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Leben im Geist

Aus der Juni 2009-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich saß einmal am Meer in sehr früher Morgenstunde und erlebte das tiefe Schweigen, mit dem die Sonne unaufhaltsam, unmerklich, Grad für Grad ihr Licht verstärkte und vertiefte. Man konnte keine einzelnen Etappen voneinander unterscheiden und es war, als ob das Licht, das immer heller wurde, schon die ganze Zeit dagewesen wäre. Es gab nirgends einen Bruch. Ich saß und beobachtete alles in innerer Ruhe und voll Vertrauen. Dieser strahlenden Schönheit gegenüber konnte ich mich nicht verschließen. Alles Sorgenvolle fiel in diesen Augenblicken vor dem großen Staunen von mir ab.

Mir fiel in diesen Momenten eine Textstelle aus dem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy ein, dass „Zartheit alle Macht [begleitet], die der Geist verleiht.“ (S. 514) Dieser Sonnenaufgang schien mir ein Beispiel für die Zartheit der Macht in der Natur zu sein, was um so gewaltiger ist, als wir Zartheit in der Natur gewöhnlich in kleineren Dimensionen, wie dem Entfalten einer Blüte aus der Knospe, wahrnehmen.

Ich erkannte ferner, dass die Stärke und Macht des Geistes das Gegenteil von materieller Gewalt sind. In Christian Science, der Lehre, die alle Dinge auf ihren geistigen Ursprung zurückführt, gilt die Sonne als das Symbol der Seele, die den Menschen regiert (wenn man „Seele“ als ein Synonym für Gott sieht, wie es in Christian Science geschieht).

Wenn man etwas als seelenvoll oder beseelt empfindet, so hat das ganz sicher mit Schönheit, Glanz, Freude und mit Vollendung zu tun.

Das Licht als geistige Idee und sein müheloses Verhalten lassen erkennen, dass das Mühelose ein Kennzeichen des Geistigen ist. Die astronomische Ordnung scheint hier eine Nachahmung der Tätigkeit des göttlichen Prinzips zu sein. Der Lehre von Christian Science zufolge ist Gott, Gemüt, unaufhörlich in Tätigkeit; ist unaufhörliche Bewegung. Einen Stillstand seines harmonischen Wirkens oder eine Verzögerung gibt es nicht. Dieser Gedanke wird im oben angegebenen Lehrbuch auch so ausgedrückt (S. 240):

„Die Umdrehungen und Bahnen im Universum des Gemüts gehen ewig weiter.“

Wer könnte zu verhindern suchen, dass die Sonne am Morgen aufgeht? Wie ohnmächtig stünde er diesem überwältigenden und unabänderlichen Prozess gegenüber. Weder dieses Ansinnen noch die Furcht, dass das Tageslicht am Morgen nicht sichtbarwerden könnte, erschiene irgendwie sinnvoll. Niemand zweifelt daran, weil die Erfahrung uns so sicher macht, und keine menschliche Willenskraft oder Furcht könnte hier einen Einfluss nehmen.

Ich mache mir manchmal bewusst, wie ich meinen Tag beginne: Müde und unausgeschlafen oder hellwach, erwartungsvoll auf Ereignisse oder eine bestimmte Arbeit ausgerichtet, mit Bedenken vor Problemen, ungelösten Fragen, unangenehmen Entscheidungen, Kompromissen? Nagt irgendein Zweifel an mir? Es gibt so vielfältige, unterschiedliche gedankliche Einflüsse, die sich schon beim Erwachen aufdrängen.

Mich quälte kürzlich eine bevorstehende Begegnung mit jemandem, mit dem ein wichtiger Tatbestand geklärt werden musste, eine Person, die aber (aus meiner Sicht) Vorurteile und eingebildete Ressentiments mir gegenüber an den Tag legte. Das war ganz offensichtlich. Und diese Abneigung erzeugte auch in mir innere Abwehr, ja Furcht. Ich wusste aber, dass eine solche gedankliche Einstellung von meiner Seite aus keine gute Voraussetzung für ein klärendes Gespräch war, von dem viel abhing. Wie konnte ich in Gedanken gegen einen Menschen Krieg führen und ihn mit Vorwürfen bombardieren und dann gleichzeitig eine gute Situation erwarten?

Es hilft uns, Gottes Liebe, die in allen Etappen der Tagesereignisse zum Ausdruck drängt, zu erkennen. Es ist Gottes Wille, sich in unserem Leben fortwährend zu offenbaren. Da der Mensch zugleich mit Gott besteht, ist alles Gute bereits in uns. Es kommt nicht von außen, sondern offenbart sich als die Macht der Widerspiegelung.

