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Kirchen, erfüllt von neuem Zielbewußtsein — und Heilung

Aus der Februar 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die „Aufgerufenen". Das ist die eigentliche Bedeutung des griechischen Wortes, das im Neuen Testament mit „Gemeinde" übersetzt wird. Christus Jesus hatte seine Schüler buchstäblich dazu aufgerufen, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und ihm zu folgen. Als sie dem Ruf gehorchten, gaben seine Nachfolger die gewöhnlichen materiellen Erwartungen an das Leben auf, und in den Augen der Welt schienen sie sich völlig verändert zu haben. Sie waren neue Männer und Frauen geworden, die ein neues Ziel hatten.

Erstaunlicherweise wurden diese neugeborenen Männer und Frauen sogar „wie die Kinder" — als sie unerschrocken begannen, Gott als ihren Vater zu ehren und demütig zu akzeptieren, daß Sein Wille ihr Leben regierte. Sie wurden geistige Pioniere im Neuland des Herzens, des Gemüts und des Geistes. Sie wurden Jünger und Heiler. Sie waren in der Tat die christliche Gemeinde oder Kirche.

Dieses „Aufrufen" bedeutete natürlich niemals, daß sich die Christen von der Menschheit absondern oder die Welt auf Distanz halten sollten. Wahres Christentum führt zwar unvermeidlich zu einer geistigen und moralischen Konfrontation mit der Weltlichkeit — sogar zu einer Art Krieg mit krassem Materialismus, mit Ignoranz und Sünde —, doch um die Gemeinde Christi zu sein, muß die Kirche alle Mitmenschen in selbstloser Liebe umfangen. Das wahre Leben der Kirche liegt — damals wie heute — darin, daß sie die Not der Menschheit stillt, die Welt durch die göttliche Macht des Gebets höher hebt und mit geistiger Überzeugung jedem Menschen den vollkommenen Heilsweg Gottes weist.

Heute können wir dieses Evangelium oder die gute Nachricht von Gottes erlösender Liebe am besten mit anderen teilen, wenn wir unser Leben mit ihnen teilen. Auch an der Schwelle des 21. Jahrhunderts muß dieses selbstlose Evangelisieren Grundlage und Merkmal der heilenden Mission der Kirche bleiben. Diese Mission besteht nicht darin, Mitglieder zu „bekommen", sondern Gott zu verherrlichen und unseren Nächsten zu lieben. Der Christliche Wissenschafter weiß: Nur wenn seine Kirche aktiv und lebendig die Vollkommenheit des Menschen als die geistige Widerspiegelung Gottes demonstriert, hat diese Kirche — wie auch jeder „moderne" Jünger — wirklich ein Ziel und einen Zweck.

Die Christlichen Wissenschafter sind vertraut mit Mary Baker Eddys Definition von Kirche in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft. Zuerst beschreibt sie die geistige Natur der Kirche: „Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht." Dann erklärt Mrs. Eddy näher, in welcher Form diese Kirche in der menschlichen Erfahrung zum Ausdruck kommen muß: „Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 583.

Ich habe oft über diese Forderungen nachgedacht. Und manchmal habe ich mir überlegt, was wohl irgendein Nachbar aus unserer Straße antworten würde, wenn wir ihn fragten, inwiefern seiner Meinung nach die christlich-wissenschaftliche Kirche am Ort dem Maßstab dieser Definition von Kirche aus Wissenschaft und Gesundheit gerecht wird. Würden wir uns der Antwort ehrlich stellen, dann müßten wir vielleicht zugeben, daß unsere augenblickliche Demonstration von Kirche in manchen Punkten zu wünschen übrig läßt. Doch weit mehr noch würden wir wohl bei einer ehrlichen Selbstprüfung erfrischt und gestärkt werden durch das, was Gott uns als die wahre Aufgabe der Kirche offenbart. Und würde uns das nicht befähigen, uns dieser Aufgabe in größerem Maße zuzuwenden und sie tatsächlich zu erfüllen?

Wenn jemand die Christliche Wissenschaft gerade erst kennengelernt hat und auf einmal erkennt, wie sehr sie sein ganzes Leben verändern kann, dann ist es ganz selbstverständlich, daß er seine Kirche liebgewinnt und ihr mit Freuden dient. Der Schriftführer Der Mutterkirche erhielt zum Beispiel einen Brief von einem Afrikaner, in dem dieser erzählte, wie er geheilt wurde und wie sich sein Leben schon nach der ersten Woche seines Studiums der Christlichen Wissenschaft vollständig verändert hatte. Er berichtete, daß er die Kirche am Sonntag und am Mittwoch besuchte und jeden Tag im Leseraum war. Sieben Besuche, so schrieb er, bis zum Ende dieser ersten Woche. Jeden Tag. Es machte ihm nichts aus, daß die Kirche sechzehn Kilometer entfernt war und er keine Transport-möglichkeit hatte. Er ging zu Fuß. Zweiunddreißig Kilometer hin und zurück. Jeden Tag.

