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Original im Internet

Die Tür von Verlust zu Leben

Aus der Juni 2021-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 18. Februar 2021 im Internet.


Als ich klein war, haben mein Vater und ich oft abends zu den Sternen hochgeschaut und die Großartigkeit Gottes betrachtet. Dann lagen wir still auf dem Rücken und gaben uns unserer Bewunderung des Himmels hin – diesem Einblick in das unendliche Universum. In solchen Augenblicken fühlte ich mich meinem Vater besonders nahe, vielleicht weil wir uns beide Gott so nahe fühlten. Die Erinnerung an diese Nächte begleitet mich und vermittelt mir weiterhin wertvolle Lektionen über die Macht von Demut, ein wenig vom unendlichen Leben zu offenbaren.

Ein Verständnis von Leben als Gott wurde plötzlich dringend, als mein Vater unerwartet starb und mich vor das größte Problem stellte, das ich jemals zu bewältigen hatte. Nachdem ich Monate zwischen Gebet und schwerem Kampf geschwankt war, stellte ich fest, dass es bei Gebet über Verlust und Trauer in Wirklichkeit darum geht, eine andere Geschichte aufzudecken: eine, die offenbart, dass da, wo Schmerzen und Verlust zu sein scheinen, eine offene Tür zu Freude und Umwandlung führt.

Für die menschliche Geschichte vom Tod ist enormer geistiger Einsatz vonnöten. Ich fand dies in einer Aussage von Mary Baker Eddy, die mich verlässlich geführt hat, besonders schön ausgedrückt: „Dem himmlischen Plan gemäß dienen die Erdenschatten dazu, die Neigungen zu läutern und das menschliche Denken zurechtzuweisen, auf dass es sich freudig von einem materiellen, falschen Begriff von Leben und Glück abwende, hin zu geistiger Freude und zu der wahren Wertschätzung des Seins“ (Rückblick und Einblick, S. 21).

Obwohl ich es anfangs nicht erkannte, entfaltet Mrs. Eddy uns die Tatsache, dass es nur einen unendlichen Strom des Lebens gibt, in dem wir alle beständig existieren – wir können ihn nicht verlassen. Eine Einschätzung vom Leben als materiell und sterblich redet uns ein, dass wir vom größeren Strom getrennt und isoliert werden können. Doch trotz der illusorischen Gewissheit, dass Sterblichkeit das Wesen unserer Existenz ist, machen die Kämpfe des menschlichen Lebens uns demütig und bringen uns dazu, die Unsterblichkeit als unser wahres Leben zu erkennen. In diesem Sinn lädt menschliches Leid uns dazu ein, höher zu steigen und gleichzeitig tiefer vorzudringen.

In den ersten Monaten nach dem Verlust meines Vaters fürchtete ich, meine Identität sowie eine fühlbare Verbindung zum göttlichen Leben verloren zu haben. Trotz meines täglichen Gebets und einer liebevollen Umgebung überkam mich eine lähmende Depression. Es schien mir, als könne ich der Schwere und Dunkelheit nicht entkommen. Doch mitten im mentalen Kampf wusste ich, dass ich einen neuen Weg finden würde, wenn ich mich von ganzem Herzen an Gott wandte. Ich war das ständige Gefühl von Verlust leid und bereit für eine vollständige Erneuerung meines Verständnisses vom Leben.

Die Reise zu einem größeren geistigen Verständnis erforderte, dass ich neu bewertete, wie ich mit meiner Einschätzung der Vergangenheit umging. Erinnerungen an früher können jeden Augenblick hochkommen und Trauer erklären, Depressionen rechtfertigen und Verlust intensivieren. Diese aufdringlichen Vorstellungen können unseren Fortschritt bedrohen.

Dem menschlichen Denken erscheinen Depressionen als unvermeidlich. Doch Gott, das göttliche Gemüt, hört nie auf, uns Geist-wärts zu rufen. Nachdem mein Vater weitergegangen war, verwendeten meine Mutter und ich mehrere Wochen lang verschiedene geistige Konzepte als Anleitung für unsere Gebete. In den ersten Wochen war unser Thema mentale Wachsamkeit. Während ich mit der starken Depression kämpfte, übte ich, mein Denken besser zu schützen. Recht schnell führte das zu einer einfachen, aber machtvollen Offenbarung: Depressive Gedanken wollten nichts Gutes für mich, sondern gingen immer in Richtung Zerstörung.

Bevor ich anfing, mein Denken zu prüfen, hatte ich zugelassen, dass Depressionen mir ein Gefühl von Trennung von Gott, dem göttlichen Leben, verliehen. Und das war ausschlaggebend für meine Erkenntnis, dass Depressionen mir nicht auferlegt werden können, selbst wenn das allgemeine Zeugnis das Gegenteil behauptet. Ich bin kein Opfer, sondern ein eigenständiger Mensch, der selbst entscheiden kann, ob er sich von depressiven Gedanken beherrschen lässt. Gott, Liebe, war die ganze Zeit bei mir und forderte mich nun sanft auf, meine Sichtweise zu ändern, um diese Tatsache klarer zu erkennen. Diese Erkenntnis heilte nicht alle Symptome von Depressionen über Nacht, aber sie war der erste Schritt zur Heilung.

