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Spiritualität & Heilen

Die Wissenschaft und die Kunst des christlichen Heilens

Aus der September 2010-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im Januar 1977 hatte Virginia Harris einen schweren Autounfall. Die Ärzte in der Notaufnahme dachten, dass sie die Verletzungen nicht überleben würde. Aber sie wurde allein durch christlich-wissenschaftliche Behandlung geheilt.

Jeder Mensch hat Wendepunkte in seinem Leben und für Virginia Harris hat ihre völlige Heilung nach diesem Autounfall nicht nur ihren Körper geheilt, sondern auch ihr Ziel neu ausgerichtet. Seit diesem Augenblick wurde die hauptberufliche Praxis der Christlichen Wissenschaft der Schwerpunkt ihres Lebenswerkes. 1979 begann sie damit, ihre Heilpraxis im Journal zu inserieren und 1982 wurde sie Lehrerin der Christlichen Wissenschaft. Mrs. Harris hat seitdem der Mutterkirche in vielen Ämtern gedient, unter anderem als Mitglied des Vortragsrates, Vorsitzende der Sonntagsschule der Mutterkirche, Schriftführerin der Mutterkirche, Gründungsverwalterin der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit und als Mitglied des Christian Science Board of Directors. Die Mutter von drei Söhnen lebt mit ihrem Mann Reed in Weston, Massachusetts, USA.

Unsere Unterhaltung begann damit, dass ich Mrs. Harris fragte, wie sie Christliche Wissenschaftlerin wurde.

Virginia Harris: Meine Familie lernte die Christliche Wissenschaft durch meine Großmutter kennen. Sie wurde sehr früh in ihrem Leben zur Witwe und musste ihre drei Kinder alleine aufziehen. Irgendwann gab ihr jemand das Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy. Sie liebte dieses Buch sehr – sie fühlte sich sofort damit verbunden. Nicht lange danach beschloss sie, am Klassenunterricht der Christlichen Wissenschaft (einem zwölftägigen Kurs über christlich-wissenschaftliches Heilen) teilzunehmen und sie bewarb sich bei John Lathrop. Wie Sie sicher wissen, war John Lathrop ein Teilnehmer an Mary Baker Eddys letzter Klasse im Jahr 1898 und er war auch Mitglied der Mitarbeiter in ihrem Haushalt. Meine Großmutter hat viel von Mr. Lathrop gelernt.

Großmutter Alice war eine ernsthafte Schülerin der Christlichen Wissenschaft und eine fabelhafte Heilerin. Sie war fast ihr ganzes Erwachsenenleben über in der Heilpraxis. Die Heilpraxis bedeutete ihr alles. Sie lebte tatsächlich die Christliche Wissenschaft. Sie liebte und hatte den tiefen Wunsch, anderen zu helfen.

Als ich aufwuchs, konnte ich viel Zeit mit ihr verbringen. Sie hatte einen wertvollen Einfluss auf mich – sie war eine Mentorin. Ich könnte immer weiter davon erzählen, was für einen Einfluss ihr Leben auf mich hatte! Ich erlebte aus nächster Nähe ihre Heilarbeit in der Gemeinde. Die Heilungen waren schnell – nur wenige ihrer Fälle dauerten länger. Großmutter Alice wurde sehr bekannt für ihre erfolgreichen Heilungen. Als sie starb, wurde ein Bericht über sie und ihre wunderbare Heiltätigkeit in der Lokalpresse veröffentlicht. Sie hatte das Leben vieler Menschen beeinflusst.

Jeffrey Hildner: Was für ein wunderbares Vorbild! Erinnern Sie sich an einen bestimmten Ratschlag oder eine bestimmte Anweisung, die Ihre Großmutter Ihnen dahingehend gab, Christliche Wissenschaftlerin zu sein?

Sie lehrte mich, dass es wichtig ist, wie ich mein Leben lebe. Sie ließ ihr Licht jeden Tag leuchten und ermutigte mich dazu, dies auch zu tun. Jeden Abend vor dem Schlafengehen fragte mich meine Großmutter: „Wenn du heute der einzige Christliche Wissenschaftler auf der Welt wärst, wie viele wären es dann morgen?" Der zärtliche Stups führte dazu, dass ich liebevoller dachte und handelte. Er half mir daran zu denken, dass wir das heilende Potenzial der Christlichen Wissenschaft nicht nur durch unsere Worte, sondern auch durch unser Leben mit anderen teilen.

