Christus Jesus forderte seine Jünger kurz vor seiner Kreuzigung dreimal auf zu wachen (siehe Markus 13:33–37). Er betonte die große Notwendigkeit für geistige Wachsamkeit – den Bedarf, sich nicht von subtilen Einflüssen einlullen zu lassen. Jesu Insistieren darauf, zu wachen, wird im gesamten Neuen Testament wiederholt und weist darauf hin, dass mentale Wachsamkeit eine der grundlegenden Anforderungen an seine wahren Nachfolger ist.
Und was genau ist Wachsamkeit? Sie ist das Gegenteil von Apathie, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Gleichgültigkeit, Berauschung. Mental wach zu sein bedeutet, auf Gott ausgerichtet zu sein, um fortwährend auf die Stimme des Christus zu lauschen, egal wo wir sind und was wir tun. Mary Baker Eddy beschreibt den Christus in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift als einen göttlichen Einfluss, „der im menschlichen Bewusstsein immer gegenwärtig ist“ (S. xi), und an anderer Stelle bezieht sie sich auf „‚die stille, sanfte Stimme‘ der Wahrheit, die sich kundtut“ (S. 323). Jeder Mensch kann die Stimme des Christus, der Wahrheit, vernehmen, denn sie spricht direkt zu allen.
Mrs. Eddy betrachtete diese Wachsamkeit, diese Aufmerksamkeit dem Christus gegenüber, als unerlässlich. Ihre Satzungsbestimmung für die Kirche mit der Überschrift „Wachsamkeit gegenüber der Pflicht“ (siehe Handbuch der Mutterkirche, S. 42) weist jedes Mitglied an, täglich mentale Selbstverteidigung zu üben.
Die Bibel gibt mehrere Beispiele von Personen, die aufgrund ihrer engen Verbindung zu Gott Wachsamkeit demonstrierten. Einer davon war Noah. „Noah lebte mit Gott“, lesen wir in der Bibel (1. Mose 6:9), wovon wir ableiten können, dass er in ständiger Verbindung mit dem Schöpfer war. Aufgrund dessen war es ganz natürlich für ihn, Gottes Warnung und Anweisungen hinsichtlich einer bevorstehenden verheerenden Flut zu hören.
Auf den ersten Blick kommt uns der Gott von 1. Mose 6, wo wir die Geschichte nachlesen können, wie ein destruktiver Tyrann vor, der so von dem sündigen Verhalten der Menschheit enttäuscht ist, dass Er beschließt, sie durch eine katastrophale Flut zu vernichten. Doch aus metaphysischer Sicht ist Gott synonym mit göttlicher Liebe und somit der Wut, Enttäuschung und Zerstörung unfähig. Diesen Punkt lesen wir in Wissenschaft und Gesundheit immer wieder, zum Beispiel hier: „Die Manifestationen des Bösen, die die göttliche Gerechtigkeit fälschen, werden in der Heiligen Schrift ‚der Zorn des Herrn‘ genannt. In Wirklichkeit zeigen sie die Selbstzerstörung des Irrtums oder der Materie und weisen auf das Gegenteil der Materie hin, auf die Stärke und Beständigkeit des Geistes“ (S. 293).
Nur eine wache und wachsame Mentalität konnte die bevorstehende Gefahr wahrnehmen, die Noah erkannte. Noah verstand die Selbstzerstörung des Bösen. Mrs. Eddy beschreibt dieses wissenschaftliche Vorhersehen in Wissenschaft und Gesundheit: „Die Kenntnis der Wissenschaft des Seins befähigt uns in größerem Maße, mit dem göttlichen Gemüt zu kommunizieren, Ereignisse, die das allgemeine Wohl betreffen, vorherzusehen und vorherzusagen, göttlich inspiriert zu sein – ja, den Bereich des unbegrenzten Gemüts zu erreichen“ (S. 84).
Je mehr wir uns unserer ununterbrochenen Einheit mit dem göttlichen Gemüt, Gott, bewusst sind, desto deutlicher hören wir Gottes Anweisungen und Führung, und durch Wachsamkeit und Wachheit üben wir diese geistige Wahrnehmung aus, die uns beschützt. Wenn wir uns der geistigen Realität bewusst sind, sind wir befähigt, die Bedrohungen und Behauptungen von allem, was dem Guten entgegengestellt zu sein scheint, zu erkennen und abzuweisen. Auf diese Weise sehen wir verlässlich Ereignisse voraus, die nicht mit Gottes Natur übereinstimmen. Dieses göttliche Vorherwissen beschützt uns ohne Fehl und in gewissem Maße auch die Menschen um uns.
Noah erkannte nicht nur die Gefahr rechtzeitig, sondern er erfasste auch den göttlichen Rettungsplan. Durch Engelsbotschaften erreichten ihn konkrete und detaillierte Anweisungen zum Bau eines Schiffes, das ihn, seine Familie und zahlreiche Tierarten während der Katastrophe schützte.
