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Die richtige Denkungsart.

Aus der Oktober 1905-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Sohn kann nichts von ihm selber thun, sondern was er siehet den Vater thun; denn was derselbige thut, das thut gleich auch der Sohn. — Jesus.

Das Entfalten der geistigen oder metaphysischen Aussagen der obigen Bibelstelle offenbart dem eifrigen Schüler der Christian Science einen Schatz reich an Bedeutungen, und eine intelligente Auffassung des Ausdrucks „Reflexion oder Widerspiegelung,” wie er in unserem Lehrbuch angewandt wird, kann allein ein richtiges Denken im individuellen Bewußtsein hervorbringen. Vielleicht ist kein anderes Wort im Wortschatz der Christian Science von so großer Wichtigkeit in der Erhebung des menschlichen Denkens zur Unterscheidung dessen, was wirklich im Bereich des göttlichen Geistes vor sich geht. Christian Science führt die Menschheit zum ernsten Nachdenken über die Probleme des Lebens und besteht auf absolut korrekte Beschlüsse als das Resultat wirklicher Erfahrung im Überwinden oder Ablegen alles Glaubens an das Böse. Sie verlangt ein richtiges Denken in jeder Beziehung und zeigt uns klar, wie dies zu erreichen ist, so daß wir keine Entschuldigung haben, wenn wir Gott nicht richtig verstehen.

Prämisse und Schlußfolgerung des rechten Denkens konzentrieren sich auf einen vollkommenen Gott und vollkommenen Menschen, auf Einen Schöpfer und eine vollkommene Schöpfung. Christian Science erklärt Gott als göttliches Prinzip, den einen unendlichen Geist oder Intelligenz und den Menschen als die unendliche Idee oder Reflexion dieses Geistes. Dies drückt eine Verwandtschaft zwischen Gott und Menschen aus, die unzertrennlich und ewig ist. Da Gott vollkommener Geist und der Mensch Sein Ebenbild ist, so wissen wir, daß der wahre Mensch vollkommene Gedanken widerspiegelt; hierin liegt das Geheimnis alles rechten Denkens. Wenn wir Gott als den einzigen Schöpfer anerkennen, dann kann die einzige ehrliche und standhafte Richtung, die wir annehmen können, nur die des beständigen Bestrebens sein, nur solche Gedanken zu reflektieren oder auszudrücken, die in Gott, dem Guten, ihren Ursprung haben und von Ihm ausgehen.

Es ist selbstverständlich, daß dieser Gegenstand vom Standpunkte allgemeiner Menschheit angesehen werden muß, und daß wir nur nach und nach Vollkommenheit in der Kunst des korrekten Denkens erlangen können; aber die Tatsache bleibt, daß es nur eine Art und Weise gibt, in der wir unsere Arbeit tun können, nämlich, daß wir fortwährend das vollkommene, geistige Vorbild vor uns haben müssen. Dies verlangt einen korrekten Anfangsbegriff, der stets zu korrekten Beschlüssen führen wird. Um beständig nach unserer Lehre zu leben und denken, ist es durchaus notwendig, mit einer absolut richtigen oder wissenschaftlichen Auffassung von der Gottheit zu beginnen, d. h. in all unseren Berechnungen vom Ursprung auf die Wirkung zu schließen, und hierin wird Gott zu dem einen und einzigsten Anfangspunkt, von dem irgend wahre, richtige Beschlüsse gezogen werden können. Wenn wir nicht die richtige Idee von Gott besitzen, so können wir nicht unsere Verwandtschaft zu Ihm erkennen und unser Denken wird eine ärmliche Nachahmung von geistiger Tätigkeit.

Was ist Gott? Dies ist für jeden die erste und wichtigste Frage, die beantwortet werden muß. Der menschliche Verstand kann es nicht ergründen, denn Sterbliche urteilen immer von der Wirkung auf die Ursache und kommen folglich nie zu einem genauen Schluß. Eine gute Illustration ist ein Fall, wo der Mensch behauptete, daß Gott menschlich persönlich sein müßte, denn er selbst wäre persönlich und der Mensch sei nach dem Ebenbild Gottes erschaffen worden.