Mir gefällt die Frage Ihrer Großmutter beim zu Zubettgehen. Ich sehe dies als eine freundliche Erinnerung daran, dass die Christliche Wissenschaft nur bis zu dem Grad in der Welt gegenwärtig ist, wie die Menschen sie leben. Ihre Frage führt dazu, dass ich mich selber fragen möchte: „Wie würdest du leben, wenn du der einzige Christliche Wissenschaftler auf der Erde wärst?"

Ja, und der Gedanke, der hinter der Frage steht, kann jedem Christlichen Wissenschaftler helfen, daran zu denken, was für einen Einfluss sein Leben auf andere Menschen haben kann und wie wichtig und lohnend es sein kann, denen, die es brauchen, Hilfe und Heilung anzubieten.

Ich möchte das aufgreifen, was Sie über den Erfolg Ihrer Großmutter beim Heilen sagten, wie wenige Fälle lange dauerten. Denn hier ist eine Frage, die mir ein Freund, der sein Leben lang Christlicher Wissenschaftler ist, vor kurzem stellte: „Warum bin ich nicht geheilt? Ich habe seit Jahren mit verschiedenen Praktikern gearbeitet und bin immer noch nicht geheilt – weder von lähmender Einsamkeit noch von einem lähmenden körperlichen Zustand." Was würden Sie diesem Menschen sagen?

Als Erstes würde ich ihm sagen, dass er innig von Gott geliebt ist – mit einer immerwährenden Liebe. Ich weiß, manchmal fühlen wir uns nicht immer geliebt, wenn wir durch eine anhaltende körperliche oder andere Situation herausgefordert sind. Aber die zärtliche Liebe Gottes, die die göttliche Liebe selbst ist, ist hier. Ganz egal, wie schwierig ein Problem zu sein scheint, wir können darauf vertrauen, dass die unendliche Liebe uns tröstet und heilt. Wir sind niemals auch nur einen Augenblick von der immergegenwärtigen, allmächtigen Liebe unserer Vater-Mutter getrennt, die uns sicher und geschützt sein lässt.

Als Nächstes würde ich mit diesem Menschen den Gedanken teilen, dass ich festgestellt habe, wie hilfreich es ist, auf einige Punkte zu achten, wenn wir es mit einer Situation zu tun haben, die nicht zu weichen scheint. Der eine ist der Begriff von Zeit. Der Anspruch von Zeit ist eine der liebsten Waffen des fleischlichen Gemüts.

Und mit „fleischlichem Gemüt" meinen Sie Materialität oder die irrige Theorie, dass Intelligenz und ein genauer Blick auf die Wirklichkeit von etwas anderem stammen als von dem göttlichen Gemüt, Gott.

Ja. Und das fleischliche Gemüt versucht, uns so besorgt darüber sein zu lassen, wie lange etwas schon dauert, dass dies unsere Gedanken beschäftigt und sie mit wiederkehrenden Fragen wie: Wann wird das Problem aufhören? Wie lang dauert es noch, bis ich es los werde? gefangen hält. Wenn wir feststellen, dass wir diesen Weg abwärts gehen, dann können wir uns geistig von der Frustration oder der Entmutigung zu der Betrachtung dessen erheben, was hier und jetzt wahr ist – Gott liebt und versorgt uns, – und wir können unsere Gedanken in der Gegenwart und auf den geistigen Tatsachen ruhen lassen. Wir haben die unantastbare und angeborene Fähigkeit, in dem Bewusstsein beharrlich, konsequent und nachdrücklich zu sein, wer wir als Bild der göttlichen Liebe sind. Ein anderer Punkt bei lang anhaltenden Herausforderungen ist, dass sich im Zusammenhang mit Zeit oft Furcht einschleicht. Furcht taucht vielleicht nicht unmittelbar oder plötzlich auf, aber sie könnte die Form einer unterschwelligen Bedrohung annehmen, die wir mit Fragen verbinden wie: Wird dies jemals geheilt oder muss ich einfach lernen, damit zu leben? Wird-dies-jemals-geheilt-Denken ist eine der Fallen von Zeit. Niemand muss sich damit abfinden, mit einem Problem zu leben, sich mit ihm zu arrangieren oder es einfach auszuhalten. Paulus sagt uns: „Jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!" (2. Korinther 6, Betonung eingefügt)

Ein zweiter Punkt, den ich erwähnen würde, ist, wie wichtig es ist, damit aufzuhören, auf das Problem oder die Situation zu schauen. Beständig auf eine missliche Lage zu schauen – darüber nachzudenken, dabei zu verweilen, Vermutungen darüber anzustellen – kann eine hypnotische Wirkung haben. Wir sind versucht, die „Lage" von heute mit der von gestern zu vergleichen und uns zu überlegen, wie sie morgen sein wird. Wir schauen auf die Schwierigkeit und benutzen sie als Maßstab, um unseren Fortschritt zu bestätigen oder zu verneinen. Es ist jedoch äußerst wichtig, dass wir diesen Kreislauf, ständig zu überprüfen, ob das Problem „verschwunden" ist, durchbrechen. Dies können wir tun, indem wir unseren Blick auf das richten, von dem wir wissen, dass es bereits wahr ist: Wir sind das Kind Gottes.

