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Beten und Bitten.

Aus der November 1904-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Für viele Denker sind die Ausdrücke Beten und Bitten gleichbedeutend, aber im Lichte von Christian Science finden wir, daß das rechte Gebet erkennt, daß Gottes Wille geschehen ist, nicht geschehen soll, während wir beim Bitten oder Flehen gewöhnlich die Erfüllung unserer eigenen Wünsche verlangen, und deshalb versuchen, Gott darüber zu belehren, was wir für notwendig halten. Gott ist der eine Geist, der eine wahre Denker, das eine Prinzip oder Herrscher, und daher wäre es widersinnig, wenn wir wünschten, daß Er Seinem eigenen göttlichen Willen zuwider handeln sollte. Sein universelles Reich ist vollkommen, vollendet, in keinem Teile desselben findet sich Mangel oder Unvollkommenheit. Wenn wir daher Gott anflehen, so ist dies ein Zeichen, daß wir glauben, es fehlt uns etwas, und daß Er nicht auf unsere Bedürfnisse achtet; daß Er es zuläßt, daß wir Not leiden, und wir Ihn daher bitten müssen, uns zu geben, was wir nötig haben.

Wenn dies Gottes Wille wäre, könnte er dann Seinen Plan und Sein Gesetz ändern, um uns Fülle zu geben? Solch eine Handlungsweise ist im Widerspruch, es ist als wenn dieselbe Quelle süßes und bitteres Wasser zugleich hervorsenden könnte.

Anzunehmen, daß uns etwas fehlt, zeigt einen Glauben in uns an, daß Gott nicht allmächtig und allgegenwärtig sei, daß eine andere Macht Ihm entgegenstehe, so daß Er nicht im stande sei uns alles Gute zu geben. Ebenso unsinnig ist es zu behaupten, daß Er uns Not irgend welcher Art, Sünde, Krankheit oder Tod, Armut oder Kummer zusendet, um uns näher zu sich zu ziehen; denn um solche Übel senden zu können, muß Er sie in sich selber haben und daß würde Ihn als unvollkommnen Gott stempeln. Wir kann unser Gott, der die Liebe ist, irgend ein Übel in sich haben, welches Er Seinen Kindern zusenden würde? Weshalb nicht in logischer Weise über den Charakter Gottes, der unser Vater-Mutter ist, denken?

Wirkliches Gebet ist sehr verschieden von dem, was man gewöhnlich unter Gebet versteht. Recht zu beten heißt zu wissen, daß Sein Wille geschehen ist; zu wissen, daß Er alle Dinge gemacht und vollendet hat, daß Seine Schöpfung gut ist, nicht daß das Böse gut ist, sondern daß alle Dinge, die wirklich existieren, in alle Ewigkeit gut sind. Das Böse ist nur etwas vorübergehendes. Recht beten heißt, Gottes Alleinexistenz zu verstehen und anzuerkennen, und als Sein vollkommenes geistiges Kind in Frieden zu ruhen.

Wie viele unter uns sind bereit so zu beten, bereit den eigenen Willen aufzugeben und in Harmonie mit der Ordnung der Unendlichkeit zu leben?

Hier ein Beispiel. Eines Tages hatte ich es nötig zu beweisen, daß ich gesund war. Ich arbeitete den ganzen Tag hindurch ohne den gewünschten Erfolg, und als ich mein Bureau abends abschloß, verlor ich das Bewußtsein und fiel zu Boden. Als ich wieder zu mir kam, drängte sich mir ein Gebet nach der alten Art auf die Lippen: „O, Gott, hilf” — aber der Satz wurde nicht zu Ende gesprochen. Sofort änderte ich die Annahme, daß der Mensch, Gottes Kind, seinem Vater ungleich sein, oder daß er erst krank sein könnte und dann geheilt werden müßte. Ich erkannte, daß der Mensch niemals krank war, und es niemals nötig hatte geheilt zu werden und in demselben Augenblick war ich völlig wiederhergestellt.

Der erste Gedanke meines Gebetes war, Gott zu bitten meinen Willen zu tun, der zweite war die Erkenntnis, daß Gottes Wille schon geschehen ist.

Aber glaubt denn die Menschheit nicht an die Möglichkeit eines verkehrten Lebenswandels und bittet sie nicht Gott sie von den scheinbaren Folgen zu retten? Dies erinnert uns an den Knaben, der Unfug treibt und dann betet, daß er nicht dabei entdeckt werden möge. Diese Anschauungsweise finden wir jedoch überall. In der Annahme, daß Gott sich in einem weitentfernten Himmel befindet, versetzen wir uns in einen materiellen von Ihm getrennten Zustand, und bilden uns ein, daß wir handeln können wie wir wollen; dann, wenn Wolken erscheinen, bitten wir Gott die Wolken zu vertreiben, damit wir fortfahren können, diese Lüge „verkehrten Daseins” zu glauben (Science and Health, S. 203).

Jesus sagte: „Betet ohne Unterlaß”; dies bedeutet zweifellos, ohne Unterlaß zu verstehen und anzuerkennen, daß Gott alles ist, daß Er allein herrscht, und daß Sein Reich die Heimat von Frieden, Freude und Fülle ist, und daß außerhalb des Reiches Gottes nichts existiert oder Macht besitzt.

Wenn wir dies erkennen, haben wir dann um etwas zu bitten oder zu flehen? Wenn Gott alles ist, kann es dann in Wirklichkeit irgend etwas Böses geben? Recht beten heißt Gott als Gott in unserem Leben zu krönen, während Bitten ein verkehrtes Beten ist, ein Glaube, daß Gott nicht die einzige Macht ist. Wir sind in Wirklichkeit Gottes vollkommene Kinder, und als solchen steht uns all die Fülle Seines Reiches offen. Hat nicht Jesus gesagt: „Und alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, werdet ihr’s empfahen?” Gott hat uns alles gegeben, können wir noch mehr wünschen?

„Science and Health“ (S. 3) sagt, wir sollen „unsern Finger an die Lippen legen und unserer Segnungen gedenken,” und wenn wir aller unserer Segnungen gedenken, so werden wir finden, daß wir im Himmel sind.

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