Der Schüler der Christian Science fängt bald an einzusehen, daß nichts wirklich Segenbringendes oder Bleibendes im geistigen Bereich erreicht werden kann, so lange er nicht lernt vom rein geistigen oder metaphysischen Standpunkte aus zu denken. Wenn ein Kranker zum Scientisten für Hilfe kommt, so weiß er, daß ihn das Denken an Krankheit und Leiden nicht heilen wird; ebenso wenig wie der Sünder durch das Denken an Sünde und deren Folgen von seinen Sünden befreit werden kann. Ist ein Mensch in den Banden der Furcht, so braucht er Hilfe von dem, der sich nicht fürchtet, wenn er mit Sorgen und Angst bedrückt ist, so kann ihm nur jemand helfen, der entgegengesetzte Gedanken hegt. Einem Ertrinkenden kann am besten von dem geholfen werden, der nicht selbst am Ertrinken ist. In jedem Falle bringt der Gedanke an Gott, das Denken an das Gute, Heilung und Befreiung, und der Scientist lernt, wie er dieses heilende Bewußtsein widerspiegeln kann.

Es erfordert Demut, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des Beweggrundes, um ein tätiger und erfolgreicher Vertreter des richtigen Denkens zu werden, denn ein solches Denken verwirft das Zeugnis der Sinne. In dem Augenblicke, wo wir den Grundsatz in Christian Science annehmen, daß der Mensch ein geistiges Wesen, der Ausfluß des unendlichen Geistes ist, fangen wir an, die Bedeutung des Ausdrucks Reflektion zu verstehen, in dem Gottes Gedanken auf den Menschen übergehen und in jeder Stunde als wirksam befunden werden. Was wir achtlos von einem materiellen Standpunkte aus annehmen und glauben, ist die verleitende Ursache aller Unzufriedenheit und alles Unglücks, doch sowie wir vom Standpunkt des göttlichen Prinzips aus zu rechnen lernen, verschwindet alle Disharmonie, wie die Dunkelheit dem Lichte Platz macht. Ein in jeder Beziehung rechtes Denken bedeutet eine gegenwärtige Befreiung von jeglichem Glauben an das Böse. Da Gott Liebe ist, so ist jeder den Gedanken des Hasses in sich schließende Vorsatz offenbar falsch und folglich ohne Bedeutung. Nur der genaue Gehorsam gegen das Gebot: „Darum sollt ihr vollkommen sein,” kann je die Forderung des rechten Denkens erfüllen.

Unserer Leiterin häufige Ermahnung, das Besprechen des Irrtums zu vermeiden, ist für uns insofern maßgebend, wie wir Gott, dem Prinzip des rechten Denkens, gehorchen und lieben. Die beständige Erklärung der Wahrheit mit ihrer sie begleitenden Verneinung des Irrtums sollte an Stelle des Denkens und Aussprechens des Irrtums treten, doch wird dieser harmonische Zustand nicht eher verwirklicht werden, bis wir weniger von den Sorgen dieser Welt eingenommen sind und uns mehr Gott weihen, bis wir weniger in die Gesetzlosigkeit der Materie interessiert sind und mehr von dem untrüglichen Gesetze Gottes überzeugt sind. Christian Science lehrt und beweist durch wirkliche Demonstration, daß alles rechte Denken in Gott seinen Ursprung hat und auf den Menschen übertragen wird; dies erklärt die einzig richtige Denkungsart oder Handlungsweise. Haben wir dies einmal im Heilen von Krankheit oder Sünde bewiesen, so gibt es für uns keine Entschuldigung mehr für Ungehorsam gegen das Prinzip, das solche Handlung regiert. Wir können nicht zu dankbar sein für diese höchst wichtige Offenbarung der Wahrheit und ihre praktische Erklärung, wie sie von Mrs. Eddy gegeben worden ist, denn sie ist das Geheimnis unserer Erlösung und unseres Heils.

Von Gott kommende Gedanken müssen göttlich und nicht menschlich sein, und dies führt zu dem einen Beschluß, daß alle sogenannten bösen Gedanken nicht in Gott ihren Ursprung haben, noch von Ihm zum Menschen kommen; daher müssen sie vergänglich und unwahr sein, und wenn unwahr oder unwirklich, so sind sie ohne Prinzip, Macht oder Autorität. Hat man nun diesen Unterscheidungspunkt erreicht, so ist man bereit die Arbeit zu beginnen, — im eigenen Bewußtsein die Spreu vom Weizen zu sondern, — und dies heißt, das Kreuz auf sich nehmen und Christus im täglichen Leben folgen; es bedeutet beständiges Beten und Wachsamkeit, Selbstverleugnung und Kommunion mit Gott, welches Frieden, Freude, Gesundheit und Glück verschafft. Ist nicht diese unaufhörliche Tätigkeit des gesetzmäßigen Denkens das Himmelreich auf Erden?

