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Beides ist nicht möglich

Es ist entweder recht oder unrecht

Aus der Januar 1985-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn wir mit einem schwierigen Problem ringen — insbesondere mit einem Problem, das mit einer Wahl zwischen Recht und Unrecht, Moral oder Unmoral verbunden ist —, versuchen wir dann zu einer Lösung zu gelangen, die wirklich auf einer geistigen Grundlage beruht? Oder versuchen wir, für das, was wir tun wollen, eine Rechtfertigung zu finden?

Vor einigen Jahren wollte ich einen bestimmten Weg einschlagen, der im großen und ganzen bei meinen Angehörigen und Freunden auf Mißbilligung stieß. Sie meinten es zwar gut mit mir, konnten aber die Dinge einfach nicht von meiner Warte aus sehen. Ich benutzte alle möglichen zeitgemäßen Argumente, um mein Vorhaben mir und anderen gegenüber zu rechtfertigen, doch obwohl es der menschlichen Logik und Vernunft standhielt, nagte das „stille sanfte Sausen“ der Wahrheit weiter an mir.

Da die menschliche Natur sich nicht so leicht einschüchtern läßt, forschte ich in der Bibel und in allen Schriften Mrs. Eddys und schenkte jenen Stellen besondere Aufmerksamkeit, die ich irgendwie so drehen konnte, daß sie mein Vorhaben rechtfertigten, und geschickt vermied oder überflog ich die Stellen, die es nicht taten. Damit war ich einige Tage beschäftigt, und ich unterstrich eifrig die Stellen, die, wie ich glaubte, in irgendeiner Weise meinem Zweck dienten.

Nachdem ich meine Bücher markiert hatte, sah ich sie bestürzt an; ich erkannte, was ich zu tun versucht hatte. Ich hatte versucht, die Wahrheit so zu drehen, daß sie mit meinen eigenwilligen Wünschen übereinstimmte. Und da lagen nun meine Bücher vor mir, alle mit grüner Tinte markiert! Ich sah ein, wie töricht ich gewesen war, und erst dann war ich bereit, an das Studium derselben Bücher heranzugehen und diesmal aufrichtig nach der Wahrheit zu suchen, die die ganze Situation heilen würde — und schließlich auch heilte.

Wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir es wollen, glauben wir vielleicht, unser Gebet sei unwirksam. Wir mögen das Gefühl haben, daß an der Christlichen Wissenschaft selbst etwas fehle. Doch Jakobus schrieb in seinem Brief: „Ihr bittet und empfanget nicht, darum daß ihr übel bittet, nämlich darum, daß ihr’s in euren Lüsten verzehren wollt.“ Jak. 4:3.

„Übel“ zu bitten ist ein allgemein beliebter Zeitvertreib. Beten wir mit einem wahren Verlangen, uns zu bessern und die Liebe und Güte Gottes mit der Selbstlosigkeit zum Ausdruck zu bringen, die dazu erforderlich ist — oder beten wir übel, indem wir um das eine bitten, aber im stillen das andere erhoffen?

Ein Problem, das es schon von jeher gegeben hat — und das jeden von uns anders trifft —, sind die Auseinandersetzungen, die persönliche Beziehungen beherrschen können. Die Menschen verwenden viel Zeit und Energie darauf, Freundschaftsverhältnisse zu verstehen und über die Erwünschtheit oder die Sittlichkeit gewisser wichtiger beständiger oder vorübergehender Beziehungen zu bestimmen.

In solchen gefühlsmäßig turbulenten Zeiten werden die Bibel und die Schriften Mrs. Eddys von Christlichen Wissenschaftern stark in Anspruch genommen.

Aber wie sehr wir uns bemühen mögen, wir werden in all diesen Schriften keinerlei Rechtfertigung für laxe Moral oder liebloses Handeln finden — es gibt einfach keine dafür. Dennoch kenne ich viele, die verzweifelt das versuchen, was ich zu tun versuchte — nämlich die Wahrheit im Irrtum zu finden oder aus Irrtum Wahrheit zu machen. Die moralischen Vorstellungen der Menschen ändern sich von einem Jahrzehnt zum anderen — der menschliche Schauplatz und die Anschauungen der Welt über sich selbst befinden sich in ständigem Wandel — aber geistige Werte bleiben unveränderlich. Wenn man sich in verschwommenen Fragen über das festgefahren hat, was recht oder unrecht ist, kann man immer das zum Maßstab nehmen, was dem geistig Richtigen näher kommt im Gegensatz zu dem, was auf kurzlebigen, materiellen Gewinn oder physische Befriedigung abzielt. Was auch der Konflikt sein mag, wir können uns darauf verlassen, daß Geist immer über die Materie triumphiert.

