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Zeit - Lupe

Freude? Freude!

Aus der August 2009-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie halten Sie es mit der Freude? Können Sie sich freuen? Einfach so? Oder gehören Sie zu den Menschen, die einen aktuellen äußeren Anlass brauchen, um sich freuen zu können?

Viele sind es gewohnt, besonders als Christliche Wissenschaftler, sich an die Bibel zu wenden, wenn sie Trost oder Hilfe brauchen. Aber suchen wir auch Erbauliches oder Heiteres in der Bibel? Gibt es das überhaupt: Heiteres in der Bibel? — Oh ja, das gibt es in der Tat. Ein Beispiel, das in meinen Augen belegt, dass Jesus Humor hatte, finden wir im 7. Kapitel des Markusevangeliums. Die Begebenheit ist überschrieben: Die Frau aus Syrophönizien.

Dieser Geschichte vorausgegangen war ein heftiger Disput zwischen Jesus auf der einen und den Pharisäern und Schriftgelehrten auf der anderen Seite. Dringend bedurfte Jesus der Besinnung. Er musste sich darüber klar werden, wie es weiter gehen und ob er weiterhin den Weg der Konfrontation mit den Führern der Juden in seiner Heimat gehen sollte. Wie so oft zog er sich zurück. Dieses Mal ging er interessanterweise außer Landes „in das Gebiet von Tyrus". Damit befand er sich auf nichtjüdischem Gebiet, im „Heidenland". Vielleicht deutet das darauf hin, dass er die Alternative in Erwägung zog, seine Mission vom „Ausland" aus fortzusetzen. Wie dem auch sei, er hatte sich zurückgezogen und war mit sehr ernsthaften Überlegungen beschäftigt. In diese Zurückgezogenheit drang nun eine Frau ein, die von Jesus gehört hatte und hoffte, dass er ihre kranke Tochter heilen würde. Jesu anfänglich ablehnende Haltung wird durch diese Zusammenhänge verständlich — doch dann entfaltet sich eine geradezu amüsante Unterhaltung.

Jesu Antwort auf die Bitte der Frau wirkt auf den ersten Blick schroff („Lass zuvor die Kinder satt werden; es ist nicht recht, dass man den Kindern das Brot wegnehme und werfe es vor die Hunde"). Aber der Ton macht die Musik. Vielleicht lächelte Jesus liebevoll, jedenfalls findet die Frau den Vergleich mit den Hunden nicht verletzend, sondern geht auf ihn ein, sie sieht ihre Chance und nutzt sie, indem sie Gleichnis schlagfertig umdeutet: „Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde unter dem Tisch von den Brosamen der Kinder." Ihre Antwort ist heiter, trotz der großen Sorge, die sie hertreibt! In seiner Auslegung des Markusevangeliums schreibt William Barclay auf S. 162: „Diese vom Unglück heimgesuchte Frau, die eine kranke Tochter hatte, ließ sich nicht unterkriegen und antwortete mit einem Lächeln auf dem Gesicht."

Man Kann es sich gar nicht anders vorstellen, als dass Jesus amüsiert auf die gewitzte Frau reagierte, dass er schmunzelte und vielleicht sogar lachte. Bei aller Ernsthaftigkeit seiner Mission und auch unter Berücksichtigung der schwierigen Situation, in der er sich befand. Ich höre jedenfalls eine belustigte Überraschung aus seiner Reaktion heraus: „Um dieses Wortes willen geh hin, der böse Geist ist von deiner Tochter ausgefahren." Und ich ziehe für mich gerne den Schluss daraus: Auch wir müssen nicht alles so „tierisch ernst“ nehmen!

Wenn Gott Alles ist, dann ist Er überall, auch in unserem Alltag, und kein noch so törichtes Denken kann Ihn da raus halten. Und da Gott Liebe ist, ist es doch ganz natürlich, sich gerade wegen froher und Schöner Dinge an Ihn zu wenden.

Wenn wir den Blickwinkel erweitern, stellen wir fest, dass diese Geschichte, wie erwähnt, im Evangelium nach Markus steht. Laut „Sach- und Worterklärungen“ in der Lutherbibel bedeutet Evangelium: „Frohe Botschaft, besonders Freudenbotschaft von der Gnade Gottes in Jesus Christus“. Legt das nicht den Schluss nahe, dass wir uns gerade in der Erwartung von Heiterkeit, Fröhlichkeit und Freude an die Bibel wenden sollten?

Oder denken Sie vielleicht, dass man Gott, den wir ja in der Bibel suchen, mit solchen „Lappalien“ oder „Banalitäten“ nicht behelligen dürfte? Dass man sich nur in schwierigen Situationen an lhn wenden sollte? So habe ich jedenfalls früher gedacht und wenn ich heute daran zurückdenke, muss ich über mich selbst und meine damalige Naivität lächeln.

Heute weiß ich: Wenn Gott Alles ist, dann ist Er überall, auch in unserem Alltag, und kein noch so törichtes Denken kann lhn da raus halten. Und da Gott Liebe ist, ist es im Gegenteil doch ganz natürlich, sich gerade wegen froher und schöner Dinge an lhn zu wenden.

