Was bedeutet es, ein Christ zu sein? Paulus weist uns den Weg, wenn er sagt: „Geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr“ (2. Korinther 6:17). Doch statt den Eindruck zu vermitteln, dass Christen sich aus Gottes Sicht als über andere erhaben, anders oder gar besser als ihre Mitmenschen betrachten sollen, scheint er sie zu ermutigen, sich von einem begrenzten, materiellen Denken abzusondern – sich als nie von etwas Ungöttlichem berührt oder motiviert zu betrachten, sondern zu erkennen, dass sie nur von Gott, der göttlichen Liebe, motiviert sein können. Anhand von Jesu Lehren zeigt Paulus, dass diese liebevolle, geistige Denkweise Menschen heilt und dass nichts Geringeres als christlich bezeichnet werden kann.
Für mich als Christliche Wissenschaftlerin ist das sehr wichtig. Ich habe in letzter Zeit mehr über folgende Stelle im „Täglichen Gebet“ aus dem Handbuch Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy nachgedacht: „... möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern und sie regieren!“ (S. 41). Den Schwerpunkt auf diese Worte zu legen hilft mir, die Gegenwart und Tätigkeit des Wortes – die Tätigkeit Gottes – in der ganzen Menschheit anzuerkennen und nicht nur in einem besonderen religiösen Kreis. Wenn wir Gott als integralen Bestandteil der Existenz aller anerkennen, können wir Inspiration und Heilung für die ganze Menschheit bewirken.
Einmal war ich von dem Gedanken überwältigt, dass mit dem Flugzeug, das ich gerade betrat, etwas nicht in Ordnung war. Ich war schon oft geflogen und hatte noch nie einen derartigen Gedanken gehabt, also betete ich, um zu verstehen, was zu tun war. Dabei wurde ich von Dankbarkeit zu Gott für Seine Schöpfung erfüllt, dafür, dass Er den Menschen zu Seinem Bild und Gleichnis erschaffen und uns mit Seinem Gesetz der Weisheit und Nächstenliebe erfüllt hat. Wir lesen in Jeremia: „Ich werde mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben; sie sollen mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein“ (31:33).
Das half mir, sehr klar zu verstehen, dass jeder ein Ausdruck Gottes, des göttlichen Gemüts, ist – jeder besitzt Gottes Intelligenz, Sorgfalt und Weisheit. Ich empfand großen Frieden und tiefe Liebe zu anderen – von den Passagieren und der Besatzung an Bord bis hin zu den Mechanikern und dem Hersteller des Flugzeugs. Ich war überzeugt, dass Gottes Liebe und Intelligenz alle umfingen und regierten.
Wir können erleben, wie Gottes Gesetze in jedem wirken und alle Menschen regieren und heilen.
In dem Augenblick sagte der Kapitän an, dass etwas defekt sei, ein Ersatzteil bereitstehe und jemand dabei sei, den Fehler zu beheben. Mein Sitznachbar sagte: „Ich bin noch nie geflogen. Wird alles gut gehen?“ Ich antwortete, dass ich schon oft geflogen war und dass wir sicher waren. Ich fühlte mich inspiriert hinzuzufügen: „Und außerdem beschützt Gott uns in der Luft genauso wie auf der Erde.“ Der Mann lächelte und sagte: „Oh ja!“ Dann drehte er sich um und sagte zu seinem Neffen auf dem Platz hinter ihm: „Diese Frau hat mir gerade gesagt, dass Gott uns in der Luft genauso beschützt wie auf der Erde. Also ist alles in Ordnung. Ich habe gar keine Angst mehr und bin auch nicht beunruhigt.“ Er sagte das so laut, dass alle an Bord ihn hören konnten, und das nervöse, besorgte Murmeln hörte auf. Mein Gebet, alle als von Gott bereichert zu erkennen, hatte fühlbaren Frieden und Ruhe bewirkt.
Ein weiterer Fall ereignete sich an einem Gate im Flughafen. Ich studierte gerade die Bibellektion jener Woche aus dem Vierteljahresheft der Christlichen Wissenschaft, als die Frau neben mir anfing zu husten und nach Luft zu schnappen. Es hörte sich an, als ob jeder Atemzug ihr letzter sein könnte. In dem Bewusstsein, dass Gott alle Menschen regiert und dass dieses Gesetz der Liebe ins Herz der Frau geschrieben war, legte ich ihr sanft die Hand auf den Rücken und sagte: „Gott liebt Sie.“ Sie schien zu fragen, was ich gesagt hatte, also sagte ich laut, um das Husten zu übertönen: „Gott liebt Sie!“ Augenblicklich hörte die Frau auf, nach Luft zu schnappen und zu husten, und sah mich glücklich und strahlend an. „Ja!“, sagte sie. „Ja, vielen Dank, dass Sie das gesagt haben.“ Sie war eindeutig empfänglich für Gottes Liebe, und die weitere Stunde am Gate verbrachten wir, ohne dass sie husten, keuchen oder nach Luft schnappen musste.
