Wir reden mit großer Geläufigkeit über das, was die Physische Wissenschaft in modernen Zeiten vollbracht hat. und dadurch, daß wir beinahe alles als gewiß voraussetzen, gelangen wir dahin, es uns bequem zu machen, und vermeiden viele störende Fragen, die sich sonst in einer Weise in unsere Aufmerksamkeit eindrängen könnten, die weder schmeichelhaft für unsere Eitelkeit noch für unsere Intelligenz sehr beruhigend sind. Sicherlich, diese Fragen oder viele derselben sind so alt wie der sinnende Gedanke selbst. Seit der Mensch anfing zu denken, haben sich diese Fragen ihm zur Lösung dargeboten; aber für den durchschnittlichen modernen Denker, welcher in seine eigne Selbstgefälligkeit und andere verlockende Illusionen der materiellen Existenz versunken ist. sind viele von ihnen ganz neu, neu selbst bis an die Grenze der Lächerlichkeit. Und doch ist es die erwachende Intelligenz des Volkes, mehr als irgend etwas anderes, — das Emporstreben der großen gedrängten Kolonnen der „Gemeinen,” — welche jetzt diese Fragen in den Vordergrund drängt. Während des achtzehnten und der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts schienen die Physischen Wissenschaften eine fast unbestrittene Herrschaft über den Geist der gebildeten und teilweise gebildeten Massen auszuüben, bis die Leute in dieser neuen Freiheit zu schwelgen schienen, welche sie von der ungesunden Atmosphäre und den beschränkenden und unnatürlichen Methoden des mittelalterlichen Gedankens darboten; und wenn die Leute in dem Übermaß ihrer Freude über den neuen Freiheitsbegriff zu weit gingen, da gab es wenigstens den tröstenden Gedanken, daß sie diesen mittelalterlichen Gifthauch los waren, den verderblichsten Dämon, welcher je seinen Schatten auf den menschlichen Intellekt geworfen hat. Es ist deshalb eine unschätzbare Erbschaft der jüngsten Vergangenheit, daß die Leute gelernt haben, für sich selbst zu denken und mit einiger Folgerichtigkeit zu denken; Schlüsse zu ziehen; kurzum die wissenschaftliche Methode zu brauchen im Gegensatz zur dogmatischen Methode der Vergangenheit mit ihren sinnlosen Verwünschungen und ihren grausamen Verfolgungen. Die Leute hatten gelernt zu denken, und logisch zu denken, aber die Leute sind in erster Linie religiös; man kann ihnen lehren, wissenschaftlich zu sein, aber in ihrem Wesen sind sie religiös. So, als ihre neuen Führer wie von ihren wissenschaftlichen Entdeckungen berauscht und nicht vorsichtig genug, sich auf die richtigen Grenzen der wissenschaftlichen Forschungen zu beschränken, diese Grenzen verließen und anfingen in das Bereich der Religion einzudringen, ohne sich erst von gewissen untauglichmachenden Auswüchsen zu befreien, da begannen die Leute, den Repräsentanten der physischen Wissenschaft zu mißtrauen, und dann die Waffen gegen sie zu brauchen, welche man sie gelehrt hatte gegen ihre Gegner zu benutzen. Die Sphäre der Physischen Wissenschaften ist das Physische Weltall. Welchen Dienst daher diese Wissenschaften der Menschheit geleistet haben, oder leisten mögen, muß strenggenommen, mit materiellen Dingen zu tun haben. Innerhalb dieser Sphäre mögen die sogenannten Physischen Wissenschaften der Menschheit sehr nützlich sein, und sind es sicherlich gewesen; aber wenn sie diese Sphäre verlassen, und Streifzüge in das Bereich der Philosophie oder der Religion gemacht haben, dann ist es ihnen nur gelungen, Verwirrungen zu verursachen ohne irgend etwas entsprechendes Gutes zu vollbringen.
Wenn wir nun unsern Physiker bitten, uns zu sagen, woraus sein Weltall gemacht ist, dann wird er sagen: „Nun, aus Materie. Alle wirklichen Gegenstände — Bäume, Felsen. Berge, Menschen, usw. sind aus Materie gemacht; welche eine materielle Substanz ist, die aus kleinen harten Materienteilchen, Atome genannt, besteht, die in der Tat so klein sind, daß es für den Menschen ganz unmöglich ist, eines zu sehen oder irgendwie wahrzunehmen. Jedes dieser Atome, ist von einer dünnen Schicht Äther eingeschlossen, welcher eine farblose, geruch- und geschmacklose Flüssigkeit von so außerordentlicher Verdünnung ist, daß er für alle unsere Sinne absolut nicht wahrnehmbar ist.” Wenn man zu fragen wagt, ob das Atom Ausdehnung besitzt, entstehen sofort die verwickeltsten Schwierigkeiten; denn, wenn es Ausdehnung besitzt, dann muß es unendliche Male teilbar sein, was nach Mr. Spencer undenkbar ist, und wenn es keine Ausdehnung besitzt, dann haben wir die unmögliche Aufgabe, einen ausgedehnten Körper zu erhalten, dadurch daß man eine große Menge Körper ohne Ausdehnung zusammenfügt.