Und so ließ ich in meinem Herzen die Sonne aufgehen. Erst allmählich, dann immer stärker strömte Licht in mein empörtes, unruhiges Denken. Ich kehrte das, was ich von dieser bewussten Person dachte, total um, und es gelang mir allmählich, sie vom Standpunkt der geistigen Wirklichkeit aus zu betrachten, so, wie Christian Science den Menschen als Schöpfung Gottes beschreibt, liebevoll, d. h., als Ausdruck der Liebe Gottes, als Gottes Bild der Liebe, gerecht und wohlwollend. Ich hatte gelernt, darauf zu vertrauen, dass die Gedanken der geistigen Wahrheit eine stärkere Ausdruckskraft besitzen als Gedanken, die vom Augenschein beherrscht werden.

Das Gebet ist ein wichtiger Faktor in einem solchen gedanklichen Prozess. Es hilft uns, Gottes Liebe, die in allen Etappen der Tagesereignisse zum Ausdruck drängt, zu erkennen. Es ist Gottes Wille, sich in unserem Leben fortwährend zu offenbaren. Da der Mensch zugleich mit Gott besteht, ist alles Gute bereits in uns. Es kommt nicht von außen, sondern offenbart sich als die Macht der Widerspiegelung. Das Gute entspricht dem Willen des allwirkenden Gemüts.

Christus Jesus drückte den Typus des geistigen Menschen in der vollkommensten Weise aus. Er handelte dem Augenschein der fünf Sinne entgegen, wenn er den Menschen nicht als eine „materielle Behausung für Seele“ (ebd. S. 477) betrachtete. Da, wo den Sinnen ein Sünder oder Kranker erschien, konnte er kraft seines Wissens tiefer blicken und den vollkommenen, geistigen Menschen der Gottesschöpfung erkennen. Diese Anschauung ist vom Standpunkt der göttlichen Wissenschaft korrekt und schließt die Kraft der Heilung in sich.

Diesen Weg zu gehen kostete mich anfangs viel Überwindung. Aber mein inneres Licht vertiefte sich und nahm immer mehr zu. Schließlich konnte ich alle vorangegangenen unangenehmen Vorfälle vergessen. Sie wurden sozusagen überstrahlt von meiner inneren Bereitschaft, nur das Gute im Umgang mit den Ideen Gottes (also auch mit dem bewussten Menschen) zu erwarten.

Der Gedanke an die unaufhörliche Bewegung und Tätigkeit des göttlichen Wirkens überzeugte mich davon, dass wir auch in Situationen, die zunächst ausweglos erscheinen, niemals aufzugeben brauchen, weil die harmonischen Wirkungen, die von Gott ausgehen, jeden Menschen erreichen können, wenn er diese Zusammenhänge wahrzunehmen beginnt.

Da das göttliche Prinzip jede Situation beherrscht, verschwinden schlechte Erwartungen, Druck oder schlechte Laune, moralischer Zwiespalt oder Gleichgültigkeit usw. Sogar Krankheitsannahmen können sich in diesem Prozess auflösen.

Es war für mich dann eine große Selbstverständlichkeit, als die Begegnung bei der wichtigen Auseinandersetzung mit dem Kontrahenten völlig harmonisch und zufriedenstellend verlief. Mühelos konnte eine Einigung erzielt werden, die erstaunlich anmutete.

Ich erkannte, dass mentale Dunkelheit uns niemals entmutigen sollte. Das Licht verändert ja nichts, macht nichts neu, es enthüllt nur das, was schon da ist, nämlich Gottes Fürsorge für jeden Menschen, Seine Gerechtigkeit und immerwährende Harmonie.

In dem oben angegebenen Lehrbuch steht (S. 310): „So offenbart die Wissenschaft Seele als Gott, unberührt von Sünde und Tod, als das zentrale Leben und die zentrale Intelligenz, um die alle Dinge in den Systemen des Gemüts harmonisch kreisen.“

Dem Leichten und Beschwingten entgegenzugehen und das Licht zu suchen, bedeutet Frische und Verheißung. Mein tiefes Erlebnis am Meer ist mir unvergessen. Ich nehme es noch oft in meinen Alltag hinein, denn solche schönen Erlebnisse, die die meisten Menschen irgendwie und irgendwann einmal haben, überstrahlen entgegengesetzte Empfindungen. Und es bleibt nur Dankbarkeit.

„Die Ihn (Gott) aber lieb haben", verheißt uns die Bibel (Richter 5), „die sollen sein, wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht.“

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