Der Anfang eines neuen Jahres hat etwas an sich, was die Menschen veranlaßt, sich vorzunehmen: „Im neuen Jahr werde ich es besser machen.“
Und oft gelingt es uns eine Zeitlang, unseren Vorsätzen treu zu sein. Wir sind etwas disziplinierter. Doch allzuoft setzen sich die alten Gewohnheiten wieder durch, wie Faulheit, Genußsucht, Unentschlossenheit. Wie können wir diese Denkgewohnheiten, die unseren geistigen Fortschritt behindern — die Bibel nennt sie recht poetisch „die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben“ Hohesl. 2:15. —, überwinden?
Vielleicht müssen wir erst einmal begreifen, was geistiger Fortschritt wirklich ist. Der Mensch Gottes, unser wahres Selbst, befindet sich bereits auf der Höhe der sich ständig entfaltenden Vollkommenheit, denn er ist die Idee des vollkommenen Gottes. Dann ist Fortschritt im wahrhaft geistigen Sinne tatsächlich nicht ein Vorgang der Besserung, sondern die ununterbrochene, unaufhörliche Bezeugung der Vollkommenheit Gottes durch den geistigen Menschen. Der menschliche Fortschritt ist ein Symbol, ein Hinweis auf diese Tatsache.
Absolut gesehen, hört Fortschritt niemals auf, denn die Unendlichkeit des geistig Guten, das das Gemüt und seine Idee darstellt, entfaltet sich ständig in Gottes geistiger Schöpfung, im Menschen und im Universum. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Gott bringt im Menschen die unendliche Idee zum Ausdruck, die sich immerdar entwickelt, sich erweitert und von einer grenzenlosen Basis aus höher und höher steigt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 258.
Menschen, die nicht durch die Christliche Wissenschaft inspiriert sind und alles von einem begrenzten Standpunkt aus beurteilen, betrachten das wirkliche Leben nicht als die fortschreitende Entfaltung der Güte Gottes. Für sie ist Fortschritt etwas, was durch Begriffe wie Zeit, Anfang und Ende, Erfolg und Mißerfolg zu messen ist. Aber jedesmal, wenn wir einen Schritt vorwärts tun und dabei mehr Christlichkeit ausdrücken, wie geistiges Verständnis, gutes Urteilsvermögen, Selbstdisziplin und Ordnung, bezeugen wir mit unserem Leben die zugrundeliegende Tatsache der geistigen Individualität des Menschen, die sich ständig als Gottes Ausdruck entfaltet. „Jede Stufe des Fortschritts führt zum Geistigen hin“ Die allgemeine Anschauung der Menschen von Gott, S. 1., sagt unsere Führerin, Mrs. Eddy.
Wie wichtig ist es doch, daß wir bei unseren Überlegungen von dem Standpunkt ausgehen, daß wir der wirkliche Mensch sind, der Zeuge von Gottes Vollkommenheit. Wir können dann der menschlichen Anstrengung, uns ständig zu bessern, das Mühevolle nehmen, das oft damit verbunden ist. Das heißt nicht, daß wir nicht bei allem, was wir tun, beten, unsere Motive prüfen und Selbstdisziplin üben sollen; doch unsere Arbeit wird weniger beschwerlich, wenn wir wissen, daß das Gute, das wir tun möchten, dadurch möglich wird, daß der Mensch die wahre Widerspiegelung des göttlichen Prinzips ist. Widerspiegelung und Demonstration gehen Hand in Hand und sind tatsächlich ein und dasselbe. Wenn wir wissen, daß wir wirklich Gottes Widerspiegelung sind, dann bringt uns die treibende Kraft des Christus dazu, auf göttliche Weise zu handeln. Der Ansporn durch den göttlichen Geist, der durch den immergegenwärtigen Christus wirkt, gibt uns die geistigen Ideen, die richtiges Handeln hervorrufen. So überwinden wir die grundlegenden Elemente der Materialität — Furcht, menschlichen Willen, Trägheit. Dann empfinden und erfahren wir wirklich die tiefe metaphysische, aber greifbare Wirklichkeit der Bibelstelle: „ ... und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.“ 1. Mose 1:2.
Menschliche Vorsätze zur Besserung, die nur auf menschlichem Willen beruhen, dauern meistens nicht sehr lange, denn hinter ihnen steht nicht das göttliche Prinzip. Der menschliche Wille schließt die Vorstellung mit ein, daß der Mensch ein Sterblicher mit einem eigenen, von Gott getrennten Gemüt sei — einem Gemüt, das er zum Guten oder Bösen nutzen kann, je nach seinen Motiven und Wünschen. Doch der Mensch ist unsterblich, der genaue Ausdruck des göttlichen Prinzips, Gottes, des einen Gemüts. Spontan und natürlich spiegelt der Mensch ohne Mühe oder Kampf die völlige Harmonie und Aufrichtigkeit wider, die Gott ihm auszudrücken aufgibt.
