Einer unsrer Kritiker erklärt, der Hauptgrundsatz der Christian Science laute: „Es gibt keine Materie.” Diese Worte drücken jedoch keine Prämisse aus, sondern eine Folgerung. Die Lehre der Christian Science in Bezug auf Gott ist ihre Prämisse. Ferner hat die abstrakte Behauptung: „Es gibt keine Materie,” die vollere Erklärung der Christian Science nötig, um verstanden zu werden.
Christian Science verneint keineswegs das Vorhandensein von Erscheinungen. Sie behauptet nur, daß dieselben nicht das sind, was sie, vom materiellen Standpunkt aus gesehen, zu sein scheinen. Es ist die Aufgabe der Christian Science, der Welt eine geistige Anschauung von der Schöpfung zu geben. Sie lehrt, daß wir in unserm gegenwärtigen unreifen Zustand die Dinge nicht so sehen, wie sie wirklich sind; daß wenn wir geistige Fortschritte machen und dadurch klarer sehen lernen, unser Begriff von der Schöpfung ein höherer werden wird; daß dieser Fortschritt weiter gehen wird, bis wir den Punkt erreicht haben, wo wir die Schöpfung genau so sehen, wie sie in Wirklichkeit ist, nämlich geistig und nicht materiell. Materie ist der Name, den man dem falschen Begriff von der Schöpfung beigelegt hat. Da dieser Begriff nicht wahr ist, so ist es streng genommen richtig zu sagen, er bestehe nicht; daher die Behauptung: „Es gibt keine Materie.” Christian Science verneint nicht, daß Sünde und Krankheit in dem irrigen, sterblichen Bewußtsein existieren. Sie entledigt sich dieser Übel nicht dadurch, daß sie dieselben ignoriert, sondern dadurch, daß sie mit denselben ringt und sie in der Kraft Gottes überwindet.
Christian Scientisten glauben an den Tod und an die Auferstehung unsres Herrn, an seine Himmelfahrt, an seine Versöhnung. Kurzum, Christian Science steht in vollem Einklang mit allen Lehren der Bibel. Unser Kritiker erklärt, die Christian Scientisten seien nicht „unter der Klasse von Leuten” tätig, „die Hilfe brauchen,” sondern „sie möchten gerne, wie Wölfe, in die Herde einbrechen, um zu suchen, welche sie verschlingen könnten.” Diese eine Aussage zeigt klar und deutlich, daß der betreffende Herr durchaus kein Verständnis von dem Werk der Christian Science hat. Schreiber dieses kennt persönlich viele Leute, welche durch Christian Science von allerhand Lastern befreit worden sind, und die nun einen reinen Lebenswandel führen und Erfolg haben. Die Wirksamkeit der Christian Science ist nicht auf eine besondere Klasse von Leuten beschränkt. Sie dient allen denen, die sich ihr zuwenden, mögen sie reich oder arm, vornehm oder gering sein. Christian Science tut mehr für die Armen und Bedürftigen als irgendeine Wohltätigkeitsanstalt, denn sie speist nicht nur die Hungrigen, sondern heilt auch die Kranken und setzt sie dadurch in den Stand, wieder zu arbeiten und ihren eignen Unterhalt zu verdienen.
Wir erinnern an den bekannten Ausspruch, daß man dann die besten Almosen gibt, wenn man andre lehrt ohne Almosen auszukommen. So kenne ich z. B. einen Mann, der sich dermaßen in Not und Elend befand, daß er und seine Familie zehn Jahre lang durch öffentliche Wohltätigkeit unterstützt werden mußten. Nachdem ihm ein Christian Scientist eine Woche lang Beistand geleistet hatte, war er geheilt, ging zur Arbeit und hat seither seinen Unterhalt verdient. Welche Wohltätigkeit ist die bessere: einem Mann zehn Jahre lang Nahrungsmittel zu liefern, oder ihm in einer Woche zur Gesundheit zu verhelfen, so daß er sich dann selbst ernähren kann? Christian Scientisten weigern sich jedoch nicht, den Armen und Bedürftigen in materieller Weise beizustehen. Bei Unglücksfällen sind sie mit ihren Beiträgen sehr freigebig. So steuerte z. B. die Christian Science Kirche in Boston zur Zeit des Erdbebens in Süditalien weit mehr bei als irgendeine andre Gemeinde in dieser Stadt, und als der Gouverneur von Massachusetts zu Beiträgen aufforderte, war Mrs. Eddy, den Zeitungsberichten zufolge, die erste Person, die ihre persönliche Bankanweisung einsandte. Christian Scientisten sehen ein, daß Krankenhäuser vorderhand noch nötig sind, daß wir sie erst dann entbehren können, wenn die Menschheit durch geistiges Wachstum gelernt hat, sich mehr auf die Macht Gottes zu verlassen. Im Einklang mit dieser Anschauung schenkte Mrs. Eddy neulich dem städtischen Krankenhaus in Newton, Mass., fünfhundert Dollars.
Christian Scientisten machen keine prahlerischen Versprechungen. Sie weisen bloß auf die Tatsache hin, daß ein genügendes Verständnis der Lehren Jesu alle Menschen befähigt, die Werke zu tun, die er tat. Sie behaupten, daß man zwar bis zu einem gewissen Grade ein Christ sein kann, ohne das tun zu können, was er tat, daß man aber durch fortwährendes geistiges Wachstum „ein vollkommener Mann werden” und das Maß „des vollkommenen Alters Christi erreichen” muß, um die Erfüllung der Verheißung des Meisters herbeizuführen: „Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch tun, die Ich tue.” Die Beantwortung der Frage, ob Christian Science wirklich heile, überlassen wir den zahllosen Zeugen, die Ihren Lesern bekannt sind.
