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Das wahre Gesetz.

Aus der Oktober 1903-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Gedankenrichtung unserer Zeit wird vorwiegend von der Idee des Gesetzes beeinflußt. Unter Gesetz verstehen wir, daß unter gewissen Bedingungen bestimmte Resultate auf eine gewisse Weise hervorgebracht werden. Der Begriff des Gesetzes sagt ferner, daß nichts ohne Ursache vor sich geht, und daß eine gegebene Ursache stets eine bestimmte Wirkung hervorbringen wird. Gesetz bedeutet System und Ordnung, und das System und die Ordnung der Schöpfung wird durch das Gesetz von Ursache und Wirkung aufrecht erhalten.

Ein Gesetz ist also eine Art und Weise der Tätigkeit und setzt daher Kraft und Wirksamkeit voraus. Es ist keine Kraft oder Fähigkeit, sondern bezeichnet nur eine bestimmte Ordnung, worin sich eine Kraft offenbart.

Die Auffassung der Gesetzlichkeit, der Sinn für universale Gesetzlichkeit, ist zwar in gewissem Sinne durch die Empfindung für die ununterbrochene Ordnung der Natur, den Gedanken der Menschen zu allen Zeiten und aller Orten vertraut gewesen. Allein die moderne Wissenschaft, wenn wir den Ausdruck Wissenschaft in seiner gewöhnlichen Anwendung gebrauchen wollen, hat diese Auffassung festgestellt und ihr Nachdruck gegeben. Denn die Wissenschaft entsteht durch die Beobachtung natürlicher Erscheinungen, und überall sehen wir in den Werken der Natur eine vollkommene Ordnung, die niemals unterbrochen wird. Da ist für den Zufall kein Raum; da ist keine Unterbrechung der festgesetzten Routine. Und heutzutage, da die wissenschaftliche Forschung vorgeschritten und wissenschaftliche Erkenntnis, — wissenschaftlich vom Sinnesstandpunkt, — allgemein geworden ist, ist dies Zeugnis der Natur noch bedeutsamer und gebieterischer geworden. Nun ist der Sinn für das Gesetzliche der wissenschaftliche Geist, und der wissenschaftliche Geist ist der „Geist des Zeitalters.” Mit dem „Geist des Zeitalters” bezeichnet man die vorherrschende Gedankenrichtung, und die herrschende Gedankenrichtung vertritt den Standpunkt, daß alle Dinge in Übereinstimmung mit System, Ordnung, Gesetz, geschehen.

Der Geist des Zeitalters ist wissenschaftlich; sein Bedürfnis ist praktische Religion. Die Unrast des heutigen Tages wird nicht eher Abhilfe finden, als bis das intellektuelle Verlangen und das religiöse Bedürfnis einen gemeinsamen Boden in einer Religion finden, welche Wissenschaft, und in einer Wissenschaft, welche Religion ist. Und man wird erkennen, daß dieser gemeinsame Boden der Harmonie in einem vollkommenen, alles in sich schließenden Gesetz besteht.

Die christliche Wissenschaft legt für ein solches Gesetz Zeugnis ab, und unterstützt ihr Zeugnis durch ihre Beweisführungen. Dieses vollkommene Gesetz ist dasjenige, worauf in den Römern 8:2, mit den Worten Bezug genommen wird: „Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christo Jesu, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.” Dieser Gedanke des Paulus weist drei wesentliche Punkte auf in bezug auf dieses vollkommene Gesetz. Zunächst den Aufschluß, wo wir seine wahre Kundgebung, seine Beweisführung finden: „in Christo Jesu.” Zweitens, was sein wesentliches Prinzip ist: „der Geist, der da lebendig macht.” Drittens, was sein praktisches Ergebnis ist: „es macht frei.”

Das Denken unserer Zeit sollte Nachsicht oder Verwandtschaft mit nichts kennen, was dem Verstand nicht einleuchtet und was sich nicht in der praktischen Erfahrung bewahrheiten läßt. Zauberei und Aberglaube sollten keine Stätte finden. Alle ehrlichen, denkenden Menschen glauben, daß es eine bleibende Wahrheit gibt. Und Wahrheit bedeutet die Wirklichkeit der Dinge oder — in Carlyles hübschem Ausdruck: „die Tatsachen der Dinge.” Oder um noch eine andere Definition anzuführen: „die Wahrheit ist das, was ist; der Irrtum ist das, was zu sein scheint.” Allein unsere Auffassung der Wahrheit sollte sich erst dann für befriedigt erklären, wenn wir sie im Verstehen eines Prinzips und in dem Gesetz seiner Wirksamkeit finden.

