Im Rahmen der jüngsten Würdigung der bedeutenden Rolle, die Frauen im Bereich von Kultur, Arbeit, Kunst, Sport und Politik einnehmen, findet Mary Baker Eddy wachsende Anerkennung als Pionierin mit einer machtvollen Botschaft, die auch heute noch relevant ist.
Auf vielen Gebieten, die traditionell von Männern beherrscht wurden, erzielte Mary Baker Eddy historische Leistungen. Ihre Verdienste als Autorin, Verlegerin, Heilerin, Lehrerin, Rednerin, geistige Entdeckerin und Religions-Begründerin waren so beachtlich, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes im Jahr 1910 eine der bekanntesten Frauen in den Vereinigten Staaten war.
Das Buch Wissenschaft und Gesundheit — und das darin beschriebene Heilverfahren — hat seit seinem Erscheinen das Leben sowohl von Männern als auch von Frauen berührt. Es wurde von einer Frau verfasst, die den wesentlichen Beitrag der Frauen darin sah, sich dem Materialismus zu widersetzen, den sie als Hauptursache für Sünde und Leiden betrachtete. Sie schreibt in diesem Buch: „Materialistische Hypothesen fordern die Metaphysik zum Entscheidungskampf heraus. In dieser revolutionären Zeit zieht die Frau wie der Hirtenknabe mit seiner Schleuder aus, um mit dem Goliat zu kämpfen." Wissenschaft und Gesundheit, S. 268.
Die Autorin von Wissenschaft und Gesundheit sagt über den Inhalt ihres Buches: „Gott hatte mich während vieler Jahre gnädig vorbereitet, diese endgültige Offenbarung des absoluten göttlichen Prinzips des wissenschaftlichen mentalen Heilens zu empfangen." Ebd., S. 107. Sollte diese gnädige Vorbereitung nicht auch all das umfassen, was die Autorin durch die harten Erfahrungen als Frau des neunzehnten Jahrhunderts gelernt hatte? Einige dieser Härten waren der begrenzte Zugang zu öffentlicher Schulbildung, das Leben als allein erziehende Mutter (als Witwe) in einer Zeit, wo den Frauen wichtige bürgerliche Rechte vorenthalten wurden, dann die Tatsache, dass ihr Kind gegenihren Willen von ihr getrennt wurde, weil sie bei schlechter Gesundheit war und nur sehr wenig darüber zu bestimmen hatte, was mit ihm geschah. Außerdem war sie hinsichtlich einer Unterkunft vom guten Willen ihrer Familie abhängig. Und in der ersten Hälfte ihres Lebens kämpfte sie lange Zeit mit Krankheit.
Wenn menschliche Unterstützung versagt — wie dies bei Mary Baker Eddy als einer Frau im Amerika des neunzehnten Jahrhunderts der Fall war —, dann gibt es die Möglichkeit, sich von ganzem Herzen auf Gottes Hilfe zu verlassen, und dies erwies sich als hilfreicher als alles andere. Einmal wurde sie durch die Inspiration, die ihr beim Lesen der Bibel kam, in kurzer Zeit von den Auswirkungen eines nahezu tödlichen Unfalls geheilt; sie erlangte eine neue Erkenntnis über die eigentliche Wirklichkeit des Lebens. Schon immer hatte sie die Heilige Schrift gern gelesen, doch ihre Heilung führte sie weit über das Paradigma der üblicherweise gepredigten Bibellehre hinaus und befähigte sie, deren zugrunde liegende geistige Bedeutung und heilende Kraft zu erfassen, zu beweisen und zu lehren.
