Es hat den Anschein, als verginge derzeit kein Tag ohne die Nachricht von irgendeinem Übel oder irgendetwas Bösem, das sich in Form von Ansteckung, Hass, Korruption, Misshandlung, Massenmord oder Terrorismus zeigt und ein Gefühl von Hilflosigkeit verbreitet. Doch gleichzeitig sehen wir, dass weltweit mehr Menschen zusammen für Gesundheit, Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit beten. Allzu häufig sieht das Bild allerdings nicht sehr hoffnungsvoll aus.
Vielleicht liegt es an der Tendenz, das Böse nach dem zu definieren, was wir hören und sehen – Bilder von Gewalt oder Berichte von Krankheit im Fernsehen –, und dann einen Zusammenhang zu bestimmten Personen herzustellen. Wenn Menschen anfangen, einander die Schuld zu geben, entsteht Zwietracht. Doch der wahre Feind ist nicht der oder das, was die physischen Sinne wahrnehmen, sondern das, was dahintersteckt: der mentale Zustand. Um die Wirkungen des Bösen zu bezwingen und als machtlos zu beweisen, das Gute zu zerstören, müssen wir das aggressiv betrügerische Wesen des Bösen verstehen.
Das Böse ist die irrige Suggestion, dass wir jeder ein persönliches Gemüt haben, sodass viele Gemüter mit jeweils eigenem Willen entstehen, von denen einige böse sind und die Fähigkeit haben, andere zu manipulieren. Doch Gott, das unendliche Gute, ist das einzige Gemüt und regiert uns alle als die einzig wahre Macht.
Das Böse nimmt Realität in unserem Denken an, indem es sich wie ein schikanierender Tyrann verhält – es legt uns immer wieder bedrohliche oder verlockende Bilder bestimmter Leute, Orte oder Dinge vor, bis wir uns davon kontrollieren lassen. So räumen wir ihm Macht ein. Es hat oft den Anschein, dass berühmte Leute oder große Unternehmen diese Bilder auf betrügerische oder böswillige Weise einsetzen, um die Kontrolle über das allgemeine Denken zu erlangen oder aufrechtzuerhalten.
Mary Baker Eddy schreibt in ihrem Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Kein sterbliches Gemüt besitzt die Macht oder das Recht oder die Weisheit, zu erschaffen oder zu zerstören. Alles steht unter der Herrschaft des einen Gemüts, unter der Herrschaft Gottes“ (S. 544).
Das war nicht einfach eine angenehme Theorie, sondern eine Wahrheit, die sie seit ihrer Kindheit immer wieder bewiesen hatte. Sie demonstrierte die Machtlosigkeit dieses „Tyrannen“ namens Übel, als sie acht Jahre alt war und eine Einraumschule für Kinder aller Altersstufen besuchte. Eines der älteren Mädchen tyrannisierte die anderen und jagte selbst den Jungen Angst ein. Eines Tages kam es mit einer ausgehöhlten Gurke zur Schule, die sie mit Schmutzwasser gefüllt hatte, und verlangte, dass die anderen Kinder daraus tranken.
Die kleine Mary stellte sich vor sie und sagte: „Du sollst keinen von ihnen anrühren.“ Das Mädchen rief: „Aus dem Weg, oder ich stoße dich um.“ Doch Mary stellte sich hin, verschränkte die Arme und sagte: „Nein, du wirst mich mit keinem Finger anrühren noch einem von ihnen etwas tun.“ Die Drohungen des Mädchens hatten ihre Wirkung verloren. Sie war es nicht gewöhnt, dass jemand sich wehrte, geschweige denn ein kleines Mädchen! Das Mädchen warf die Gurke weg und lobte Mary für ihren Mut, bevor sie sie umarmte.
Wir können alle die Machtlosigkeit des Bösen in jeder Form beweisen.
Doch das reichte Mary nicht. Sie stellte sich dem Mädchen immer in den Weg, wenn es jemanden bedrohte, bis sich deren aggressives Wesen völlig verändert hatte (siehe Irving C. Tomlinson, Zwölf Jahre mit Mary Baker Eddy, S. 5–6).
Mrs. Eddy schrieb später: „Das Vertrauen, das die Wissenschaft einflößt, beruht auf der Tatsache, dass Wahrheit wirklich und Irrtum unwirklich ist. Der Irrtum ist ein Feigling vor der Wahrheit“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 368).
