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Brief eines Rechtsanwalts an einen Freund.

Aus der Dezember 1905-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wir veröffentlichen hier einen Brief, welcher von einem Rechtsanwalt, der ein ernster Anhänger und Anwalt der Christian Science geworden ist, an einen jungen Freund geschrieben wurde.

Der Brief ist interessant und belehrend, und wird, dessen sind wir sicher, von allen mit Nutzen gelesen werden. Wir geben ihm gern Raum:

Mein lieber junger Freund, Sie fragen mich, was Christian Science ist. Sie sagen, daß man in Ihrer Schule darüber diskutiert hätte, und daß Ihr Lehrer Ihnen nicht sagen kann, was es ist; obgleich er erklärt, daß es sonderbar wäre, daß irgendjemand an solch einen Unsinn glauben könne. Es herrscht so viel Unwissenheit, um nicht zu sagen Ungerechtigkeit, bei Personen, welche es unternehmen, die Lehre der Christian Science zu erklären, vielleicht von einem nicht sehr freundlichen Standpunkt aus, so daß es kein Wunder ist, daß viele gute Leute dagegen eingenommen sind.

Sie sagen, daß, wenn Sie auf ein Pferd blicken, Sie sicherlich ein Pferd sehen, und ich gebe zu, da ich ein Kentucky Junge bin wie Sie, daß Sie wahrscheinlich ein Pferd unter ebenso großen Schwierigkeiten sehen würden, wie irgend etwas anderes, worauf Sie blicken könnten Ihre letzte Erklärung zeigt mir, daß Sie am Anfang eine Schwierigkeit angetroffen haben, die für so manche zu einem Stein des Anstoßes wird, die sonst interessierte Forscher dieser wunderbarsten Wahrheit werden könnten, nämlich: die Lehre der Christian Science, daß es keine Materie gibt. „Alles ist unendlicher Geist und seine unendliche Offenbarung” (Science and Health with Key to the Scriptures, S. 468, von Mary Baker G. Eddy). Wir wollen also die Behauptung aufnehmen. Es gibt keine Materie.

Aber ehe wir es unternehmen, Christian Science zu erklären, ist es nur gerecht, und es mag uns sehr zum Vorteil dienen, zu betrachten, was Naturwissenschaften und Philosophie uns in Bezug auf gleiche Punkte lehren. Wenn wir Christian Science, oder die Lehren irgend einer anderen Wissenschaft aus diesem Grunde kritisieren sollen, so müssen wir selbst zuerst eine wissenschaftliche Stellung einnehmen.

Eine der ersten Lektionen, welche man in jedweder wissenschaftlichen Erforschung der Wahrheit lernen muß, ist, daß man dem Zeugnis der materiellen Sinne nicht trauen kann, daß wir es in unsern gewöhnlichen, alltäglichen Erfahrungen anstatt direkt mit der Wirklichkeit, fast ausschließlich mit Phänomenen, mit Erscheinungen, zu tun haben. Sie sehen einen Gegenstand, für Sie hat er Farbe; Sie bemerken einen Geruch, den er ausströmt, Sie schmecken ihn, Sie fühlen ihn, Sie hören Töne, die er ausstößt, Sie heben ihn auf und entdecken, daß er, Ihren Begriffen nach wenigstens, schwer und undurchdringlich ist, und Sie sagen, daß er aus Materie gemacht ist — das nennen Sie Materie. Der Prozeß ist für Sie sehr einfach. Sie haben keine Schwierigkeiten zu sehen, zu hören, zu fühlen und die äußere Welt zu erkennen, so weit die Erfahrung Ihres gesunden Menschenverstandes geht. Was aber sagt die Wissenschaft zu allem diesen?

Ich vermute, wenn es irgend etwas gibt, von dem der sogenannte gesunde Menschenverstand, mehr als von allem andern überzeugt ist, so ist es, daß die Welt voller Dinge ist, welche in einer materiellen, kompakten Form, welche Materie genannt wird, existieren. Was ist Materie? Trotz des direkten, sichtlichen Zeugnisses Ihrer Augen, Ihrer tagtäglichen Erfahrung, lassen Sie mich Ihnen sagen, daß niemand in dieser Welt weiß, was Materie ist, oder ob es irgend etwas wie Materie gibt. Wir haben einen materiellen Sinn, ein materielles Bewußtsein, aber niemand kann sagen, daß wir Materie haben.

Grant Allen, der wohlbekannte Autor, spricht im Verlauf eines Artikels über den verstorbenen Professor Tyndall, folgendermaßen über die Materie: „Die Beschuldigung des Materialismus konnte gegen solch einen Mann nur von den verächtlichen Materialisten aufgebracht werden, die niemals einen Schimmer der tieferen Tatsache gehabt haben, daß das Weltall, wie es uns bekannt ist, ganz aus Geist besteht, und daß die Materie ein zweifelhafter und ungewisser Schluß der menschlichen Intelligenz ist.”

Professor Wilhelm Oswald von der Universität Leipzig, in Deutschland, schreibt folgendermaßen über die Materie: „Die Materie ist ein Gegenstand des Gedankens, welchen wir uns selbst ziemlich unvollkommen konstruiert haben, um das darzustellen, was in dem Wechsel der Phänomene permanent ist.”

Mr. Huxley schreibt: „Was wissen wir nach allem von dieser schrecklichen Materie, ausgenommen den Namen für die unbekannte hypothetische Ursache von Zuständen unseres eignen Bewußtseins?”