Dies bedeutet, dass Sie und ich und jeder Mensch in Wirklichkeit Ausdruck des göttlichen Gemüts sind und deshalb eine Idee, immer gesund und heil – hier, jetzt, in diesem Augenblick.

Richtig. Und jede Sichtweise, die versucht uns weiszumachen, wir seien nicht das Kind Gottes, ist eine falsche Vorstellung, eine Illusion des materiellen Sinnes. Die Macht der Christlichen Wissenschaft kann diese Illusion durchbrechen und dem erwartungsvollen Denken Heilung bringen.

Sie haben über zwei Punkte gesprochen, auf die ein Patient achten kann, wenn Probleme sich hinziehen: Zeit und Blickrichtung. Wenn wir es sozusagen mit einer langwierigen Heilung zu tun haben, müssen wir metaphysisch die Illusion von Zeit erkennen und uns damit in unserem Bewusstsein auseinandersetzen. Wir müssen ohne Umschweife die vermeintliche Substanz und die Gültigkeit von Zeit als Grundlage, um Fortschritt, Gesundheit und das Gute zu messen, zurückweisen. Und wir müssen auch unsere Gedanken davon abhalten, in die Falle eines Problems zu tappen, und sie auf die Wirklichkeit und auf Harmonie ausrichten. Wir sind kein Sterblicher mit einem Problem – wir sind die unsterbliche Idee, die immer auf dem Standpunkt der geistigen Vollkommenheit steht. Wie die Blase in der Wasserwaage, immer zentriert, niemals verschoben. Gibt es noch andere Gesichtspunkte, auf die wir achten müssen?

Ja, mir fallen noch zwei weitere Punkte ein. Der dritte ist, dass Situationen, die nicht zu weichen scheinen, versuchen uns fest im Griff zu haben. Vorstellungen können uns sozusagen ärgern, indem sie sagen: Du musst etwas falsch gemacht haben und jetzt wirst du dafür bestraft oder Du bist nicht gut genug oder nicht geistig genug gesinnt, um diese Heilung zu erlangen. Wir könnten versucht sein, uns schuldig zu fühlen – versucht sein zu glauben, wir wären eine Ursache. Wir können diese Stimme als eine Lüge erkennen, die für ihre eigene Existenz argumentiert. Aber die Lüge hat kein Leben, keine Zukunft. Wir wissen, dass es in Wirklichkeit nur eine Ursache gibt, Gott, und diese Ursache hat nur gute, gesunde und harmonische Auswirkungen.

Und der vierte Punkt ist dies: Eine Möglichkeit zum Durchbruch bei einem lang andauernden Problem ist es, den Fortschritt zu würdigen, alle die Anzeichen des geistigen Fortschritts auf unserem Weg. Oft ist es ein Teil der Lüge, dass es keine Heilung gäbe, bevor sich nicht die ganze Situation verändert hat. Aber dies hält uns davon ab, jeden geistigen Schritt zu erkennen und dafür dankbar zu sein. Fortschritt geschieht ständig, denn der Christus bewegt ständig das Denken hin zum Geistigen. Die Gedanken wandeln sich von einer materiellen zu einer geistigen Grundlage durch eine unaufhörliche Erkenntnis dessen, was wahr ist, Schritt für Schritt. Und das ist Heilung in Wirklichkeit: eine Umwandlung des Denkens. Die Veränderungen im Denken mögen klein sein, aber wir können über sie jubeln und jeden dieser kostbaren Siege wertschätzen. Dankbarkeit für Fortschritt ist von entscheidender Bedeutung. Dankbarkeit lässt die geistige Umwandlung des Denkens wachsen, das dafür auf natürliche Weise zu der notwendigen Berichtigung der körperlichen Schwierigkeit oder jedes anderen Missklangs führt.