In dem Bemühen, andere an ihrer Entdeckung teilhaben zu lassen, musste sie die Hindernisse überwinden, denen sie sich als Frau in einer — zumindest äußerlich so erscheinenden — Männerwelt gegenübersah. Dennoch war sie überzeugt, dass die Forderung, die Wirksamkeit ihrer Entdeckung — Christian Science — der Welt bekannt zu machen, von Gott kam und dass sie die Kraft dazu durch ein wachsendes Verständnis ihrer eigenen (und jedermanns) wahren Beziehung zu Gott finden konnte. Mit Hilfe dieser Überzeugung überwand sie eine Begrenzung nach der anderen. Sie gab öffentliche Vorträge, schrieb und veröffentlichte Wissenschaft und Gesundheit, unterrichtete Christian Science in Klassen, an denen prominente Geschäftsleute, Richter und Geistliche teilnahmen, gab Zeitschriften heraus und grün dete eine weltweit anerkannte Zeitung.
Auf diese und andere Weise bewies Mrs. Eddy, dass die Stellung der Frau richtig gesehen werden und vollständige Freiheit einschließen konnte. Auch ermutigte sie andere Frauen, das Gleiche zu beweisen. Als sie einmal eine Schülerin beauftragte, Vorträge über Christian Science zu halten, berichtete diese Schülerin, dass sie nur wenig Erfolg hatte, weil sie eben kein Mann sei. Mrs. Eddy rügte die Schülerin dafür, dass sie sich mit dieser Situation abgefunden hatte, und sagte, sie solle „sich zur Höhe des wahren Frauentums erheben" Siehe Wir kannten Mary Baker Eddy (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1986), S. 63. Dann würden bei ihr die Anfragen nach Vorträgen nur so einströmen, wie dies bei Mrs. Eddy der Fall war. Und so war es dann auch. Die Schülerin, Annie Knott, wurde eine erfolgreiche Vortragende in einem ursprünglich für rein männlich gehaltenen Reservat.
Das Konzept „wahren Frauen tums" — geistig und vollkommen wie wahres Mannestum — ist eine der großen heilenden Einsichten, auf die Mrs. Eddy die theologische Welt und die Menschheit als Ganzes aufmerksam machte. Sie hatte keinerlei Vorbehalte, Gott als „Vater" zu bezeichnen, aber sie bestand darauf, dass Gott auch als Mutter angebetet und verstanden werden muss. In Wissenschaft und Gesundheit schrieb sie: „In der göttlichen Wissenschaft haben wir nicht so viel Recht, Gott als männlich zu betrachten wie als weiblich, denn der Begriff Liebe vermittelt die klarste Vorstellung von der Gottheit." Wissenschaft und Gesundheit, S. 517. Mit diesem Blick auf Gottes Mutterschaft als göttliches Leben und Liebe erkannte Mrs. Eddy die Beschaffenheit wahren, geistigen Frauentums. Sie sagte: „Die ideale Frau entspricht dem Leben und der Liebe." Ebd.
Als Realistin trat Mary Baker Eddy für die Rechte der Frauen ein. Sie erklärte: „Wenn ein ausschweifender Ehemann seine Frau verlässt, dann sollte der ungerecht behandelten und vielleicht verarmten Frau gewiss erlaubt sein, ihr eigenes Einkommen zu erzielen, Geschäftsverträge abzuschließen, Grundeigentum zu besitzen, Gelder anzulegen und das uneingeschränkte Sorgerecht für ihre Kinder zu haben." Ebd., S. 63.
Als geistige Idealistin arbeitete Mrs. Eddy für die Freiheit aller Menschen, für Freiheit nicht nur von repressiven Gesetzen, sondern auch von der Tyrannisierung durch eine materielle, einengende Weltsicht, die sie als den Kern aller Probleme der Menschheit ansah. Freiheit für alle Menschen betrachtete sie als göttliches Recht, das sich direkt von der ewigen Beziehung jedes Einzelnen zu Gott, der göttlichen Wahrheit, herleitet. Sie schrieb: „Wahrheit bringt die Elemente der Freiheit." Ebd., S. 224.
Indem Mrs. Eddy den Weg für den praktischen Beweis der befreienden Macht der Wahrheit bahnte, demonstrierte sie ihre eigene Frei heit, all das zu erreichen, wozu Gott sie anspornte. Damit bewies sie das unbegrenzte Potenzial wahren Frauentums.
(Auszug aus dem Christian Science Journal vom März 1998)