„Freude kann nicht in Leid verwandelt werden ...", schrieb Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift auf Seite 304. Wie kommt sie zu dieser Aussage? Erleben wir denn nicht tagtäglich das genaue Gegenteil, nämlich dass wir eigentlich ganz freudig beginnen und dass dann etwas passiert, das uns die Freude nimmt? Die Antwort darauf steht im vorangehenden Satzteil: „Die göttliche Liebe kann ihrer Manifestation [ihres Ausdruckes]... nicht beraubt werden;“ was bedeutet, dass die Freude in Wirklichkeit ein Ausdruck der göttlichen Liebe ist und nicht von ihr getrennt werden kann.

Wahre Freude ist also eine göttliche Eigenschaft. Wenn aber unsere Freude lediglich eine Reaktion auf ein äußeres Ereignis ist (und sei es noch so großartig), dann ist sie alles andere als göttlich, denn Gott re-agiert nicht, Gott agiert! Selbst die Sprache widerspricht der Erwartung, dass Freude von außen gespeist werden müsse. Freude ist laut Wahrig-Wörterbuch: Beglückung, (innere) Befriedigung, Gefühl der Hochstimmung; und sich freuen: Glück empfinden.

Schauen wir doch nur auf ein kleines Kind: Es kann sich ganzeinfach freuen. Ein Glücksgefühl steigt in dem Kind auf und wird freudig zum Ausdruck gebracht, ganz natürlich. Kürzlich sah ich im Fernsehen einen Dokumentarfilm über einen Bergbauernhof. Es wurde über das einfache, ja auch ziemlich entbehrungsreiche Leben einer jungen Familie berichtet. Während der Dreharbeiten begann die etwa dreijährige Tochter des Hauses ganz plötzlich, jauchzend durch die Gänge der Hütte zu toben, einfach so — ohne dass man hätte erkennen können warum. Sie freute sich ohne äußeren Anlass. So einfach ist es, sich zu freuen, und so einfach kann das auch für uns sein. Sowohl Jesus als auch Mary Baker Eddy fordern uns auf, wie Kinder zu werden, um alte Gewohnheiten abzulegen und auch, um das Leben leichter zu nehmen.

„Freuen Sie sich über die Herausforderung!" Dieser Satz hat sich tief in mein Bewusstsein eingegraben. Eine Praktikerin begann unsere gemeinsame Arbeit immer mit diesem Satz, wenn ich mal wieder mit einem schier unerträglichen Problem zu ihr kam. Anfangs hat es mich befremdet, dass ich mich freuen sollte, wenn mir zum Heulen zumute war. Heute erkenne ich den tiefen Sinn und gebe ihr Recht: Jede Herausforderung hat mich auf meinem Weg „himmelwärts“ ein großes Stück weiter vorangebracht. Sollte man sich da nicht freuen?

Edward A. Kimball, ein Schüler Mary Baker Eddys und ein Lehrer der ersten Tage der Christlichen Wissenschaft, formulierte: „Glück ist Pflicht, Traurigkeit eine Sünde. Seid immer und überall glücklich, denn es ist das einzig Richtige, es ist eure Pflicht gegen euch selber und euem Gott, euch an das Rechte zu halten, wie laut auch der lrrtum schreien mag. Traurigkeit und Bedrücktheit gehören nicht zum Gottes Kind und sind weder wirklich, noch von Einfluss auf jemanden, dessen Beweggründe richtig sind." (Reden und Lehren von Edward A. Kimball, S. 127)

„Der Spiegel“ schreibt in seiner Ausgabe vom 30. 5. 2009 unter dem Titelthema „Was Glück ist“, dass laut einer Umfrage vom Januar 2009 (also inmitten der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise) sich 19% der Befragten als sehr glücklich und 62% als ziemlich glücklich bezeichneten und auf die Frage, ob sich ihr Lebensgefühl durch die Krise verändert hat, 62% mit Nein! antworteten. Und das Ergebnis einer Umfrage nach dem „Glückserleben“ unter jungen Leuten (die doch heutzutage angeblich so materiell eingestellt sind) zeigt, dass ihr Glücksgefühl überwiegend aus dem Inneren kommt. Hier einige Antworten: „Als ich auf dem Heimweg von einer Party die erste laue Nacht des Jahres erlebte.“—„Die Art, wie mein Pferd wiehert, wenn ich mich dem Stall nähere.“—„Ein Geruch, der mich an den Hof meines Großvaters erinnerte.“

Paulus schreibt an die Philipper (und nicht nur an die!): „Freuet euch... alle Wege und abermals sage ich euch: freuet euch.“ Für mich bedeutet dieses „alle Wege“ nicht nur auf allen Wegen, sondern in allen Lebenslagen und unter allen Umständen. Denn Freude ist von äußeren Umständen unabhängig. Zum Glück! Denn sonst könnten sich ja Menschen, die in einer schwierigen Lebenslage sind, überhaupt nicht freuen. Das wäre ja doppelt ungerecht.

Was also auch immer unser Problem sei, eine schwere Krankheit, drohende Armut oder ein unangenehmer Nachbar — wenn scheinbar alles zum Weinen ist, kann uns eines klar sein: Es wird durch das Weinen nicht besser! Was also hindert uns daran, das Problem freudig anzugehen? Ich habe jedenfalls für mich festgestellt: Mit Humor geht's besser. Wenn ich über etwas lachen oder wenigstens schmunzeln kann, habe ich schon halb gewonnen.

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