Nehmen wir an, daß Sie Ihren Geist für einen Augenblick bei den Schlüssen dieser hervorragenden Professoren verweilen lassen, bei Schlüssen, welche von Ihnen nach Jahren des tiefsten Nachdenkens und wissenschaftlicher Forschungen, erreicht worden sind. Die Materie, auf welche diese Gelehrten Bezug nehmen, ist derselbe Stoff, welchen Sie so gewiß zu sehen, fühlen, berühren und täglich anzufassen glauben, und von dessen gewichtiger, kompakter, undurchdringlicher Substanz Sie so überzeugt sind. Und dennoch sagt Ihnen Mr. Huxley, daß seine Existenz hypothetisch ist; und Professor Oswald sagt Ihnen, daß er nur ein Gegenstand des Gedankens ist, eine Schöpfung des menschlichen Geistes.

Als Christus in der Welt erschien, fand er sie in Sinnlichkeit versunken. Die Leute glaubten damals, wie viele Leute heutigen Tages glauben, daß das Leben eine Sache wäre, welche man nur nach materieller Weise verwirklichen könnte; daß es darin bestände, die materiellen Sinne zu befriedigen, über seinen Nebenmenschen zu herrschen, Eigentum zu besitzen, zu essen und zu trinken. Für solche Leute war das Leben damals und jetzt gänzlich eine sinnliche oder Physische Angelegenheit, und da der Körper der augenscheinliche Sitz der Physischen Gefühle ist, und da das einzige Bewußtsein oder die einzige Wahrnehmung des Lebens, welche solche Leute haben, von physischen oder materiellen Gefühlen herrührt, so kamen sie naturgemäß darauf hinaus, den Körper auch als den Sitz des Lebens anzusehen. Daher die falsche Auffassung, die sogar in unsern Tagen so weit verbreitet ist, daß das Leben, der Geist, oder die Seele, in dem Körper wohnt und nur durch den Tod aus ihrer materiellen Einkerkerung befreit werden kann.

Tief in diese materialistischen Anschauungen des Lebens getrieben, ist jedoch der Anker von fast aller Philosophie des Heidentums, sowohl der alten wie der modernen, und es ist ebenso interessant wie rührend, Zeuge des Kampfes des menschlichen Verstandes zu sein, um die Befreiung aus dieser Gefangenschaft, welche schlimmer ist, als die ägyptische. Hier also, in dem menschlichen Bewußtsein als Schauplatz, fing die Schlacht zwischen dem Geistigen und dem Materiellen oder Sinnlichen an, zwischen Geist und Materie, zwischen Gut und Böse, zwischen dem, was unsere Menschheit erhebt, würdig macht und ehrt, und dem, was uns hinabzieht, uns degradiert und schlechter macht; denn was auch immer in der Welt um Sie her geschieht, es gibt nur einen Schauplatz, auf welchem alle Ihre wirklichen Schlachten ausgefochten werden müssen, und auf diesem Schauplatz erscheinen nur zwei streitende Mächte; auf der einen Seite, der Geist, oder das, was geistig ist, auf der anderen Seite die Materie, oder das, was materiell ist. Diese Mächte haben nichts mit einander gemein. Sie sind jetzt und immer unversöhnliche Feinde. Sie können nicht friedlich zusammen im menschlichen Bewußtsein wohnen, entweder muß das eine das andere überwinden, oder es wird ein fortwährender Kampf oder eine fortwährende Unruhe herrschen.

Dieser materielle Begriff des Lebens, welchen wir Körper nennen, und welchen wir als Materie oder als materiellen Stoff ansehen, ist der Sitz aller unsrer bösen Neigungen. Aus welcher Richtung auch immer die böse Versuchung an uns herantreten mag, Sie können sicher sein, daß ihre erste Eingebung in einem oder mehreren unsrer fünf materiellen Sinne zu finden ist. Es folgt daraus, daß, wenn wir uns in irgend einer Weise von diesen materiellen Sinnen, oder was dasselbe bedeutet, von diesem Sinne des Materiellen befreien könnten, so daß der Geist vollkommene Gewalt haben könnte, so müßten wir eine höhere Sphäre des Lebens erreichen und würden mehr so sein, wie Gott uns haben will.

Den edelsten Charakter und vielleicht den größten Geist der heidnischen Welt hatte Sokrates. Mit der Kraft seines wunderbaren Verstandes, schloß er auf die Unsterblichkeit der menschlichen Seele. Er behauptete, daß Tugend Weisheit ist und Laster Unwissenheit, und auf diese Prinzipien, die er als Basis niederlegte, baute Plato die erste Schule einer Lehre auf, die in der Philosophie als Idealismus bekannt ist. Und so teilte sich die Philosophie der Welt in zwei große Schulen oder Systeme, die als Idealismus einerseits und Materialismus andrerseits bekannt sind.

Die Frage, zu welcher dieser Schulen irgend ein modernes System der Philosophie gehört, wird durch das Verhältnis der Überlegenheit bestimmt, welche durch dieses System dem Geist oder der Materie zugeschrieben wird. Wenn es behauptet, daß der Geist unabhängig von der Materie ist, daß seine Wirksamkeit durch seine eignen ihm innewohnenden Gesetze und Kräfte bestimmt werden, so ist es Idealismus; wenn es behauptet, daß der Geist nur Passiv ist, und seine Kenntnisse von außerhalb durch materielle Gefühle empfängt, welche sich in einem rein passiven Bewußtsein fühlbar machen, so ist das Materialismus.

