Während einer Reise war ich besonders beeindruckt von der Schönheit der Natur. Ich sah in den zarten grünen Blättern prächtiger, alter Bäume einen Hinweis auf die nie alternde Frische; die Bergkulissen waren für mich Zeugen der Macht und Erhabenheit Gottes und Seiner Schöpfung. Ein Reiseteilnehmer teilte mein Empfinden, fügte aber hinzu, daß er den Menschen als die „Krönung der Schöpfung“ betrachte.
Der Mensch, die Krönung der Schöpfung? Schauen Sie sich und Ihre Mitmenschen an! Können Sie zu dieser Aussage „ja“ sagen? Wir begegnen zwar ehrlichen, liebevollen und liebenswürdigen Menschen, aber haben wir nicht auch Zeitgenossen, die mitunter sehr unwirsch und unfreundlich, herrschsüchtig und sogar vielleicht gewalttätig sind? Wenn wir an sie oder die Kranken, Leidenden, Hungernden in der Welt denken, wie sollen wir da die „Krönung der Schöpfung“ erkennen?
In der Bibel lesen wir im ersten Schöpfungsbericht, daß der Mensch zu Gottes Ebenbild geschaffen wurde und daß alles, was Gott gemacht hat, ganz und gar gut ist. Siehe 1. Mose 1:27, 31. Daß dieser von Gott, Geist, geschaffene Mensch nicht der von unseren Sinnen wahrgenommene materielle Sterbliche sein kann, ist selbstverständlich. Aber gibt es denn von jedem von uns zwei „Ausgaben“ — einen geistigen Menschen, der das Ebenbild Gottes ist, und gleichzeitig einen materiellen?
Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy, finden wir auf Seite 475 bis 477 eine klare Definition dessen, was der Mensch ist und was er nicht ist. Unter anderem erklärt Mrs. Eddy: „Der Mensch ist Idee, das Bild der Liebe; er ist kein körperlicher Organismus.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 475. Daraus können wir ersehen, daß jeder von uns in Wahrheit die geistige Idee Gottes ist, das Ebenbild der Vollkommenheit, fehlerlos, frei, rein, wie uns unser Vater-Mutter Gott geschaffen hat.
Vom menschlichen Standpunkt aus gesehen, mag diese geistige Tatsache kaum zu glauben sein. Aber Christi Jesu Lehren unterstützen diese Anschauung über das Dasein. Er zweifelte weder daran, daß er Gottes Sohn war, noch daß es für alle Menschen möglich ist, ihre Gotteskindschaft zu erkennen und zu erleben. Er wußte, daß er unsterblich war, und er versicherte seinen Zuhörern, daß sie ewig leben würden, wenn sie seinen Worten und Taten glaubten und ihm nachfolgten. Mit jeder Heilung bewies der Meister, daß Krankheit und Sünde kein Teil des wirklichen Menschen sind und somit abfallen können. Mrs. Eddy erklärt das folgendermaßen: „Der Mensch ist der Höhepunkt der Schöpfung; und Gott ist nicht ohne einen immergegenwärtigen Zeugen, der von Ihm zeugt.“ Nein und Ja, S. 17.
Um diese geistige Tatsache in unserem täglichen Leben demonstrieren zu können, ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß wir eine tiefere Kenntnis von Gott als Alles-in-allem erlangen. Das ist uns möglich, wenn wir zum Beispiel eingehend über das Wesen Gottes nachdenken, wie es in Wissenschaft und Gesundheit dargelegt ist. So drückt zum Beispiel das Wesen Gottes als göttliches Prinzip Herrschaft, Allmacht, Gerechtigkeit aus. Es ist absolut zuverlässig, unwiderleglich. Es bringt Erlösung und schafft Ordnung. Ein tiefes Nachsinnen über das unendliche Gemüt läßt uns erkennen, daß die Haupteigenschaft des Gemüts Intelligenz ist; folglich gibt es im Gemüt keinen Fehler. Dies sind nur einige der unzähligen Eigenschaften Gottes, die wir im Gebet entdecken können.
Alles, was wir wirklich von Gott erkennen, können wir sofort mit dem Menschen in Verbindung bringen; denn durch Widerspiegelung besitzt er jeden der göttlichen Farbtöne. Ist es nicht wunderbar, dies zu wissen?
Jeder hat ein klares Denkvermögen, das sich nicht auf rein menschliche Logik und Erfahrung stützt, sondern vom Gemüt gelenkt wird. Ein Anerkennen der Allmacht Gottes führt uns zum Glauben, und dieser Glaube kann und sollte sich zu geistigem Verständnis vertiefen durch ein tägliches Praktizieren dessen, was wir in der Christlichen Wissenschaft bereits erfaßt haben.
