Inmitten des Lärmes und der Hast der Stadt mag man sich nach der Stille der Berge oder der Stille des Waldes sehnen; aber in physischer Einsamkeit, weit entfernt von Eisenbahnen und Menschen, sehnt man sich vielleicht nach dem Stadtleben. Ein jedes dieser Verlangen entspringt der Tatsache, daß man sich auf den sterblichen Sinn verläßt, der, in der Christian Science, durch die wahrhaft tätige, von irdischen Umständen unabhängige Ruhe des göttlichen Gemütes ersetzt werden muß. „Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin“ ist eine Anerkennung, daß das unendliche Gemüt das immer gegenwärtige Ich bin ist, das sich, hier und jetzt, mit Kraft, Sicherheit und Befriedigung ausdrückt, trotz irgendwelcher Wirrnis unzusammenhängender Ereignisse und Geräusche. Der wirkliche Mensch, die Offenbarwerdung des einen Ich bin, ist ruhig und freudevoll, weil er seine ganze Aufmerksamkeit der wahren Ursache schenkt. Im Reich des unendlichen Gemütes, wo die allgenügende Wirklichkeit von jeder von den materiellen Sinnen wahrgenommenen Nachahmung ist, kann man unmöglich von etwas Nichtexistierendem berührt werden; tatsächlich gibt es gar nichts außerhalb der Allheit des Prinzips und Seinem geistigen Ausdruck.
Geistige Stille ist weder Untätigkeit noch ein Zustand den man gewöhnlich Konzentrierung nennt; denn der bloße Versuch den menschlichen Gedanken auf gewisse Punkte zu konzentrieren ist ein Glaube an die Macht des sterblichen Gemütes und nicht die freie Gewißheit des richtigen Denkens, das göttliche Intelligenz ausdrückt. Die eigentliche Annahme, daß man den menschlichen Gedanken in einem Punkte sammeln könne, ist eine Annahme höchster Begrenzung, das angenommene Gegenteil des unendlichen Gemütes, das sich selbst als geistige Idee offenbart. Seine ganze Aufmerksamkeit auf das Prinzip und seine Idee zu lenken, bedeutet darum unendlich mehr als ein Versuch den menschlichen Gedanken auf menschliche Begriffe zu konzentrieren. Hingebung ist ein Wort von einer weit größeren Bedeutung als das Wort Konzentration, ein, in der Christian Science, wenig gebrauchter Ausdruck. Hingebung zum Prinzip ist frei, ordnungsgemäß und energisch, ohne eine Spur menschlicher Rührung oder Intensität.
Findet jemand je Schwierigkeiten in seinem Studium der Christian Science, das, was er liest, zu verstehen, oder anläßlich irgendeines Problemes die Anwendung der Wahrheit für sich selbst auszudenken, so tut er wohl daran, gerade da, zu der Tatsache zu erwachen, daß es ihm gleichgültig ist, was das sterbliche Gemüt zu denken glaubt, weil er weiß, daß das eine Gemüt sich immer der geistigen Leistungsfähigkeit bewußt ist. Die Erkenntnis dieser Tatsache bringt ihn sofort von den Wanderungen der sterblichen Illusion in die sichere Wirklichkeit zurück. Wenn auch die Unendlichkeit des göttlichen Gemütes und Seiner Idee durch mannigfaltige Gegenströmungen menschlicher Gedanken nachgeahmt zu werden scheint, so bleibt es doch immer wahr, daß die unendliche Intelligenz das einzige ist, das sich wirklich bewußt ist. Die Wahrheit ist wahr, selbst wenn das sterbliche Gemüt zu irren scheint; und früher oder später muß all die Nichtsheit des Irrtums vor der Gegenwart der unendlichen Tatsächlichkeit fallen.