Man sieht klar, daß der Idealismus den Geist ehrt, während der Materialismus das Leben und alle geistigen Tätigkeiten auf eine mechanische und materielle Grundlage zurückzuführen sucht. Zum Beispiel basierte Plato, der der Vater des Idealismus genannt worden ist, sein moralisches System auf den Unterschied zwischen den körperlichen oder sinnlichen und den geistigen oder seelischen Anlagen unsrer Natur; das erste war, seines Erachtens nach, das Zeichen unsrer Entartung und das zweite unsrer Würde.

Es ist leicht zu sehen, welches dieser Systeme am meisten dem Christentum gleichkommt. In der Tat, bietet das Christentum eine hervorragend reine Form des Idealismus dar. Es ehrt den Geist mehr als jedes andere System der Philosophie, zu solch einem Grade selbst, daß Christian Scientisten glauben, daß es lehrt, daß der Geist alles ist.

Natürlicherweise berichtet die Geschichte die Tatsache, daß Atheisten und Ungläubige gewöhnlich zu der Schule des Materialismus gehört haben.

Angesichts dessen, was schon offenbar geworden ist, ist es nicht eine Überraschung für Sie, daß, in diesem Konflikte zwischen Geist und Materie, christliche Leute, und besonders christliche Prediger, sich veranlaßt fühlen sollten, sich um die Fahne der Materie zu versammeln, und daß sie einen solchen ungeahnten Eifer in der Verteidigung dessen entfalten, was mehr als alles andere dazu beigetragen hat, das Christentum in seinen Anstrengungen zu bekämpfen, das menschliche Leben zu vergeistigen?

Aus dieser Feindschaft zwischen Geist und Materie entsteht die Frage: Wie sollen wir irgend eine Untersuchung zwischen ihnen in unserm menschlichen Bewußtsein herstellen oder zu stande bringen? Es ist gewißlich wahr, daß, so sehr auch ein Ding in Wirklichkeit existieren mag, es für uns nur so weit existiert, als wir uns seiner Existenz bewußt werden.

Wenn unser Geist die Materie als solche nicht erkennen kann, wer kann behaupten, daß Materie existiert? Diese Schwierigkeit kann, meiner Meinung nach, nicht durch irgend eine Theorie oder ein Hilfsmittel der materiellen Philosophie überwunden werden. Wollen wir die Lösung dieser Schwierigkeit irgend einem hervorragenden modernen Materialisten anvertrauen? Professor Noah K. Davis von der Universität Virginia hat ein Buch über diesen selben Gegenstand geschrieben. Dr. Pierce brauchte es als ein Lehrbuch in unserm Kentucky Wesleyan College. Professor Davis ist kein extremer Materialist. Er nimmt eine dualistische Philosophie an, welche so wohl die materialistische Idee als auch eine gemäßigte Form des Idealismus einschließt, welche er als die einzige Rettung vor dem reinen Idealismus angibt, eine Einräumung, die an sich selbst von hoher Bedeutung ist.

Nun, wenn ich Ihnen, oder möglicherweise neunundneunzig von jedem Hundert Bürger in Winchester die Lösung dieser Schwierigkeit anheimstellen sollte, so würde dieselbe schnell genug erfolgen. Sie würden sagen: „Ich sehe einen Stuhl, oder einen Tisch, oder ein Pferd, natürlich sehe ich das.” Und Sie würden über mich als einen Spaßmacher lachen, wenn ich die Genauigkeit Ihrer Behauptungen in Frage stellen würde. Aber wenn man Professor Davis und anderen erfahrenen Universitätsprofessoren und Gelehrten glauben soll, so würde Ihr Verstand nichts sehen, was irgend welche Ähnlichkeit mit dem Gegenstand hat, welchen Sie zu sehen glauben. Sie sahen gar keinen Stuhl, keinen Tisch und kein Pferd. Alles, was Ihr Verstand wahrnahm, war eine vibrierende Bewegung in dem inneren Empfindungsorgan Ihres Gehirnes. Unbedingt ist, nach Professor Davis, das Einzige, was Ihr Verstand sieht, eine Vibration, eine Schwingung, und nur insofern, als man von einer Vibration sagen kann, daß sie wie ein Pferd aussieht, können Sie sagen, daß Sie ein Pferd gesehen haben. Sie mögen das Unsinn nennen, aber ich bitte darum, daß Sie sich daran erinnern, daß es Professor Davis’ Unsinn ist, und nicht meiner noch Mrs. Eddys.

Natürlich gibt es solche Menschen, die darauf bestehen, daß das Ding, welches sie sehen, ein Stuhl, oder ein Tisch, oder ein Pferd ist, grade wie man darauf bestehen mag, daß man die Sonne aufgehen sieht, oder daß man weiß, daß die Erde flach ist; niemand würde vielleicht mit solch einem Menschen streiten, aber jedermann würde wissen, daß er entweder ein unwissender oder ein sehr eigensinniger Geselle ist. Ich hege keinen Zweifel, daß Sie sehr betroffen sind über die Ansichten, die ich Professor Davis zuschreibe, und doch kann ich Ihnen kurz und bündig sagen, daß diese Ansichten in Lehrbüchern über Psychologie und Physiologie verfochten werden, welche täglich in unsern Universitäten und in unsern öffentlichen und Privat-Schulen gebraucht werden.

