In der Eingangshalle einer Kirche hörte ich: „Die Kirchen waren früher mal so voll!“ In derselben Woche hatten zwei Artikel in führenden Publikationen auf den „ständigen Rückgang“ der Besucherzahlen in Kirchen hingewiesen. Zu diesem Thema erscheinen immer wieder Meinungsbeiträge und Nachrichtenartikel, ganz zu schweigen von Äußerungen in den Kirchen selbst.
Christliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fühlen sich vielleicht gerechtfertigt, allerlei Gründe für die schrumpfenden Kirchengemeinden zu finden: Die Zeiten haben sich geändert; früher hatten die Menschen mehr Gottvertrauen; Materialismus und Widerstand gegen geistige Inhalte haben zugenommen; geistiges Heilen war einfacher, weil die medizinische Versorgung nicht so gut und so verbreitet war. Die Umstände und das Umfeld, in denen Kirchenmitglieder früher lebten, waren im Allgemeinen offener für Gebet.
Doch Christus Jesus und seine Nachfolgerinnen und Nachfolger wurden nicht nur mit dem Materialismus der griechischen und römischen Kultur konfrontiert, sondern auch mit den religiösen Gesetzen, Ritualen und dem Mangel an Gottesglauben ihrer Zeit. Dem materiellen Widerstand gegen Jesu geistige Lehren zum Trotz demonstrierten sie, dass Christus, Wahrheit, fähig ist, die empfänglichen Herzen in jedem Zeitalter zu erreichen, um problematische Zustände aller Art zu heilen. Jesus erklärte, dass der Christus, die erneuernde Kraft hinter seinen heilenden Worten, schon vor Abraham bestanden hatte und für immer bei uns ist, wo er jede scheinbare Hürde überwindet, die einem Verständnis der geistigen, vollkommenen Natur als Gottes Kind im Weg zu stehen scheint.
Als ein verzweifelter Vater, der die langjährige und lebensbedrohliche Krankheit seines Sohnes und seinen eigenen Mangel an Glauben beschrieb, Jesus um Hilfe anflehte, bekam er sie. Jesus prangerte erst die Atmosphäre des Unglaubens an, die ihn in diesem Fall umgab, – „O du ungläubiges Geschlecht“ – und stellte dann die Gesundheit des Jungen augenblicklich wieder her (siehe Markus 9:17–27).
Der Gott, den Jesus anbetete und verkündete, war die immer-gegenwärtige Liebe, die allen Raum füllt. Jesus heilte durch diese göttliche Liebe und demonstrierte allen, dass nichts uns jemals von der allumfassenden Liebe trennen kann. Und der Apostel Paulus schrieb in einem Brief an die Christinnen und Christen in Rom über seine feste Überzeugung: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur, uns von der Liebe Gottes zu scheiden vermag, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Römer 8:38, 39).
Was in den Berichten der ersten Christinnen und Christen durchscheint, ist ihr Glaube an und ihr Vertrauen auf Gottes dauerhafte Liebe. Nicht, dass ihnen keine Feindschaft und keine unangenehmen Umstände begegneten, doch sie fanden Zuflucht in Gottes Allmacht, Gegenwart und Güte und freuten sich darüber. (Wie eine Freundin gern sagte, ist das der Grund, warum das Buch in der Bibel, in dem man Ereignisse aus den ersten Jahrzehnten des Christentums nachlesen kann, nicht „Das Buch der furchtbaren Zeiten und schrecklichen Dinge, die wir erlitten haben“ heißt, sondern „Apostelgeschichte“ – ein Buch gefüllt mit Heilung und Gnade und Offenbarung.)
Dasselbe lässt sich über die ersten Christlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen. Wenn man ihre Heilungszeugnisse in den Zeitschriften der Christlichen Wissenschaft bis ins Jahr 1880 zurück liest, merkt man, dass auch sie bedrohliche Situationen aller Art zu bewältigen hatten. Und sie verstanden die Macht Gottes und die praktische Anwendbarkeit der geistigen Wahrheit und Liebe dank Mary Baker Eddys Entdeckung der Christlichen Wissenschaft. Ihre Werke bewiesen, dass Christus, Wahrheit, alles überwindet, was vorgibt, der heilenden Macht der Liebe zu widerstehen.