Lassen Sie uns die gleiche Zwangslage aus der Sicht des Heilers betrachten. Ich denke, dass vieles von dem, was wir über den Patienten gesagt haben, auch auf den Heiler zutrifft. Was würden Sie Praktikern noch sagen, die sich in derselben Lage befinden? Sie haben gearbeitet und gearbeitet – gewacht und gebetet –, aber der Erfolg bleibt ihnen versagt.

Ich würde sicherlich die Praktiker darin bestätigen, dass Gott, die göttliche Liebe, sich nicht nur um den Patienten kümmert, sondern auch um sie. Ich würde sie ermutigen, den Geist der allumfassenden Liebe in ihrem Herzen zu bewahren.

Und wie Sie schon gesagt haben, die vier Punkte, die ich angesprochen habe, können Praktikern genauso helfen wie Patienten. Wenn ein Praktiker mich wegen eines Falles anruft, der nicht schnell zum Erfolg führt, dann entdecken wir manchmal gemeinsam, dass die Versuchungen, die den Patienten herausfordern – wie Entmutigung, Angst, Zweifel oder Unwürdigkeit – auch den Praktiker versuchen und dadurch seine solide Grundlage für die Heilung unterwandern. Zum Beispiel könnten Zweifel kommen und den Praktiker versuchen, seiner Fähigkeit zu misstrauen, die Wahrheit zu sehen und zu erkennen, die bei einem Fall wirkungsvoll ist. Also muss ein Praktiker wachsam für diese Machenschaften des sterblichen Gemüts bleiben.

Bei jedem Fall muss der Praktiker zuerst seine eigenen Gedanken behandeln. Also ist auf gewisse Weise der Praktiker immer der, der in einem Fall zuerst geheilt wird. Der Praktiker behandelt natürlich gezielt die Gedanken des Patienten, aber der Heiler kann dies nicht ohne eine tiefe Überzeugung der Wahrheit tun. Der Praktiker betet dafür, dass die Gedanken des Patienten und seine eigenen Gedanken sich dem Christus, der Wahrheit, ergeben, und er weiß, dass niemand der Wahrheit widerstehen kann – sie ist unaufhaltsam. Durch die Aktivität des Christus wird das Denken berichtigt, um zu bestätigen, was Gott bereits aufgerichtet hat. Und die Wiederherstellung der Gesundheit und des Wohlergehens wird stattfinden.

Wir haben es immer mit dem Denken zu tun. Wir könnten in der Tat sagen, dass das Denken der Patient ist. Und ganz egal, wie viel Zeit verstrichen ist, das Denken kann sich immer augenblicklich verändern.

Haben Sie noch andere Gedanken zur Behandlung lang andauernder Fälle, die die Erfahrung Sie gelehrt hat?

• Stellen Sie sicher, dass Sie jeden Fall jeden Tag wie einen neuen Fall behandeln. Keine Vorgeschichte! Das Denken – das des Patienten und das des Praktikers – ist nicht auf dem Stand von gestern. Das Denken entwickelt und erweitert sich ständig. Also können wir jeden Tag und jeden Fall neu angehen, mit Frische, Kreativität und geistiger Einsicht.

• Lassen Sie sich nicht von der Schwierigkeit oder ihrer Bezeichnung beeindrucken. Ich stelle mir gerne vor, dass es nur eine Krankheit gibt: die falsche Darstellung der Gesundheit. Es gibt nicht viele verschiedene Krankheiten – nur eine, die mit vielen Namen prahlt. Seien Sie so von der Wahrheit überzeugt, dass Sie nicht beeindruckt werden, ganz egal wie hartnäckig die Lüge dem Patienten erscheinen mag. Sie müssen die geistige Wahrheit des Falles aufrechterhalten und daran festhalten. Je überzeugter Sie sind, desto mehr fühlt der Patient diese Überzeugung und diese Stärke. Dies kann oft ein Wendepunkt bei der Heilung sein.

• Behandeln Sie die mentale Atmosphäre, die den Patienten umgibt. In Wissenschaft und Gesundheit erklärt Mary Baker Eddy: „Ebenso wichtig ist es in der metaphysischen Praxis, dass die Gemüter, die deine Patienten umgeben, deinem Einfluss nicht dadurch entgegenwirken, dass sie ständig solche Meinungen äußern, die beunruhigen oder entmutigen – indem sie entweder entgegengesetzte Ratschläge geben oder unausgesprochene Gedanken über deinen Patienten hegen." (S. 424)

• Lassen Sie sich nicht in das verwickeln, was ich „Tunnelblick-Behandlung" nenne – zu viel Gewicht auf die momentane Lage zu legen. Vertrauen Sie auf die Behandlung, die Sie gegeben haben. Flicken Sie nicht daran herum. Lassen Sie die Behandlung wirken. Gott hat den Menschen vollkommen gemacht. Ihre Aufgabe ist es, dies zu erkennen, dies zu bezeugen und nichts anderes zu tun, weil es natürlich nichts anderes gibt! Vollkommenheit besteht!

