Das unreife Denken mancher Schüler ist ohne Zweifel in nicht geringem Grade verantwortlich für die herrschenden irrigen Meinungen, die dazu dienen den Menschen ein Vorurteil gegen die Christian Science einzuflößen und sie blind zu machen für eine gerechte Anerkennung des großen Guten, was sie in der Welt vollbringt. In seinem Übereifer, seine Freunde Teil nehmen zu lassen an dem Frieden und dem Glück, die seinem eigenen Leben zu Teil geworden sind und vielleicht durch die Neuheit der „neuen Zunge” dazu getrieben, wagt er sich auch oft auf den Flugsand der Unerfahrenheit, indem er versucht gewisse abstrakte Behauptungen zu erklären, deren Wahrheit er noch nicht bewiesen hat und die er infolgedessen noch nicht völlig versteht.
Die natürliche Folgerung, besonders von seiten derer, die von nichts hören mögen, was über den Bereich der physischen Sinne hinausgeht, ist, nachdem sie solche verfrühte Auseinandersetzungen angehört haben, daß die Christian Science durchaus nicht praktisch ist, daß sie durchaus nicht dazu geeignet ist, die täglichen Bedürfnisse der Menschheit zu befriedigen, und können wir uns wundern, daß es so ist? Obwohl ihre Behauptungen in der Prämisse richtig sein mögen, wird oft von den Außenstehenden und von den Schülern selbst übersehen, daß sie es mit absoluten Wahrheiten zu tun haben, die, von einem rein intellektuellen Standpunkt aus nicht richtig erfaßt werden können, sondern die erst allmählich infolge ernstlichen und fortgesetzten Bestrebens das Denken und Handeln zu vergeistigen, verstanden werden können. Die beständige Anwendung und Ausübung ihrer Regeln kann allein die Christian Science klar machen und nichts anderes wird uns je zu praktischen und brauchbaren Vertretern derselben machen.
Ein anderer äußerst wichtiger Punkt, der oft übersehen wird, ist der, daß der Geist willig sein muß um das erste schwache Lallen des wissenschaftlichen Gedankens zu erfassen — der Boden muß vorbereitet sein, um den Samen aufzunehmen, sonst laufen unsere aufrichtigsten und ehrlichsten Bemühungen, die metaphysischen Behauptungen zu erklären, Gefahr, falsch beurteilt oder gar angefeindet zu werden. Die Probleme, die im täglichen Leben ausgearbeitet werden müssen, sind klar angegeben im Lehrbuch der Christian Science; und so wie wir nicht erwarten können in der Mathematik die Kubik-Wurzel zu verstehen, ehe wir multiplizieren und dividieren können, so müssen wir auch in der Christian Science mit den einfachsten Problemen anfangen und müssen wissen, daß wenn wir das Prinzip verstehen und seine Regel anwenden, wir schließlich fähig sein werden, die größeren Probleme zu lösen.
Jeder sündige oder irrtümliche Gedanke, der überwunden ist, ist ein Schritt himmelwärts, und es ist die erste Hauptsache für unser Wachstum, daß wir die daraus erfolgenden veredelten Auffassungen und Zustände weder unterschätzen, noch in Unkenntnis über sie bleiben, denn sie bezeugen der Welt den Fortschritt des Reiches Christi auf Erden. Was hat sie bewirkt, das ist die wichtige Frage, die beantwortet werden muß, denn wenn nicht jeder Mensch den einen absolut richtigen Standpunkt versteht, von dem er ausgehen und von dem aus er die Macht der Wahrheit den Irrtum zu überwinden, beweisen muß, wird er Gott nicht die Ehre geben können, und seine Tür für die weitere Erkenntnis geistiger Wahrheiten verschlossen finden. Das Argument allein kann nie eine Behauptung der ewigen Wahrheit demonstrieren oder sie zu einer verwirklichten Tatsache machen. Nicht dadurch daß wir glauben, daß es weder Materie, Sünde oder Tod gibt, sondern dadurch daß wir in wissenschaftlicher Weise die Allheit Gottes verstehen, führen wir bessere Zustände bei uns selbst und anderen herbei. Eine einzige Demonstration über Sünde oder Krankheit von dem Standpunkt der Alleinherrschaft Gottes, des absoluten Guten, aus, sollte für den, der sie macht, dem beunruhigenden Problem des Ursprungs des Bösen für immer ein Ende machen und höhere Demonstrationen, ja den endgültigen Sieg über allen Glauben an die Sünde verheißen. Während es heute vom Standpunkt der wahren Metaphysik aus gerade so richtig ist wie immer, daß die Materie nur eine Erdichtung der falschen Auffassung alias des sterblichen Sinnes und daher unwirklich ist, kann doch das Verständnis dieser Wahrheit nur allmählich und durch Vergeistigung des Denkens erreicht werden. Eine materielle Auffassung kann die Unwirklichkeit der Materie weder erklären noch verstehen, ebensowenig wie ein Fehler einen andern verbessern kann. Es ist ein positives Wissen dessen, was richtig und wahr ist, was das Wesen des Falschen und Unwahren offenbaren kann. Die Berichtigung irgend eines irrtümlichen Wahnes, die Aufhebung eines geltend gemachten sterblichen Gesetzes, ist ein Schritt vorwärts, obgleich dies noch nicht die unmittelbare Verwirklichung vollkommener Zustände sein mag.
