Was Freundschaften angeht, so hat diese etwas gedauert. Im Gegensatz zu vielen, die die Bibel lieben, benötigte ich Hilfe, um Zugang zu ihr zu finden.
Ja, es war eine Revolution im Denken vonnöten, denn in der Kultur der Nach-Sechziger, in der ich aufwuchs, wurde uns in der Schule erklärt, dass die Bibel für mehr Morde verantwortlich war als Hitler und Stalin zusammen. Nach dieser Beschreibung war ich nicht gerade erpicht auf die Bibel!
Es stimmt, die Heilige Schrift wurde von einigen so ausgelegt, als rechtfertige sie furchtbare Verbrechen wie Sklaverei, Krieg und Apartheid. Dabei geht es bei der Bibel nicht um Teilung und Zerstörung – im Gegenteil! Sie hat die Aufgabe, unser Herz und unser Denken für die heilende und rettende Macht Gottes als „Freund und Zuflucht“ zu öffnen (John Ryland, Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 224, Übersetzung © CSBD). Wenn man die Bibel auf diese Weise versteht, bringt sie die stärkste verfügbare Macht zum individuellen und kollektiven Guten ans Licht – die Liebe, die Gott ist. Die Bibel besteht aus Geschichten des Heilens und der Umwandlung; sie bestätigen die Stärke, die daraus entsteht, diese göttliche Liebe richtig zu verstehen und zum Ausdruck zu bringen.
Mein Weg zu diesem besseren Verständnis der Bibel war ganz einfach. Er führte über ein Buch, das mich dazu brachte, die in der Bibel enthaltene Wahrheit zu lieben, bevor ich überhaupt eine Bibel besaß. Ich wurde mit Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift bekanntgemacht, das sich auf fast jeder Seite auf Bibelstellen bezieht. Als ich über Mary Baker Eddys zeitlosen Text nachdachte, entstand eine Freundschaft mit der Bibel, und Heilungen, die ich aufgrund dessen erlebte, zementierten sie. Seitdem habe ich etliche Bibeln gekauft!
Viele Leute gehen durchs Leben, ohne zu wissen, was für ein treuer Freund das Buch der Bücher sein kann, obwohl es in jedem November eine Kampagne gibt, um sie den Menschen näherzubringen. Seit 1941 gibt es in den Vereinigten Staaten eine Nationale Bibelwoche, und seit 2014 gibt es den Internationalen Tag der Bibel, an dem die Welt eingeladen ist, die Bedeutung der Heiligen Schrift für sich selbst zu entdecken.
Solche Gedenktage sind willkommen. Doch damit die Bibel unsere beste Freundin werden kann, reicht es nicht, mit ihrem Inhalt vertraut zu sein. Es erfordert ein tieferes Verständnis, einen geistigen Sinn dessen, was sie uns als Gottes völlig geistige Schöpfung über unsere Beziehung zur Göttlichkeit sagt.
Genau dabei hat mir Wissenschaft und Gesundheit enorm geholfen. Es bringt die geistige, heilende Bedeutung der in der Bibel enthaltenen Wahrheitsgedanken ans Licht, die Mary Baker Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, als „das inspirierte Wort der Bibel“ beschreibt, „unseren geeigneten Führer zum ewigen Leben“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 497).
Dieses „inspirierte Wort“ versteht man nicht durch reine Belesenheit. Man muss sich demütig für Gottes ständig neue Offenbarung öffnen. Wir lesen in Wissenschaft und Gesundheit: „Geist teilt das Verständnis mit, das das Bewusstsein erhebt und in alle Wahrheit führt.“ Und weiter unten: „Dieses Verständnis ist nicht intellektuell, es ist nicht das Ergebnis gelehrter Errungenschaften; es ist die ans Licht gebrachte Wirklichkeit aller Dinge“ (S. 505).
Nehmen wir beispielsweise die Goldene Regel. Oberflächlich betrachtet, erklärt Christus Jesus: „So wie ihr von den Menschen behandelt werden wollt, so behandelt ihr sie auch!“ (Matthäus 7:12). Das klingt nach der Aufforderung, höflich miteinander umzugehen, was natürlich ein wichtiges Ergebnis ist, wenn man die Bibel befolgt.
Doch wenn das geistige Verständnis die „Wirklichkeit aller Dinge“ ans Licht bringt, erkennt man, dass diese Forderung tiefer geht. Ein inspirierter Gehorsam umfasst eine mentale Bereitschaft, andere konsequent so zu sehen, wie Gott sie in ihrem wahren Wesen kennt – genauso, wie wir selbst auch erkannt werden möchten.
Das Bestreben, andere geistig so zu verstehen, wie wir selbst auch verstanden werden wollen, bedeutet jedoch nicht, über schlechtes Verhalten einfach hinwegzusehen. Vielmehr fordert es die Erkenntnis, dass die ungöttlichen Gedanken, die ein schlechtes Verhalten auslösen, völlig getrennt sind von dem wahren Bewusstsein einer Person als Ausdruck Gottes. Wenn wir irriges Denken so von der jeweiligen Person loslösen, können wir es als Behauptung einer von Gott getrennten Denkweise erkennen, als kraftlose Verneinung der Allheit des unendlichen Gemüts. Doch Gott, das unendliche Gemüt, ist alles, also können wir im Gebet irrigen Gedanken ihre falsche Behauptung von Existenz, Einfluss oder Auswirkung absprechen.
Auf diese Art und Weise betete ich, als ich mit einem sehr schwierigen Lieferanten zu tun hatte, dessen Reizbarkeit mich in Hinblick auf unsere Begegnungen nervös werden ließ. Als ich eines Tages auf ihn wartete, betete ich, um ihn so zu sehen, wie ich selbst gesehen werden wollte. Ich erkannte, dass die mentale Unberechenbarkeit, die mir so zu schaffen machte, nichts mit seiner geistigen Individualität zu tun hatte – sie war das umgekehrte Verständnis seiner innewohnenden Freude als Widerspiegelung des Geistes. Diese Sichtweise entfachte Mitgefühl in mir, und ich fühlte mich bereit, ihn als das Kind Gottes zu erkennen, das er ja wahrhaft war.
An dem Nachmittag war unsere Begegnung von Grund auf unbeschwert und ohne jede Reibung. Und von da an war ich vor unseren Zusammenkünften nicht mehr nervös. Unsere Beziehung wurde immer angenehmer und positiver.
Es ist möglich, die Bibel auf vielfache Weise auszulegen, doch wir wissen, dass wir geistiges Verständnis von ihr erlangt haben, wenn es uns in unserem Herzen die heilende Wahrnehmung anderer erspüren lässt. Eine Erkenntnis der wahren Natur des Menschen gestattet uns, zu Hause, in unserer Umgebung und bei unseren Gebeten für die Welt heilend Einfluss zu nehmen.
Daher ist das Buch der Bücher solch ein treuer Freund, der uns dazu ermächtigt, unsere Prioritäten neu auszurichten – weg vom Interesse an uns selbst und hin zum Mitgefühl für andere und vom profanen Verständnis der Existenz hin zum göttlichen, kühnen Unternehmen der Liebe, Alles-in-allem zu sein (siehe Mary Baker Eddy, Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 158). Diese beiden lohnen sich sehr.
Was Freundschaften angeht, so kann man sich keine bessere wünschen, besonders wenn man die Augen für die heilenden Verheißungen im Herzen der Bibel öffnet, die durch den göttlich-wissenschaftlichen Schlüssel zur Heiligen Schrift aufgeschlossen werden, nämlich Wissenschaft und Gesundheit.
Tony Lobl
Stellvertretender Chefredakteur