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Die Liebe muß ihren Ausdruck haben

Aus der Januar 1948-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Liebe“, schreibt Mary Baker Eddy scharfblickend in „Miscellaneous Writings“ (S. 250), „kann nicht etwas bloß Gedachtes, etwas Gutes ohne Tätigkeit und Macht sein“, und sie zeigt dann, wie die Menschen die göttliche Liebe auf viele unauffällige und selbstlose Arten ausdrücken können. Unsere Führerin sah nur zu klar, daß die Menschen geneigt sind, die Liebe und menschlich ausgedrückte Liebe voneinander zu trennen; daß die Menschen wohl gern über die Liebe nachdenken, daß sie aber nicht immer gern Liebe üben. Die Einheit der göttlichen Liebe und ihrer Widerspiegelung, des Menschen, muß jedoch menschlich ausgedrückt werden, wenn sie zweckdienlichen Wert für die Menschheit haben soll. Um dies zu verwirklichen, müssen die Menschen aufhören zu glauben, daß sie menschliche Wesen seien, die Liebe empfangen müssen; sie müssen vielmehr erkennen, daß sie wesenseins sind mit der göttlichen Idee, die geradezu der Ausdruck der Liebe ist. Diese Wesensübereinstimmung können wir nur dadurch erlangen, daß wir, so gut wir es verstehen, die Idee der Liebe sind. Die Liebe und ihre Idee oder Widerspiegelung können nie voneinander getrennt werden. Sie sind ein Sein. Wenn die Liebe keinen Ausdruck hat, ist sie nicht die Liebe, gerade wie die Sonne ohne Sonnenschein nicht die Sonne wäre. Keines hat Wesenheit ohne das andere.

„Gott ist“, wie Johannes in seinen Briefen immer wiederholt, „Liebe“, und die Menschen haben diese Erklärung angenommen, ohne sie sich ganz klar zu machen; sie haben die göttliche Liebe um Hilfe gebeten, als ob die Liebe eine vom Menschen getrennte Macht wäre, die man anflehen muß, damit sie in menschliche Angelegenheiten eingreift, und die, wenn sie dazu bereit ist, dann getrennt vom Menschen in einer unerforschlich wohltuenden Weise wirkt. Diese Vermutung, die die Liebe und den Menschen voneinander trennt und glaubt, daß der Mensch im Wirken der göttlichen Macht keine Rolle zu spielen habe, hat nie zu sicheren Ergebnissen geführt. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß die göttliche Liebe jedes menschliche Bedürfnis wissenschaftlich und sicher genau in dem Verhältnis befriedigt, wie man erkennt, daß man mit der Idee der Liebe wesenseins ist und diese Idee in seinem ganzen Handeln ausdrückt. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Mensch, unbedingt gesprochen, jetzt und immerdar der volle und vollkommene Ausdruck der göttlichen Liebe ist; daß man aber vom menschlichen Standpunkt aus lernen muß, die Liebe auszudrücken, und daß jeder in dem Maße, wie er dies tut, von der göttlichen Macht Gebrauch machen kann, um die Menschen zu heilen und ihnen zu helfen. Hier handelt es sich nicht um bloßes Denken, sondern um eine wichtige, unerläßliche Arbeit, der man durch Hingebung und Selbstverleugnung, durch unablässiges Beten und freudiges Anwenden nachkommen muß.

Zuerst müssen wir das Wesen der göttlichen Liebe verstehen, und dieses Verständnis dann in unserem täglichen Leben ausdrücken. Dies ist unsere persönliche Pflicht, und jeder einzelne kann nur in dem Maße, wie er dieser Pflicht nachkommt und die Liebe in seinem eigenen Leben beweist, auf Erden „die Schönheit der Heiligkeit“ (engl. Bibel), Frieden und Glück finden. Die Liebe wirkt nicht unabhängig vom Menschen. Die Liebe wirkt durch den Menschen, sie drückt sich durch den Menschen aus. Das Verständnis der Liebe ist also von geringem Wert, wenn man nicht diesem Verständnis gemäß handelt und lebt; anderseits fehlt unserem menschlichen Dasein die Richtschnur und Lebenskraft, wenn wir das Wesen der Liebe nicht verstehen.

