Denken Sie, dass Sie nicht das Zeug dazu haben, zu heilen, so wie Jesus es tat? Da irren Sie sich. Es gibt niemanden, dem es nicht gegeben wäre, zu heilen, denn es gibt niemanden, der es nicht in sich hat, so zu lieben, wie Jesus es tat. Es ist wirklich so einfach.
Ich erinnere mich an eine Zeit vor vielen Jahren, als mir das wirklich klar wurde. Das war während eines Familienurlaubs, als mein damals siebenjähriger Neffe und ich uns ein Zimmer teilten. Mitten in der Nacht wachte ich auf und sah, dass er starkes Nasenbluten gehabt hatte. (Seine Mutter hatte mir zuvor erzählt, dass dies ab und zu passierte.)
Statt zu versuchen, ihn aus seinem tiefen Schlaf zu wecken und alles zu säubern, beschloss ich, mir ein paar Minuten Zeit zu nehmen, um ihn einfach zu lieben. Das schloss das tiefe Verlangen ein, ihn so zu sehen, wie ich wusste, dass Gott ihn sah, genau jetzt und hier – nicht als zerbrechlichen, materiellen Sterblichen, anfällig für Nasenbluten, sondern als Gottes vollständig geistiges, zärtlich geliebtes Kind.
Für manche mag das nach wenig mehr als positivem Denken klingen. Aber es ist wirklich eine wirksame Art des Gebets. Es war auch eine willkommene Erinnerung an die Gegenwart und Macht des Christus, der göttlichen Botschaft von Gott, die uns versichert, dass wir nichts zu befürchten haben – dass es keine Situation gibt, in der Gott sich nicht um uns kümmert oder uns nicht liebt. Wenn das, wie ich verstand, für mich galt, dann war das auch für meinen Neffen wahr.
Ich muss eingeschlafen sein, denn auf einmal war es Morgen, und mein Neffe war bereits auf dem Weg zum Frühstück. Als ich in die Küche ging, hörte ich, wie ihn seine Mutter fragte, wie er geschlafen hätte. „Großartig!“ sagte er, ohne auch nur eine Erwähnung über oder eine erkennbare Erinnerung an das Geschehene. Mir wurde später erzählt, dass kurz danach das Nasenbluten vollständig aufhörte.
Was also war hier geschehen? Ging es nur darum, mir ein paar liebevolle Gedanken um meinen Neffen zu machen und zu sehen, wie etwas Wunderbares dabei herauskommt? Das glaube ich nicht. In Anlehnung an einen Satz aus dem Neuen Testament (siehe zum Beispiel Markus 1:41) würde ich es als „von Mitleid bewegt“ zu sein beschreiben – von Gott inspiriert, um etwas von der innewohnenden Unschuld von Gottes Schöpfung zu sehen –, als mein Widerspiegeln in gewissem Maße der Liebe der göttlichen Lie be, Gottes, die uns alle befähigt, genau diese Widerspiegelung der Liebe auch in anderen wahrzunehmen.
Mary Baker Eddy, die die göttliche Wissenschaft hinter den Heilungen entdeckt hat, die in der Bibel zu lesen sind und die auf unsere eigene Fähigkeit zu heilen hinweisen, schreibt: „So wie dein Spiegelbild im Spiegel erscheint, so bist du, da du geistig bist, die Widerspiegelung Gottes. Die Substanz, das Leben, die Intelligenz, Wahrheit und Liebe, die die Gottheit bilden, werden von Seiner Schöpfung widergespiegelt; und wenn wir das falsche Zeugnis der körperlichen Sinne den Tatsachen der Wissenschaft unterordnen, werden wir dieses wahre Gleichnis und diese wahre Widerspiegelung überall erblicken“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 516).
Und ich möchte hinzufügen: in jeder und jedem.
Selbstverständlich war niemand besser darin als Christus Jesus. Im Markusevangelium lesen wir: „Und es kam ein Aussätziger zu ihm, fiel vor ihm auf die Knie und bat ihn: ‚Wenn du willst, kannst du mich reinigen.‘ Und Jesus, von Mitleid bewegt, streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: ‚Ich will; sei gereinigt‘“ (1:40-42).
Jesus liebte, deshalb heilte Jesus. Es war wirklich so einfach. Aber auch hier ging es weniger darum, was Jesus dachte oder gar sagte, als vielmehr um die Liebe Gottes, die er widerspiegelte, die Reinheit von Gottes Schöpfung, die er sah, und die heilende Wirkung, die eine solche göttlich inspirierte Sicht auf andere hatte.
So ist es auch bei uns. In dem Maße wie wir uns verpflichten, so zu lieben, wie es Jesus tat, wird unsere Fähigkeit zu heilen, wie es Jesus tat, zunehmen.
Nun ist es nicht immer leicht, andere so vollkommen und beständig zu lieben, wie es Jesus tat. Es gibt Zeiten, in denen wir nicht geneigt sind zu lieben, wenn wir nicht fühlen, dass wir die Geduld haben, um zu lieben, oder wenn wir uns irgendwie selbst überzeugt haben, dass es solche gibt, die es nicht wert sind, geliebt zu werden. Obwohl solche „weniger als liebevollen“ Gedanken normal, ja sogar gerechtfertigt zu sein scheinen, ist jeder Widerstand, den wir bezüglich des Denkens und Handelns in Übereinstimmung mit unserem all-liebenden Schöpfer empfinden mögen, unnatürlich. „Wir lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat“, sagt die Bibel (1. Johannes 4:19, Hoffnung für Alle), und die Schlussfolgerung daraus ist, dass der Impuls zu lieben und damit einhergehend unsere Fähigkeit zu heilen von einer Macht angetrieben wird, der man nicht widerstehen kann.
Manchmal bedarf es nur der Erinnerung an diese Tatsache als Starthilfe für eine Heilung.
Wenn ich auf die Heilung meines Neffen zurückblicke, fällt mir vor allem auf, dass ich, obwohl ich es mit einer potenziell beängstigenden Situation zu tun hatte, nicht die geringste Angst hatte – das Ergebnis, da bin ich mir sicher, dieses einfachen aber eindeutig von Gott inspirierten Verlangens zu lieben, das mein Gebet in Gang setzte.
Wo Liebe ist, da ist keine Furcht, das erklärt der Verfasser des ersten Johannesbriefes (siehe 4:18). Und wo keine Furcht ist, da ist Heilung.