Was lässt das Böse so wirklich und machtvoll aussehen? Die ihm von dem sterblichen Gemüt oder den fünf körperlichen Sinnen zugeschriebenen Bilder. Sie präsentieren einen schlechten Charakter, destruktive Naturkräfte, Regionen voll Leid oder Statistiken, die die Verbreitung von Ansteckung beschreiben – und plötzlich nehmen diese Bilder in unseren Gedanken Gestalt an. Doch Mrs. Eddy schreibt: „Das Böse hat keine Wirklichkeit. Es ist weder Person, Ort noch Ding, es ist einfach eine Annahme, eine Illusion des materiellen Sinnes“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 71). Das Böse scheint nur deshalb Gegenwart, Macht und Einfluss zu haben, weil es Leiden oder Tod so anschaulich macht. Wenn wir diese Bilder aufnehmen und ihre Macht anerkennen, scheinen sie uns mithilfe von Angst zu kontrollieren.
In der Bibel werden drei Hauptbilder oder -symbole verwendet, um die Natur des Bösen darzustellen oder zu erklären: die Schlange, der Teufel und der Drache.
Am Anfang der Bibel ist die Schlange einschmeichelnd, verführerisch und zerstörerisch, obwohl sie in Wirklichkeit unfähig ist, den beiden Charakteren in der Allegorie – Adam und Eva – zu schaden (siehe 1. Mose 3). Sie kann ihnen nur einreden, dass Gott ihnen etwas vorgemacht hat, als er Adam warnte, sich von der falschen Lehre des Dualismus – dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen – fernzuhalten. Die Schlange sagt Eva, dass diese dualistische Lehre keineswegs zum Tod führen wird, sondern dass sie damit weise und mächtig wird (wie Götter), wenn sie die Materie und das Böse als wahre Kräfte anerkennt. Doch das war gelogen! Diese Erkenntnis führte zu nichts als Schande, Verlust und einem Fluch, der ihnen ihr Leben lang nur Leid brachte.
Diese Allegorie der Schlange war das genaue Gegenteil der Schöpfungsgeschichte in 1. Mose 1, in der wir lesen, dass nur Geist der Schöpfer ist, dass alles, was Geist erschafft, sehr gut ist, und dass Gottes Werk vollständig und abgeschlossen ist. Es gibt nur einen Gott, daher kann es nur einen Schöpfer geben und nur eine Schöpfung, die vollständig gut und vollkommen ist.
Im Neuen Testament finden wir eine weitere Darstellung vom Bösen, nämlich als der Teufel oder als ein negativer Einfluss, der Christus Jesus dazu verführen will, das Selbst, die Materie oder das Böse als Mächte anzubeten, die ihm nutzen könnten (siehe Matthäus 4:1–11). In einem Szenario will der Teufel ihm einreden, er solle sich von der Zinne des Tempels herabwerfen, um Gottes schützende Macht zu beweisen. Wenn der Teufel (das Böse) Macht gehabt hätte, dann hätte er ihn hinabgestoßen; doch er konnte ihm nur den Gedanken daran einflüstern. Jesus widersteht bei jeder Versuchung den fadenscheinigen Argumenten des Teufels, indem er sich nur an Gottes Gesetze, Gottes Willen und Gottes Regierung hält. Er bringt den Teufel schließlich zum Schweigen, indem er sagt: „Geh weg, Satan!“ und göttliche Inspiration (Engelsbotschaften) in sein Bewusstsein einfließen, die ihn nun befähigen, die Macht Gottes, des Guten, zu demonstrieren, die Menschheit zu erhalten und zu erlösen.
In der Offenbarung begegnet uns das Böse wieder, doch diesmal in Form eines Drachen mit sieben Köpfen, sieben Diademen und zehn Hörnern, der versucht, alles, was gut ist, einzudämmen und zu zerstören (siehe Kapitel 12). Doch der Christus, die Wahrheit, wirft den Drachen hinaus und zerstört schließlich das Böse in jeder Manifestation.
Mrs. Eddy erklärt: „Wir mögen wohl über menschliche Furcht verblüfft sein; und noch mehr mögen wir über Hass bestürzt sein, der sein Hydrahaupt hebt und seine Hörner in den vielen Erfindungen des Bösen zeigt. Aber warum sollten wir über das Nichts entsetzt sein? Der große, rote Drache symbolisiert eine Lüge – den Glauben, dass Substanz, Leben und Intelligenz materiell sein könnten. Dieser Drache steht für die Gesamtsumme allen menschlichen Irrtums. Die zehn Hörner des Drachen symbolisieren den Glauben, dass die Materie aus sich selbst Macht habe und dass durch ein böses Gemüt in der Materie die Zehn Gebote übertreten werden könnten.
Der Offenbarer hebt den Schleier von dieser Verkörperung alles Bösen und erblickt dessen schrecklichen Charakter; aber er erkennt auch das Nichts des Bösen und die Allheit Gottes“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 563).
Die Offenbarung endet mit Johannes’ Vision von einem neuen Himmel und einer neuen Erde, wo es weder Nacht noch Schmerz noch Mangel noch Tod gibt – kein Übel und nichts Böses. Alles ist Licht und Güte, denn Johannes verstand, dass Gott, Geist, das unendliche Gute, hier und jetzt erhaben ist.
