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Original im Internet

Der Erlösung würdig?

Aus der Januar 2025-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 1. Juli 2024 im Internet.


Erlösung ist die Befreiung des Lebens einzelner sowie zwischenmenschlicher Beziehungen von Schuldzuweisung. Sie ist aufbauend. Es geht nicht darum, schlechtes Verhalten zu ignorieren, sondern bei echter Reue kann Gnade statt Verurteilung einen Weg voran bahnen – eine Gelegenheit schaffen, es richtig zu machen, bessere Entscheidungen zu treffen und umzusetzen.

Die Bibel enthält viele auch heute relevante Geschichten der Erlösung, denn selbst wenn Kulturen sich im Verlauf der Jahrhunderte verändern, bleibt die menschliche Natur ziemlich gleich. Betrachten wir einmal die überraschende Versöhnung der Zwillinge Jakob und Esau. Jakob, der jüngere, stiehlt das Geburtsrecht und den Segen seines älteren Bruders. Esau, wutentbrannt, schwört, er werde ihn umbringen, und Jakob flieht um sein Leben.

Als Gott ihn ca. zwanzig Jahre später auffordert, nach Hause zurückzukehren, ist Jakob wohlhabend; er hat große Herden und auch eine große Familie. Er fürchtet, dass Esau ihm noch immer nach dem Leben trachtet. Die Antwort auf Jakobs Gebete um Befreiung sowie sein ernstes mentales Ringen schaffen eine Gelegenheit, diese Beziehung zu kitten. Er schickt demütig mehrere großzügige Gaben als Friedensangebote an Esau voraus.

Beim Wiedersehen umarmen sich die Brüder und weinen. Niemand ist von der Erlösung ausgeschlossen. Esau nimmt die Gaben an; er wird von den Jahren der aufgestauten Wut erlöst und eine wichtige Beziehung wird wiederhergestellt.

Viele Generationen später lehrt Jesus Erlösung als Teil seiner heilenden Mission. Und er setzt dies unter anderem mit Petrus, dem ehrlichen und ungestümen Jünger, der Jesus nach seiner Verhaftung trotz guter Vorsätze dreimal verleugnet, in die Tat um.

Nach seiner Kreuzigung und Auferstehung fragt Jesus Petrus dreimal, ob er ihn liebhat. Der heilende Ton dieses kurzen und berührenden Austauschs, der Jesu großer Liebe entspringt, gibt Petrus die Gelegenheit, die drei Verleugnungen umzukehren. Jesus beschuldigt Petrus nicht und fordert auch keine Reue; er stellt einfach die Frage: „Hast du mich lieb?“ (Johannes 21:17).

Bei jeder Bestätigung von Petrus, dass er ihn liebt, gibt Jesus ihm eine Aufgabe: seine Nachfolgerinnen und Nachfolger zu speisen – zu stärken und zu führen. Jesus erlöst seinen Jünger auf diese Weise, und alle restliche Schuld, die Petrus’ Fokus hätte unterminieren können, verliert die Fähigkeit, zum Thema zu werden. Petrus verbringt den Rest seines Lebens mit der neuen Mission.

Auch Frauen in der Bibel, die Erlösung erlangt haben, sind von Bedeutung, darunter Maria Magdalena, „von der [Jesus] sieben Dämonen ausgetrieben hatte“ (Markus 16:9), und eine Frau, die des Ehebruchs bezichtigt worden war (siehe Johannes 8:3–11).

Die mit Jesu körperlichen Heilungen einhergehende moralische Erneuerung, wie beispielsweise die des Lahmen am Teich von Betesda, war Mary Baker Eddy, der christlichen Heilerin, die diese Zeitschrift in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts ins Leben gerufen hat, von großer Wichtigkeit. Sie geht in ihrem Buch Vermischte Schriften 1883–1896 kurz auf eine Heilung in ihrer eigenen Praxis ein, die bewirkt wurde, indem sie Jesu Lehren befolgte. Dort schreibt sie: „Einst wurde ich zu einem kranken Mann gerufen, dem die Ärzte eine dreifache Dosis Crotonöl verabreicht und ihn dann dem Sterben überlassen hatten.“ Sie heilte den Mann innerhalb einer Stunde, „und am nächsten Tag ging er seinen Geschäften nach“ (S. 69).

In einer neueren Biografie erfahren wir mehr über diese Heilung, denn sie zitiert aus einem Artikel im Boston Traveller, der im Jahr 1900 erschienen war:

„So bemerkenswert auch die körperliche Heilung des Mannes war, weit bemerkenswerter war die Umwandlung, die sich in seinem Denken und Leben vollzog. Seine Frau erzählte Mrs. [Glover] einige Tage später, sie habe nie zuvor erlebt, dass er seine Kinder in die Arme nahm, wie andere Väter das tun. Doch am Abend seiner Heilung rief er sie zu sich, drückte sie an sich und sagte ihnen, dass er sie lieb habe. Und während ihm die Tränen über die Wangen liefen, sagte er zu seiner Frau: ‚Ich werde ein besserer Mensch sein.‘ Es ist nicht verwunderlich, dass die glückliche Frau zu Mrs. [Glover] sagte: ‚Ach, wie danke ich Ihnen, dass Sie meinen Mann wieder gesund gemacht haben – aber noch mehr bin ich Ihnen dankbar für das, was Sie in moralischer und geistiger Hinsicht für ihn getan haben“ (Mary Baker Eddy: Christliche Heilerin, erweiterte Ausgabe, S. 80).