In unserm begrenzten Sinn von Intelligenz haben wir unwissentlich den sterblichen, materiellen Geist mit Denkvermögen versehen und daher ist es nicht seltsam, daß die Menschheit mehr in den verschiedenartigen falschen Gedanken oder Anschauungen dieses sogenannten Geistes interessiert ist als in den Gedanken oder Ideen des einen vollkommenen Geistes. Christian Science lehrt, daß der eine Geist allein im stände ist, wissenschaftlich und rechtmäßig zu denken, und daß der Mensch dieses rechte Denken widerspiegelt. Wenn der Mensch unabhängig von Gott Gedanken schaffen könnte, so würde er ein Schöpfer sein und dies würde die Allmacht Gottes verneinen. Die richtige Denkungsart verrät somit die mutmaßliche Anmaßung des menschlichen Geistes, frei nach Belieben über die Gottheit denken zu können, doch ist uns gesagt worden, daß alle wahrhaftigen Anbeter den Vater „im Geist und in der Wahrheit” anbeten müssen, eine Anbetung, die sicherlich kein müßiges oder planloses Denken erlaubt. Wenn es dem sterblichen Menschen überlassen wäre, zu denken, wie es ihm gefällt, so würde er niemals aufgeklärt werden und würde daher ohne Hoffnung sein. Man gibt gewöhnlich zu, daß jeder Mensch ein Recht zu seinen eigenen Meinungen hat, dies ist jedoch nur eine zeitweilige Ansicht, ein „Laß es jetzt also sein,” denn niemand kann der Strafe für falsches Denken entgehen, ob es unwissentlich oder absichtlich geschieht. Sobald das menschliche Bewußtsein durch die Wahrheit geläutert wird, wird der falsche Gedanke eher entdeckt und verworfen; oft stellen sich uns aus den niedrigsten Tiefen des sterblichen Geistes kommende Gedanken gegenüber, denen wir durch augenblickliches Erkennen ihres Ursprungs und der Kenntnis, daß sie nicht uns gehören, begegnen können. Furcht, Angst, Sorge, Trübsinn, Entmutigung und Selbstverdammung würden wirksame Waffen in den Händen des Feindes sein, wüßten wir nicht, daß Gedanken göttlich sind, und daß diese Irrtümer ohne Prinzip und Macht sind und daß wir solche nicht hegen.

Als Christian Scientisten legen wir große Bedeutung auf die Wichtigkeit des richtigen Denkens, jedoch können wir jetzt noch nicht ein vollkommen gerechtes Urteil von der Macht des rechten Denkens haben. Wir haben oft bewiesen, daß christlich wissenschaftliche Gedanken Krankheiten heilen, aber nur wenn das Element der Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit gänzlich von unserem Denken gewichen ist, können wir uns dem vollkommenen Standpunkt der Reflexion nähern und im stände sein, die großen Möglichkeiten wissenschaftlicher Gedanken zu demonstrieren. Eine große Läuterungsarbeit liegt noch vor uns, wobei wir nicht die Grundbedingung außer acht lassen dürfen.

Das Wort Gerechtigkeit ist altersgrau im Wortschatz der Sterblichen geworden; wie dürftig ist aber unsere Auffassung von dessen Bedeutung. Für den Christian Scientisten bedeutet es nichts anderes als wissenschaftlich richtiges Denken: der Mensch, welcher Gott, das Gute, widerspiegelt. Der richtige Denker ist der rechte Mensch und als einzig wahrer Mensch anzusehen, denn als solcher wird es stets seine Absicht sein, so zu denken, wie Gott denkt. Wir haben gern zugegeben, daß Gottes Gedanken vollkommen sein müssen, aber wir verwirklichten uns kaum, daß es die Pflicht des Menschen ist, hier und jetzt nur so wie Gott zu denken; in andern Worten, Gott widerzuspiegeln. Die Lehre der Vergangenheit, daß Gott gut ist, der Mensch aber ein Sünder, hat nicht reines Denken hervorgebracht, vielmehr hat es den Menschen von der göttlichen Intelligenz getrennt und ihm somit seine natürliche Fähigkeit und Fassungskraft, das Gute in Gedanken, Wort und Tat auszudrücken, entzogen. Es hat ihn die Natur und die Leitung Gottes nur undeutlich erraten lassen inmitten der Finsternis menschlicher Ansichten, Theorien und Traditionen und ihn daher der bewußten Macht und Stärke beraubt, bis Christian Science den Wahrheitsruf ertönen ließ: „Wache auf.” Tausende haben den Ruf gehört und haben das große Problem, ihr eigenes Heil intelligent und systematisch auszuarbeiten, begonnen, mit dem Gefühl tiefster Dankbarkeit gegen ihre Führerin, die der Menschheit die praktische Anwendung des richtigen Denkens so klar gemacht hat.