Sie sollten nicht vergessen, daß man allgemein einräumt, daß die einzige Wahrnehmung, die wir von äußeren Gegenständen, oder von der Tatsache der Existenz äußerer Gegenstände, erhalten, zu uns durch einen oder durch mehrere unsrer materiellen Sinne kommen muß, nämlich: durch Gehör, Gesicht, Geschmack, Geruch, oder Gefühl. Und doch sagt uns Professor Davis, daß wir keinerlei Kenntnis von der Existenz der äußeren Welt durch diese Sinne erhalten können.

Auf Seite 25 der „Elemente der Psychologie,” sagt er: „Wenn die vorhergehenden Ansichten korrekt sind, so ist es augenscheinlich, daß wenn wir auf die Wahrnehmungen der Sinne beschränkt wären, wir von einer Kenntnis der äußeren Welt ausgeschlossen wären, denn keiner unsrer Sinne, noch irgend eine Verbindung derselben, offenbart uns etwas, was über gewisse Stadien unseres eignen Nervenorganismus hinausgeht.”

Die Stellung, welche Professor Davis diesen verschiedenen Sinnen gegenüber einnimmt, ist, daß sie nur Zustände des geistigen Bewußtseins sind, reine Vibrationen, oder erregte Zustände des Gehirns. Was den Geruchs- und den Geschmackssinn anbelangt, so sagt er auf Seite 6: „Was in dem vorhergehenden Abschnitte über Geruch gesagt worden ist, gilt auch für den Geschmack. Es ist nur ein erregter Zustand der in dem Schädel liegenden Sinnesorgane, und was unmittelbar wahrgenommen wird, ist nicht etwas im Munde sondern etwas im Gehirn.” Und weiter auf Seite 8 sagt er: „Das Gehör ist eine besondere Sinneswahrnehmung, ein Geisteszustand, der Ton ist sein Objekt, das wahrgenommene Ding. Der Ton ist also eine Erscheinung des Gehirnes.” Weiter auf Seite 11 und 12 sagt er: „Die ursprüngliche Empfindung des Gesichtssinnes ist Farbe, und man schließt in diese Bezeichnung nicht nur alle Farben ein, sondern auch weiß und schwarz und jede Varietät von Licht und Schatten. Das Sehen ist eine besondere Sinneswahrnehmung, ein Geisteszustand, die Farbe ist sein ursprüngliches Objekt, das wahrgenommene Ding. Ich werde mir der Farbe bewußt.”

Er fährt dann fort, in folgender Weise zu definieren, was Farbe ist: „Die Netzhaut des Auges dient dazu, die Licht hervorbringenden Schwingungen zu empfangen, zu mildern und durch die Sehnerven in gemäßigter Form zu übermitteln. Aber ich bin mir der Rolle nicht bewußt, die sie spielt, ja nicht einmal ihrer Existenz. Ich bin mir nur eines Resultates bewußt, von welchem festgestellt worden ist, daß es in einem Gesichtszentrum weit innerhalb des Gehirns stattfindet, und ich nenne es Farbe. Wir führen deshalb diese Wahrnehmung, wie alle anderen, auf die Nervenzentren zurück, und finden, daß die Farbe ebenfalls ein Phänomen, eine Erscheinung des Gehirns ist. Wir nehmen nicht das Gesichtszentrum als farbig wahr, in der Weise, wie wir äußere Gegenstände als farbig wahrzunehmen scheinen; sondern das Gesichtszentrum ist das unmittelbare Objekt, das materielle Ding, welches direkt den bewußten Eindruck der Farbe auf den Geist verursacht, und deshalb ist es der materielle Gegenstand, der unmittelbar erkannt oder wahrgenommen wird. Wir schreiben gewöhnlich die Farbe äußeren Gegenständen zu, und denken an dieselbe als etwas, was sich auf ihrer Oberfläche befindet. Wir sehen das Licht an als etwas, was außerhalb von uns liegt und den Raum füllt. Nach einer Hypothese, gibt es einen vibrierenden Äther, welcher den Raum anfüllt, welcher das Phänomen verursacht; aber es gibt keine Helligkeit außerhalb von uns im Raume, noch irgend eine Farbe, blau, gelb oder rot, welche sich auf der Oberfläche der Körper befindet. Farben sind ganz und gar Erscheinungen unseres Gehirnes, welche durch angenommene Schwingungen verursacht werden, so daß, wenn es kein Auge gäbe, um zu sehen, die Sonne nicht hell sein würde, und der Mond und die Sterne nicht scheinen würden; der Himmel würde keine Färbung haben, die Landschaft weder Schattierungen noch Farben, und absolute Finsternis würde durch das ganze Weltall herrschen.”

Ich habe ausführlich Professor Davis’ Schriften angeführt, damit Sie anfangen können, sich zu verwirklichen, in welcher Ausdehnung Sie gewöhnt sind, Eigenschaften Dingen zuzuschreiben, welche in Wirklichkeit nicht Eigenschaften jener Dinge sind, noch Eigenschaften von Dingen überhaupt, sondern einfach Geisteszustände.

