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Demut: herabsteigen, um aufzusteigen

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der Februar 1985-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wundern wir uns manchmal, warum unsere Vorhaben nicht gelingen, obwohl wir bemüht sind, unser Bestes zu tun? Wir spüren vielleicht, daß der Demonstration oder der Heilung, die wir anstreben, irgend etwas im Wege steht. Sind wir aber wachsam genug, um das Hindernis zu erkennen, und sind wir willens, es radikal aus dem Weg zu räumen?

Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns), sagte einmal zu einem Mitglied ihres Haushalts: „Alles, was ich je vollbracht habe, war mir nur dadurch möglich, daß ich Mary aus dem Weg räumte und Gott sich widerspiegeln ließ.“ We Knew Mary Baker Eddy (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1979), S. 118. Sehen wir ein, daß es möglicherweise dieses persönliche oder sterbliche Selbst ist, das abgelegt werden muß, damit wir Gottes Plan erkennen können?

Der Ausgangspunkt für unser Handeln liegt tatsächlich außerhalb des Materiellen, nämlich im geistigen Bereich. Der Mensch, der Ausdruck Gottes — wie ihn uns die Lehren der Bibel und der Christlichen Wissenschaft nahebringen —, ist kein physisches Wesen mit eigenem Denkvermögen. Seine wahre Identität ist in Gott begründet, in dem ewigen Ich bin, den Mose wahrnahm.

Die Substanz des Menschen ist ganz und gar geistig. Je besser wir die geistige Einheit von Gott und Mensch verstehen, desto mehr wird der Kampf gegen eine falsche, materielle Auffassung vom Sein nachlassen, bis wir schließlich den Sieg davontragen. das Gott, das gute, der einzige Schöpfer, bringt mühelos, harmonisch und vollkommen das Gute hervor, nach dem wir trachten. Doch starres, eigensinniges Denken könnte ein Hindernis sein. Vielleicht lassen wir uns durch menschliche Willen von der Annahme blenden, wir seien sterbliche Persönlichkeiten und besäßen eigene Macht.

Paulus schrieb an die Galater: „... wenn sich jemand läßt dünken, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.“ Gal. 6:3. Geht daraus nicht deutlich hervor, daß wir in unserem Dünkel oder in unserer Unwissenheit glauben könnten, wir entfernten uns von Gott oder seien von Ihm getrennt? Wir betrügen uns dann tatsächlich selbst!

Der Mensch ,der in Paulus' Worten „nichts ist“, ist nicht der wirkliche Mensch, der Gottesmensch. Eine falsche Vorstellung vom Menschen ist die Täuschung des sterblichen Gemüts, das uns seinen ungesetzlichen Willen und seine schwankenden Ansichten aufzudrängen sucht. Der Mensch, den wir als die Idee Gottes akzeptieren — als unsere wahre Identität —, spiegelt all das wider, was Gott ist. Wenn wir unsere Individualität als Gottes Idee verstehen, bringen wir die uns göttlich verliehenen Eigenschaften zum Ausdruck. Zu ihnen gehören weder falscher Ehrgeiz, Stolz, Eitelkeit noch Überheblichkeit. Im menschlichen Leben sind die Wahrzeichen des idealen Charakters Selbstlosigkeit, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Toleranz, Hilfsbereitschaft. Sie bringen uns Sicherheit, Frieden und Erfolg.

Paulus hatte mit seinem menschlichen Ich zu ringen. Er bekannte offen: „... Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht.“ Röm. 7:18. Geht es uns nicht auch manchmal so? Im tiefsten Innern möchten wir das Gute, und nur das Gute, und wir verstehen nicht, warum wir nicht zum Ziel kommen. Doch das göttlich Reine — Gott, das Gute — können wir nur dadurch erreichen, daß wir die sterbliche Auffassung vom Selbst aufgeben, demütig danach verlangen, Seine Weisheit und Allmacht zu verstehen und bedingungslos zu akzeptieren.