• Bestätigen Sie immer, dass das göttliche Gemüt der Erhalter und der Heiler ist, der jede Aktivität des Denkens und des Körpers regiert. So wie es in Wissenschaft und Gesundheit steht: „Das unsterbliche Gemüt, das alles regiert, muss sowohl im sogenannten physischen Bereich wie im geistigen als allerhaben anerkannt werden." (S. 427)

Mrs. Harris, wenn man es also auf den Punkt bringt, dann sprechen wir über die Kunst und die Wissenschaft des Christlich-wissenschaftlichen Heilens. Ich würde gerne wissen, was Sie noch darüber gelernt haben, diese beiden Ansprüche zu vereinen. Lassen Sie uns mit der Wissenschaft beginnen. Ich kenne außer der Christlichen Wissenschaft keine andere Religion, die eine wissenschaftliche Grundlage für ihre theologische Grundstruktur bietet oder die erklärt, dass das tiefste Wesen der Wirklichkeit und daher der menschlichen Erfahrung eigentlich auf Wissenschaft beruht und nicht auf Zufall, Aberglauben oder Mystik. Erzählen Sie uns, was Sie über den Wert der metaphysischen Heilung in Bezug auf eine Wissenschaft gelernt haben und wie erfolgreiche Heilung von dieser Erkenntnis abhängt.

Eines, an das ich im Zusammenhang mit der Wissenschaft von Heilung denke ist, dass Gottes Gesetze schon immer wirksam waren – sie werden nie aufhören harmonisch zu regieren, nicht mal für eine Sekunde. Die Wissenschaft des Christus, der Gottes-Geist, den Jesus beispielhaft so vollkommen zeigte, setzt sich selbst durch. Ich begrüße Mary Baker Eddys Aussage sehr: „In allen Generationen, vor wie nach der christlichen Zeitrechnung, ist der Christus als die geistige Idee – die Widerspiegelung Gottes – mit einem gewissen Maß an Macht und Gnade zu all denen gekommen, die bereit waren, Christus, Wahrheit, zu empfangen." (WuG, S. 333) Durch die Jahrtausende wurde die Menschheit von dem Christus, der Wahrheit, berührt – er ist immer aktiv und gegenwärtig im menschlichen Bewusstsein. Und als Ergebnis zeigt sich Heilung. Nun, die Menschen haben durchaus noch nicht erkannt, warum und wie Heilung geschieht, und haben sie deshalb oft als „Wunder" bezeichnet, weil sie annehmen, dass Heilung eher übernatürlich anstatt natürlich ist.

Wir können Mary Baker Eddy außerordentlich dankbar sein, die die geistigen Gesetze der Ganzheit und der Heilung entdeckt und erklärt hat. Sie hat den Schleier des Geheimnisses weggezogen, wenn man es so ausdrücken will, und hat der Menschheit die Wissenschaft des Christentums aufgedeckt. Durch Wissenschaft und Gesundheit erfüllte sie die Hoffnung der Welt, indem sie eine göttliche Wissenschaft verdeutlichte, den Tröster, den Jesus versprochen hatte. Sie zeigte, dass wir nicht von bedingter oder gelegentlicher göttlicher Gunst, uns zu retten, abhängig sind, sondern stattdessen von unteilbaren und universalen göttlichen Gesetzen getragen werden. Wunder sind sozusagen nicht wirklich Wunder! Sie sind der Beweis, dass göttliche Gesetze wirken und deshalb sind sie heutzutage völlig normal und natürlich.

Ich denke, es ist sehrwichtig, diese Normalität und Natürlichkeit der christlich-wissenschaftlichen Heilung anzuerkennen. Heilung ist kein Zufall. Sie zeigt nicht eine Ausnahme von den Gesetzen, sondern bestätigt vielmehr die Existenz göttlicher Gesetze, die den Menschen und das Universum regieren. Heilung ist der Beweis, dass Gottes Gesetze überall, zu jeder Zeit und für jeden Menschen tätig sind. Diese Gesetze sind beständig, konsequent und unparteiisch. Wir müssen sie genauso wenig überzeugen oder überreden oder drängen zu wirken, wie wir die Gesetze der Anziehungskraft auffordern müssen, für uns zu arbeiten. Das Gesetz der Harmonie, das Gesetz der göttlichen Ordnung, das Gesetz der Ganzheit, das Gesetz der Vollkommenheit (die Liste der Gesetze ist unendlich) beruhen auf Prinzip, Gott.