Es ändert nichts an der Sache, daß man das Atom durch ein Elektron oder durch ein Kraftzentrum ersetzt, weil es grade so undenkbar ist, daß „Kraft,” wie das Wort von dem Physiker gebraucht wird, von einem Punkt oder von einem Zentrum ausgeübt wird, wie daß es ein so kleines Teilchen harter Materie geben sollte, welches keine Ausdehnung besitzt und einer weiteren Teilung in Gedanken unfähig ist. Oder in den Worten Mr. Spencers: „Anzunehmen, daß Kraftzentren an Punkte gebunden sein sollen, welche nicht etwa unendlich klein sind, sondern überhaupt keinen Raum einnehmen, — Punkte, welche bloß eine Lage besitzen, ohne etwas, um ihre Lage zu bezeichnen, — Punkte, die durch nichts unterschieden sind von den umgebenden Punkten, welche keine Kraftzentren sind; dies anzunehmen liegt ganz und gar außerhalb alles menschlichen Vermögens.
„Man könnte hier vielleicht einwenden, daß, obgleich alle Hypothesen das Wesen der Materie betreffend uns auf unbegreifbare Schlüsse führen, wenn sie logisch entwickelt werden, doch Grund vorliege, zu glauben, daß eine derselben mit den Tatsachen in Übereinstimmung sei.” Dann nachdem er alle Hypothesen der Reihe nach verwirft, schließt er: — „Auch die Materie ist also ihrem innersten Wesen nach ebenso völlig unbegreiflich wie Raum und Zeit. Bauen wir Hypothesen auf, welche wir wollen, stets finden wir, wenn wir ihren Konsequenzen nachgeben, daß sie uns nur die Wahl lassen zwischen einander entgegengesetzten Absurditäten.” (Spencer, Grundlagen der Philosophie. Autorisierte deutsche Ausgabe von V, Vetter, S. 53 und 54.)
Nun muß sicher jeder zugeben, daß es sehr unvernünftig ist, auf die Existenz einer Sache zu bestehen, wenn man nach Jahrhunderten der hingebendsten sachverständigen Bemühungen für die Natur dieser Existenz keinen Grund angeben kann, ausgenommen durch eine Annahme, welche unvermeidlich zu einer logischen Torheit führen würde. Ferner würde es als der Gipfelpunkt der Unvernunft erscheinen, daß ein Materialist, welcher es verschmäht, etwas als wahr anzunehmen, was nicht durch das Zeugnis seiner Sinne bewiesen worden ist, seine Behauptung, daß ein materielles Weltall existiere, auf die Existenz eines Atoms basieren sollte, dessen Existenz seine Sinne nicht wahrnehmen können, und welches ihm nicht einmal eine theoretische Grundlage für seine Arbeit bieten kann, bis es nicht über die Wahrnehmung seiner Sinne hinaus reduziert worden ist, wo es nicht länger möglich ist. seine falschen Ansprüche auf Existenz nachzuweisen, ausgenommen durch einen logischen Prozeß. Es muß deshalb für jeden, der sich die Zeit zur Nachforschung nehmen will, augenscheinlich werden, daß das materielle Atom und sein gefälliger Begleiter, der Äther, nirgends eine Existenz haben, ausgenommen in dem Gehirn des Materialisten, dessen reinste Einbildung sie sind. Selbstverständlich beschränken wir uns hier auf die Stellung des Materialisten und versuchen zu sehen, wie das Land von seinem Gesichtspunkt aus liegt.
Wenn wir eine Anzahl Freunde fragen, die ein Beet voller Rosen bewundern und ihren entzückenden Duft einatmen, welche Eigenschaft der Rose sie befähigt, sich mit der größten Lebhaftigkeit die Gegenwart dieser wunderbaren Blumen zu verwirklichen, so werden sie ohne Zweifel antworten: „Nun, die leuchtende Röte der Farbe zuerst und dann der verschwenderische aber zarte Duft, welcher die ganze Atmosphäre um sie her durchdringt.” Wenn wir ihnen dann sagten, daß weder die Farbe noch der Duft in der Rose ist, daß beide nicht durch die Rosen, sondern durch geistige Prozesse gegeben werden, so würden wir höchst wahrscheinlich unsere Freunde entweder in große Bestürzung versetzen, oder Schwierigkeiten haben, sie zu überzeugen, daß wir es ganz ernst nehmen. Und doch mögen sich einige leicht daran erinnern, daß seit den Tagen John Lockes in England von Materialisten und Idealisten einstimmig zugegeben worden ist, daß weder Farbe noch Geruch einem Gegenstande innewohnen, sondern daß beide nur durch den Geist gegeben werden und nur im Geiste existieren. Wie hoch denken Sie, würden meine Freunde das schätzen, was von ihren Rosen übrig bleibt, nachdem sie ihrer Farbe und ihres Duftes beraubt worden sind? Wenn in der Tat all das, was sie für sie zu Rosen macht, im Gedanken ist, wo sind dann ihre Rosen, auf dem Beet oder im Gedanken? Aber sind die Rosen deshalb weniger schön, weniger wirklich, weil ihre Farbe und ihr Duft durch den Geist gegeben werden, als wenn sie durch Farbstoffe oder andere Elemente der Erde geliefert wären? Wenn es ein Naturgesetz ist, daß unsere Rosen uns unter gewissen Bedingungen eher durch geistige Prozesse gegeben werden sollen, als durch Farbstoffe und andere irdische Bedingungen, werden wir nicht trotzdem unsere Rosen haben und sie gradeso genießen?