Eine junge Frau wollte in einem bestimmten Bereich ihres Lebens vorankommen. Sie war immer in Eile, kam beständig spät, war bei Verabredungen niemals pünktlich und hatte wenig Zeit, das zu studieren, wonach sie sich wirklich sehnte. Trotz ihrer guten Vorsätze, es besser zu machen, kam ihr immer etwas dazwischen. Eines Tages saß sie dann in einem hoffnungslos verwickelten Verkehrsstau fest; offensichtlich würde sie eine wichtige Verabredung verpassen. Demütig wandte sie sich an das göttliche Gemüt, ihren liebevollen Vater-Mutter Gott.
Augenblicklich kam ihr der Gedanke: „Ich bin der Ausdruck des göttlichen Prinzips. Ich kann nur das sein, was Gott mich sein läßt. Meine wahre Identität ist der geistige Mensch. Ich bringe Ordnung, Pünktlichkeit, Rücksicht, vollkommene Zeiteinteilung und Intelligenz zum Ausdruck, denn diese Eigenschaften haben ihre Quelle im göttlichen Prinzip. Wenn Gott allgegenwärtiges Gemüt ist, dann muß ich diese Allgegenwart als Mensch ausdrücken.“
Plötzlich kam der Verkehr in Bewegung. Obwohl es unmöglich zu sein schien, war sie zur rechten Zeit bei ihrer Verabredung. Und damit hatte ihre Schwierigkeit, pünktlich und ordentlich zu sein, ein Ende. Sie fand außerdem mehr Zeit, um ihr wahres Wesen als Gottes Ausdruck zu erforschen und darüber nachzudenken.
Es nützt nichts, sich Vorwürfe zu machen, wenn man versucht, voranzukommen, aber trotzdem immer noch viele Fehlschläge zu erleben scheint. Selbstverdammung ist genauso ein Versuch des Irrtums, unseren Fortschritt aufzuhalten, wie Apathie oder Genußsucht, denn Selbstverdammung geht von der Behauptung aus, daß Irrtum ein wirklicher Teil unserer Identität sei, den wir nicht loswerden können. Doch Irrtum gehört nicht zu unserem wahren Selbst. Der von Gott erschaffene Mensch ist so unschuldig und frei von Fehlern wie Gott selber, der der vollkommene Schöpfer des Menschen ist. Und wir haben keine zwei Identitäten — eine geistige und eine materielle. Wir brauchen nur die harmonische Identität des Menschen als Gottes Idee zum Ausdruck zu bringen.
Es ist wichtig, auf unser Bewußtsein oder unser mentales Heim zu achten und es vor den Irrtümern zu schützen, die die menschliche Annahme uns als Teil unserer Identität anhängen möchte. Wir müssen uns selber als den Menschen der Schöpfung Gottes sehen. Wir können die kleinen Füchse des Irrtums wie Zaudern oder Disziplinlosigkeit überwinden, wenn wir die Wahrheit, daß der Mensch zugleich mit Gott besteht und immer eins mit Gottes Gebot ist, anerkennen und uns bemühen, danach zu leben.
Christus Jesus sagte in einem seiner Gleichnisse: „Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausvater wüßte, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, so würde er ja wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen.“ Matth. 24:43.
Je mehr wir bewußt daran festhalten, daß wir in Übereinstimmung mit dem göttlichen Prinzip leben, weil wir in Wahrheit Gottes Ebenbild sind, um so leichter fällt es uns, die unrechtmäßigen, undisziplinierten Gedanken des sterblichen Gemüts zu entdecken und ihnen zu widerstehen. In der absoluten Wahrheit haben sie keine Wirklichkeit für uns und können nicht mit uns identifiziert werden; auf keine Weise können sie sich in unserem Leben durchsetzen oder behaupten, denn sie kommen nicht vom göttlichen Gemüt, unserem wahren Gemüt. Ganz gleich, wie hartnäckig sterbliche Theorien auch behaupten mögen, daß wir von bestimmten Irrtümern nicht loskämen, weil „wir nun mal so sind“, solche Suggestionen sind nur die Täuschung der falschen Annahme. Sie sind niemals die Wahrheit über das, was der Mensch wirklich ist. Wenn wir Christus, Wahrheit, unser Bewußtsein verändern lassen, wird der Irrtum aus unserem Denken und Leben verschwinden.
Mrs. Eddy schreibt: „Fortschritt ist geistig. Fortschritt ist der reifende Begriff von der göttlichen Liebe; er demonstriert das wissenschaftliche, sündlose Leben des Menschen und den schmerzlosen Übergang des Sterblichen von der Materie zum Geist, nicht durch den Tod, sondern durch die wahre Idee vom Leben — vom Leben im Gemüt, nicht in der Materie.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 181.
Um unseren Vorsätzen, „es besser zu machen“, treu zu bleiben, können wir lernen, in unserem Denken vom Standpunkt „vom Leben im Gemüt, nicht in der Materie“ auszugehen. Gründen Sie Ihr Bewußtsein von sich selber auf die geistige Wahrheit, daß Ihre wahre Identität der Mensch ist, Gottes unendlicher Ausdruck Seiner Harmonie und Vollkommenheit. Dann werden Sie in der Lage sein, täglich mehr Ordnung, Harmonie, Frieden und Freude zu bekunden, die den Weg des Fortschritts, des sich immer entfaltenden Guten, kennzeichnen.