Wir können nicht darüber reden, dass Christliche Wissenschaft wissenschaftlich ist, ohne uns das Wesen Gottes als Prinzip anzuschauen. Eine meiner Lieblingsaussagen von Mary Baker Eddy steht in ihrem Buch Die Einheit des Guten: „Gott ist nicht die hin und her wehende Wetterfahne auf dem Turm, sondern der Eckstein des lebendigen Felsens, fester gefügt als die ewigen Berge." (S. 14) Prinzip ändert sich nicht oder schwankt nicht – es kennt keine Höhen und Tiefen. Prinzip ist beständig, sicher, unveränderlich. Und Prinzip ist unser Felsen, die Grundlage und solide Basis für christlich-wissenschaftliche Behandlung.

Mir gefällt sehr gut, wie Mary Baker Eddy die Frage „Wie würden Sie die Christliche Wissenschaft definieren?" beantwortet: „Als Gesetz Gottes, das Gesetz des Guten, das das göttliche Prinzip und die göttliche Regel der allumfassenden Harmonie auslegt und beweist." (Grundzüge der Göttlichen Wissenschaft, S. 1) Weil Christliche Wissenschaft ein Gesetz ist, ist sie praktisch, lehrbar, nachvollziehbar und äußerst wissenschaftlich. Jede christlich-wissenschaftliche Behandlung, die wir geben, ist ein Ausdruck des göttlichen Prinzips. Dies befähigt uns, mit Vertrauen auf die Heilung und mit Erwartung von Heilung voran zu gehen.

Und wie steht es mit der Kunst? Was haben Sie über die Kunst der erfolgreichen Anwendung des christlich-wissenschaftlichen Heilsystems gelernt, das Mary Baker Eddy entdeckt hat?

Die Kunst und die Wissenschaft sind wie die zwei Flügel eines Vogels – beide sind nötig, um den Vogel in der Luft zu halten. Wir können nicht einen Flügel vernachlässigen und trotzdem erwarten, fliegen zu können. Aber wenn wir beide Flügel trainieren, steigen wir empor! Die Wissenschaft ist unsere Grundlage, unsere feste Basis. Sie stellt die geistigen Gesetze dar, die Tatsachen, die feste Substanz unter unseren Füßen. Sie ist die Bühne, auf der wir die Kunst tanzen.

Die Kunst ist unsere Praxis der Wissenschaft: dass wir sie kennen, dass wir sie sind, dass wir sie ausüben und dass wir sie leben. Die Kunst ist die Weise, wie wir die Wahrheit aufnehmen und durch ihre Schönheit unserem Leben Farbe geben. Wir drücken die Kunst durch die Christlichkeit in unserem Denken, Reden und Handeln aus. Mary Baker Eddy schrieb: „Die größte Kunst der Christlichen Wissenschaft ist, ein Christlicher Wissenschaftler zu sein, und um diese Kunst auszuüben, bedarf es mehr als eines Raffaels." (Vermischte Schriften 1883-1896, S. 375) Die Kunst besteht darin, die Wissenschaft in die Praxis umzusetzen, und das ist wunderbar lohnend.

Einige wesentliche Aspekte der heilenden Kunst sind in Wissenschaft und Gesundheit ab dem Ende der Seite 366 sehr schön beschrieben. In dem Abschnitt, der mit der Randüberschrift „Echtes Heilen" versehen ist, finden wir eine Anleitung von unschätzbarem Wert darüber, wie wir jemandem, der bei uns Hilfe sucht, begegnen sollen: „Verbinde zuerst die zerbrochenen Herzen", biete „ein freundliches Wort und christliche Ermutigung" an und lege „mitfühlende Geduld mit seiner Furcht" an den Tag und entferne sie. Das liebevolle Wort oder der liebevolle Blick, die netten und einfachen Gesten der Freundlichkeit, ergänzend zu unserer metaphysischen Behandlung, tragen so viel zum Trost, zur Erhebung und zum Heilen bei. Diese Taten drücken die sanfte Berührung der mütterlichen Liebe aus, die jeden Patienten tröstet.