Wenn Sie sich bei dem Versuch, eine Rose zu pflücken, in den Finger stechen, ist der Schmerz in dem Dorn oder in dem Finger? Jedes intelligente Schulkind würde bereit sein, Ihnen zu sagen, daß der Schmerz weder in dem Dorn noch in Ihrem Finger ist, sondern im Bewußtsein. Der menschliche Sinn gibt den Schmerz und verlegt ihn in Ihren Finger, grade wie er Farbe und Duft gibt und sie in die Rosen verlegt. Dasselbe ist der Fall mit dem Ton und mit dem Geschmackssinn. Wir hören ein Horn unten auf der Straße blasen, und wir denken, daß der Ton aus der Öffnung des Hornes kommt oder daß er in der Glocke ist, welche oben im Turme erschallt; aber es gibt weder einen Ton im Horn noch in der Glocke, noch irgendwo im Raume zwischen denselben und Ihnen, sondern nur in Gedanken. Es gibt nichts im Horn noch irgendwo im Raum, was im entferntesten einem Tone gleicht; nichts als atmosphärische Wellen, die so stimmlos wie das Grab sind. Von der wunderbaren Musik, auf die sie gestern Abend mit solch großem Entzücken lauschten, und welche die Musiker mit solch vollendeter Geschicklichkeit aus ihren Instrumenten zu locken schienen, kam nicht eine Note aus den Instrumenten, sondern das Ganze war ein geistiges Produkt. War sie deshalb weniger genußreich für Sie, weil sie so hervorgebracht wurde, und nicht aus der stummen gefühllosen Materie, wie Sie annahmen?
Das ist nicht Idealismus. Es ist reiner Materialismus, welcher von dem Engländer John Locke (1632–1704) durch eine ununterbrochene Reihenfolge von Materialisten bis zu uns herabgekommen ist, und welcher in allen unseren öffentlichen Schulen allgemein gelehrt wird. Die Eigenschaften der Farbe, des Geruchs, des Geschmacks, des Tons werden von Materialisten sekundäre Eigenschaften der Materie genannt, obgleich es nach ihren eignen Zugeständnissen klar genug ist, daß dieselben durchaus nicht Eigenschaften der Materie, sondern geistige Zustände sind. Gewisse andere Eigenschaften werden „primäre Eigenschaften” der Materie genannt, und sollen unseren materiellen Gegenständen innewohnen, und sie als unabhängig von dem menschlichen Geiste kennzeichnen. Allmählich jedoch ist diese Theorie aufgegeben worden, bis, wie bei den sekundären Eigenschaften, alle Eigenschaften, welche angenommenermaßen den Gegenständen innewohnen sollten, von den Materialisten wirklich als geistige Eigenschaften anerkannt werden, welche nur dem Geiste angehören. So schrieb der verstorbene Professor Fiske, obgleich er sich nicht als Materialist betrachtete: „Außerhalb des Bewußtseins gibt es keine derartigen Dinge wie Farbe, Form, Stellung, oder Härte, und es gibt nichts derartiges wie Materie” (Darwin and other Essays. S. 64).
In der „Metaphysik der Empfindung,” schreibt Professor Huxley, nachdem er beifällig Lockes Standpunkt angeführt hat, nämlich daß die sekundären Eigenschaften, Eigentum des Geistes seien — geistige Dinge — und nicht Eigenschaften von Gegenständen: —
„Soweit stimmen also Materialisten und Idealisten überein. Locke und Berkeley und alle logischen Denker, die ihnen gefolgt sind, haben dieselbe Ansicht über sekundäre Eigenschaften — ihre Existenz kann wahrgenommen oder erkannt werden — ihr materielles Wesen ist strenggenommen ein geistiges.
„Aber Locke macht einen großen Unterschied zwischen den sekundären Eigenschaften der Materie und gewissen anderen, die er als primäre Eigenschaften bezeichnet. Das sind Ausdehnung, Form, Festigkeit, Bewegung, Ruhe und Zahl, und er stellt ebenso klar fest, daß diese primären Eigenschaften unabhängig vom [menschlichen] Geist existieren, wie daß die sekundären Eigenschaften keine derartige Existenz besitzen.” Dann fährt Professor Huxley in seiner Kritik fort und sagt:
„So scheint es klar zu sein, daß die Existenz einiger, oder wenigstens Lockes primärer Eigenschaften der Materie, wie Zahl und Ausdehnung getrennt vom Geist ebenso vollständig undenkbar sind, wie die Existenz der Farbe und des Tones unter gleichen Umständen. Werden die anderen — nämlich Form, Bewegung, Ruhe und Festigkeit — einer ähnlichen Kritik widerstehen? Ich glaube nicht.”
Er fährt dann in seiner zerstörenden Kritik des künstlichen Unterschiedes zwischen primären und sekundären Eigenschaften fort, bis er es klar zu machen scheint, daß alle Eigenschaften, welche wir in Gegenständen zu sehen oder wahrzunehmen meinen, und welche für uns die verschiedenen Gegenstände in unsrer täglichen Erfahrung feststellen sollen, durchaus nicht Eigenschaften der Gegenstände, sondern Zustände unseres Bewußtseins, geistige Dinge, gedachte Dinge sind. An einer Stelle sagt er: „Unzweifelhaft ist aktive Kraft, ausgenommen als ein Zustand des Bewußtseins, unfaßlich” (Ibid. S. 313).