Man erlangt dieses Verständnis durch Forschen in der Bibel und in den Schriften unserer Führerin, die uns eine unerschöpfliche Erkenntnis des göttlichen Prinzips, der Liebe, erschließen. Durch diese Schriften lernen wir verstehen, daß Gott, die Liebe, liebevoll Vater und Mutter des Menschen ist und Seine vollkommene Schöpfung unendlich liebt, für sie sorgt, und sie in unermüdlicher und unerschöpflicher Fürsorge mit allem Guten versieht und versorgt. Wir sehen, daß die Liebe die nie versagende, unparteiische Quelle alles Guten und aller Schönheit ist; daß sie den Reichtum der Liebe uneingeschränkt mitteilt; daß sie die Quelle unwiderstehlicher und ununterdrückbarer Gütigkeit und eines alles verstehenden Erbarmens ist. In die Liebe kann kein Bestandteil des Bösen oder eines Irrtums eindringen. Die Liebe bleibt sich immer gleich. Die Liebe ist nicht schwach oder eine Gefühlssache, sie ist auch nicht anspruchsvoll oder kleinlich. Die Liebe ist gelassen, geduldig und unwandelbar. Die Liebe versagt nie, und der Mensch ist die nie versagende Widerspiegelung der Liebe. Was nicht die Liebe ausdrückt, ist gar nicht der Mensch, sondern nur eine falsche Auffassung vom Menschen und vom Dasein.

Der Christliche Wissenschafter darf jedenfalls nicht zulassen, daß die sich entfaltende Idee der Liebe für ihn nur eine Sache des Denkens bleibt. Er muß im Leben anwenden, was er weiß. Er muß sein Verständnis, so klein es scheinen mag, in die Tat umsetzen, sonst findet er, daß er nur den toten Buchstaben hat, mag dieser Buchstabe auch noch so schön scheinen. Durch Forschen und Gebet lernt der Wissenschafter die Idee der Liebe erkennen und sie dann als den Tatbestand des Seins anerkennen. Man darf nicht nur über Liebe nachdenken und sich in gehobenen Augenblicken mit ihr beschäftigen, sondern man muß die Widerspiegelung der Liebe sein! Nicht nur in der Kirche oder solange man mit andern Wissenschaftern zusammen ist, sondern auch in seinem Leben, bei der Arbeit, zu Hause oder wenn man allein ist, muß man die Liebe bekunden. Dann wird die Liebe wesentlich und mächtig im menschlichen Leben, und ihre Ergebnisse treten im Überwinden von Sünde, in der Heilung von Krankheit und im Ausmerzen schlimmer Zustände zutage.

In demselben Abschnitt in „Miscellaneous Writings“, der schon angeführt wurde, schreibt Mrs. Eddy: „Ich stelle hohe Forderungen an die Liebe, verlange tatkräftige Zeugen, sie zu beweisen, und großmütige Opfer und erhabene Leistungen als Ergebnis.“ Wir müssen also „tätige Zeugen“ sein, „sie zu beweisen.“ Dieser Satz zeigt uns, daß die Liebe ausgedrückt werden muß, damit sie ein immer wirkendes Prinzip in menschlichen Angelegenheiten sein kann. „Die Liebe versagt nie“ (engl. Bibel), schreibt Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther. Das scheinbare Versagen der Liebe, uns in Zeiten der Not zu helfen, ist nur unser Versagen, die Liebe zu verstehen und auszudrücken. Man muß die Liebe widerspiegeln, muß sie im Handeln ausdrücken, damit sie im menschlichen Bewußtsein einen Platz und Macht habe. Jedes scheinbare Versagen ist kein Versagen der Liebe, sondern nur unser Versagen, die Liebe in unserem Leben in die Tat umzusetzen, was unerläßlich ist, um ihre heilende Kraft zu beweisen.