Aber Paulus schrieb auch: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ :13. Er erkannte klar den Christus, die wahre Idee Gottes, und er war sich bewußt, daß der Christus — nicht menschlicher Wille oder ein sterbliches Selbst — für die Erfüllung von Gottes Absicht ausschlaggebend ist. Durch den Christus konnte er das Gute vollbringen. Erst wenn wir den Punkt erreichen, wo das göttliche Gemüt — das Gemüt, das auch in Christus Jesus war Siehe Phil. 2:5. — in uns ist und unser Denken und Handeln bestimmt, werden auch unsere Werke vollkommen sein. Die erlösende und stärkende Macht des Christus wird uns zuteil, wenn wir die geistige Wahrheit erkennen und anwenden.

Christus Jesus durchschaute das verkehrte, materielle Bild vom Menschen, das Krankheit und Not aufzeigte. Unbeeindruckt und furchtlos brachte er die Herrschaft der absoluten Wahrheit zum Ausdruck. Daraufhin wich der Irrtum oder das sterbliche Selbst, das sich „Ich“ nannte.

Der Mann, der so viele Jahre vergeblich am Teich von Bethesda auf Heilung gewartet hatte, sagte zu Jesus: „... wenn ich aber komme, so steigt ein anderer vor mir hinein.“ Joh. 5:7. Jesus ließ sich von diesem klagenden Ich mit seinem Selbstmitleid nicht täuschen. Er befahl dem Mann, aufzustehen — mit anderen Worten, sich zu erheben und etwas von seinem wahren Wesen zum Ausdruck zu bringen. So müssen auch wir Licht in unser Bewußtsein einlassen, damit wir zur geistigen Wirklichkeit erwachen und erkennen, wer wir tatsächlich sind.

Die Bibel gibt uns in der Erfahrung des Naëman ein anschauliches Beispiel dafür, wieviel Demut nötig ist, um den Glauben an das eigene Ich als ein persönliches, sterbliches Wesen zu überwinden und sich dem heilenden Gesetz Gottes zu fügen.

Die Bibel berichtet, daß Naëman zu dem Propheten Elisa kam, um vom Aussatz geheilt zu werden. Siehe 2. Kön. 5:1–14. Als ein mächtiger Kriegsmann wollte Naëman in seinem Stolz selbst bestimmen, wie die Heilung vor sich gehen sollte. Kommt uns das nicht bekannt vor? Aber Gott verlangt andere Voraussetzungen. Naëman erwartete, auf dramatische Weise geheilt zu werden. Statt dessen mußte er nicht nur von seinem hohen Roß herabsteigen; er mußte sich auch in den bescheidenen Wassern des Jordan waschen, und das siebenmal. Naëman mußte also von seiner persönlichen Überheblichkeit gereinigt werden. Dieser Sieg über seinen Stolz und seinen starren Sinn war tatsächlich größer als alle weltlichen Siege, die er bis dahin errungen hatte.

In Wirklichkeit ist ein solches Herabsteigen ein Aufsteigen, das in geistige Höhen führt. In der Herausforderung des Kampfes kommt vieles an die Oberfläche, was vielleicht schon lange unerkannt geschwelt hat. Nicht der stärkste Wille, sondern die demütigste Einsicht führt zur Lösung von Problemen und zur Erlösung aus materieller Gebundenheit.

Wenn wir Zweifel hegen, können wir immer wieder das Erste Gebot zu Rate ziehen, um Klarheit und Hilfe zu finden. Und wenn wir seine Stütze beanspruchen, haben wir den Kampf mit der falschen Auffassung vom „Ich“ schon so gut wie gewonnen. Die Voraussetzungen für den Sieg liegen ganz offen vor uns; wir müssen sie nur erfüllen. Schwierigkeiten entstehen dadurch, daß wir der Essenz dieses Gebots nicht völlig gehorsam sind. Allein die Worte „Ich bin der Herr, dein Gott“ 2. Mose 20:2. strahlen in ständiger, frischer Inspiration eine solche Macht und Herrlichkeit aus, daß sterbliche Einflüsse davor verstummen.