Die gelehrten Kritiker der Christian Science werden nichts für die Menschheit tun, so lange sie sich damit zufrieden geben über deren Buchstaben zu witzeln und den praktischen Nutzen zu ignorieren, der aus einem beweisbaren Verständnis über Wahrheit erwächst. Es ist wenig Hoffnung für den Menschen, der sich hartnäckig weigert zu versuchen das Prinzip des Heilens der Christian Science zu verstehen, und der ihre Lehre kritisiert und verurteilt, oft ohne auch nur ihr Lehrbuch aufgeschlagen zu haben. Die einzig richtige Stellungnahme des Denkens ist die, die verbesserten Zustände anzuerkennen, die unter den Christian Scientisten zu Tage treten und willens zu sein, herauszufinden, wie diese Umwandlungen geschehen sind. Die Weisheit der Sterblichen wird in folgender Weise ihre Schlüsse machen „Wenn es keine materielle Sehkraft gibt, dann reiße dir die Augen aus und wirf sie weg.” Demonstrierte Christian Science ist ein Gesetz der Wiederherstellung und Wiederrichtigstellung und statt den Menschen seiner Sehkraft zu berauben, erhöht sie dieselbe; sie lehrt das individuelle Bewußtsein allmählich die große geistige Tatsache zu erkennen, daß die Sehkraft des Menschen geistig, nicht materiell ist und daß dasselbe Gesetz auf alle körperlichen Zustände anzuwenden ist. Diese Erkenntnis offenbart sich zuerst in dem, was unsere Führerin einen besseren Glauben nennt (Science and Health, S. 442, L. 23–25) ein Zustand des Bewußtseins, der in der Mitte zwischen der Disharmonie des endlichen menschlichen Sinnes und der vollkommnen Harmonie der absoluten Wirklichkeit steht und erreicht wird durch weitere Läuterung des Denkens.
Der Christian Scientist hat kein unbestimmtes oder ungewisses Ziel vor sich, aber er behauptet nicht die idealen Zustände schon erreicht zu haben. Ihm ist einfach der eine einzige Weg gezeigt, auf dem er das Böse mit Gutem überwinden kann und so wie der Schüler der Mathematik, beginnt auch er damit die Regeln anzuwenden, die ein anderer, der weiser war als er, zur Lösung der verschiedenen Probleme des irdischen Daseins aufgestellt hat. Sein Herz ist voll von Dank gegen Gott und gegen die Entdeckerin und Begründerin der Christian Science für ihr unermüdliches Bestreben dies große Werk der Erlösung für die ganze Welt praktisch ausführbar zu machen. Er ist zufrieden einen Schritt zur Zeit zu tun und die Erreichung der vollkommnen Zustände der Zukunft zu überlassen; aber er ist inzwischen außerordentlich dankbar für die zahlreichen Wohltaten der göttlichen Liebe, die sich kund tun im Heilen der Krankheit und im Überwinden irdischer Begierden und Neigungen.