Obwohl die Schwere der Depression sich in den nächsten Monaten nach und nach hob, erschienen mir die wiederkehrende Trauer und ein nicht loszuwerdendes Gefühl von Verlust immer noch wie regelmäßige Besucher. Eines Abends kniete ich vor Verzweiflung auf dem Boden und bat Gott um eine Antwort. Und sie kam so sanft und deutlich, wie es immer geschieht, wenn wir uns ernsthaft an Gott wenden. Als ob Er mein Denken in eine neue Richtung lenkte, wurde ich an etwas erinnert, was mein Vater zu mir gesagt hatte: „Man überwindet den Tod nur durch Liebe. Man liebt einfach.“

Ich hatte diesen Satz lange nicht verstanden, doch in diesem Moment wurde er mir klar. Wenn ich beim Sternegucken mit meinem Vater versuchte, in der Dunkelheit um die Sterne herum Licht zu finden, konnte ich nie Formen oder Gestalten erkennen. In ähnlicher Weise verstand ich, dass ich versuchte, einen Sinn und Antworten in Tod und Verzweiflung zu finden. Da sie von Natur aus substanzlos sind, konnten sie mir nur ein Gefühl von Verlorenheit und von Dunkelheit vermitteln. Die Antwort war Liebe, die geistig und dauerhaft ist; sie ist die einzig wahre Substanz, Gestalt und Form.

Antworten oder Bedeutung im Tod zu suchen kommt dem Versuch gleich, der Dunkelheit Licht zu entziehen. Der nächste Schritt war also, meine Aufmerksamkeit wieder auf das Licht – auf Liebe – zu richten, um zu verstehen, wie Gottes Gnade Konstellationen von Bedeutung und geistiger Verbindung in unserem Leben erschafft.

Es ist unmöglich, eine Lösung für Verlust zu erhalten, wenn man herauszufinden versucht, warum ein Tod eingetreten ist. Doch als ich meinen Fokus und mein Verhalten auf Liebe ausrichtete, orientierte ich mich an wahrer Substanz und Leben, um Gottes väterliche Qualitäten erleben zu können. Ich stellte fest, dass ich die unendliche, geistige Individualität meines Vaters nur finden konnte, indem ich auf unseren unendlichen Vater-Mutter-Gott, Geist, schaute. Wie der Psalmist bekräftigt: „In Deinem Licht sehen wir das Licht“ (Psalm 36:10).

Mrs. Eddy schrieb in ihrer Autobiografie Rückblick und Einblick über die Geschichte ihrer eigenen Familie, zu der mehrere tragische Ereignisse gehörten – der Tod ihres ersten Mannes, der Verlust ihres einzigen Kindes, eine unglückliche zweite Ehe und fast ständige Invalidität –, bevor sie die Christliche Wissenschaft entdeckte. Doch nachdem sie diese Ereignisse beschrieben hatte, erklärte sie: „Die menschliche Geschichte bedarf einer Überprüfung, und der materielle Bericht muss daraus gestrichen werden“ (S. 22). Da ich wusste, dass diese Worte aus ihrem eigenen Kampf mit einer schwierigen Vergangenheit erwachsen waren, betrachtete ich sie als vertrauenswürdige Anweisung, die ich befolgen konnte.

Eine Überprüfung führt oft zu Veränderungen aufgrund der Informationen, die sie ans Licht gebracht hat. Als ich im Lauf der darauffolgenden Monate mit Erinnerungen rang – traurige, die Angst hervorriefen, oder frohe, die mich nostalgisch werden ließen –, sagte ich mir oft, ich solle „überprüfen und streichen“. Da ich gelernt hatte, dass wahres Erleben nur das ist, was Liebe und Leben zum Ausdruck bringt, arbeitete ich nun daran, alles loszulassen, was Liebe und Leben nicht zum Ausdruck brachte, und nur das zu behalten, was sie erfüllte, wodurch ich tragische Erinnerungen gegen das Gegenteil, die geistige Wahrheit, eintauschte. Ich stellte fest, dass dieser Vorgang wie die Überarbeitung eines Vortrags oder Buches Disziplin und Demut erforderte. Er bescherte mir aber auch Frieden, Kraft und tiefste Freude – und die sind mir erhalten geblieben. Heute bin ich frei von Trauer und fühle die sanfte Einladung, mich näher an Gott zu halten.

Eine gute Freundin sagte mir einmal, dass man den Tod jeden Tag überwinden kann, wenn man jeden Glauben an Endlichkeit besiegt. Ich habe das in dieser Erfahrung durch die vielfältige sanfte Weise gelernt, durch die mich Gott durch jedes finstere Tal geführt hat. Und ich bin sicher, dass Gott uns immer antwortet und dass die Tür immer geöffnet wird, wenn wir anklopfen. Meine Beziehung zu meinem Vater wird täglich auf wunderschöne Weise tiefer, und ein geistiges Gefühl von Freude und Leichtigkeit ist zurückgekehrt.

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