Mrs. Eddy bewies diese Tatsache immer wieder. Einmal kam ein bewaffneter Mann zu ihr, konnte ihr aber nichts tun. Und als eine Gruppe aus fünfzig Spiritisten die ganze Nacht damit verbrachte, für ihren Tod zu beten, waren ihre eigenen Gebete ein umfangreicher Schutz (siehe We Knew Mary Baker Eddy, Expanded Edition, Vol. I [Wir kannten Mary Baker Eddy, Erweiterte Ausgabe, Bd. 1], S. 48, 172).
Sie schreibt: „Gott ist nicht der Schöpfer eines bösen Gemüts. Tatsächlich ist das Böse nicht Gemüt. Wir müssen verstehen lernen, dass das Böse die schreckliche Täuschung und Unwirklichkeit des Daseins ist. Das Böse ist nicht das Höchste; das Gute ist nicht hilflos; noch sind die sogenannten Gesetze der Materie primär und das Gesetz des Geistes sekundär. Ohne diese Lektion verlieren wir den vollkommenen Vater, oder das göttliche Prinzip des Menschen, aus den Augen“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 207).
Als ich vor Jahren Anwältin war, vertrat ich eine Frau bei einer von Streit geprägten Scheidung. Während sich der Fall hinzog, sagte mir die Frau, dass ihr Mann Hexerei betrieb, und äußerte mehrmals, dass er uns einen Fluch anhängen werde. Damals beachtete ich das nicht aus der Überzeugung, dass Hexerei keine Macht hat, doch ich versäumte es, den Anspruch im Gebet zu handhaben, um zu verstehen, warum sie keine Macht hat.
Mrs. Eddy lehrt uns, dass wir das Böse nicht ignorieren dürfen, sondern wir müssen 1. erkennen, was es zu erreichen versucht, 2. wissen, dass es dies nicht erreichen kann, und 3. sehen, dass es dies nicht erreichen wird (siehe We Knew Mary Baker Eddy, Expanded Edition, Vol. I [Wir kannten Mary Baker Eddy, Erweiterte Ausgabe, Bd. 1], S. 96).
Kurz nachdem meine Klientin mich auf diese Bedrohung aufmerksam gemacht hatte, wachte ich mitten in der Nacht mit dem Gefühl auf, ins Herz gestochen zu werden. Ich konnte nicht atmen und hatte sehr starke Schmerzen. Ich griff zum Telefon und rief eine Praktikerin der Christlichen Wissenschaft an. Die Schmerzen verschwanden sehr schnell, und ich schlief wieder ein. Doch ich wachte wieder auf, und diesmal waren die Schmerzen so schlimm, als würde ich sterben. Ich wandte mein Denken sofort vom materiellen Sinn eines leidenden Körpers ab und erhob es stattdessen zu Gott. Mir kam der Gedanke, den Glauben an Hexerei zu handhaben.
Sofort fiel mir ein, dass Gott, Geist – das unendliche Gute – das einzige Gemüt ist; somit ist es das einzige Gemüt, das die Macht hat, alle zu regieren. Da es nicht viele Gemüter gibt, kann es keine Übertragung sterblicher, hasserfüllter oder destruktiver Gedanken von einem sogenannten Gemüt auf ein anderes geben; ich habe kein eigenes separates Gemüt, das von einem anderen Gemüt kontrolliert werden kann. Das Böse ist nie eine Person, ein Ort oder ein Ding, und Gott teilt dem Menschen nur Leben, Gesundheit und Frieden mit. Das Böse kann keine Macht haben, denn Gott, das Gute, ist Alles-in-allem; daher bin ich in jedem Augenblick in der unfehlbaren Fürsorge der göttlichen Liebe geborgen.
Die Schmerzen verschwanden, und es ging mir wieder gut. Das war das Ende der Angriffe. Das Scheidungsverfahren machte danach schnelle Fortschritte und endete gütlich.
Ich war so dankbar für das Verständnis, das die Christliche Wissenschaft uns von der Allgegenwart und Allmacht Gottes, des Guten, vermittelt. Dieses Licht der göttlichen Güte füllt allen Raum und vertreibt die Dunkelheit von Hass, Unehrlichkeit, Krankheit und Zerstörung; und es gibt keinen Ort, an dem das Licht des unendlich Guten nicht zu sehen und zu fühlen ist. Wir können alle die Machtlosigkeit des Bösen in jeder Form beweisen, wenn wir begreifen, dass Gottes Regierung der ganzen Schöpfung erhaben, absolut und vollständig gut und harmonisch ist. Wenn wir auf unserem Verständnis dieser Wahrheit mit selbstloser Liebe zu Gott und der Menschheit beharren, ist Heilung gesichert.