Heutzutage haben die Menschen ihre eigenen Vorstellungen über Beziehungen, und wir können diese unterschiedlichen Auffassungen nicht einerseits als spießig und altmodisch und andererseits als merkwürdig, unmoralisch und selbstsüchtig abtun. Zu allen Zeiten haben verantwortungsbewußte Menschen stets bewiesen, daß Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit für sie vorrangig waren. Dennoch können diejenigen, die abgedroschene Antworten auf schwierige Fragen zu vermeiden suchen, sich in gerade Heuchelei und materialistischen Zweckmäßigkeit verwickelt finden, die sie vermeiden möchten. Auf alle Fälle gibt es eine göttliche, unveränderliche Norm des moralischen und geistigen Gesetzes (des in den Zehn Geboten und der Bergpredigt zu finden ist), mit der wir unsern Standpunkt prüfen und uns vergewissern können, deß unsere Beweggründe und Wünsche wirklich geistig sind.

Es ist nicht leicht, die materielle Welt zu ignorieren, wenn diese uns unablässig mit einigen ziemlich ausgefallenen Vorstellungen von Leben und Substanz bestürmt. Aber es ist zu einfach, sich von der gängigen Literatur, von Filmen oder Werbemedien beeinflussen zu lassen, von unzufriedenen oder desorganisierten Personen und Gruppen, die Schwierigkeiten haben, sich in irgendeinen ordentlichen Lebensstil einzufügen. Jede Minute werden Bilder der Sinnlichkeit, Anstößigkeit, des Zynismus und ein breites Spektrum materieller und physischer Verlockungen verbreitet, und solch ein beständiger Angriff auf Anstand und Rechtschaffenheit übt natürlich täglich einen ungeheuren Druck auf uns alle aus.

Mrs. Eddy spricht jedoch von einer anderen Art von Druck, der nicht von der Geistigkeit weg-, sondern zu ihr hinführt. „Die Christlichen Wissenschafter müssen unter dem beständigen Druck des apostolischen Gebotes leben, aus der materiellen Welt herauszugehen und sich abzusondern“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 451., schreibt sie. Hört sich das etwa nach einem gewöhnlichen Durchschnittskonformisten an? Wir müssen uns absondern, sagt sie, aber auf welche Weise? Einige meinen, „absondern“ bedeute, selbstsüchtig und selbstgefällig aus der Gesellschaft auszubrechen, die Ordnung niederzureißen und einen Lebensstil anzunehmen, bei dem alles erlaubt ist. Der Christliche Wissenschafter sondert sich von materialistischen Werten ab und findet den Mut, dem richtigen, geistigen Pfad zu folgen. Der wahre Christliche Wissenschafter paßt sich nicht der neuesten Mode an, nur um zu beweisen, daß er sich nicht von anderen unterscheidet. Ein Christlicher Wissenschafter ist anders! Der Christliche Wissenschafter hat sich verpflichtet, dem Druck nachzugeben und die oberflächliche, materialistische Lebensanschauung zu erkennen und zu überwinden, nicht nur, weil das der glücklichste und befriedigendste Weg ist, sondern weil es der richtige Weg, Gottes Weg, ist.

Für alle, die schwanken, hatte Christus Jesus eine einfache Botschaft: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ Matth. 6:24., sagte er. Er sagte nicht, die Menschheit solle keine Liebe und Zuneigung und keinen Trost erfahren. Und gewiß hat nie einer besser als er erkannt, wie wichtig ein klares Zugehörigkeitsgefühl ist. Warum hätte er sonst soviel Nachdruck darauf gelegt, daß wir uns untereinander lieben — und uns gleichzeitig den höchsten Begriff von Zugehörigkeit angeboten, den wir über unsere menschliche Familie hinaus haben können: unsere Gotteskindschaft?