Es ist darum möglich unter allen Umständen die geistige Entfaltung des Gemütes tatsächlich zu erfahren. Man mag zwar gelegentlich einen Sinn irdischer Ruhe, die hilfreich zu sein scheint, suchen und finden. Wie Mrs. Eddy sagt auf Seite 3 von „Christian Science versus Pantheism“: „Mein Sinn von der reichen Dämmerung in der Natur ist der, daß die Einsamkeit nur einen Reiz mangelt um sie halb göttlich zu machen — nämlich einen Freund zu dem man flüstern kann: ,Einsamkeit ist süß.' Gewisse Gemütsstimmungen finden eine unerklärliche Freude in der Stille, sacht, leise, gleich der plötzlichen Stille nach dem Sturm; denn die Stille der Natur wird durch das Flüstern der Harmonie, das sanfte Murmeln der Morgenfrühe, die Andacht, die den Abend beschließt und die Leier der Vögel und Bächlein, hörbar.“ Aber das Verständnis wahrer Stille ist metaphysisch, und nicht menschliche Sentimentalität, sie kann im Gedränge einer Straße der Stadt wie auch inmitten der Wüste bewiesen werden.
Geräusche stören denjenigen nicht der sich tätig damit beschäftigt über jeden Punkt, auf den er in seinem täglichen Leben aufmerksam gemacht wird, intelligent zu denken. Die Annahme irdischer Töne, ob angenehm oder unangenehm, ist großenteils eine Annahme menschlicher Erregungen, an deren Stelle das göttliche Bewußtsein gestellt werden muß, das immer gleichmäßig und ruhig und doch voller Lebenskraft ist. Aufmerksamkeit auf die göttliche Intelligenz, und was sie weiß, kann nie durch einen menschlichen Sinn des Tumultes gestört oder verhindert werden, wenn man erkennt, daß das wahre Bewußtsein sich immer nur des geistigen Daseins bewußt ist. Das geistige Dasein ist kein unbestimmtes Ideal, das man sehnsüchtig doch zweifelnd erhofft, sondern die allgegenwärtige Wirklichkeit, selbst da wo das Gegenteilige zu sein scheint.
Eine Christian Science Behandlung ist die spezielle Anwendung des Verständnisses dieser Wirklichkeit, bei allem, was sich als eine Gelegenheit zu einer Demonstration des Prinzips darbietet. Der beste Zustand für diese Behandlung ist nicht ein Zustand mesmerischen, physischen Schweigens, sondern der Ausdruck der Fülle der göttlichen Intelligenz. Oft zwar kann man besser denken wenn man ruhig ist als wenn man spricht, und ein Praktiker der Christian Science mag es angenehm finden, bei speziellem metaphysischem Schlußfolgern die Augen zu schließen, nur um die scheinbaren Umgebungen leichter außer acht zu lassen. Doch braucht er nicht notwendig seine Augen zu schließen noch sich an einen einsamen Ort zurückzuziehen, um sich ganz der Erwägung des Prinzips hinzugeben. Der ganze Vorgang der metaphysischen Arbeit in der Christian Science ist ein, mit der Tatsache des unendlichen Gemütes und Seiner unendlichen Idee übereinstimmendes, Schlußfolgern. Die Verhältnisse in welchen dieses Denken getan wird ändern sich in jedem Fall.
Wie Mrs. Eddy sagt auf Seite 60 von „Retrospection and Introspection“: „Die Christian Science sagt zu der Woge und zu dem Sturm„Seid stille' und es folgt eine große Stille. Der materielle Sinn fragt in seiner Unwissenheit von der Wissenschaft„Wann wird das Toben der materiellen Elemente aufhören?' Die Wissenschaft sagt zu jeder Art von Krankheit:, Erkenne daß Gott Allmacht und Allgegenwart ist, und, daß es nichts gibt außer Ihm;' und die Kranken werden geheilt sein.“ Durch das Gleichgewicht des Geistes, Zweifel und Furcht, sterbliche Unterdrückung und Ungleichmäßigkeit, einen Sinn der Übertätigkeit oder Untätigkeit, und jede Annahme menschlicher Verwirrung zu überwinden, ist Heilung. Durch dieses Überwinden wird bewiesen, daß die Stille, die das göttliche Gemüt offenbart, unendlich größer ist als ein jeder Begriff von Stille in der Materie, und man erkennt, daß diese Stille alle richtigen Wünsche mit bewußter, grenzenloser Tätigkeit befriedigt.