Direkt einen materiellen Gegenstand zu erkennen, wie wir es zu tun scheinen, wird von jedem, welcher auf überlegendes Nachdenken auf diesem Gebiete Anspruch macht, als außer Frage bezeichnet. Deshalb ist es kein Wunder, wenn wir auf Seite 16 folgende Einräumung von Professor Davis finden: „Die Lehre der unmittelbaren Wahrnehmung, in ihrer gewöhnlichen Form, hat viele Widersprüche hervorgerufen, welche, wenn unsere Behauptung gestattet würde, vermieden werden. Wir werden hiernach finden, daß eine Rettung vor dem Idealismus, oder der Lehre, daß nichts außerhalb des Ichs existiert, nur auf der Grundlage erfolgen kann, daß außer-organische Gegenstände nicht unmittelbar wahrgenommen werden.”

Das widerspricht all dem, was wir als unsere tägliche Erfahrung des Lebens und der Dinge angenommen haben. So früh in unseren Forschungen zugeben zu müssen, daß, wenn wir ein Pferd oder einen anderen Gegenstand ansehen, wir den Gegenstand gar nicht sehen, sondern daß wir nur irgend eine Gehirnerregung empfinden, welche in irgend einem entlegenen Schlupfwinkel des Gehirns stattfindet, ist, um das mindeste zu sagen, für den gesunden Menschenverstand sehr demütigend. Und doch werden die Anhänger der Materie oder der materialistischen Philosophie durch ihre eigne Annahme zu diesem Extrem getrieben. Sie müssen entweder diese Behauptung aufrechterhalten, oder das für sie schrecklichere Schicksal teilen, die Materie ganz fahren zu lassen und sich darein ergeben, in dem Wirbel des Idealismus verschlungen zu werden.

Lassen wir unseren Freund, den Materialisten, sein Problem, die Materie in das Bewußtsein des Geistes zu bringen, wenn es möglich ist, nach seinem Wohlgefallen ausarbeiten, und wenden wir uns jenem anderen großen Strome des philosophischen Gedankens zu, welcher durch die Jahrhunderte von Sokrates und Plato bis auf die gegenwärtige Zeit herabgeflossen ist. Es scheint mir, daß wir kaum hoffen können, einen gerechteren, intelligenteren und praktischeren Vertreter des modernen Idealismus zu finden, als er in der Person des Professor Borden P. Bowne erscheint, Professor der Philosophie an der Universität in Boston, welcher erst im Jahre 1898 sein Werk über Metaphysik revidiert und wiederveröffentlicht hat.

Ehe wir jedoch in unseren Forschungen weiter vorgehen, lassen Sie mich Ihnen wieder versichern, daß es keineswegs mein Zweck ist, Sie irgend einer besonderen Schule der Philosophie zu überantworten. Was ich versuche für Sie zu tun, ist ihre Aufmerksamkeit auf den gänzlich unzuverlässigen Charakter dessen zu lenken, was die Leute Erfahrungen des gesunden Menschenverstandes zu nennen belieben, wie sie sich im täglichen Leben zutragen, wann immer diese Erfahrungen etwas Ähnliches wie einer kritischen Analyse unterworfen werden.

In seiner „Theorie des Gedankens und des Wissens,” auf Seite 296, sagt Professor Bowne: „Objekte existieren für uns nur insofern, als der Geist in sich selbst gültige Vorstellungen aufbaut. Die Formen der Erkenntnis sind ursprünglich Formen des Gedankens, und wir können keine Kenntnis haben, welche nicht durch jene Formen bestimmt wird. Daraus folgt es, daß unsere augenscheinliche Kenntnis keine objektive Gültigkeit haben kann, wenn unsere Objekte nicht selbst in den Formen unsrer Gedanken gebildet worden sind, oder wenn nicht die Gesetze und Kategorien des Gedankens auch Gesetze und Kategorien des Seins sind. Ohne diese wesentliche Übereinstimmung oder wenigstens ohne diesen Parallelismus zwischen unseren Gedanken und den Dingen muß es eine Abweichung zwischen der Auffassung und der Wirklichkeit geben und einen darausfolgenden Fehler der Erkenntnis.” Auch auf Seite 310: „Unsere Gedanken sind nicht Dinge, sondern gelten für Dinge; nichtsdestoweniger müssen wir endlich zu einem Denker herabsteigen, dessen Gedanken Dinge sind; das heißt: zu einem Denker, dessen Gegenstände nur seine verwirklichten Gedanken sind.” Ebenso auf Seite 422 und 423 seiner „Metaphysik”: „Die Illusion beruht ferner auf der Unterlassung, einen Unterschied zwischen der phänomenalen und der ontologischen Wirklichkeit zu machen. Der gesunde Menschenverstand nimmt ohne Zögern die Phänomene für körperliche Wirklichkeiten und hält die phänomenalen Begriffe für die tiefsten Tatsachen der wirklichen Existenz. In dieser Weise baut er ein mechanisches und materielles System auf, welches sich oft als ein wirklicher Frankenstein für den Schöpfer erweist. Aber als wir dazukamen, diese außergeistige Wirklichkeit zu studieren, fanden wir sie im höchsten Grade täuschend. Es erschien schließlich, daß die Welt der Dinge nur definiert und verstanden werden kann, wenn wir unsre Idee von einer außergeistigen Wirklichkeit gänzlich aufgeben, und die ganze Welt zu einer Gedankenwelt machen, das heißt, einer Welt, welche nur durch die Intelligenz und in Verbindung mit derselben existiert. Der Geist ist die einzige ontologische Wirklichkeit. Ideen haben nur eine im Begriffe liegende Wirklichkeit. Ideen, welche mit Nachdruck wirken, werden phänomenale Wirklichkeiten haben. Außer diesen Wirklichkeiten gibt es keine anderen.”