Die christliche Welt erblickt in Jesu von Nazareth den vollkommenen Offenbarer der Wahrheit. Auf ihn konzentriert sich unsere Hoffnung und unser Glaube. Hier finden wir Wirklichkeit. Was wir von ihm wissen, ist in der Geschichte der Evangelien enthalten. Diese werden allgemein als echt und verbürgt angesehen. Das heißt, wir glauben, daß ein Mensch, wie sie ihn schildern, zu der von ihnen angegebenen Zeit lebte; daß er sagte was sie berichten, und daß er tat, was sie uns schildern. Im Glauben hieran zollen wir ihm die tiefste Ehrfurcht und die höchste Ehre: „auf daß er in allen Dingen den Vorgang habe.” Allein dennoch muß der Gedanke des Tages sich selbst getreu bleiben. Wenn er auch das Leben und den Charakter Jesu als eine Tatsache annimmt, die das Gewöhnliche weit überragt, so muß er immerhin in seinen Worten und Werken die Offenbarung des Gesetzes sehen. Immerhin können wir nur durch die Auffassung befriedigt werden, daß uns Jesus ein Prinzip und das Gesetz seiner Wirksamkeit offenbart. Die Evangelien haben den Überzeugungen der denkenden Menschen nur dann etwas zu sagen, wenn sie in Jesu Wundern die Beweisführungen eines ihnen innewohnenden göttlichen Gesetzes erblicken, — wenn Jesu Werke, die Heilung der Kranken, die Auferweckung der Toten, sein Wandeln auf den Wellen, die Speisung der Fünftausend durch die Brote und Fische, nicht mehr als übernatürlich, sondern als göttlich-natürlich angesehen werden.

Der ganze biblische Bericht appelliert sowohl an den vernünftigen Instinkt der Menschen, als an ihre Bedürfnisempfindung, wenn wir in allem, was wir die Wunder des alten und neuen Testaments genannt haben, die Beweisführungen eines ewig wirkenden, geistigen Gesetzes sehen und die Offenbarung der geistigen Herrschaft des Menschen über die Erde und ihre Elemente.

Daß es ein göttliches Gesetz gibt, welches heute noch genau ebenso wirksam und beweiskräftig anwendbar als je ist, sollte Sache allgemeiner Erfahrung sein. Die Christian Scientisten (Christlichen Wissenschafter) wissen, daß es eine göttliche Gedankenkraft gibt, welche die Kranken heilt und diejenigen aufweckt, die „durch Übertretungen und Sünden” tot sind. Sie ist in den Worten unseres, von Mary Baker G. Eddy, der Entdeckerin und Begründerin der Christian Science (der Christlichen Wissenschaft), aufgestellten Kirchenartikels: „Die Auferstehung des menschlichen Glaubens und Verständnisses, wodurch wir die großen Möglichkeiten und lebendigen Kräfte des göttlichen Lebens ergreifen.” Wir wissen, daß diese göttliche Macht heutzutage in der menschlichen Erfahrung in sichtbare Erscheinung tritt, und daß sich ein jeder, den danach verlangt, dieser Tatsache vergewissern kann.

Es ist ferner ebenfalls offenkundig, daß der Irrtum die Werke der Wahrheit nachäfft, fälscht, — daß der sterbliche Geist (Sinn) danach strebt, dieselben Werke wie der unsterbliche Geist hervorzubringen; daß die irrende menschliche Willenskraft es unternimmt, dieselben Zeichen zu vollbringen, wie das göttliche Prinzip. Im Hintergrund dieser falschen Werke steht eine falsche Lehre, die, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten betrügen würde.

