Als Kind besuchte ich die Sonntagsschule, und so war mir die Lehre der Christlichen Wissenschaft seit jeher vertraut. Als junge Erwachsene fühlte ich mich als Christliche Wissenschaftlerin, wenngleich ich sie nicht sehr aktiv praktizierte.
Nachdem meine Mutter weitergegangen war, entwickelte sich eine tiefe Bereitschaft in mir, geistig zu wachsen. Sie entfachte in mir das Bedürfnis, die göttliche Wissenschaft ernsthaft zu studieren, denn ich wollte verstehen, wie ich mit der wahren Mutterliebe verbunden bleiben konnte, die von unserem Vater-Mutter-Gott kommt, wie ich gelernt hatte.
Während ich dem Bedürfnis nachging, geistig zu wachsen, machte ich schwierige Zeiten durch. Nach ungefähr einem Jahr entschied ich mich, Elementarunterricht in der Christlichen Wissenschaft zu nehmen, einen zweiwöchigen Kurs, bei dem ich mein Verständnis und meine Praxis der Christlichen Wissenschaft vertiefen konnte. Ich fühlte mich von der göttlichen Liebe dazu inspiriert, diesen Unterricht zu nehmen.
Bereits nach wenigen Tagen entließ uns unsere Lehrerin für einen freien Tag mit der Aufforderung: „Geht hin und heilt.“ Wir sollten alle Menschen, auch uns selbst, so sehen, wie wir sind, geistig und vollkommen, und wir sollten stets auf den Christus hören – „die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewusstsein spricht“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 332).
Ich fragte mich, wie ich so früh schon heilen könnte, wo der Klassenunterricht doch gerade erst begonnen hatte. Aber ich erinnerte mich, dass mir meine Mutter einst gesagt hatte, dass eine Lehrerin genau weiß, was sie von einer Schülerin und einem Schüler erwarten kann und was nicht. Wenn sie etwas von einem fordert, dann nur, weil sie sich sicher ist, dass man es erfüllen kann. Das gab mir Vertrauen.
An diesem Tag fuhr ich zu meinem Sohn in die Wohnung, für die ich einen Schlüssel hatte, denn ich hatte vor, ihn am Abend dort zu treffen. Es war öfter ein Thema zwischen ihm und mir gewesen, dass er seinen Haushalt etwas sauberer und ordentlicher halten sollte, daher hatte ich gedacht, meinen Sohn damit zu überraschen, dass ich ihm die Wohnung saubermache.
Es war ein sehr heißer Sommertag, und ich begann bei der Hausarbeit zu schwitzen. Damals litt ich bereits seit Monaten an einem Ausschlag am Oberkörper. Je mehr ich putzte, desto mehr fing meine Haut an zu jucken, und so kratzte ich mich. Es hatte außerdem den Anschein, als würde ich mehr und mehr Schmutz sehen! Ich störte mich auch immer mehr an den beiden Katzen, die es gewohnt waren, in der Wohnung auf Tische und Betten zu hüpfen, und wurde sehr schnell unglücklich. Warum hatte ich mich entschieden, diesen Tag des Heilens mit Putzarbeit zu verbringen? Hatte ich von meiner Lehrerin nicht eine Aufgabe erhalten? Warum sah ich plötzlich so viel Schmutz? Und warum juckte plötzlich der ganze Körper?
Ich verstand, dass hier etwas nicht stimmte, und fühlte, dass ich etwas ändern musste. Ich bemerkte, dass ich psychisch in einen Rausch gekommen war, der mir nicht guttat. Ich hörte sofort auf und fing an, mich zu fragen, warum ich putzen wollte. Warum wurde die Freude, in der Wohnung meines Sohnes zu sein, von dem Gefühl überschattet, dass es dort anders aussehen müsste und dass ich etwas ändern und ein Großreinemachen vornehmen müsste? Was genau wollte ich denn reinigen?
Ganz langsam kam mir der Gedanke, dass das nicht ich als Gottes geliebtes Kind war, die so dachte. Es war nicht ich, die einen Ausschlag hatte. Es war auch nicht ich, die im Putzrausch war, sondern nur das sterbliche Gemüt, das versuchte, sich als mich auszugeben.
Dann hörte ich gedanklich die Stimme, die sagte: „Barbara, verurteile die Menschen nicht!“ Ohne es zu bemerken, hatte ich meinen Sohn verurteilt, hatte mir angemaßt, in seinem Leben „großreinemachen“ zu müssen. Plötzlich verstand ich, wie absurd und ehrlich gesagt anmaßend es war, mich so in sein Leben einzumischen.
Ich fühlte mehr und mehr, wie der Christus Licht und Verständnis in meine Gedanken brachte. Ich begriff, wie wunderbar die Beziehung zwischen meinem Sohn und seinen Katzen war, und verstand die große Liebe und Fürsorge, die vorhanden war. Mir wurde bewusst, dass die Wohnung gar nicht so schmutzig war, wie ich zuvor gedacht hatte. Und ich begriff auch, dass mein Sohn Respekt und Bewunderung verdiente.
Ich erkannte das falsche Verhalten der „sterblichen Barbara“ in mir und schob das sterbliche Selbst ganz zur Seite. Ich fühlte eine tiefe Reue und Demut, und das machte mich so empfänglich für Gott, dass ich Ihn ganz und gar ausdrücken wollte. Nun fühlte ich nur noch tiefe Liebe, Achtung, Dankbarkeit und tiefen Respekt für alle und alles.
Die Putzsucht war verschwunden und der Juckreiz auch. Ich fühlte mich frei und glücklich. Berührt und tief dankbar für diese Einsicht, ging ich raus in einen Park, und da kamen mir die Worte „Verurteile nicht die Menschen!“ wieder in den Sinn. In diesem Moment wusste ich, dass ich in jeder Hinsicht geheilt war.
Am nächsten Morgen war der Hautausschlag verschwunden. Die Haut war glatt und makellos, und ich dankte und pries Gott dafür, dass ich geheilt war. Ich freute mich auch, meiner Lehrerin und der Klasse von dieser Heilung berichten zu können.
Ich bin so dankbar, diese wichtige Lektion gelernt zu haben, die Kinder Gottes niemals zu verurteilen. Ob bei Fremden oder Familienmitgliedern, wir müssen erkennen, dass wir alle Gottes geliebte Kinder sind und dass Gott uns daher alle führt und regiert.
Barbara Giachin
Bergisch Gladbach, Deutschland