Nun, wenn es Ihnen nicht unlieb ist, von solchen gelehrten Männern, wie Professor Davis, Professor Bowne und vielen andern belehrt zu werden, welche zu demselben Zwecke angeführt werden könnten, so müssen Sie schon lange angefangen haben, sich zu verwirklichen, daß Sie Ihren Sinnen nicht trauen können, wenn sie Ihnen von der Existenz einer Welt von Dingen zeugen „in harter und fester Plumpheit” wie Sie sie zu vermuten glaubten; und daß, wenn Sie erwarten, zu wohlunterrichteten Leuten gezählt zu werden, Ihre Ansichten über diese Dinge, deren Sie im Anfang so sicher waren, sich notwendigerweise einer gründlichen Neuerung und einer Neuordnung unterziehen müssen, nach Regeln, nicht des gesunden Menschenverstandes, welcher so oft ein andrer Name für Menschenunverstand ist, sondern nach Regeln des forschenden Gedankens und des aufgeklärten Urteils.

In „Metaphysik” auf Seite 294 berichtet Professor Bowne seine Schlüsse wie folgt: „In welcher Richtung wir auch dem Gegenstande nähertreten, wir finden, daß der Gedanke fähig ist, sich vor Widerspruch zu retten, und nur dort zusammenzustürzen, wo alle Wirklichkeit in den Geist aufgenommen wird. Man sieht, daß die außer-geistige Welt der Sinnesauffassung eine falsche Auslegung der Erfahrung ist; und sie muß unvermeidlich vor der Kritik verschwinden. Eine Gedankenwelt ist die einzige erkennbare Welt; und eine Gedankenwelt ist die einzig wirkliche Welt.”

Ich vermute, man wird zugeben, daß der Teil von uns, welcher unsterblich ist, unsere Intelligenz ist. Auf diese Annahme hin, und in Anbetracht all dessen, was vorangegangen ist, schlage ich vor, Ihnen eine Erklärung des Seins darzulegen, welche als die „Wissenschaftliche Erklärung des Seins” bekannt ist, und welche wir auf Seite 468 von „Science and Health with Key to the Scriptures“ von Mary Baker G. Eddy finden; und ich frage Sie, ob es Ihnen nicht als eine vernunftgemäße Erklärung erscheint, nämlich:

„Es gibt kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz, noch Substanz in der Materie. Alles ist unendlicher Geist und seine unendliche Offenbarung, denn Gott ist Alles in allem. Der Geist ist unsterbliche Wahrheit, die Materie ist sterblicher Irrtum. Der Geist ist das Wirkliche und Ewige, die Materie ist das Unwirkliche und Zeitliche. Der Geist ist Gott, und der Mensch ist Sein Ebenbild und Ihm ähnlich; daher ist der Mensch geistig und nicht materiell.”

Lesen Sie die obige Erklärung sorgfältig durch, wenn Sie wollen mit der Beihilfe Ihres Lehrers, und zeigen Sie mir, wenn wir uns treffen, freundlichst jedweden Irrtum, den Sie darin entdecken können. Unterdessen mag es gut sein, noch einige kurze und passende Anführungen aus Professor Bowne’s „Metaphysik” zu geben, welche auf Seite 100 und 101 anfangen: „Das Endliche hängt vom Unendlichen ab und ist auch ein Glied eines Systems, dem es fortwährend unterworfen ist. Das Resultat ist, daß der endliche Geist nur eine beschränkte und im besten Falle bedingte Existenz hat. Mit dem Unendlichen verglichen, hat es nur ein teilweises und unvollkommenes Dasein. In dem vollsten Sinne des Wortes, existiert nur das Unendliche; alles andere ist bedingt phänomenal und nicht existierend.”

Eine der reichsten Quellen des Irrtums ist für den gesunden Menschenverstand, die Notwendigkeit, unter der er zu stehen scheint, seine Gegenstände in Raum zu verlegen. Der Raum erscheint ihm so wirklich. Was würde der Menschenverstand mit seinen Gegenständen tun, wenn es keinen Raum gäbe, um sie hineinzusetzen? Und doch gibt es in Wirklichkeit keinen Raum. Der Raum ist ein Possen des Geistes, durch welchen er seine Gegenstände in räumlicher Form beschreibt. Auf Seite 124 der „Metaphysik” lesen wir: „In der Theorie des Gedankens und des Wissens ist gezeigt worden, daß der Raum, was er in andrer Beziehung auch sein mag, ursprünglich ein geistiges Prinzip ist, nach welchem der Geist die Gegenstände der äußeren Erfahrung entwirft und mit einander verbindet. ... Wir brauchen ebensowenig einen wirklichen Raum, um Dinge darin zu sehen, wie wir einen wirklichen Raum brauchen, um Dinge darin zu träumen. In beiden Fällen ist die räumliche Form ursprünglich eine geistige Täuschung, welche von innen kommt und nicht eine passive Annahme von etwas, was außerhalb existiert.” Seite 155 steht: „Die Auffassung der Allgegenwart als eine grenzenlose, raumfüllende Masse ist ein Widerspruch, denn das, was im Raum ist und Raum füllt, kann nicht im Raum allgegenwärtig sein, sondern verschiedene Teile müssen an verschiedenen Orten sein. Jeder Teil würde also an seinem eignen Platz sein und nirgendwo anders. So würde die Einheit und Allgegenwart des Unendlichen verschwinden.” Weiter steht auf Seite 134 in Bezug auf Raum: „Seine Wirklichkeit ist unvereinbar mit der Einigkeit des Seins, und mit der Einigkeit aller Prinzipien in einem fundamentalen Sein.” Und auf Seite 108: „Wiederum, müssen jene ersten Prinzipien selbst in der Natur des Unendlichen sein. Grade, wie das, was wirklich ist, in dem Unendlichen begründet ist, so ist auch das Wahre darin begründet.”