In „entwickelten“ Ländern und dort, wo Zweigkirchen Christi, Wissenschafter, schon seit langen Jahren ein geruhsames Leben führen, sieht die Sache zuweilen ganz anders aus. Hier geht es weniger darum, ein neues Leben zu finden, als wiederbelebt zu werden — mit frischer Lebenskraft und neuem Zielbewußtsein erfüllt zu sein, die ursprüngliche Freude, einer Kirche anzugehören, zurückzugewinnen. Hier muß wieder gespürt werden, daß sich durch die Kirche wirklich etwas ändert. (Ich muß jetzt immer an unseren afrikanischen Freund denken, wenn ich in mein Auto steige und in zwölf Minuten die zehn Kilometer zu meiner Kirche fahre. Weckt die Hingabe dieses Mannes nicht Erinnerungen an eine Zeit, als wir selbst das Gefühl hatten, „aufgerufen“ zu sein und mit anderen die Liebe des Christus zu teilen, die wir wie nie zuvor fühlten, als wir uns der Kirche anschlossen?)

Eine Zweigkirche in England, die 1925 gegründet wurde, ist ein gutes Beispiel für echtes Wiedererwachen. Vor mehr als zehn Jahren war diese Kirche auf „praktisch nichts“ zusammengeschrumpft, wie es ein Mitglied ausdrückte. Sie hatte nur noch acht Mitglieder, von denen nur ein paar aktiv waren, und es gab keinen vollberuflichen Ausüber der Christlichen Wissenschaft.

In den nächsten Jahren war die Versuchung oft groß, einfach aufzugeben. Doch ein neues Mitglied hatte zu dieser Zeit begonnen, sich aktiv mit dem Gedanken an die öffentliche Ausübung der Christlichen Wissenschaft zu befassen. (Kann es denn überhaupt eine Kirche der Christlichen Wissenschaft geben ohne Mitglieder, die bereit sind, diese Wissenschaft auszuüben?) Diese Frau erkannte, daß sie, wenn sie ihrer Kirche wirklich helfen wollte, ebensowenig das Bild einer kranken Kirche in Gedanken festhalten konnte, wie sie in einem Hilfesuchenden einen kranken Patienten sehen durfte.

Obwohl die wenigen Mitglieder in dieser Zeit nicht nur in der Kirche, sondern auch im eigenen Leben mit vielen aggressiven Problemen zu kämpfen hatten, hielten sie durch. Sie geben nicht auf. Das neue Mitglied wurde im Journal als voll-berufliche Ausüberin eingetragen.

Als jedoch die Kirche bei einem schweren Sturm beschädigt wurde, erwies es sich, daß sie das alte Gebäude verkaufen und neu bauen mußten. Doch das wurde zum Segen, denn die Mitglieder wuchsen zu einer Einheit des Denkens und Betens zusammen. Ihre Liebe zu ihrer Stadt wurde immer größer, und die Menschen der Stadt spürten dies und erkannten es an. Die Kirche wurde 1989 mit dem Preis der Bürgervereinigung der Stadt ausgezeichnet.

Ein Mitglied berichtet, daß im vergangenen Jahr „die Saat des Fortschritts wirklich aufgegangen ist“. Die Mitgliederzahl hat sich verdreifacht, aber das Heilen ist das wichtigste Ziel geblieben. Und es gab viele Heilungen — von Gallensteinen, von einem Schlaganfall, einem Schilddrüsenleiden, von einem Gewächs im Mund. Ein Hüftgelenk, das laut medizinischer Diagnose abgenutzt war, wurde ebenso geheilt wie ein Nervenzusammenbruch und vieles andere. Auch die Sonntagsschule und der Leseraum wuchsen in dem Verhältnis mit, wie die Mitglieder erkannten, daß die Kirche damit wirklich ihren Mitmenschen einen Dienst erweist.

Gerade in der schwierigsten Zeit hatten die Mitglieder eingesehen, daß sie lernen mußten, die wahre Kirche hier und jetzt in ihrer eigenen Stadt zu leben — sonst würden sie das Problem schließlich nur anderswo lösen müssen. Deshalb lebten sie diese wahre Kirche. Und ihre Kirche wurde mit neuem Leben erfüllt.

Wann immer unter Christlichen Wissenschaftern die Frage zur Sprache kommt, wie Kirchen neu belebt werden können, dreht sich die Diskussion vor allem um das zentrale Thema Demonstration. Da wird dann bald deutlich, daß „aufgerufen“ zu sein unsere bequeme Routine empfindlich stören kann. Jüngerschaft bedeutet niemals „alles wie gehabt“. Ohne das praktische christliche Heilen — ohne daß eine Kirchengemeinde aktiv dabei mithilft, geistige Lösungen für die Probleme anzubieten, vor denen die Stadt und ihre Bewohner stehen — ist die Kirche wie ein Schiff, das ohne Steuer, Seekarte, Kompaß oder Ziel auf dem Ozean treibt.

Natürlich ist es für jede Kirche ungemein wichtig, daß sie weiß, warum sie existiert. Kirchen, ob klein oder groß, brauchen eine Richtung und ein Ziel, und sie brauchen geistige Führung und Schwung, um ihr Werk durchzuführen. So könnte man eigentlich sagen, daß eine Kirche existiert, weil sie die Antwort ist auf das Gebet der Stadt um die Gegenwart des heilenden Christus mitten unter ihnen. Nur von daher können die einzelnen Mitglieder den Platz ihrer Kirche in der Gemeinschaft und als Gemeinschaft richtig schätzenlernen. Und so reißt die Kirche auch alle Trennwände zu ihren Nachbran nieder. Ja, so wird sie wirklich eine Kirche ohne Mauern, eine Kirche, erfüllt von wahrem Zielbewußtsein — und Heilung.

Vom Ende der Erde rufe ich zu dir;
denn mein Herz ist in Angst; du wollest mich
fübren auf einen hohen Felsen.

Psalm 61:3

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