Wir finden also, daß dieser große Vertreter des modernen wissenschaftlichen Gedankens, dieser sogenannte Materialist, ebenso vollständig die Behauptung niederlegt, wie es jeder Idealist tun würde, daß die Gegenstände, welche wir um uns sehen — Bäume, Berge, Menschen, usw. — nicht die wirklichen Bäume, Berge, usw. sind, sondern nur geistige Vorstellungen der wirklichen Gegenstände, welche mehr oder weniger wie die wirklichen Bäume sein mögen, oder nicht — das können wir nicht sagen und haben keine Mittel, um es feststellen zu können. Aber er legt die Tatsache sicher dar, daß, wie auch immer die Wirklichkeit der Gegenstände sein mag, die einzigen Bäume, Berge usw., die wir haben, unsere geistigen Vorstellungen dieser Dinge sind, Gedanken-Bäume, Gedanken-Berge, usw., welche für uns gewisse Zustände des Bewußtseins ausmachen, — die immer geistige Zustände sind, — und was wir Dinge sehen und Dinge berühren nennen, usw. sogar die Bewegung selbst, zum Beispiel, ein rinnender Bach, ist nur eine geistige Vorstellung, ein Ding des Gedankens, ein Zustand des Bewußtseins.
Es mag gut sein, hier anzuhalten und uns, wenn es möglich ist, die Kraft und weltumfassende Bedeutung dessen zu verwirklichen, was wir gelesen haben. Und Ihnen, dem die Behauptung der Christian Science, daß es keine Materie gibt, daß alles Geist ist und die Offenbarungen des Geistes (Science and Health, S. 468), so unerklärlich sonderbar erscheint, um fast ein Lächeln hervorzulocken, ist es Ihnen gleichgültig, wenn ein so großer Mann, wie Professor Huxley, Ihnen sagt, daß die einzige Welt, welche wir kennen, oder möglicherweise erkennen können, eine Gedankenwelt ist? Daß, was die Dinge in sich selbst auch sein mögen, die Gegenstände, welche wir sehen, fühlen, hören, riechen, schmecken — die Bäume, Flüsse, Berge, Menschen, Tiere, alle die Dinge, mit welchen wir täglich in Berührung kommen, — nicht aus Materie noch irgend einer materiellen Substanz gemacht sind, sondern daß sie aus derselben Substanz sind, aus welcher Gedanken sind? Es ist wahr, daß Männer wie Professor Huxley der Meinung sind, daß es irgend eine Wirklichkeit hinter den Phänomenen, von welchen wir gesprochen haben, oder abgetrennt von denselben gibt, aber sie behaupten, daß diese Wirklichkeit unbekannt ist und für uns unbekannt bleiben wird; die einzige Welt, welche wir kennen, ist die Gedankenwelt unserer täglichen Erfahrung. Die Wirklichkeit, auf welche sie Bezug nehmen, ist ohne Zweifel das, zum Beispiel, was von der Rose übrig bleibt, nachdem Farbe und Duft und andere fühlbare Eigenschaften fortgenommen worden sind; oder was von der Melodie übrig bleibt, nachdem die Musik daraus entfernt worden ist.
Angenommen, wir betrachten die Frage von dem Standpunkt der extremsten Materialisten, so fände man, daß die Wirklichkeit hinter allen Phänomenen, wenn sie erkannt werden könnte, ein materielles Weltall sein würde, wie unser sterbliches oder fleischliches Bewußtsein es darstellt; wir werden uns trotzdem hoffnungslos innerhalb des Kreises unseres eignen Bewußtseins eingeschlossen finden, welches notwendigerweise immer ein geistiger Zustand ist, und welches wir unter keiner Voraussetzung überschreiten können, sodaß wir auf jeden Fall keinen direkten Beweis von der Existenz eines materiellen oder eines Materien-Weltalls haben, sondern daß wir gleichfalls vom Standpunkt des Materialisten aus bei jeder Annahme, einer solchen Existenz in das Bereich der reinen Vermutung verwiesen werden. Wie Professor Huxley sagt: —
„Wenn wir die Behauptung analysieren, daß alle geistigen Phänomene die Wirkungen oder Produkte von materiellen Phänomenen sind, so läuft ihre Bedeutung auf folgendes hinaus; daß, wann immer solche Bewußtseinszustände, welche wir Gefühl, oder Gemütsbewegung, oder Gedanken nennen, entstehen, eine vollständige Nachforschung guten Grund für den Glauben bieten wird, daß jene anderen Phänomene des Bewußtseins ihnen vorausgehen, welchen wir die Namen Materie und Bewegung geben. Alle materiellen Veränderungen scheinen schließlich Arten der Bewegung zu sein, aber unsere Erkenntnis der Bewegung ist nur die eines Wechsels in dem Orte und in der Ordnung unserer Gefühle; grade wie unsere Erkenntnis der Materie auf jene Gefühle beschränkt ist, für deren Ursache wir die Materie halten” (Life of Hume, S. 80 und 81).
Wenn ich Mr. Spencer und Professor Huxley anführe, möchte ich nicht daß man glaubt, daß ich einen von ihnen zu den Materialisten rechne, obgleich ich weiß, daß sie von vielen als solche angesehen werden. Sicherlich hat Mr. Spencer der Sache der Religion einen wichtigen Dienst geleistet, welchen Zeit und vielleicht ein wenig Aufklärung uns zu schätzen lehren werden.
Ich ziehe es vor, Professor Fiskes Ansichten anzunehmen; nämlich: „Ich glaube deshalb, daß die moderne wissenschaftliche Philosophie, wie sie von Spencer und Huxley dargestellt wird, nicht nur keinen Stützpunkt für den Materialismus bietet, sondern ihn gänzlich verurteilt und ihn vollständig vom Felde treibt.”