Nun, fundamentale Einigkeit heißt Einheit, und wenn wir Einigkeit der fundamentalen Prinzipien und des fundamentalen Seins oder Wesens haben, so haben wir Einheit von Sein und Prinzipien; das heißt: Gott ist eins mit dem Leben; Er ist eins mit der Wahrheit; Er ist eins mit der Liebe; Er ist eins mit allem Prinzip: und deshalb, da es nur einen Gott gibt, gibt es nur ein Leben, eine Wahrheit, eine Liebe, ein Gutes, ein Prinzip. Irgend eine Ansicht, welche Leben, Wahrheit, Liebe, Gutes, oder irgend ein Prinzip von Gott trennen würde, würde fordern, daß die fundamentale Einheit teilbar sei, und das würde die Einheit Gottes zerstören. Daher sagt das besagte Lehrbuch der Christian Science; es gibt nur ein Leben, eine Wahrheit, eine Liebe, ein Gutes, ein Prinzip, und das ist Gott. Deshalb sagt Paulus zu den Athenern: „Denn in ihm [Gott] leben, weben und sind wir.” Wir leben, weben und sind in Gott, weil es nur ein Leben gibt, eine fundamentale Tätigkeit; und was lebt, muß sein Dasein in jenem fundamentalen Leben haben, und in der Offenbarung dieses einen Lebens. Es gibt nur einen Geist, weil es nur ein fundamentales Wesen oder eine Intelligenz gibt. Daher sagt das Lehrbuch der Christian Science: „Alles ist unendlicher Geist und seine unendliche Offenbarung.”

Die Lehre der Christian Science ist, nicht, daß wir Gegenstände und Dinge nicht sehen, wenn wir sie zu sehen meinen; sondern daß diese Gegenstände von uns nicht in der Form gesehen werden, in welcher sie wirklich existieren — die Wirklichkeit des Gegenstandes erscheint uns nicht, sondern nur das Phänomen seines Begriffes. Dasselbe Sinnenurteil, welches Sünde Vergnügen nennt, welches Selbstsucht Weisheit nennt, nennt einen Menschen Fleisch, Blut und Knochen. Dasselbe Urteil der Sinne, welchem Adam und Eva einst sich Hingaben, als sie dachten, daß, wenn sie wüßten, was gut und böse wäre, sie wie Götter werden könnten. Sie aßen, das heißt, sie frönten einem materiellen Begriff des Lebens und gewannen dadurch einen Begriff des Bösen und damit einen Begriff des Todes.

Diese Verkupplung eines Begriffs von Gut und Böse im menschlichen Bewußtsein ist die Geißel der menschlichen Familie gewesen, von jenem Tage an bis heute. Dieser Begriff findet seinen liebsten Ausdruck in einer falschen Verbindung von Geist und Materie, den es aus seinem eignen Bewußtsein heraus entwirft und Mensch nennt. Wir haben gesehen, daß Philosophie selbst, und zwar vergeblich, diesem Sinnesmenschen zuruft: „Adam, wo bist du?” bis sie ihn als eine Mythe aufgibt. Das ist der Mensch, von welchem Christus sagt: „Ihr seid von dem Vater, dem Teufel, und nach eures Vaters Lust wollt ihr thun. Derselbige ist ein Mörder von Anfang, und ist nicht bestanden in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eignen: denn er ist ein Lügner und ein Vater derselbigen.”

Christian Science behauptet, daß Gott niemals diesen Materienmann schuf, daß Gott niemals Materie in irgend einer Form schuf; und weil Gott alles schuf, was erschaffen worden ist, so ist Materie nie erschaffen worden und existiert deshalb nicht. Wir haben gefunden, daß viele unsrer ausgezeichnetsten modernen Gelehrten ebenfalls zu Schlüssen gekommen sind, daß kein solcher Materienmann und kein solcher Stoff wie Materie existiert; und ich gestehe, daß ich nicht einsehen kann, warum irgend jemand auf einen Glauben bestehen sollte, welcher Ursache von so viel Kummer, Sünde, Krankheit und Tod in der Welt ist.

Gott sagte Adam, daß, wenn er äße, das heißt, wenn er diesem materiellen Begriff der Dinge fröne, und so eine Kenntnis des Bösen erlange, er sterben müsse. Und Paulus sagte zu den Römern: „Aber fleischlich gesinnet sein, ist der Tod, und geistlich gesinnet sein, ist Leben und Friede.” Deshalb bat Paulus die Epheser: „So leget nun von euch ab nach dem vorigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste im Irrtum sich verderbet. Erneuert euch aber im Geist eures Gemütes. Und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffner Gerechtigkeit und Heiligkeit.”

