Der Charakter von eines Menschen Denken und Reden offenbart immer den in ihm vorherrschenden Sinn. So lange dieser Sinn materiell ist, wird Zweifel und Begrenzung ausgedrückt, und dies kann nicht anders sein, denn die Freiheitserklärung auf dieser Grundlage ist nur die Aussage von Willenskraft — Hypnotismus. Der sterbliche Sinn täuscht nicht, wenn er sagt: „Ich kann nicht,” denn dadurch drückt er seine Eigenschaft aus. In bezug auf die Identität des Redenden werden wir jedoch betört. Wenn wir die Stimme für das erkennen, was sie ist, nämlich: der Einwurf des falschen Sinnes, wie ungestüm und beharrlich er auch sein mag, so können wir gelassen und ungestört bleiben, das Wissen der Wahrheit gibt uns die Oberherrschaft, die Freiheit der Kinder Gottes.
Viele religiöse Lehren kennzeichnen den Menschen — das Ich — als eine Vereinigung des Geistigen und Materiellen, und so ist Samen gesäet worden, der in der Ernte „nach seiner Art” eine Überzeugung einer innewohnenden und daher hoffnungslosen Unfähigkeit ist. Dieser Sinn wird von manchen augenscheinlich für den rechtmäßigen Gefährten der Demut gehalten. Sie prahlen damit, als sei es eine Tugend, ein Beweis der Anspruchslosigkeit. Der Christian Scientist weiß jedoch, daß diese Gewohnheit aus einer unedlen Selbstachtung entspringt, sie leugnet des Menschen Verwandtschaft mit Gott, sie entschuldigt Schwächen, die verdammt werden sollten.
Die schwankende Verzagtheit des materiellen Sinnes ist immer ein ernstliches Hindernis zu geistigem Fortschritt gewesen. In der Krisis großer Ereignisse, wenn die Menschen dem Anscheine nach ihr Möglichstes getan haben und dann aufgefordert werden, standhaft zu bleiben, Opfer zu bringen, zu leiden und wenn nötig für eine die Welt erlösende Idee zu sterben, so eilen die Kämpfer der Unfähigkeit nach dem Hintergrund, sie fürchten sich vor dieser ergreifenden Gelegenheit und suchen nach Entschuldigungen. Dies hat alle Reformatoren belästigt, und es erhebt unsern Sinn der Verpflichtung gegen die außergewöhnlichen Menschen, die treu gewesen, wo wir vielleicht nachgegeben hätten, die tapfer waren, wo wir vielleicht ein Feigling gewesen wären, die gesagt haben: „Ich kann,” vielleicht tausendmal, wo wir gesagt hätten: „Ich kann nicht.” Wie die Leben dieser isolierten Helden den sonst finsteren Pfad der Weltgeschichte erleuchten!
Wenn wir einige der Entbehrungen aufzählen, wodurch die Fähigkeit zu tun und zu ertragen geprüft wird, finden wir, daß Paulus sagt: Streiche, Gefangenschaft, Schläge, Schiffbruch, Fährlichkeit, Mühe, Arbeit, Wachen, Hunger, Durst, Frost und Blöße mit unzähligen Sorgen, und doch war er sich seiner geistigen Herrschaft so bewußt, daß er inmitten dieses Wirrwarrs frohlockend sagen konnte: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.” Eine andere Jüngerin sagt, indem sie von den Tagen schwerer und einsamer Prüfung spricht, daß sie all die Schrecken und Anfechtungen vor sich sah, welche die Kinder Israel bedrohten; doch wurde sie durch ihren Glauben an Gott befähigt, vorwärts zu streben, und die Welt nähert sich der Schlußfolgerung, einzusehen, daß Mrs. Eddys großes Werk für die Menschheit sich aus ihrem unablässigen Festhalten an der bewiesenen Wahrheit erklärt, ihrer beharrlichen Erkenntnis von Gott und Seinem Menschen, ihrer unnachgiebigen geistigen Behauptung, ihrem ungeheuren: „Ich kann.”
Das christliche Leben verlangt diese fortwährende geistige Behauptung, und seine Wirksamkeit wird durch die Intelligenz bestimmt, das Erfassen der Wahrheit, welche sie veranlaßt. In all seinem Verkehr mit den menschlichen Problemen offenbarte Jesus ein Bewußtsein der Sachgemäßheit, welches augenblicklich und unzweifelhaft war, und er erklärt das Geheimnis in seinen Worten: „Du, Vater, in mir und Ich in dir.”
Christian Science ist gekommen, um den Christusgeist in uns zu bestätigen, dies ist der einzige Grund zur Vollmacht. Sie ist gekommen um das „Ich kann nicht” des menschlichen Sinnes durch das „Ich kann” der geistigen Verwirklichung zu ersetzen, und das Überwinden von Krankheit und Sünde bezeugt den praktischen Wert ihres größeren Anspruchs von der Herrschaft des Menschen.