Wir können auch über die Kunst der Behandlung selber reden. Weil sie so rein und unbelastet durch sterbliche Begrenzungen ist, hat die Wissenschaft unendliche Anwendungsmöglichkeiten. Deshalb kann und sollte unsere Behandlung weitreichend, geistig kreativ und von Seele erfüllt sein. Eine Behandlung ist nie schematisch oder „von der Stange". Jede Behandlung ist inspiriert, frisch und neu. Sie drückt das Fließende, Strömende aus, den pulsierenden Geist unserer Gedanken. In der Behandlung fühlen wir den heilenden Einfluss des Christus, der die Triebkraft und die Energie der Heilung ist, und bringen ihn hervor.

Zu Beginn einer jeden Behandlung bekräftige ich gerne, dass ich einfach alles erkennen werde, was ich erkennen muss, und dass der Patient alles erkennen wird, was er oder sie erkennen muss. Wahrheit füllt immer das Universum und erklärt immer sich selbst dem Bewusstsein und deshalb ist jeder von uns vollkommen empfänglich und ansprechbar für die unbestreitbaren Tatsachen des Seins. Die völlige Genialität des Christus spricht direkt zu meinem Denken und zu dem des Patienten. Das bedeutet nicht unbedingt, dass der Patient und ich bei einer Behandlung das Gleiche erkennen müssen. Es bedeutet, dass das göttliche Gemüt, durch seine Christusbotschaft die individuellen Bedürfnisse sowohl des Praktikers als auch des Patienten trifft – indem sie flüstert, was der Einzelne hören muss. Sie tröstet jeden und hebt jeden empor. Es liegt so viel Schönheit in den einzigartigen Weisen, wie Wahrheit sich unserem erwartungsvollen Denken mitteilt.

Lauschen. Den Gedanken über das Geschrei der Materialität erheben. In diese höheren Frequenzen des Lebens und der Geistigkeit einstimmen, indem wir ständig hören, was der göttliche Geist uns mitteilt. Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt der Kunst des Heilens, nicht wahr?

Ja, offen und empfänglich zu sein für das, was das schöpferische Gemüt uns über den Fall sagt. Die Kunst des Lauschens befähigt uns zu erkennen, was wir in die Behandlung einbeziehen müssen. Zusätzlich befähigt uns diese Offenheit zu wissen, was wir dem Patienten sagen und wann wir dies tun oder wann wir still sein sollen oder wann wir ihn anrufen oder besuchen sollen.

Bei einer Behandlung werden beide, Praktiker und Patient, durch geistige Eingebung geführt, um mehr von den christlichen Eigenschaften wie Gnade, Geduld, Vergebung, Dankbarkeit, Liebe und Menschlichkeit einzuschließen und zu pflegen. Das Denken kommt mehr in Einklang mit dem wahren Selbst und dies wirft Licht auf den Fall. Materielle Versenkung in sich selbst reflektiert andererseits das Licht der Wahrheit nicht und endet daher in Dunkelheit. Wenn wir uns von Gott getrennt oder abgeschnitten fühlen, kann das manchmal ein Zeichen dafür sein, dass zu viel sterbliches Selbst das Bewusstsein besetzt. Die Kunstfertigkeit des Heilens und des Lebens beinhaltet transparent zu sein, um die reinigenden Strahlen der Seele – Gottes – durchscheinen zu lassen.

Weil Heilen eine Kunst ist, ist die Behandlung, die mit erfolgreichem Heilen zu tun hat, nicht so sehr etwas, das wir tun, als etwas, das wir sind, oder vielmehr etwas, das wir ausdrücken. Wir drücken Behandlung aus. Wir leben Behandlung. Wir können sozusagen nicht einfach erklären, dass Gott Liebe ist; wir müssen sie fühlen, erfahren, diese Liebe, die unsere Herzen und unser Leben ergreift. Die Wissenschaft leben ist in der Tat eine Kunstform. Achten Sie mal darauf, wie sie Kreativität, Offenheit, Flexibilität, Spontaneität, Genialität, Hingabe, Liebe, Lebendigkeit, Stille und Freude hervorruft. Eine unendliche Reihe von Eigenschaften. Es gibt einen natürlichen, göttlich inspirierten Fluss im Leben. Manchmal jedoch werden wir von dem Versuch aufgehalten, es selbst zu ordnen oder zu bewältigen. Aber wenn wir der Seele erlauben zu regieren, dann nimmt das Leben eine Kunstfertigkeit an, die wahrlich erfüllt.