Was ist es nun, was die Liebe überwinden oder heilen muß? Gibt es eine sich Gott widersetzende Macht? Ist das Böse eine Wirklichkeit oder ein Prinzip, eine Person oder ein Ding? Die Christliche Wissenschaft antwortet auf diese Fragen nachdrücklich: Es besteht nichts außer der Liebe, da die Liebe Gott ist, und es ist nichts weiter zu überwinden als die Annahme, daß die Liebe nicht unendlich sei. In Wirklichkeit ist nichts zu überwinden; es muß nur eine Trugvorstellung im menschlichen Bewußtsein vernichtet werden. Der Glaube an das Böse und die Furcht davor ist das einzige, was bezüglich des Bösen besteht. Beseitigt man die Furcht vor Krankheit vollständig, so ist die Krankheit geheilt. Das Verständnis und die Widerspiegelung der Liebe lassen im Bewußtsein keinen Raum übrig für Furcht oder den Glauben, daß irgend etwas anderes als die Liebe gegenwärtig sei. Auf diese Weise „treibt die völlige Liebe die Furcht aus“. Hier haben wir die Einfachheit des Heilens in der Christlichen Wissenschaft — und die Schwierigkeit dieses Heilens: die Liebe so zu kennen und im Leben zu verwirklichen, daß Furcht, Sünde, Krankheit und Tod aus dem Bewußtsein ausgerottet werden.

Um andere zu heilen, müssen wir die Liebe, die warmherzig, freigebig, unparteiisch ist, so ausstrahlen, wie die Sonne unparteiisch und reichlich für alle gleichermaßen scheint, ob sie Freund oder Feind, bekannt oder unbekannt, reich oder arm, gut oder böse seien. Auf dieser Grundlage heilte Jesus. Die Liebe war das Prinzip seines Lebens, und er liebte so unbedingt und so nie versagend, daß bei seinem Kommen Sünde, Krankheit und Tod vergingen. Die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mrs. Eddy, die die Menschheit selbstlos liebte, und die tatkräftig die Liebe ausdrückte, die sich ihrem geistigen Bewußtsein entfaltete, heilte viele hoffnungslose Fälle augenblicklich. Viele Jünger des Christus haben zu Anfang des christlichen Zeitalters die Kranken und die Sünder geheilt, und viele heilen sie heute dadurch, daß sie die Idee der Liebe nicht nur wahrnehmen, sondern daß sie die Idee, die sie wahrgenommen haben, sind. Sie haben die Liebe so innig und so strahlend widergespiegelt, daß ihnen die Liebe buchstäblich alles war, und dies hat die sich als Krankheit oder Sünde bekundende Annahme, daß etwas außer der Liebe bestehe, zerstört.

Sollten wir uns bewußt sein, daß irgend jemand oder etwas der Heilung bedarf, so kann diese Einflüsterung nur an einem Platz geheilt werden: in unserem eigenen Bewußtsein. Wir sehen nur das verkörpert, was wir in unserem eigenen Bewußtsein für wahr halten. Tatsächlich ist nichts außerhalb unseres Bewußtseins. Also muß offenbar jede Heilung, die stattfinden muß, in unserem Bewußtsein stattfinden. Scheinen wir zum beispiel an unserer Arbeitsstätte Abneigung gegen uns, oder in unserem Heim uneinige Zustände ausgedrückt zu sehen, so müssen wir unser eigenes Bewußtsein läutern. Wir müssen die Liebe nicht nur besser kennen, sondern sie in größerem Maße widerspiegeln. Nur dadurch, daß wir die Liebe mehr ausdrücken, können wir sie besser kennen. Die Liebe kann von ihrer Widerspiegelung nicht getrennt werden.