Die Geschichte wiederholt sich. Die Offenbarung des Christus bringt wie im Anfang, den Anti-Christ hervor. Der Fortschrittspfad des Christentums wurde gleich zu Anfang von denen umlagert, die ein gefälschtes Christentum bringen wollten. Jesus warnte seine Jünger davor und sagte ihnen, daß dies geschehen würde, und die Episteln liefern überreichliche Beweise dafür, daß es die Apostel erlebten. Und so gibt es auch heute in unserer eigenen Generation, da Christian Science wiederum das Evangelium predigt, welches die Kranken durch die Offenbarung vom Gesetze des Lebens heilt, eine falsche Wissenschaft, die, wenn es möglich wäre, die Wahrheitssucher dem Zeugnisse Gottes abwendig machen möchte.

In den Lehren und Beweisführungen Jesu finden wir den einzig vollkommenen Maßstab eines vollkommenen Gesetzes. Wir erlernen heute das Gesetz vom Geiste des Lebens. Und zwar ist es nicht das Gesetz vom Geiste des Lebens in Mohammed, Zoroaster, Buddha, Confucius, oder irgend einem andern religiösen Lehrer der Zeiten, sondern es ist das Gesetz „des Geistes, des Lebens in Christo Jesu.” Wir glauben, daß dieses vollkommene Gesetz heute ebenso real und wirkenskräftig ist, als zu seiner Zeit, weil wir dies bis zu einem gewissen Grade demonstrieren. Wir glauben, daß die endgültigen Möglichkeiten, die es enthält, Sünde, Krankheit und Tod gänzlich zerstören können, weil Jesus dies bewiesen hat. Wir wenden uns an ihn als unsere Autorität und die Richtschnur der Wahrheit, weil er sie allein demonstriert hat. Hierin liegt auch unsere Antwort an diejenigen, welche behaupten, daß Christian Science (die Christliche Wissenschaft) keine Wissenschaft ist. Die Voraussetzungen, worauf wir fußen, sind Tatsachen, anerkannte Erscheinungen, welche allen klar vor Augen liegen; es sind die Erscheinungen der Christuswerke, die heute geschehen, im Verein mit denjenigen des neuen Testamentes. Aus diesen leiten wir ein Prinzip und ein Gesetz ab, die in der praktischen Erfahrung bewahrheitet werden können. Dies ist die Methode der Bewahrheitung, die als richtig anerkannte Methode der modernen Wissenschaft.

Nun erhebt sich die praktische Frage: „Was sagt uns unsere Erfahrung über das Resultat dieses Gesetzes?” Die Antwort unseres Textes lautet, daß es frei macht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. Nun finden wir aber in der menschlichen Erfahrung einen Zwischenzustand zwischen Sünde und Tod, und das ist die Krankheit. Unser Text will also in seiner umfassenden Folgerung sagen, daß uns das wahre Gesetz von dem Gesetz der Sünde, der Krankheit und des Todes frei macht.

Das wahre Gesetz ist das Gesetz des geistigen Bewußtseins, welches das Zeugnis des fleischlichen Bewußtseins vernichtet, das ein materieller Sinn des Daseins ist. Das geistige Bewußtsein ist die Realisierung, daß wir, unserem wahren Selbst oder „Ich” nach, Gottes Bild sind. Das fleischliche Bewußtsein ist der Sinn einer der geistigen feindlich entgegengesetzten Natur, die Gott uns nicht hätte geben können; denn sie ist das genaue Gegenteil seiner eigenen. Diese falsche Natur ist kein Teil von uns und ist nur als ein falscher Sinn des Lebens, ist nur in unserem irrigen Glauben oder Fürwahrhalten vorhanden.

Das wahre Gesetz ist das Gesetz des Guten, das uns vom Gesetz des Bösen frei macht. Das eine wird durch die Allmacht der Liebe, das andere nur durch die Ohnmacht eines menschlichen Glaubens oder Fürwahrhaltens aufrecht erhalten. Die aus dem Geiste geborene Erkenntnis zerstört dieses Gesetz des Glaubens oder Fürwahrhaltens.


Es gibt keinen ehrlichen Prediger des Evangeliums, der jetzt nicht seiner Gemeinde Gedanken der Wahrheit und Liebe gibt, die Gott ihm offenbart hat. Durch Predigt, Gesang und andere Mittel und Wege begeistert Gott die Menschheit, ein reineres Leben zu führen. Der Apostel Jakobus sagt: „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.” —

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