Ich stelle mir das Leben oft wie eine Symphonievor. In manchen Augenblicken mag ein Teil des Orchesters energisch spielen, während ein anderer Pause hat und wieder ein anderer für einige Takte den gleichen Ton beibehält. Dann werden plötzlich die Violinen leiser und die Celli übernehmen die Melodie! Obwohl die verschiedenen Abteilungen zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Dinge tun, besteht eine Harmonie der Ganzheit, die die Musik regiert. Genauso können wir der harmonischen und geordneten Regierung unseres Lebens durch Seele vertrauen.

Wir brauchen beides, den Buchstaben und den Geist, das Gesetz und das Evangelium, die Wissenschaft und das Christentum. Es gibt in Mary Baker Eddys Buch Nein und Ja einen großartigen Absatz, in dem steht: „... den Buchstaben verstehen und den Geist dieser Wissenschaft außer Acht lassen stellt weder das Erfassen ihres Prinzips noch die Betätigung ihres Lebens dar." (S. 28) Es geht darum, den Buchstaben zu verstehen und den Geist zu praktizieren!

Ich bin auf einen Ausspruch gestoßen, der Einstein zugeschrieben wird: „Die Wahrheit ist das, was den Test der Erfahrung besteht." Ich mag diesen Ausspruch, denn er beschreibt sehr deutlich, was Christliche Wissenschaftler als wesentlich für die Theologie erachten: Wenn sie wahr ist, muss die Theologie dem Test der Erfahrungen standhalten. Die Menschen, die die Christliche Wissenschaft studieren, erwarten den heilenden Beweis durch erprobte Anwendung. Können Sie uns ein Beispiel dafür erzählen, wie Sie jemanden auf der Basis geheilt haben, über die wir gesprochen haben – der Kunst und der Wissenschaft des christlich metaphysischen Heilens?

Ich hatte einen Fall, bei dem mich eine Frau anrief, die ich nie getroffen hatte. Sie war aus ihrer Anstellung als Lehrerin entlassen worden und wollte Unterstützung, weil sie zu einem Bewerbungsgespräch ging. Sie drückte ihre Bedenken darüber aus, wegen ihres Alters – sie war Ende 50 – noch eine andere Anstellung zu finden. Ich bat sie darüber nachzudenken und zu beten, wie sie sich selbst sah: Sah sie sich so, wie sie es mir gerade beschrieben hatte? Oder sah sie sich als geschätzt, anerkannt, erfahren, ehrlich, loyal und liebevoll? Ich bat sie, auf ihren geistigen Lebenslauf zu schauen – auf alle diese Eigenschaften, die heute ihre Identität ausmachen. Wir sprachen darüber, wie sie sich so sehen kann, wie Gott sie sieht – wie sie sich selbst so definieren und schätzen kann.

Nach dem Bewerbungsgespräch rief sie mich an und sagte mir, es sei gut gelaufen und dass ihr in ein paar Wochen das Ergebnis mitgeteilt würde. Sie dankte mir und sagte: „Ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen." Und ich sagte: „Gerne, nur zu."

Sie fuhr fort: „Als ich mich für das Gespräch fertig machte, setzte ich meine Brille auf und ich konnte nicht sehr gut sehen. Also musste ich sie abnehmen. Da sah ich deutlicher. Ich versuchte sie zu tragen, als ich zu dem Gespräch fuhr – da geschah das Gleiche. Später setzte ich mich hin, um fernzusehen und wieder musste ich die Brille abnehmen. Am nächsten Morgen stellte ich fest, dass ich meine Bibellektion der Christlichen Wissenschaft nicht lesen konnte, wenn ich meine Brille aufsetzte. Und – toll! – ich stellte fest, ich brauchte keine Brille mehr! Ich war geheilt. Ich kann ausgezeichnet sehen."

An diesem Punk machte sie eine Pause und fragte: „Wussten Sie, dass ich eine Brille trage?" Ich sagte ihr, ich hätte es nicht gewusst, denn ich hätte sie noch nie gesehen. Aber ich sagte: „Lassen Sie uns noch einmal darüber nachdenken, wie wir für diese Frage der Anstellung gearbeitet haben. Wir haben darauf geschaut, wie Sie sich selbst sehen."

Das geistige Sehen führte zu einer wunderbaren und unerwarteten Heilung. Sie hatte ihr ganzes Leben lang eine Brille getragen, aber ihr Sehproblem war geheilt worden – nicht weil sie gezielt für die Sehfähigkeit der Augen gebetet hatte, sondern weil sie begann, sich selbst so zu sehen, wie Gott sie sieht. Und was war das für eine wunderbare Sichtweise!

Hat sie die Arbeitsstelle bekommen?

Ja, ich freue mich das sagen zu können.

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