Selbst wenn Krankheit, Schmerzen oder andere Disharmonien schon seit längerer Zeit unser Dasein zu bestimmen scheinen, sollten wir niemals glauben, daß Gottes Liebe uns nicht erreichen könne. Ganz im Gegenteil! Durch Beten und Lauschen kann in uns die Gewißheit erwachsen, daß wir als Kinder Gottes hier und jetzt gesegnet sind. Es ist die Tätigkeit des Christus, die die Wandlung in unserem Bewußtsein hervorbringt und zu Heilung führt.
Eine Freundin von mir hat dies an sich selbst erlebt. Zwanzig Jahre lang litt sie unter oftmals unerträglichen Rückenschmerzen. Die Medizin konnte ihr trotz aller Bemühungen der Ärzte nicht helfen. Sie erhielt ein Stahlkorsett, das ihr wenigstens zeitweise ermöglichte, ihren Pflichten nachzukommen.
Ihr tiefer Glaube und das Studium der Bibel gaben ihr wohl immer wieder Mut und Zuversicht, doch die Schmerzen wichen nicht. So fand sie zur Christlichen Wissenschaft. Ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft, den sie bat, für sie zu beten, erläuterte ihr die Tatsache, daß Gott uneingeschränkte Allmacht ist und daß der Mensch als Sein Kind unversehrt und vollkommen ist. Das akzeptierte sie ohne Vorbehalt und nahm auch sogleich das Studium der wöchentlichen Lektionspredigt Im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. auf. Bald fühlte sie eine wesentliche Besserung, und sie kam ohne das Stützkorsett aus. Schmerzfrei war sie jedoch nicht.
Sie betete weiter und erkannte, daß sie dazu neigte, sich von Schuldgefühlen plagen zu lassen und zu glauben, unwichtig und anderen unterlegen zu sein. Ferner wurde ihr klar, daß sie Groll hegte gegen diejenigen, von denen sie sich lieblos behandelt fühlte. Der Ausüber erklärte ihr, daß sie den Gedanken zurückweisen müsse, diese Empfindungen seien Teil ihres wahren Seins, und daß sie sie durch die geistigen Tatsachen ersetzen müsse.
Im Gebet erkannten beide an, daß das wahre Wesen meiner Bekannten als Widerspiegelung der Vollkommenheit Gottes vom göttlichen Eltern-Gemüt geliebt wurde; daß sie von Schuldgefühlen frei und als Zeuge Gottes wichtig war. Groll war im Reich der Seele, in dem sie und jeder andere in Wahrheit lebten, unbekannt. Mit Hingabe bemühte sich meine Bekannte, die Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle und den Groll fahrenzulassen und sich und jeden anderen so zu sehen, wie sie als Geschöpf Gottes wirklich waren. Sie war zuversichtlich, daß dieses Gebet sie heilen würde.
Als sie ihren Mann auf einer ausgedehnten Geschäftsreise begleitete, kam ihr plötzlich zum Bewußtsein, daß sich jeglicher Groll in ihr aufgelöst hatte. Das gab ihr die absolute Gewißheit, daß auch die physischen Symptome verschwinden mußten. Und so war es dann auch. Die Furcht vor den Schmerzen verschwand, und innerhalb weniger Tage war sie auch von den Schmerzen selbst ganz frei. Der Christus hatte die Finsternis des irrenden Sinnes vertrieben, und ihr wahres Sein war ans Licht gekommen. Sie hatte einen Schimmer davon erfaßt, daß der von Gott erschaffene Mensch wahrlich Seine herrliche Schöpfung ist, ewiglich unberührt von den Annahmen des sogenannten sterblichen Lebens.
Eigentlich ist jede Heilung in der Christlichen Wissenschaft ein Beweis dafür, daß Gott, Liebe, unser vollkommener Vater ist und daß wir in unserem wahren Sein Gottes geliebtes Ebenbild sind. Jakobus drückte es folgendermaßen aus: „Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien.“ Jak 1:18. Niemand ist davon ausgeschlossen. Fassen wir also Mut — leugnen wir jeden Tag die Ansprüche der Sterblichkeit und geben wir die Tatsachen über Gott und Seine Schöpfung, einschließlich Seines Menschen, zu, und leben wir doch entsprechend.
Liebe befähigt uns, nicht nur selbstlos zu lieben, sondern auch Schritt für Schritt Krankheit und Sünde aus unserem Leben auszulöschen, und zwar durch das Verständnis, daß diese Disharmonien unwirklich sind und niemals Teil des einzig wahren Menschen, der Krönung der Schöpfung, sein können. Dann wird das, was wir uns alle so sehr wünschen — Frieden, Gesundheit, Harmonie, Zufriedenheit, Liebe —, mehr und mehr in Erscheinung treten und von Dauer sein.