Der große Dienst, welchen Mr. Spencer der Religion geleistet hat, ist anscheinend der, daß er wieder und über allen Zweifel hinaus bewiesen hat, daß der Versuch, die Religion oder die Hoffnung auf Unsterblichkeit mit irgend einem System materialistischer Philosophie zu versöhnen, eine unaussprechliche Torheit ist. Er bewies, was Kant vor einem Jahrhundert oder länger hinreichend bewiesen hatte, und was Paulus und Johannes achtzehn Jahrhunderte früher angekündigt hatten, nämlich, daß, wenn die Religion auf eine verständliche Basis gestellt und die Hoffnung auf Unsterblichkeit gerechtfertigt werden sollte, sie von der Welt der materiellen Phänomene getrennt werden muß. Paulus sagte, daß fleischlich gesinnet sein — das heißt, ein Bewußtsein zu haben, welches von fleischlichen Zuständen abhängt — der Tod ist; und nach achtzehn Jahrhunderten des menschlichen Strebens nach der Wahrheit, faßte Mr. Spencer die Schlußfolgerungen der Philosophie zusammen und sagte, daß soweit wie das Bewußtsein von der Gehirntätigkeit abhängig ist — von fleischlichen Zuständen, „wir genötigt schienen, den Gedanken aufzugeben, daß das Bewußtsein fortdauert, nachdem physische Organisation untätig geworden ist.” Es scheint in der Tat ziemlich klar zu sein, daß grade so weit wie wir das Bewußtsein von physischer Organisation oder von irgend welchen physischen Zufällen abhängig machen, wir so viel von der Vernünftigkeit unsrer Hoffnung auf einen zukünftigen Zustand abziehen, und umgekehrt.
Man würde deshalb natürlicherweise erwarten, daß Geistliche und andere Kämpfer für die Christenheit, bereitwillig eher irgend einer Form des christlichen Idealismus huldigen, als den mehr oder weniger atheistischen Systemen des Materialismus. Doch hat der Geistliche im Durchschnitt, so fern er nicht in jungfräulicher Unschuld über all dergleichen verharrt, sich wahrscheinlich als ein Anhänger irgend einer Form des Materialismus erklärt — und in der Tat, ich kann sicher sagen, daß eine große Mehrheit der Geistlichen, so weit sie das Bedürfnis einer Philosophie fühlten, das getan haben, — und vielen von ihnen hat sich nie eine andere Frage aufgedrängt, als daß die Dinge aus Materie gemacht sind, und um sie her in Klumpen existieren, grade wie sie sie zu sehen scheinen.
Ich vermute, daß bei unsern großen Physikern viel Mißverständnis in der Weise entstanden ist, wie es in der folgenden Erklärung Professor Fiskes angedeutet wird: „Im Ganzen bietet der Materialismus in der modernen Philosophie nichts von höchster Wichtigkeit dar; er stellt die unreifen Spekulationen jener großen und zunehmenden Anzahl von Leuten dar, die einige Kenntnis von den Wahrheiten der Physischen Wissenschaft erlangt haben, ohne genügend Scharfsinn zu besitzen, ihre metaphysische Tragweite zu verstehen.” Ein Mann, wie Mr. Spencer oder Professor Huxley, oder wie der gründlichste Idealist, meinetwegen, der es unternehmen sollte, zum Beispiel ein Buch über die Physische Geographie der Erde zu schreiben, würde die geologische Bildung der Erde, die Natur, die Gewohnheiten, das Leben usw., der Tiere, Bäume, Pflanzen, usw. beschreiben, grade so wie sie der gründlichste Materialist beschreiben würde; sie würden dieselbe Genauigkeit der Beobachtung und der Beschreibung befolgen und denselben Wortschatz materieller Ausdrücke brauchen; und doch würde unser Verfasser ein Recht haben zu erwarten, daß seine Leser sich nicht irreführen lassen, sondern, daß sie es verstehen, daß er sich die ganze Zeit bewußt war, daß er es nur mit Phänomenen und nicht mit wirklichen Gegenständen zu tun hatte; daß er in der Tat, in all den Bänden, welche er über den Gegenstand geschrieben haben mag, nicht einen einzigen wirklichen Gegenstand beschrieben hat, sondern nur sein Phänomen oder die geistige Darstellung; und daß die wirklichen Gegenstände, wenn sie erkannt werden könnten, höchst wahrscheinlich nicht in einer einzigen Hinsicht, den phänomenalen Gegenständen oder Erscheinungen gleichen würden, welche er beschrieben hatte. Wie schon gesagt, könnte viel Verwirrung vermieden werden, dadurch daß man sich streng an die Grenzen der physischen Wissenschaft hält, welche wenig mehr als beschreibend ist; sie ist nicht begründend, sie hat kein Recht anderweitige Fragen zu erörtern, — alle solche Fragen gehören zur Religion und zur Philosophie. Ihr Bereich ist es, genau das Verhalten der Physischen Phänomene zu beobachten und zu berichten. Sie nimmt diese Phänomene als ihre einzige Wirklichkeit an, macht was sie kann aus dem ihr zu Gebote stehenden Material und sucht nicht ihre wohlerkannten Grenzen zu überschreiten. Wenn wir diese Unterschiede im Auge behalten, dann werden wir keine Schwierigkeit haben, Mr. Spencer zu verstehen, und ihn von Unbeständigkeit freisprechen, wenn wir, nachdem wir einige seiner Werke gelesen haben, in welchen er diese Phänomene als wirkliche Dinge behandelt, uns einem andern seiner Bücher zuwenden und etwa folgendes lesen:—