Als ich neu in der heilenden Praxis der Christlichen Wissenschaft tätig war, verdeutlichte mir ein Erlebnis, dass es wichtig ist, mein Denken mit der Wirklichkeit von Gottes Güte und Liebe und der Natürlichkeit unserer Empfänglichkeit für Wahrheit gefüllt zu halten und die Suggestion aus meinem Denken auszuschließen, dass das, was ich tat, weder nützlich noch erwünscht war.
Ich hatte Besuch von einer Freundin, die sich kurz zuvor bei einem Unfall die Hand verletzt hatte. Meine Praxis bestand damals aus einem kleinen Kreis von Kirchenmitgliedern und Verwandten, die mich gelegentlich um christlich-wissenschaftliche Behandlung baten. Als meine Freundin mir den Vorfall beschrieb, überlegte ich kurz, ob ich ihr anbieten sollte, für sie zu beten, auch wenn dies das Risiko in sich barg, mir ihre Verachtung dafür zuzuziehen, dass ich religiös war. Mein Wunsch, Gottes Liebe treu zu bezeugen, überwog, und ich stellte fest, dass dieser Satz wahr ist: „Alles, was das menschliche Denken in Übereinstimmung mit einer vom sterblichen Selbst losgelösten Liebe hält, empfängt unmittelbar die göttliche Kraft“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 192).
Die Sorge über meine Fähigkeit, meiner Freundin zu helfen, wurde unwichtig. Ich war mir nur bewusst, dass Gott immer-gegenwärtig und Sein Gesetz des Guten vollständig in Kraft ist. Für mich war das ein klarer Beweis für die Tätigkeit des Christus, der ewiglich im individuellen Bewusstsein gegenwärtig ist, um menschliche Bedürfnisse zu stillen.
Meine Freundin nahm mein Angebot, für sie zu beten, an. Die nächsten Tage waren mit Freude und Vertrauen in Gottes Macht zu heilen erfüllt. Und als meine Freundin abfuhr, zeigte sie mir ihre Hand, die nicht das geringste Anzeichen einer Verletzung aufwies. Statt Sorge über eine dauerhafte Behinderung zu haben, strahlte meine Freundin über die befreiende Wahrheit, die sie geheilt hatte.
Ich kann nicht behaupten, dass ich nie wieder bange Zweifel hatte, doch ich kann sagen, dass der weit verbreitete Materialismus, die Gesundheitsgesetze, die die Welt als weise akzeptiert, und die menschlichen Umstände, die uns bedrängen wollen, mir nicht mehr wie die unüberwindbaren Hürden auf dem Weg zu einer Heilung vorkommen, als die sie mir einst erschienen. Ich bin mir heute der Tatsache sicherer, dass Gottes Liebe und Oberhoheit unveränderlich und ewig sind. Nichts kann uns von Gott trennen, denn wir sind eins mit unserem Schöpfer und spiegeln alle göttlichen Eigenschaften wider, einschließlich Gesundheit, Intelligenz und Liebe. Das ist alles, was wir über unsere Fähigkeit wissen müssen, heute Heilungen zu vollbringen.
Mary Baker Eddy schrieb in ihrer Botschaft an die Mutterkirche für 1902: „Jesus gebot: ‚Folge du mir und lass die Toten ihre Toten begraben‘; mit anderen Worten: Lass dir weniger an der Welt, an Popularität, Stolz und Annehmlichkeiten gelegen sein und liebe. Sobald die volle Bedeutung dieses Ausspruchs verstanden wird, werden wir bessere Praktiker haben und die Wahrheit wird dem menschlichen Gedanken aufgehen mit Heil unter ihren Flügeln, indem sie die Menschheit erneuert und den Ausspruch des Apostels erfüllt: ‚Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christus Jesus, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes‘“ (S. 9).