Es ist die Pflicht jedes wahren Christen den Fußstapfen des großen Meisters zu folgen und durch Geduld und Ausdauer seinen Weg zum Himmel, dem Bewußtsein des absoluten Guten, zu erringen. Der Heiland brauchte drei und dreißig Jahre, um dies Ziel zu erreichen und es ist vernünftig anzunehmen, daß seine Nachfolger es als einen allmählichen Vorgang, nicht als eine plötzliche Umwandlung, jetzt oder dereinst, erkennen werden. Es ist die tägliche Besserung des Einzelnen und der Gesellschaft im allgemeinen, deren die Welt bedarf und die Christian Science befriedigt dies Bedürfnis. Veredelte Auffassungen, die eine bessere Moral und bessere physische Zustände ausdrücken und ein wachsendes Verlangen nach Vergeistigung begrüßen uns von allen Seiten und sie sind der natürliche Ausfluß der Wiederentdeckung des christlichen Heilens in diesem Jahrhundert.
Die Christian Scientisten haben ein vollkommnes Vorbild, nach dem sie arbeiten, einen vollkommnen Schöpfer und eine vollkommne Schöpfung, aus denen sie richtige Schlußfolgerungen in betreff der Wirklichkeit des Seins ziehen können. Wenn alle Bekenner des Christentums von diesem Standpunkt aus zu denken und zu arbeiten lernen, werden sie die Christian Science verstehen und die Kranken, gehorsam dem Gebot des Meisters, heilen und so das Reich Gottes auf Erden offenbaren. Es ist eine unleugbare Tatsache, daß Tausende der besten Menschen der Welt durch die Christian Science von sogenannten unheilbaren Krankheiten geheilt worden sind und man spürt ihren Einfluß auf allen Seiten, denn sie lernen nicht nur ihre eigenen Körper beherrschen und schützen durch gesunde, Lebenspendende Gedanken, auf dem Wege, den der Heiland vorzeichnete, sondern sie helfen andern zu verstehen und desgleichen zu tun. Liebe, Reinheit und Wohlwollen beherrschen jetzt ihr Denken, wo früher Bosheit, Haß, Eifersucht, Unehrlichkeit und ähnliche Gedanken Macht besaßen. Sie fangen an sich die praktische Bedeutung der goldenen Regel klar zu machen und dem äußerst wichtigen Befehl des Meisters zu gehorchen: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit.” Wenn sie in gewissem Grade die Allmacht des Guten durch das Heilen physischer Leiden bewiesen haben, haben sie zum ersten Male angefangen zu verstehen, was sie jahrelang glaubten, nämlich: „bei Gott sind alle Dinge möglich”; und dies befähigt sie, sich in bezug auf Gesundheit und Kraft vertrauensvoll und unbedingt auf den göttlichen Geist zu verlassen und diese Demonstrationen der Macht empfehlen die Christian Science der Welt zur Annahme. Sie fordert zu Vergleichen mit andern Systemen auf, in der vollen Zuversicht schon praktischere und umfassendere Erfolge gebracht zu haben, als von anderen Systemen verheißen worden sind. Wahres metaphysisches Heilen ist das Einzige, was die Bedürfnisse der Menschheit befriedigt, weil es sich dabei um die Ursache handelt und so die Axt an die Wurzel jedes Baumes des Irrtums legt und dadurch den moralischen Fehler heilt, der so oft die direkte Veranlassung der Krankheit ist.
Gott wolle den Tag bald herbeiführen, wo die Bekenner des Christentums nicht länger geneigt sein werden das zu verurteilen, was sie nicht verstehen; sondern wo sie ihren Einfluß brauchen werden, eine schlummernde Welt zu der Tatsache zu erwecken, daß die Christian Science das ist, was von ihr behauptet wird, nämlich eine genaue und umfassende Erklärung der Wissenschaft des Christentums für dies Zeitalter. Wahre christliche Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit erfordern es, daß sie sie nur nach ihren Früchten beurteilen und sich jeder höheren Auffassung freuen, als Zeugnis des bessernden Einflusses der Wahrheit auf das menschliche Bewußtsein. Nur wenn wir lernen, wahrhaft dankbar zu sein für unsere geringsten Errungenschaften und dem Ehre zu geben, dem Ehre gebührt, werden wir die Größe des vollkommnen Menschentums in Christus erreichen und das Eins-Sein mit Gott, dem Guten, verwirklichen.
Der Mensch lebt wirklich nur insofern er in allen Einzelheiten, in Gedanken, Wort und Tat, ein gottgleiches Leben führt. Er muß Leben, Wahrheit, Liebe und alle Eigenschaften Gottes ausdrücken, und dies bringt ihm Gesundheit, Heiligkeit, Glück und Unsterblichkeit.