„Die so gewonnene Überzeugung, daß der menschliche Verstand einer absoluten Erkenntnis unfähig ist. gehört zu denjenigen, welche sich mit dem Fortschritte der Zivilisation ganz allmählich festen Boden errungen haben. Auf jede neue ontologische Theorie, welche von Zeit zu Zeit auftauchte an Stelle von früheren, die sich als unhaltbar erwiesen hatten, folgte eine neue Kritik, die zu einem neuen Skeptizismus führte. Alle möglichen Vorstellungen wurden der Reihe nach versucht und mangelhaft befunden; und so hat sich allmählich das ganze Gebiet der Spekulation erschöpft ohne ein positives Resultat; das einzige Resultat, welches man erreichte, war das oben erwähnte negative, daß die hinter allen Erscheinungen verborgene Realität unbekannt ist und es stets bleiben muß. Diesem Urteil hat sich beinah jeder namhafte Denker angeschlossen. ‚Dies ist‚‘ sagt Sir William Hamilton, ‚vielleicht unter allen Wahrheiten die einzige, welche, einige wenige absolutistische Theorienmacher in Deutschland ausgenommen, bei jedem Philosophen jeder Schule so ganz harmonischen Widerhall gefunden hat.‘” (Spencer, Grundlagen der Philosophie; Autorisierte deutsche Ausgabe von B. Vetter. S. 68 und 69).
Es ist zweifellos wahr, daß wenn irgend einer der Philosophen es für richtig gehalten hätte, seine Ansichten über diesen Punkt zu erklären, er seine Meinung dahin abgegeben haben würde, daß die Natur dieser unbekannten Wirklichkeit hinter allen Phänomenen für den Durchschnittsverstand am besten durch das Wort Geist ausgedrückt wird. Mr. Spencer scheint das wenigstens in mancher Weise klar angedeutet zu haben. Alle von ihnen erkennen die Notwendigkeit einer ersten Ursache an, von welcher alles andere herrührt. Bis zu diesem Punkte könnten die Christian Science und die Philosophen sehr wohl übereinstimmen, aber wenn sie dahin gelangen, Schlüsse von diesen Voraussetzungen abzuleiten, kommen sie bald an einen Scheideweg. Nicht, weil die Philosophen nicht mit der Christian Science in der Behauptung übereinstimmen, daß es keinen solchen materiellen „Stoff” wie die Materie gibt, aus welcher die Gegenstände unsrer täglichen Erfahrung gemacht sind; nicht, daß die Philosophen ebenso wie die Christian Science nicht erkennen, daß diese Gegenstände, wie wir sie sehen und wahrnehmen, nirgend anders eine Existenz haben, als im menschlichen Gedanken; sondern weil sie darauf bestehen, daß wir, ob durch ein universelles Gesetz des Daseins oder durch die Notwendigkeit unsrer Existenz auf diesem Planeten, in irgend einer Weise — die durchaus nicht von ihnen klar gemacht wird — gezwungen sind, Dinge als wirklich anzusehen, welche nicht wirklich sind; daß wir zu einer hoffnungslosen und fortwährenden Unwissenheit der Wahrheit gegenüber verurteilt sind, einer Unwissenheit, von welcher uns Gott selbst entweder nicht befreien will oder kann. Das ist das Ultimatum der Philosophie. Es deckt unser Elend auf, aber es bietet uns keine Befreiung und keine Hoffnung auf Befreiung davon; und der Weg in der Theologie ist wenig besser — er ist nur eine Sackgasse, mit der Pforte des Todes an dem einen Ende.
Die Philosophen stimmen ganz einmütig darin überein, daß „die Wirklichkeit, welche hinter allen Erscheinungen existiert,” was sie auch sein mag. möglicherweise den physischen Phänomenen oder Erscheinungen, welche unsere Sinne uns zu geben scheinen, gar nicht ähnlich sieht, und die Frage entsteht, warum sollte irgend jemand annehmen, daß diese Erscheinungen in Wirklichkeit überhaupt Phänomene sind? Was für eine Wirklichkeit könnte man einem Dinge selbst als Phänomen zuschreiben, welches weder in sich selbst wirklich ist, noch irgend etwas Wirklichem ähnlich sieht?