Doch wie oft gebrauchen wir im Laufe des Tages gedankenlos die ersten zwei Wörter „ich bin“ in völlig falscher Kombination und wenden sie in verkehrter Weise an, indem wir sagen: „Ich bin krank“, „Ich bin arm“, „Ich bin arm“, „Ich bin einsam.“ Und dann glauben wir auch noch diese Behauptungen! Sollten wir nicht vielmehr täglich Anspruch auf unsere wahre Gotteskindschaft erheben? In echter geistiger Demut können wir uns vom sterblichen Selbst abwenden und in dem Wissen, daß wir niemals von Gott getrennt sind, sagen: „Ich bin frei“, „Ich bin versorgt“, „Ich bin furchtlos“, „Ich bin stark“, „Ich bin gesund.“ Das Verständnis dieser Erklärungen hilft uns, den Willen Gottes und das Gesetz des Prinzips in seiner unveränderlichen Harmonie zu erkennen. Sie sind weder bloße theoretische Behauptungen noch positives Denken, sondern geistige Wahrheiten, durch die wir demonstrieren, daß der Mensch, die Widerspiegelung des Schöpfers, Ihn in unverfälschter Vollkommenheit zum Ausdruck bringt.

Ich und Sie — wir können nur das zum Ausdruck bringen, was Gott, der Ich bin, ist. Nur ich selbst kann diesen geistigen Zustand für mich behaupten, und ich muß es tun, wann immer es nötig ist. Kein anderer kann für mich sagen: „Ich bin“ und damit den Beweis meines eigenen Verständnisses liefern. Das trifft auf jeden von uns zu. Durch bewußte Widerspiegelung dieses hoheitlichen Ich bin überwinden wir die materielle Persönlichkeit mit all ihren Nöten und Aggressionen. Mrs. Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Es gibt nur ein Ich oder Uns, nur ein göttliches Prinzip oder Gemüt, das alles Dasein regiert ...“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 588. Wie befreiend und stärkend ist das Verständnis solcher Worte! Es entbindet uns von einem falschen Verantwortungsgefühl. Wir können entdecken, daß Gottes Plan alles einschließt, was wir brauchen. Es bringt uns eine Erfüllung, die wir mit menschlichen Wünschen und persönlichem Willen niemals erreichen können. Wir mögen uns manchmal wundern, wie spontan das göttliche Gemüt wirkt, und dennoch in allem seine Ordnung und erhabene Ruhe spüren.

Wenn wir einmal erlebt haben, wie die Entfaltung des göttlichen Planes behutsam und doch machtvoll vor sich geht, wie ein Schritt dem anderen mühelos folgt, dann können wir nur in Dankbarkeit still zur Seite stehen, vielleicht sogar beschämt darüber, daß unser starrer Wille es jemals anders wollte.

In Wahrheit können wir gar nicht anders als Gott ähnlich sein und nur das tun, was wir den Vater tun sehen. Wenn wir dies erkennen, prahlen wir nicht mehr mit dem, was wir können, sondern wir wenden uns auch entschieden dagegen, zu glauben: „Ich kann nicht“, weil wir verstehen, daß bei Gott alle Dinge möglich sind, ja auch die, an die wir nie gedacht hätten.

Kein Drängen der Sinne kann die Reinheit und Demut ernsten Begehrens trüben oder herabziehen. Das schöpferische Gemüt ist in Ewigkeit intakt und in seinem dynamischen Ausdruck immer wieder neu. Wenn wir lernen, uns selbst aus dem Weg zu gehen und der göttlichen Erhabenheit das Feld zu überlassen, wird der Zwang von Zeit und Raum gebrochen, und die Unbegrenztheit neuer Möglichkeiten tut sich vor uns auf.

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