Gottes Engelsbotschaften übermitteln uns immer genau das, was wir wissen müssen. Vor einigen Jahren habe ich mir angewöhnt, wachsamer zu sein, selbst vor und während ganz einfacher Tätigkeiten wie dem Einkauf. Über Monate hinweg hatte ich außerdem aus christlich-wissenschaftlicher Perspektive über den weltweiten Terrorismus gebetet.
Eines Tages wurde mir bewusst, dass ich aufhören musste, unsere sogenannte materielle Welt in Orte einzuteilen, die „sicherer“ oder „gefährlicher“ waren. Stattdessen musste ich mich vollständig aus dem Konzept materieller Sicherheit in das geistige Verständnis der konstanten, verlässlichen, von Raum und Zeit unabhängigen Sicherheit erheben.
Als ich auf diese Weise betete, erwachte ich zu der überraschenden Erkenntnis, dass es keinen einzigen Ort auf der Welt gibt, der unfehlbar und vollständig sicher ist, sofern wir nicht für Gottes Engelsbotschaften empfänglich sind. Schutz und Sicherheit gehen von Gott aus, nicht von materiellen Umständen. Ein Gefühl von Sicherheit in drohender Gefahr kann tödlich sein. Mrs. Eddy beschreibt dieses falsche, trügerische Gefühl von Sicherheit in Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes: „Der tierische Magnetismus nährt argwöhnisches Misstrauen, wo Ehre gebührt; Furcht, wo Mut am stärksten sein sollte; Vertrauen, wo Vorsicht walten sollte; ein Gefühl der Sicherheit, wo größte Gefahr ist ...“ (S. 211). Wahre wissenschaftliche Wachsamkeit verleiht Frieden, während sie uns gleichzeitig auf bevorstehende Gefahr aufmerksam macht.
Als ich eines Abends mit diesen Ideen betete, fühlte ich die Versicherung von Gottes Schutz, wo immer auf der Welt ich mich auch befand. Ich verstand, dass meine Familie und ich völlig beschützt sein würden, selbst wenn ein Terroranschlag direkt vor unserem Haus verübt werden würde. Diese Gedanken kamen mir seltsam vor, denn die Gegend, in der ich damals lebte, war sicher und friedlich.
Gottes Engelsbotschaften übermitteln uns immer genau das, was wir wissen müssen.
Allerdings wusste ich nicht, dass ein selbstradikalisierter Islamist Pläne für einen Angriff in meiner Wohngegend schmiedete, wie ich später aus den Nachrichten erfuhr. Doch Gottes Engelsbotschaften wirkten diesem brutalen Plan entgegen. Obwohl die grausame Tat nicht vollständig verhindert worden war, wurde der Angriff in einem Supermarkt von drei mutigen Muslimen, die später als „Helden von Barmbek“ geehrt wurden, zu einem ungewöhnlichen und plötzlichen Ende gebracht. Sie riskierten selbstlos ihr Leben, um das anderer zu retten. Ihr Eingreifen war eine machtvolle Manifestation selbstaufopfernder Liebe.
Unmittelbar vor dem Angriff hatte ich in diesem Supermarkt, der ca. 200 m von unserem Haus entfernt lag, einkaufen wollen. Doch ich hielt einen Augenblick inne und lauschte auf göttliche Führung. Und in dem Moment hörte ich die Stimme des Christus mental zu mir sprechen: „Geh zurück in deine Wohnung und bete noch einmal das ‚Tägliche Gebet‘.“ Ich gehorchte und betete das „Tägliche Gebet“ aus dem Kirchenhandbuch: „‚Dein Reich komme‘; lass die Herrschaft der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe in mir aufgerichtet werden und alle Sünde aus mir entfernen; und möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern und sie regieren!“ (S. 41).
Wenige Minuten später hörte ich Sirenen und einen Hubschrauber. Mehrere beunruhigte Freunde riefen an und fragten, ob bei uns alles in Ordnung war – sie hatten Bilder von dem Angriff in den Nachrichten gesehen.
Aktiv auf Gottes Engelsbotschaften zu lauschen hatte meine Familie und mich eindeutig beschützt und vielleicht sogar geholfen, den Angriff einzudämmen. Die letzten Zeilen des „Täglichen Gebets“ zeugen von dem machtvollen Einfluss der göttlichen Liebe auf die ganze Menschheit.
Wir können uns hier und jetzt Gottes Allmacht und Schutzfähigkeit bewusst sein. Solch eine Bewusstseinsänderung von mentaler Lethargie zu aktiver, Noah-ähnlicher Wachsamkeit mag eine umfassende Umwandlung, ein echtes Umdenken, erfordern, wenn wir daran gewöhnt sind, gänzlich oder teilweise unseren eigenen Plänen zu folgen. Je mehr wir Eigenwillen loslassen, desto besser können wir Gottes klare Führung vernehmen.
Wenn wir durch Wachsamkeit eine bewusste Einheit mit Gott, dem göttlichen Gemüt, pflegen, sind wir immer besser in der Lage, mit allem fertig zu werden, was keinen Bezug zum göttlichen, all-guten Bewusstsein hat. Das bedeutet, das Gemüt des Christus, wo Gottes Erhabenheit regiert, widerzuspiegeln und mit ihm vereint zu sein.