Es ist nicht immer leicht zu erkennen, dass Gott die ganze Menschheit regiert. Einmal musste ich für einen beruflichen Abschluss einen Psychologiekurs absolvieren, der mir sehr zu schaffen machte. Ich hatte gebetet, um zu verstehen, dass der Christus „im menschlichen Bewusstsein immer gegenwärtig ist“, wie wir auf Seite xi von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy lesen: „Das physische Heilen durch die Christliche Wissenschaft ist heute, wie zur Zeit Jesu, das Ergebnis der Tätigkeit des göttlichen Prinzips, vor dem Sünde und Krankheit ihre Wirklichkeit im menschlichen Bewusstsein verlieren und so natürlich und unvermeidlich verschwinden, wie Dunkelheit dem Licht und Sünde der Umwandlung Raum gibt. Heute wie damals sind diese mächtigen Werke nicht übernatürlich, sondern im höchsten Grade natürlich. Sie sind das Zeichen des Immanuel oder ‚Gott mit uns‘ – ein göttlicher Einfluss, der im menschlichen Bewusstsein immer gegenwärtig ist und sich wiederholt, der heute kommt, wie schon vor langer Zeit verheißen wurde:
Gefangenen [des Sinnes] Befreiung zu verkünden
und den Blinden, dass sie wieder sehen,
Zerschlagene in Freiheit zu entlassen.“
Dieses Zitat war mir in dem Kurs eine große Hilfe, denn der Kursleiter schien auf einem Thema zu beharren: Was das menschliche Gemüt wahrnimmt und glaubt, das wird es empfangen. Im Gegensatz dazu halfen mir meine Gebete zu erkennen, dass Gott das eine allgegenwärtige Gemüt ist. Als ich still Gott dankbar dafür war, dass Er bei allen ist, sagte eine Teilnehmerin: „Sie glauben also, dass wir Dinge bewirken können, indem wir das glauben, was aus unserer Sicht eintreten soll. Glauben Sie an eine höhere Macht, an Gott?“ Die anderen Teilnehmer nickten zustimmend, und der Kursleiter sagte: „Ja, ich weiß, dass es eine höhere Macht gibt, die wir Gott nennen. Ich habe diese Macht selbst erlebt.“
Er berichtete, dass er mit Multipler Sklerose diagnostiziert und von vielen Ärzten behandelt worden war, ohne dass sich etwas gebessert hatte. Dann hatte er beschlossen, die Bibel zu studieren, um herauszufinden, warum er diese Krankheit hatte. Er erfuhr, dass Gott kein Leiden für ihn bestimmt hat. Er erklärte, dass er durch Gebet und beständiges Studium der Bibel geheilt worden war. Die Ärzte untersuchten ihn und nahmen alle Tests erneut vor und fanden keinen Hinweis auf die Krankheit.
Dann fragte er, ob noch jemand in dem Kurs so etwas erlebt hatte. Nach und nach berichtete jeder der dreißig Teilnehmer, wie Probleme durch Gebet und Studium der Bibel überwunden worden waren: finanzielle Sorgen, Arbeitslosigkeit, Beziehungsprobleme, Krankheit, Schwierigkeiten bei der Kindererziehung. Mir war klar, dass das Wort Gottes das Leben dieser Personen bereichert hatte und sie regierte. Gott ist allgegenwärtig und offenbart sich selbst als der göttliche Geist des heilenden Christus in unserem Leben.
Diese Erfahrungen inspirieren meine Gebete für die ganze Menschheit nach wie vor. Und die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft Mary Baker Eddy schreibt: „Für einen nicht mehr als für alle ist Gott als göttliches Leben, göttliche Wahrheit und göttliche Liebe demonstrierbar; und Sein Volk sind jene, die Ihn widerspiegeln – die die Liebe widerspiegeln“ (Vermischte Schriften 1883–1896, S. 150). Wir können erleben, wie Gottes Gesetze in jedem wirken und alle Menschen regieren und heilen.