Mr. Spencer sagt: „Es ist schlechterdings unmöglich zu begreifen, daß unsere Erkenntnis bloß ein Wissen von Erscheinungen sei, wenn man sich nicht zugleich eine Realität vorstellt, deren Erscheinungen sie eben sind; denn Erscheinungen ohne Realität sind undenkbar” (Spencer. Grundlagen der Philosophie. Autorisierte deutsche Ausgabe von B. Vetter, S. 88). Aber eine Erscheinung, die der Wirklichkeit unähnlich ist, ist eine Erscheinung ohne Wirklichkeit. Die Wirklichkeit oder Noumenon, ist nicht ein Ding oder ein Gegenstand irgend welcher Art; Wirklichkeit ist Dasein, und drückt sich durch seine Phänomene oder in denselben aus. Es ist also klar, daß eine Erscheinung oder ein Phänomen nur bis zu dem Grade wirklich ist, in welchem es die Wirklichkeit, deren Erscheinung oder Phänomen es ist, ausdrückt oder offenbart. In welchem Sinne kann man das, was nicht eine Ähnlichkeit oder eine Erscheinung von irgend etwas Wirklichem ist, eine wirkliche Erscheinung nennen? Ist es etwas mehr als eine illusorische Erscheinung, oder eine Erscheinung einer Illusion? Es ist sicherlich unlogisch zu behaupten, daß, obgleich wir nicht die Wirklichkeit der Dinge kennen können, wir doch ihre wirklichen Phänomene kennen; denn was ist das Phänomen eines Dinges anders als eine korrekte Vorstellung des Dinges in Gedanken, und welche andere Kenntnis einer Sache ist möglich? Wenn wir die Wirklichkeit der Dinge nicht erkennen können, wie die Philosophen uns sagen, so kommt das daher, daß wir sie uns nicht recht in Gedanken vorstellen können; aber aus diesem selben Grunde können wir auch nicht die Phänomene der Dinge kennen. Wenn wir eine Kenntnis der Phänomene der Dinge besäßen, so könnte man nicht gerechterweise sagen, daß wir ihre Wirklichkeit nicht kennen, denn das Phänomen muß die Wirklichkeit offenbaren. Genau gesprochen sind alle Dinge Phänomene; kein Ding hat Wirklichkeit als eine Sache in sich selbst, seine Wirklichkeit liegt in dem, dessen Phänomen oder Offenbarung es ist.
Es wird allgemein zugegeben werden, daß Gott Geist ist, und daß Er die endgültige Wirklichkeit ist. Die Überlegenheit der Christian Science über die Philosophien und alle anderen christlichen Systeme ist in den strengbeständigen und logischen Schlußfolgerungen, welche sie von dieser Voraussetzung herleitet, am augenscheinlichsten. Da Gott, oder der Geist, die endgültige Wirklichkeit ist, so ist alles andere Sein Phänomen; und hat nur in dem Maße Wirklichkeit, oder ist nur in dem Maße ein wirkliches Phänomen, in welchem es Ihn, den Geist, offenbart. Johannes sagt: „der Geist ist’s, der da zeuget;” (das heißt, die Wahrheit oder Wirklichkeit offenbart), „denn der Geist ist die Wahrheit” (ή άλήθεια, Wirklichkeit im Gegensatz zum Unwirklichen). Es ist das Amt eines Zeugen, die Wahrheit oder Wirklichkeit der Dinge zu offenbaren oder augenscheinlich zu machen.
Es ist deshalb klar, daß der Materialismus in jeder Weise, ob nun in der Form einer materiellen Substanz, aus welcher die Dinge gemacht sind, wie es dem oberflächlichen Gedanken erscheint, oder in der Form einer materiellen oder fühlbaren, obgleich geistigen Auffassung der Philosophie, nicht die Natur des Geistes offenbart oder ausdrückt, sondern das Gegenteil; und in so fern als es einstimmig zugegeben werden muß, daß die Materie nur als Phänomen Wirklichkeit besitzen kann, so folgt unerbittlich, daß sie auf Wirklichkeit irgend welcher Art keinen Anspruch machen kann. Materialismus und materielle Begriffe sind das Produkt des materiellen oder fleischlichen Sinnes, welcher, wie Paulus sagt, eine Feindschaft wider Gott, den Geist, ist; das heißt, er ist nicht dem Gesetz des Daseins, des Lebens, welches Gott ist, untertan; deshalb hat dieser sogenannte Sinn keine wirkliche Existenz, und kann seinen Ideen das nicht mitteilen, was er nicht besitzt.
Dieser fleischliche, gesetzlose und sterbliche Sinn des Lebens, welcher allen seinen Ideen, seine eigne verdorbene, sterbliche Natur mitteilt und den Menschen und alle Dinge mit einer Natur darstellt, welche sie dem Mißklang, der Krankheit, dem Verfall und dem Tode aussetzt, ist deshalb selbst der Sitz und die Quelle alles Mißklangs und aller Unvollkommenheit, der es sich bewußt zu sein scheint; und es ist einfach gotteslästerlich, Gott anzuschuldigen, in irgend einer Weise oder bis zu irgend einem Punkte für die Zustände der Dinge, welche er ausmalt, verantwortlich zu sein. Um allen Wortgefechten über diesen Punkt für immer ein Ende zu machen, sagt Paulus an einer anderen Stelle: „Daß Fleisch und Blut nicht können das Reich Gottes ererben”; das heißt, die fleischliche Auffassung findet keinen Raum in der Welt oder in dem Reiche der Wirklichkeiten. Man sollte nicht vorgeben, daß Gott Fleisch und Blut erschuf mit der Erwartung. daß der Mensch sie beim Tode ablegen wird, damit er in das Himmelreich kommen könne; denn die Bibel lehrt, daß Sünde den Tod in die Welt brachte; und es ist unmöglich zu vermuten, daß Gott den Menschen so erschuf, daß er nicht in seines Vaters Reich eintreten könnte, bis nicht die Sünde den Weg vorbereitet hätte. Ferner, alles was Gott erschafft, ist in Seinem Reich erschaffen worden; und macht in Wirklichkeit Sein Reich aus; und wenn Er Fleisch und Blut erschaffen hütte, so würde es schon in Seinem Reiche sein, was, wie Paulus sagt, unmöglich ist.