Sehen wir eine uneinige oder lieblose Kirche? Wir brauchen nicht sozusagen Liebe in sie hineinzubringen; wir selber müssen mehr lieben. Wer beständig darüber redet, daß seine Kirche lieblos oder uneinig sei, oder daß andere Kirchen es seien, hat selber das Heilmittel in der Hand. Es fehlt ihnen vielleicht weniger das Verständnis des Wesens der Liebe; der Fehler liegt mehr daran, daß sie nicht ausdrücken, was sie wissen.

Meine eigene Erfahrung möge dies veranschaulichen. Ehe ich mich mit der Christlichen Wissenschaft befaßte, unterrichtete ich in Privatschulen. In jeder Schule, wo ich war, entstanden gewisse unstimmige Zustände, die sich allmählich bis zu einem Punkt entwickelten, wo ich fühlte, daß es wünschenswert war, mich nach einer andern Schule umzusehen. Aber die ersehnte Eintracht kam durch keinen Wechsel zustande; sie war immer nur von kurzer Dauer. Durch mein Befassen mit der Christlichen Wissenschaft lernte ich dann einsehen, daß ich meine eigenen Zustände mitbrachte. Es war nutzlos, den andern Lehrern oder den Arbeitsbedingungen die Schuld zuzuschieben. Die Schwierigkeit lag in meinem eigenen Gemütszustand, und ich hätte keine Einmütigkeit gefunden, wenn ich in jede Schule im Lande gegangen wäre.

Durch weiteres Eindringen in die Christliche Wissenschaft lernte ich dann ein wenig besser verstehen, daß Gott die unfehlbar geduldige, freundliche und verstehende unendliche Liebe ist, und ich fand, daß die göttliche Liebe genau in dem Verhältnis, wie ich diese Eigenschaften ausdrückte, mein menschliches Bedürfnis befriedigte. Es war nicht nur nötig, daß ich die Liebe kannte, sondern daß ich sie bewußt widerspiegelte. Ich mußte nicht nur erkennen, daß ich als Gottes Widerspiegelung wesenseins mit Gott war, mußte nicht nur wissen, daß ich Sein liebendes und liebenswürdiges Bild und Gleichnis war, sondern ich mußte es beweisen, um ein „tätiger“ Zeuge zu sein. Die Christliche Wissenschaft lehrte mich, daß die Widerspiegelung der Liebe mein wahres Selbst, das wahre Selbst jedes Menschen ist; aber es zu beweisen kostete einen schweren Kampf mit Stolz und Eigenliebe — einen Kampf, der noch nicht gewonnen ist, den ich aber im Verhältnis zu meiner Aufrichtigkeit und ehrlichen Absicht mit Erfolg führe.

Unsere geliebte Führerin schrieb einem Ersten Leser (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 247): „Das Wenige, was ich vollbracht habe, kam alles durch Liebe — durch eine das Selbst vergessende, geduldige, nicht wankende Innigkeit zustande.“ Sie trennte die Liebe nicht von ihrer Kundwerdung, sondern wußte, daß Gott und der Mensch als das Prinzip und seine Idee, als die Liebe und ihre Widerspiegelung, untrennbar sind. Die Liebe ist nichts von uns Getrenntes, und die Liebe kann unser menschliches Bedürfnis nicht stillen, wenn wir sie als etwas von uns Getrenntes betrachten. Die Liebe ist geradezu unser Leben. Durch sie können wir alles vollbringen; denn nichts kann der Macht der ausgedrückten Liebe widerstehen. Sie ist eine lebendige Macht, die immer bei uns ist, die uns Herrschaft über den Irrtum gibt, die uns befähigt, mit wissenschaftlicher Gewißheit zu heilen, die uns zu geistiger Vollkommenheit führt. Wenn wir unaufhörlich und freudig die Liebe ausdrücken, können wir jede Trugvorstellung im menschlichen Bewußtsein vernichten; denn dann füllt die Liebe für uns tatsächlich die Unendlichkeit, und das Böse und die Materie verschwinden im strahlenden Licht des Geistes.

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