitten, das Problem zu lösen? Die Regel besteht bereits, und es ist unsere Aufgabe, die Lösung auszuarbeiten.“
Das Leugnen der Wirklichkeit eines jeden sogenannten Problems mag wie Unwissenheit, Naivität oder Desinteresse aussehen. In einer von Materialität vereinnahmten Welt setzt uns die Aussage, dass das Böse keine Substanz oder Macht hat, vermutlich Spott und sogar Ablehnung aus. Daher mögen wir versucht sein, stillschweigend den Glauben zu akzeptieren, dass Gott ein Problem bestätigt und lösen wird, indem Er eines Seiner Kinder dazu inspiriert, menschlich Abhilfe zu schaffen.
Doch Zehntausende von Zeugnissen in den Zeitschriften der Christlichen Wissenschaft im Laufe von mehr als hundert Jahren zeigen die heilende Wirksamkeit des Verständnisses, dass Gott vollständig gut ist und Irrtum oder Böses weder erschaffen hat noch duldet. Wissenschaft und Gesundheit sagt dazu: „Das einzig Richtige ist, eine antagonistische Haltung gegenüber allem einzunehmen, was der Gesundheit, Heiligkeit und Harmonie des Menschen, des Bildes Gottes, entgegensteht“ (S. 392) und „Die Erkenntnis, dass alle Disharmonie unwirklich ist, lässt der menschlichen Anschauung Dinge und Gedanken in ihrem wahren Licht erscheinen und zeigt, dass sie schön und unsterblich sind“ (S. 276).
Wir können kleine und große Probleme als Gelegenheiten betrachten, das zu demonstrieren, was wahr ist – die Kraft, Macht und Majestät der göttlichen Wahrheit, in der es „kein Problem“ gibt.
