Im Mai 2012 hatte ich die Gelegenheit, mit Studenten und Professoren meiner Universität nach Peru zu fahren. Wir sollten die Stadt Cusco besichtigen und 45 km entlang dem alten Inka-Pfad bis zum Machu Picchu wandern. Die Universitätsverwaltung machte uns im Vorwege der Reise auf die vielen Beschwerden aufmerksam, die wir möglicherweise erleben würden, darunter Höhenkrankheit. Bei meinen Vorbereitungen im Gebet beschäftigte ich mich konkret mit diesem Problem. Ich schrieb mir geistige Ideen auf, die ich Tausende von Kilometern entfernt anwenden könnte.
Dieser Bibelvers war mir ein Trost: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Timotheus 1:7). Er half, die Befürchtung zu beruhigen, dass ich mich in Peru seelisch allein fühlen könnte. Ich konnte nur von Gott beeinflusst werden, nicht von den Ängsten oder Gedanken meiner Mitmenschen. Außerdem bekräftigte ich, dass jeder Mensch, mit dem ich unterwegs in Kontakt kommen würde, ebenfalls von Gottes allumfassender Güte beschützt war. Die anderen konnten ebenso wenig von Furcht und Krankheit berührt werden wie ich.
Als ich Bibelverse und Artikel aus den Zeitschriften der Christlichen Wissenschaft nachschlug, fiel mir die Bedeutung von Berg in der Bibel auf. Ich dachte daran, dass Jesus sich häufig auf einen Berg zurückzog, bevor er predigte und andere heilte; dort bereitete er sein Denken vor und kommunizierte mit Gott. Er stieg beispielsweise auf einen Berg, bevor er die Bergpredigt hielt, Menschenmengen heilte und auf dem Wasser wandelte.
Moses empfing die Zehn Gebote auf dem Berg Sinai. Und im 1. Buch Mose lesen wir die Warnung der Engel an Lot: „Rette dein Leben und sieh nicht hinter dich, bleib auch nicht stehen in dieser ganzen Gegend. Auf das Gebirge rette dich, damit du nicht umkommst!“ (19:17).
Auf das Gebirge rette dich! Was für eine wundervolle Idee!
Das versicherte mir, dass ich keine Angst haben musste, immer höher zu steigen, sondern sicher sein konnte, dass ich völlig beschützt war. Auch ich konnte mich auf das Gebirge retten – den aggressiven menschlichen Befürchtungen entkommen und erhöhte, friedliche Kommunion mit Gott erleben. Ich rief eine Praktikerin der Christlichen Wissenschaft an, und nach dem Gespräch war ich zuversichtlich, dass diese Reise nur eine Gelegenheit sein konnte, meine Sichtweise von Gottes Reich zu erweitern, und somit ausschließlich Harmonie mit sich bringen musste.
Als ich in Peru ankam, war ich erstaunt über die reiche Kultur des Landes, die Herzlichkeit der Bevölkerung und die Schönheit der Umgebung – die eindeutig Gottes Werk sind. Wir verbrachten ein paar Tage in Cusco auf einer Höhe von 3350 m, um uns an die Höhe zu gewöhnen, bevor wir auf dem Weg zum Machu Picchu noch höher stiegen. Am Ende des zweiten Tages ging es mir nicht sehr gut und ich hatte Kopfschmerzen. Als ich mich fertig fürs Bett machte, waren die Kopfschmerzen sehr stark, und ich konnte kaum aufstehen oder mich hinsetzen. Ich bekam Angst und bat die Praktikerin per SMS um Unterstützung. Sie antwortete sehr schnell und erinnerte mich daran, worüber wir vor der Reise gesprochen hatten: dass die Reise einfach eine Gelegenheit war, meine Sicht von Gottes Reich zu erweitern. Ich bin nirgendwo auf der Welt außerhalb von Gottes Reichweite, und es gibt keine physische Barriere, die es mir unmöglich macht, Gottes Güte um mich herum zu erleben. Ich ging sehr getröstet, wenn auch weiterhin mit Kopfschmerzen zu Bett und vertraute darauf, dass der folgende Tag nur Gutes bringen konnte.
Als ich am Morgen aufwachte, war ich vollständig geheilt. An dem Tag wanderten wir viele Kilometer über die Anden und ich hatte keine Schmerzen. Ich ging ohne Schwierigkeiten, stieg fröhlich höher und konnte mich während der Pausen ohne Kopfschmerzen hinsetzen und aufstehen. Ich war so dankbar. Ich empfand ein tiefes Gefühl von Freiheit, das mein ganzes Wesen durchdrang. Das werde ich nie vergessen! Ich sang beim Wandern Kirchenlieder, pries Gott für Seine wundervolle Güte und dankte Ihm für die prachtvolle Schönheit um mich her.
Besonders der letzte Vers aus Lied Nr. 136 im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft erfüllte mein Denken immer wieder:
Entzückt erklimm’ ich Deine Höh’n,
schweb’ über Raum und Zeit,
um Dich zu sehn, wie Du mich siehst,
in Deiner Heiligkeit.
Bis Zeit und Raum und Furcht vergehn,
darf ich nicht rasten hier.
Du wendest mir Dein Antlitz zu,
Dein Friede geht mit mir.
(Violet Hay, Text und Übers. ©CSBD)
Diese Worte trösteten mich sehr. Ich fühlte mich völlig zu Hause, obwohl ich in einem fremden Land und von Studierenden umgeben war, die ich erst seit vier Tagen kannte. Die Freude und Freiheit, die ich an dem Tag erlebte, sind auch heute noch lebendig in mir, und ich bin dankbar für meine erweiterte Sichtweise von Gottes Reich, die mir so klar geworden war.
Danke, Vater!
Anna Reighart
Boston, Massachusetts, Vereinigte Staaten