Wenn Gott diesen materiellen und fleischlichen Menschen erschaffen hätte, würde es uns nicht möglich sein, ihn abzulegen; aber wenn wir ihn erschufen, dadurch, daß wir ihn aus unserm eignen materiellen Bewußtsein heraus entwarfen, können wir ihn ablegen, dadurch, daß wir ein geistiges Bewußtsein gewinnen; das ist der Weg, den Christus uns wies. Paulus sagt zu den Kolossern: „Lüget nicht unter einander; ziehet den alten Menschen mit seinen Werken aus, und ziehet den neuen an, der da erneuert wird zu der Erkenntnis nach dem Ebenbilde des, der ihn geschaffen hat.”

Wir finden also, daß, nach Paulus, dieser Prozeß des Ablegens ein geistiger ist. Wir sollen den neuen Menschen anziehen, dadurch, daß wir uns erneuern „im Geiste unsres Gemüts”; und dieser neue Mensch wird „erneuert zu der Erkenntnis nach dem Ebenbilde des, der ihn geschaffen hat”; das heißt, dieser erneute Mensch ist der Mensch der geistigen Wirklichkeit, welchen Gott zu Seinem Ebenbilde erschaffen hat. Daher sagt Christus zu Nikodemus: „Ihr müsset von neuem geboren werden”! Diese Sinnesauffassung von Ihnen selbst ist irrtümlich, und ehe Sie das Reich Gottes sehen können — das heißt: ehe Sie zu einem vollen Bewußtsein der Wahrheit gelangen — müssen Sie zum Anfang zurückkehren und diesen Irrtum in seinem Ursprung korrigieren. Sie müssen sich als ein von Geburt geistiges Wesen erkennen, denn Gott ist Geist, und das, was vom Geist geboren ist, das, was seinen Ursprung und seine Quelle im Geist hat, das, was vom Geist hervorgebracht und erschaffen worden ist, ist Geist. Andrerseits, das, was Fleisch ist, ist vom Fleisch geboren, hat seine Quelle und seinen Ursprung in einem fleischlichen oder materiellen Sinn der Dinge. Nun, wollen Sie dann Gott zur Quelle, zum Ursprung oder zum Schöpfer dieses Materienmenschen, dieser fleischlichen Fabel machen, welche Sie Mensch nennen?

Christian Scientisten glauben, daß das die Wahrheit ist, welche Christus in die Welt zu bringen kam, nämlich, daß der Mensch geistig und nicht materiell ist. Daß, da der wirkliche Mensch, der Mensch, den Gott erschuf, gänzlich geistig ist, die Gesetze seiner Natur gänzlich geistig sind; und daß deshalb die Gesetze der materiellen Medizin durchaus keine Anwendung auf ihn haben.

Krankheit kann einfach als vermindertes Leben definiert werden, es wird noch genauer als ein verminderter Sinn des Seins definiert. Was ist Leben? Wir haben aus der Philosophie ersehen, daß es nur ein fundamentales Wesen oder Leben geben kann, in welchem alles andere Dasein wurzelt. Paulus sagt: „Geistlich gesinnet sein, ist Leben.” Johannes sagt: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christ, erkennen.” So ist das Leben durchaus kein Atmungsprozeß, sondern ein erkennender, oder geistiger Prozeß. Zu wissen, das heißt zu verstehen, ist leben. Das Leben ist ein geistiges Etwas, welches man wissen oder verstehen kann, und kein materielles Ding, welches man mit sinnlosen Medikamenten behandelt.

Paulus sagt, daß der natürliche Mensch nichts von den Dingen Gottes vernimmt, weil sie nur geistig erkannt werden können, das heißt, die Wahrheit muß geistig erkannt werden; daher lehrt Christian Science, daß wir ein geistiges, gottgefälliges Leben führen sollten, um vollkommene Gesundheit zu haben.

Ferner, der Irrtum ist das Gegenteil der Wahrheit, wie der Tod das Gegenteil des Lebens ist, also das Gegenteil der Wahrheit zu denken, heißt sich des Gegenteils des Lebens bewußt werden. Deshalb, als Adam eine Kenntnis von beidem, vom Guten und Bösen erlangte — das heißt vom Bösen — wurde er sich des Irrtums bewußt, und das ist der Tod. Aus diesem Grunde behauptet Christian Science, daß Sünde, Krankheit und Tod Irrtum sind, und deshalb unwirklich.

Was gewöhnlich Kenntnis genannt wird, ist nur eine Kenntnis der Phänomene. Es ist nicht eine Kenntnis der Wirklichkeit, oder der Wahrheit, welche, wie Paulus sagt, geistig erkannt werden muß. Aus diesem Grunde sagt Christus zu Pilatus: „Ich bin dazu geboren, und in die Welt kommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme.” Und weil Pilatus die Wahrheit in einer Welt der Phänomene gesucht hatte, und nicht in der wirklichen oder geistigen Welt, fragte er: „Was ist Wahrheit?” Diese Frage ist durch Jahrhunderte erklungen, und weil die Menschen noch darauf bestehen, die Wahrheit in einer Welt der Phänomene zu suchen, bleibt sie ihren Sinnen unbeantwortet. Christus sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.”

Hier muß ich schließen. Ich habe vorgezogen, diese Angelegenheit ausführlich auf Grundlage der Philosophie zu behandeln, ob wir vielleicht der Wahrheit nachforschen und sie finden könnten. Christian Scientisten glauben, daß sie in voller Offenbarung in ihrem Textbuch „Science and Health with Key to the Scriptures“ eingeschlossen ist.

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