„Kinder der Angst" titelte der „Spiegel" im August (Ausgabe 32/2009) und im Magazin der „Zeit" hieß die Überschrift in der Rubrik Kindererziehung „Ich will doch nur spielen" (Ausgabe 32/2009). Beide Artikel beschrieben schonungslos, was ich in meiner Arbeit als Grundschullehrerin gerade im vergangenen Schuljahr besonders auffällig an den Eltern meiner Schüler beobachten konnte. Es scheint eine ständige Angst und Unsicherheit darüber vorzuherrschen, wie Kinder am besten erzogen, aber vor allem am besten so gefördert werden können, dass sie die ersehnte schulische Laufbahn erfolgreich meistern und damit einen angesehenen Beruf ergreifen können. Wie man da mit den vielfach diagnostizierten Hindernissen AD(H)Sund LRS oder Legasthenie umgehen soll, bringt viele Eltern, Erzieher und Lehrer verständlicherweise der Verzweiflung nahe.
Dankenswerterweise boten beide oben genannten Artikel den Eltern hierzu einige tröstende und ermutigende Ideen:
• Sie Sollten sich wieder auf ihren gesunden Menschenverstand verlassen und gelassener werden.
• Auch brauchen sie das Freizeitprogramm ihrer Kinder nicht vollständig durchzustylen. Denn ihre Kinder werden dankbar sein, wenn sie Zeit, Freiraum und Vertrauen für ihre eigenen Entdeckungsreisen und Freizeitideen bekommen.
• Auch zu einer Besinnung auf das Wesentliche im familiären Beisammensein wurde aufgerufen: Mahlzeiten gemeinsam vorbereiten und einnehmen, miteinander etwas lesen oder vorlesen, Fahrradausflüge oder Bergtouren machen, Ballspielen, gemeinsam aufräumen und auch einfach mal gar nichts tun.
Diese Ideen weisen alle in eine wohltuende Richtung und sie können ein roter Faden im Chaos der Ansprüche sein, die heute an Eltern und andere Erzieher herangetragen werden. Und doch empfinde ich sie noch als zu wenig gehaltvoll, zu sehr auf das rein menschliche Tun und Streben aufgebaut. Was mache ich denn, wenn ich mich gerade nicht im Stande fühle, gelassen zu sein oder meinem Kind bzw. meinem Schüler etwas Bestimmtes zuzutrauen?
Ich wende mich an den immer-gegenwärtigen Erziehungsberater: an unser aller Vater-Mutter Gott. Wir haben alle – Kinder und Erwachsene – nur einen Satz Eltern. Wie auch immer wir diese Eltern nennen, ob Gott, Vater, Mutter, Allah, Buddha, Liebe, o. Ä. ... wir sind alle Kinder dieser Göttlichkeit. Gelassenere, verständigere und vertrauensvollere Eltern können wir uns nicht wünschen. Unsere gemeinsamen Eltern versorgen uns immer mit allem, was wir gerade brauchen, wie z. B. Inspiration, Orientierung, Wahrnehmungsfähigkeit und Geduld. Unser Job ist es, zu lauschen, wo und wie wir diese stets präsente Führung unserer Eltern wahrnehmen: ob wir sie unmittelbar im stillen Gebet spüren oder hören, ob wir sie im Gedankenaustausch mit Vertrauten entdecken oder ob es uns wie Schuppen von den Augen fällt, wenn wir die uns anvertrauten Kinder liebevoll und staunend beobachten.
Wir haben alle – Kinder und Erwachsene – nur einen Satz Eltern. Wie auch immer wir diese Eltern nennen, ob Gott, Vater, Mutter, Allah, Buddha, Liebe, o. Ä. ... wir sind alle Kinder dieser Göttlichkeit. Gelassenere, verständigere und vertrauensvollere Eltern können wir uns nicht wünschen.
Mir hilft es in meiner Arbeit sehr, mich immer wieder darauf zu besinnen, dass auch ich von diesen Eltern geführt werde. Dankbar mache ich mir bewusst, dass es ihre Führung ist, die mich mit den Kindern Fortschritt da erleben lässt, wo es nach Stillstand aussah. Ihre Führung ist es, die meine mentale Vorbereitung auf Elterngespräche so präzisiert, dass das eigentliche Gespräch ein Umdenken sichtbar und spürbar macht. Und ihre Führung ist es, die mich wachsam sein lässt, damit ich rechtzeitig entdecke und in meinem Denken korrigiere, wenn ich gerade unbeabsichtigt weniger hilfreichen Ansprüchen folge.
Der Führung meiner göttlichen Eltern zu folgen bedeutet für mich nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Sondern es ist für mich ein höchst aktives, ganzkörperliches sowie mentales Wahrnehmungstraining und Wahrnehmungs „workout" – allerdings ohne Muskelkater.
Befreienderweise hilft es mir zum Einen die Verantwortung, die ich für meine Schüler geschenkt bekomme, anzunehmen, und zum Anderen, mir immer wieder klar zu machen, dass es in Ordnung ist, dass meine menschlichen Mittel, für jeden einzelnen Schüler da zu sein, beschränkt sind. Denn jeder Schüler wird schließlich von demselben immergegenwärtigen Erziehungsexperten, den ich Vater-Mutter Gott nenne, allumfassend versorgt. Ich kann mich darauf verlassen, dass Seine allgegenwärtige Hingabe immer die direktesten Mittel und Wege findet, Kinder zu trösten, zu ermutigen, aufzubauen, zu stärken und zu erfreuen. Wenn ich dabei manchmal helfen darf, dann macht mich das einfach nur dankbar.
