Ich war unterwegs im Altai Gebirge in Russland mit meiner Tochter und zwei Freundinnen plus drei Guides mit Packpferden, die unsere Zelte und unser Gepäck trugen. Wir waren weit weg entfernt von jeder Hilfe, sozusagen am Ende der Welt.
Den Weg dorthin hatten wir per Flugzeug, mit dem Jeep und mit einer Fahrt in einem Schlauchboot zurückgelegt. Jetzt befanden wir uns seit mehreren Tagen auf dem Weg zu Fuß zum Basislager des höchsten Bergs Sibiriens. Das Problem dabei? Schmerzhafte Blasen an meinen Zehen, die das Gehen brutal machten. Meine Bergschuhe passten mir einfach nicht – eine Tatsache, die mir nach einem langen Abstieg noch klarer wurde –, und ich hatte dafür keinen Ersatz. Es gab keinen offensichtlichen Ausweg. Das einzige Transportmittel waren die Packpferde, und die wurden in dieser Tundra für das Tragen des Gepäcks gebraucht. Ich steckte fest.
Gebet war zu diesem Zeitpunkt meines Lebens keine bewusste Lösung mehr, obwohl ich während meiner Kindheit und als Jugendliche eine Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft besucht hatte und meine Großmutter Praktikerin der Christlichen Wissenschaft war. Als ich an die Uni ging, befand ich mich in einer Umgebung, die die Existenz Gottes in Frage stellte. Also hatte ich seit fast vierzig Jahren weder die Christliche Wissenschaft studiert noch an Gott oder an Spiritualität gedacht.
Trotz allem kam mir plötzlich in dieser entfernten Wildnis das wieder in den Sinn, was ich als Kind gelernt hatte. Das erste Gebet war der 23. Psalm: „Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. ... Und wenn ich auch im finsteren Tal wandere, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir“ (Psalm 23:1, 4). Gott war bei mir! Wie hätte ich mich sonst an jedes Wort dieses einschlägigen Psalms erinnert?
Dann dachte ich an das Gebet des Herrn und dessen geistige Bedeutung von Mary Baker Eddy (siehe Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur heiligen Schrift, S. 16-17). Damit ging das klare Verständnis einher, dass ich nicht alleine mit diesem Problem zurechtkommen musste oder hilflos war. Diese Ideen waren meine Hilfe. Sie waren eine Kraft. Ich sang einige von Mrs. Eddys Liedern und erinnerte mich an die „wissenschaftliche Erklärung des Seins“ (siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 468) und andere Schlüsselideen aus den Schriften Mary Baker Eddys. Damit betete ich die nächsten Stunden.
Als wir schließlich das Ausgangslager erreichten, lehnte ich mich zurück und nahm den Anblick des herrlichen Bergs vor mir auf und staunte auch über mein neues Verständnis meiner unzertrennlichen Einheit mit Gott. Nach so vielen Jahren war Gott immer noch genauso die gegenwärtige, machtvolle göttliche Liebe, die ich als Kind kennengelernt hatte.
Eine überraschende Lösung des Problems kam als Folge der Sicherheit meiner neugewonnenen Nähe zu Gott. Meine Tochter bot mir ihre Bergschuhe an, die zwei Größen kleiner als meine waren. Unmöglich? Sie passten mir und ich konnte darin laufen! Und meine Bergschuhe passten ihr auch. Wir alle konnten die weiteren Strecken in den nächsten acht Tagen glücklich und schmerzfrei wandern. Doch ein eindrücklicheres Ergebnis war für mich aufgrund dieser Situation der erneuerte Wunsch, Gott besser zu kennen.
Meine Rückkehr zur Christlichen Wissenschaft war danach nicht ganz einfach, aber eindeutig. Vier meiner Familienmitglieder sind Mediziner. So gab es Fragen und skeptische Äußerungen über meine plötzliche Kehrtwende zu einer auf Spiritualität gegründeten Denk- und Lebensart. Aber ich wusste, dass Gott mich durch diese „abgelegene Wildnis“ mit derselben Sanftheit und Macht führte, wie Er mich durch meine eigene buchstäbliche Wildnis geführt hatte. Und diese Familienmitglieder haben seitdem eindeutige Beweise der Effektivität meiner Gebete und des Studiums der Bibel und von Wissenschaft und Gesundheit gesehen.
Ich frage mich manchmal, warum ich jemals so etwas Gutes hinter mir gelassen hatte. Im Endeffekt bedeuten weder die Gründe noch der benötigte Zeitraum meiner Rückkehr überhaupt etwas angesichts dessen, was ich jetzt verstehe. Wer hätte gedacht, dass das Wandern in den Bergen Sibiriens und die dort erlebten Prüfungen mich auf einen Pfad zurück zum Wiederentdecken von Gottes Liebe und Seines Schutzes führen würden? Gerade in dem Moment, als ich dachte, ich wäre am weitesten entfernt von jeglicher Hilfe, war ich einer neuen Gewissheit von Gottes Vollkommenheit und unser aller Dasein als Sein Gleichnis am nächsten.