Wie wir uns jedoch untereinander lieben, wie wir diese Auffassung von Zugehörigkeit erlangen, wie wir beweisen, daß wir tatsächlich Gottes Kinder sind und daß unser wahres, geistiges Selbst Seine Güte und Liebe widerspiegelt, das sind für uns Aufgaben, die wir täglich auszuarbeiten haben. Wenn wir uns von unserem stetig wachsenden Verständnis von Gott und unserer Beziehung zu Ihm leiten lassen, erkennen wir beglückt jeden Schritt, der zu tun ist, und anstatt zu einer beschwerlichen Pflicht wird uns der göttlich inspirierte Weg zur Freude. Von dem Verlangen erfüllt, mehr über den wahren Daseinszweck des Menschen zu erfahren und zu lernen, finden wir in unserem Leben neue Freiheit und Schönheit.

Mrs. Eddys eigene Schriften zerstören alle Vorstellungen, daß ihre Lehren über die Nichtsheit des Bösen als eine Entschuldigung dafür genommen werden könnten, daß man sich dem Bösen hingibt. Sie sagt: „Ein Sünder kann keine Ermutigung aus der Tatsache empfangen, daß die Wissenschaft die Unwirklichkeit des Bösen demonstriert, denn der Sünder möchte eine Wirklichkeit aus der Sünde machen — möchte das wirklich machen, was unwirklich ist, und so, Zorn auf den Tag des Zorns‘ häufen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 339. Und dann sagt sie sogar noch direkter: „Der gesunde Sünder ist der verstockte Sünder.“ Ebd., S. 404.

Kürzlich erzählte mir eine Freundin, daß sie trotz lebhafter Proteste ihrer Angehörigen zu ihrem Freund ziehen wolle. Sie faßte diesen Entschluß nicht leicht; ja, es war ein ziemlicher Kampf. An einem Tiefpunkt angekommen, erklärte sie: „Ich weiß, daß das, was ich tun will, richtig ist, denn ich habe so ein rechtes Gefühl.“ Aber was hat so ein rechtes Gefühl? Ist es unser höchster Begriff vom geistig Wahren, unser höchstes Verständnis von unserem wirklichen Selbst? Oder sind es einfach verwirrte menschliche Gefühle? Wir können den Unterschied erkennen, wenn wir es wirklich wollen, denn wir haben alle einen uns innewohnenden geistigen Sinn — einen Sinn von den Dingen Gottes, des göttlichen Geistes —, der uns befähigt, zwischen recht und unrecht zu unterscheiden. Eine auf Geist basierende Lösung bringt Ruhe, Zufriedenheit, Wohlergehen und ein Gefühl der Erfüllung, das weit über eine augenblickliche Befriedigung hinausgeht. Ein Konflikt entsteht, wenn wir versuchen, das Unrecht zu rechtfertigen oder das Böse in das Gewand des Guten zu kleiden. Nun, meine Freundin packte dieses Problem schließlich doch ehrlich an. Sie fällte eine wichtige Entscheidung, bei der sie gänzlich davon ausging, was sie wohl besser befähigen würde, ihr ganzes Leben zu vergeistigen. Sie lehnte eine nur vorübergehende Befriedigung ab. Als sie sich rückhaltlos an Gott um Hilfe wandte und bereit war, sich auf die Antwort zu verlassen, die sie auf ihr selbstloses Gebet erwarten konnte, wurde ihr klar, daß es nicht richtig war, sich in einer solchen Beziehung festzufahren.

Die menschliche Natur sucht immer nach Rechtfertigung und geistiger Autorität für ihre Handlungen, wenn sie etwas verzweifelt wünscht oder einer Sache ausweichen will. Wer sich von anderen lösen möchte, wer einsam ist, wer mit seinem Arbeitsplatz unzufrieden oder über seine Mitmenschen enttäuscht ist, wer Menschen mag, die ihn nicht mögen, wer mit allen möglichen persönlichen und geschäftlichen Problemen kämpft, der muß sich der Quelle zuwenden können, die ihn nicht im Stich läßt.

Wer sich aufrichtig um eine Lösung bemüht, wird bald herausfinden, daß es auf dem Wege zur Geistigkeit keine materiellen Abkürzungen gibt. Aber sollte es denn anders sein? Es gibt erhabene Ziele, und wir brauchen nur Mut und Entschlossenheit, um sie zu erreichen. Wir müssen unsere Gebete in die Tat umsetzen und allem, was wir tun, mit der Geistigkeit und Stärke begegnen, die uns als Gottes Kindern innewohnen — nur dann gelangen wir ans Ziel.

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