Von diesem Zustand hoffnungslosen Verderbens, bietet uns die Philosophie, wie gesagt, weder als Materialismus noch als Idealismus keinerlei Befreiung, denn sowohl durch Materialismus wie durch Idealismus wird die Menschheit hoffnungslos zu einer immerwährenden Unwissenheit über sich selbst verdammt — hilflos gebunden in den Molocharmen eines manichäischen Fatalismus, von welchem der Tod allein eine mögliche Erlösung darbietet; und vor diesem Gesetze Baals hat die scholastische Theologie bereitwillig und demütig die Kniee gebeugt. Aber so steht es nicht mit der Christian Science. Sich logisch und treu nach ihren Voraussetzungen richtend, ist Mrs. Eddy zu der Schlußfolgerung gelangt, daß, wenn Gott, der Geist, die Quelle aller Dinge ist, die endgültige Wirklichkeit alles Daseins, dann müssen alle Phänomene des Daseins, alles, was wirklich ist, geistig sein, und in ihrem Maße so vollkommen wie diese Wirklichkeit, und das, was diese geistige Vollkommenheit und Wirklichkeit nicht offenbart, kann keine wirkliche Existenz besitzen; und da alles, was uns an den Dingen falsch erscheint, alles, was zeitlich, unvollkommen, krank, sündig, sterblich ist, in einem falschen Bewußtsein des Lebens eingeschlossen ist, so ist die Art und Weise, solche Erscheinungen los zu werden, nicht Medizin in einen Schatten hineinzugießen, noch eine falsche menschliche Auffassung des Menschen zu behandeln, sondern das Bewußtsein von den falschen und verdorbenen Elementen, welche uns derartige Auffassungen geben, zu reinigen. Jesus sagte, daß die Verunreinigung von innen herauskommt; das Heilmittel in der Christian Science ist deshalb, das Bewußtsein zu reinigen und zu vergeistigen, oder, wie Paulus sagt, den alten Menschen abzulegen, und uns im Geist unseres Gemüts zu erneuern. Auf Seite 249 in „Science and Health“ sagt Mrs. Eddy: „Nehmen wir die Wissenschaft an, entsagen wir allen Theorien, welche auf das Zeugnis der Sinne basiert sind, geben wir alle unvollkommenen Vorbilder und trügerischen Ideale auf; und laßt uns nur einen Gott, einen Geist haben, und zwar einen vollkommenen, welcher seine eignen trefflichen Vorbilder hervorbringt.”
Wenn wir einen kranken Menschen zu sehen scheinen, welcher leidet und vielleicht unserm Glauben nach stirbt, dann sehen wir den Menschen gar nicht, sondern einfach den sterblichen, fleischlichen Begriff des Menschen, oder wie die Philosophen sagen würden, ein Phänomen, welches wir Mensch nennen; den wirklichen Menschen, darin stimmen alle ausnahmslos überein, sehen und kennen die Sterblichen nicht. Der wirkliche Mensch, behauptet die Christian Science, ist der Mensch welchen Gott in Seinem Ebenbilde und Gleichnis erschaffen hat, in dem Ebenbilde und Gleichnis des Geistes, und daher ist er nicht der Disharmonie, der Sünde, der Krankheit, oder dem Tode unterworfen. Dieser Mensch, welchen wir nicht durch menschliche Philosophie kennen lernen können, ist der Mensch, welchen Christus Jesus uns zu offenbaren kam. Er ist das Ideal, oder der Christus-Mensch; und ihn recht zu kennen, das ist, in sein Bewußtsein zu gelangen, heißt jedes Bewußtsein von Krankheit, Sünde und Tod zu verlieren. „Das ist das ewige Leben,” sagte Jesus, „daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist und den du gesandt hast, Jesum Christ erkennen.”
Dadurch lernen wir, daß das Leben ein Prozeß der Erkenntnis ist. Seine Interessen müssen durch eine größere und bessere Erkenntnis befördert werden, nicht durch verbesserte materielle Methoden der ärztlichen Behandlung. Die richtige Erkenntnis zu besitzen, heißt, das richtige Leben zu haben, nämlich das wirkliche Leben, oder das ewige Leben. Da die Wirklichkeit des Menschen geistig ist, so muß der Mensch als Phänomen geistig sein, das heißt, er kann nur im geistigen Gedanken oder im Bewußtsein richtig dargestellt werden. Als Petrus den wirklichen oder den Christus-Menschen erkannte, sagte Jesus zu ihm. „Selig bist du ... denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.” Jesus kam um diese große erlösende Tatsache der Religion zu offenbaren, nämlich, daß der wirkliche Mensch ein Phänomen des einen wirklichen Geistes ist, dessen höchster Ausdruck er ist; und wenn wir die wahre Erbschaft des Menschen antreten und uns den Geist verwirklichen, der auch in Christus Jesus war, dann werden wir die Wirklichkeit und Vollkommenheit aller Dinge, wie sie in Gottes Reich, in dem Weltall, welches Er erschafft, sind, sehen und erkennen, dann werden wir Ihn sehen, wie Er ist, und werden Ihm gleich sein. „Und ein jeglicher, der solche Hoffnung hat zu ihm, der reiniget sich, gleichwie Er auch rein ist.”
Das heißt Gotte Bild: solche Gesinnung haben und solche Werke tun wie Gott, und sich immer nach Ihm richten.
Copyright, 1907, by Mary Baker G. Eddy.
Verlagsrecht 1907, von Mary Baker G. Eddy.