In dem kurzen Gebet, das Jesus seine Jünger gelehrt hat, wird eine Verbindung zwischen Vergebung und Erlösung hergestellt: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben“ (Matthäus 6:12). Vergebung zu erlangen fordert, anderen zu vergeben. Das kann schwer sein, sofern wir nicht unsere tiefe Dankbarkeit und Freude über den Neuanfang dazu verwenden, anderen gegenüber ebenso großzügig zu sein, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Es ist schwer, voranzugehen, wenn wir in den Rückspiegel der Verletzung oder Ressentiments blicken.

Gnade, ob groß oder klein, hat Auswirkungen. Im Kleinen war diese Tätigkeit von Gottes allumfassender Liebe völlig normal in meiner Familie. Wir Kinder kannten es damals nicht anders, doch heute ist mir klar, dass es etwas Besonderes war. Nicht, dass wir uns nicht gelegentlich erzürnten oder stritten, doch Gottes Liebe lag in unserer Beziehung allem zugrunde und wurde reichhaltig zum Ausdruck gebracht. Nachtragen, Ressentiments und verletzte Gefühle hatten in dem Vorbild, das unsere Eltern uns gaben, keinen Platz, und sie tolerierten solche Unstimmigkeiten auch nicht bei uns. Nun, da wir erwachsen sind, haben die Eigenschaften der Gnade und Vergebung unsere Beziehungen noch gekräftigt.

Ich erinnere mich, wie meine Mutter mir ein neu installiertes Fenster zum Hochschieben zeigte und ich es versehentlich entsperrte, wodurch das Fenster meiner Mutter auf die Finger fiel. Meine Mutter war nicht ernstlich verletzt, doch ich schämte mich und fühlte mich schrecklich. Ihre Vergebung war augenblicklich und ehrlich: „Alles in Ordnung. Mir ist nichts passiert“, sagte sie. Und damit wurde nicht weiter darüber gesprochen. Auch heute bedeutet mir die Liebe der sofortigen Vergebung meiner Mutter noch sehr viel.

Ich konnte diese Art von Gnade etwas später weitergeben, als mein Vater eine unersetzliche signierte und mir sehr wertvolle Schallplatte in die Hand nahm und zu seiner Bestürzung zerbrach. Er hatte große Gewissensbisse. Es war das Natürlichste von der Welt für mich, zu ihm zu sagen: „Ist in Ordnung, Papa. War nur ein Gegenstand.“ Und ich ließ die Sache völlig los.

So bescheiden diese Beispiele auch sein mögen, die Lektionen, die sie verdeutlichen, beziehen sich auf alle Situationen – ob wir es mit einer unsteten Beziehung, mit einem Unfall oder mit unfreundlichen Worten zu tun haben. Wenn unser Wunsch nach Frieden tief und ehrlich ist und wir Gott so um Hilfe bitten wie einst Jakob, erkennen wir, was wir tun müssen, um zur Wiederherstellung beizutragen. Wie die Lehren der Christlichen Wissenschaft zeigen, hat Gott uns die Großzügigkeit und Demut verliehen, um Seine Liebe jedem Menschen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, denn wir sind alle Kinder Gottes und spiegeln somit Seine all-guten Eigenschaften wider.

Ich schöpfe Mut durch diesen Satz im Buch Jesaja (43:1): „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ Ich verstehe das so:

  • Wir sollten aufhören, furchtsam zu sein.
  • Wenn wir Vergebung brauchen, hält Gott sie schon für uns bereit.
  • Gott, das göttliche Gemüt, kennt uns und nennt uns alle mit Namen; Er findet und trifft uns dort, wo wir Ihm folgen können.
  • Dadurch, dass Gott uns als Sein eigen betrachtet, identifiziert Er uns alle als ewiglich geistig mit einzigartig entfaltendem, vollständig gutem Daseinszweck: wir unterstehen keinem Zufall, sind nicht verletzlich und auch nicht überflüssig, sondern gehören zum alterslosen, allwissenden Gemüt sowie zur intelligenten, immer tätigen Liebe, das bzw. die wir auch zum Ausdruck bringen. 

Reue ist ohne Zweifel ein wichtiger Schritt in Richtung Umwandlung, doch die Bibel zeigt uns, dass wir uns nicht in Trauer suhlen sollen, sondern den nächsten Schritt dahin tun müssen, unsere Erlösung zu akzeptieren – indem wir uns demütig von Gottes völliger, allumfassender Liebe umfangen lassen. Dann wird es ganz natürlich für uns, diese Liebe auch anderen gegenüber zum Ausdruck zu bringen, selbst wenn es uns nicht einfach vorkommt. Das ist unser Beitrag zur Wiederherstellung des Lebens von Menschen, das vollständig und nützlich gemacht – erlöst – wird, einschließlich unseres eigenen.

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