Stellen Sie sich einmal einen Wasserfall vor. Das Wasser schnellt über die Fallkante und fällt herab, nimmt auf dem Weg nach unten Energie auf und fließt dann im Flussbett weiter. Nun stellen Sie sich einmal Gedanken vor. Wie auch beim Wasser fließen Gedanken durch eine Kultur, eine Landschaft, eine internationale Organisation, die Welt. Manchmal sieht es so aus, dass scheinbar umwälzende Gedanken, die alles auf den Kopf stellen, sehr schnell wieder verschwinden. Andererseits können ganz einfache Gedanken jeden Einzelnen mit ihrer wichtigen umwandelnden Macht überraschen.
In seinem Buch The Tipping Point: How little things can make a big difference (in etwa: Der Wendepunkt: Wie kleine Dinge viel bewirken können) schrieb Malcom Gladwell vor einigen Jahren über scheinbar kleine Veränderungen, die plötzlich Trends auslösen oder Verhaltensmuster in eine bestimmte Richtung wenden. Dieses Buch wurde öfter im Zusammenhang mit dem Ruf nach Menschenrechten und Freiheit genannt – wie im „Arabischen Frühling“ in Nordafrika und dem Nahen Osten.
Kommentatoren sahen den Wendepunkt im Tod des tunesischen Obstverkäufers Mohamed Bouazizi. Als sein Obststand von der Polizei konfisziert wurde und sich die Behörden weigerten, ihm zu helfen, entschloss sich Bouazizi, sich zu opfern. Kaum jemand hat erwarte, dass diese eine Handlung einen Feuersturm für Freiheit in der arabischen Welt auslösen würde, der noch immer anhält.
Wendepunkte scheinen neu zu sein, aber sie stellen ein Konzept dar, das bereits seit Jahrhunderten existiert. Nehmen Sie einmal das Leben von Johannes dem Täufer. Jesus bezeichnete ihn nicht nur als Prophet, sondern als „mehr als ein Prophet“ (siehe Matthäus 11) – ein Bote, der den Weg für Christus bereiten würde, für die Offenbarung von Gottes Liebe für die Menschheit durch Jesu eigenes Wirken.
Johannes‘ Botschaft öffnete die Gedanken für Jesu Mission, die durch seine wunderbaren Taten der Wendepunkt wurde, um Gottes Gegenwart mit Seinem Volk zu verstehen. „Die Blinden sehen, die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben hören, die Toten stehen auf, den Armen wird das Evangelium gepredigt.“ (Lukas 7)
Jesu Heilen und Lehren wandte die Gedanken weg von den zeitgebundenen Traditionen der jüdischen Mächtigen und sie forderten auch heidnische Vorstellungen heraus. Seine Zurückweisung materieller Vorstellungen über Leben, Gesundheit und Moral veränderte die Welt für immer.
In der christlichen Geschichte hat es andere entscheidende Augenblicke gegeben, die als Wendepunkte bezeichnet werden können: die Wandlung des Paulus; Martin Luthers 95 Thesen, die schließlich zum protestantischen Christentum führten; und Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks, die die Bibel für Laien öffnete, um nur einige wenige zu nennen.
Mary Baker Eddys Entdeckung der Christlichen Wissenschaft kam ebenfalls in einer entscheidenden Zeit des Weltgeschehens auf. Wie Richard Nenneman schrieb: „In einer Zeit, als das Christentum als ernsthafte intellektuelle Kraft im Bewusstsein der Leute zurückging und neue Bereiche der Psychologie und Psychiatrie anfingen, etwas öffentliche Bekanntheit zu gewinnen, entwickelte sie eine metaphysische Sprache, die christlichem Gebet und Handeln Genauigkeit verlieh. Das war eine Genauigkeit, die das Denken des zwanzigsten Jahrhunderts benötigte. Zugleich war die Sprache, die sie benutzte, auf einer Erklärung theologischer Konzepte gegründet, mit denen sich Christen seit 2000 Jahren beschäftigt hatten. Diese bemerkenswerte Kombination von Faktoren hätte wohl weder wesentlich früher noch später erfolgen können, als es geschehen ist.“ (Persistent Pilgrim: The Life of Mary Baker Eddy, Etna, New Hampshire: Nebbadoon Press. 1997, S. 10) Trotz der Tatsache, dass Eddy eine Frau in einer von Männern dominierten Zeit war, sie nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung hatte und zunächst nur wenig Hilfe bekam, schrieb sie ein Buch und etablierte eine Wissenschaft, die die Welt für Tausende von Menschen verändert hat. Es verwandelte das Denken von der Materie hin zur Allheit des Geistes. Das Ergebnis? Sie bemerkte in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Die Langlebigkeit nimmt zu und die Macht der Sünde nimmt ab, denn die Welt spürt die heilsame Wirkung der Wahrheit in allen Poren.“ (S. 223) Ihre Heilbeweise und die ihrer Anhänger belegten, dass die „verändernde Wirkung“ nicht nur den Körper, sondern die Gedanken veränderten. Und die Welt änderte sich tatsächlich.
Heute suchen Menschen in vielen Ländern nach Antworten zu Gesundheitsfürsorge, wirtschaftlicher Stabilität, Freiheit von Korruption, verlässlicher Erziehung. Jeder geistige Denker und Schüler dieser Wissenschaft hat die Gelegenheit, beizutragen, dass das Denken zum Wendepunkt für geistige Lösungen wird – und das nicht nur für einen selbst, sondern für die ganze Welt. Materielle Systeme, so gut gemeint sie auch sein mögen, scheinen diese Antworten nicht mehr zu geben. Diese Anerkennung, dass es einen Bedarf jenseits der Materie gibt, ist „die verändernde Wirkung der Wahrheit“, die wirkt, aber sie braucht unsere Unterstützung, um ihre Aufgabe zu erfüllen.
Was wäre, wenn jeder Leser dieser Zeitschrift täglich beten würde, um das geistige Heilen als nützliche Methode der Gesundheitsfürsorge für den Menschen zu unterstützen, zusammen mit Gebet für ordnungsgemäße Wirtschaftssysteme, das Entlarven von Korruption und das Angebot guter Erziehung? Solche Gebete, beständig, voller Liebe, furchtlos und unerschrocken angesichts von Hindernissen, würden zu der täglichen Anerkennung führen, dass die Wissenschaft des Christus hier ist, nicht nur als religiöse Glaubensrichtung, sondern als Beleg von Gottes Liebe, die gegenwärtig und mächtig ist, um die Menschheit wirklich zu heilen.
Die Welt würde sich ändern.