Da Gott die erzeugende Macht, das Prinzip, die Substanz und Intelligenz jedes wissenschaftlich rechten Gedankens ist, warum sollte dann nicht dieser Gedanke Fähigkeit und Autorität besitzen, Krankheiten zu heilen, Sünde und Tod zu vernichten, in der Tat, alles nach Gottes Willen zu tun? Verwirklichen wir uns immer, daß jeder richtige Gedanke mit Allmacht versehen ist? Daß, wo er ist, Gott ist? Wenn wir es täten, würden wir sicherlich sorgsamer sein und den Eingang zu unserem Bewußtsein bewachen.

Die einzig wahre Tätigkeit der Denkungsart ist geistig, nicht materiell, und diese Tätigkeit des rechten Denkens oder richtiger Ideen bildet die wahre Menschheit. Dies wird in der Jetztzeit durch Christian Science im Heilen von Krankheit und Leiden und in der Überwindung aller irrtümlicher Auffassungen und Handlungen der Menschheit bewiesen. Das rechte Denken ist wegen seiner geistigen Tätigkeit mächtig. Es ist ein „Schweig und verstumme” für alle falsche Tätigkeit. Es ist stets segenbringend für die Menschheit, nach Weisheit und Belehrung anstatt Amüsement zu suchen. Blinder Gedanke ist nichts anderes als Raten, das Wissen ist die Tätigkeit des rechten Denkens, und es ist die Aufgabe der Christian Science, die Menschheit von betrügerischen, menschlichen Anschauungen zu befreien, indem sie ihr eine praktische, wissenschaftliche Kenntnis von Gott gibt.

Die geistige Einigkeit, die zwischen Gott und dem Menschen existiert, wird niemals durch irgend ein falsches Verfahren des materiellen, sterblichen Denkens verstanden werden. Der Geist, der Christus Jesus beseelte, fand nicht und findet auch jetzt nicht Ausdruck in irgend einem Gedanken über Materie, Sünde, Krankheit oder Tod, wie können wir uns denn anders von demselben göttlichen Geist beherrschen lassen, als daß wir uns weigern, die falschen, nicht diesem Geiste gehörenden Gedanken auszudrücken? An Gott denken und richtig denken, sind oft zwei ganz verschiedene Dinge. An Gott denken, oder über Gott nachdenken, heißt nicht immer notwendigerweise Gott, das Gute widerspiegeln. Der sterbliche Mensch beansprucht die Fähigkeit, an Gott zu denken; aber er kann nicht wissenschaftlich das Gute widerspiegeln, solange er in Unwissenheit über des Menschen geistige Existenz ist. Nur, indem er lernt, den alten Menschen abzulegen, — und das bedeutet das Überwinden sterblicher Gedanken, — fängt er an empfänglich für die Wahrheit zu werden. „Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.” Wir werden sicherlich nur vom Geiste Christi regiert, wenn wir ihn im täglichen Leben ausdrücken oder widerspiegeln. „Gott mit uns” ist das geistige Bewußtsein Seiner Allmacht und Allgegenwart und die natürliche Fähigkeit, sie zu demonstrieren.

Es ist interessant zu bemerken, daß Johannes der Täufer nicht die Kranken heilte und die Teufel austrieb. Johannes glaubte wohl, daß „das Himmelreich ... nahe herbeigekommen” ist, aber er wußte es nicht. Durch Reflexion des göttlichen Geistes wußte Jesus, daß es nahe herbeigekommen und bewies oder demonstrierte dies „durch mitfolgende Zeichen.” Was wir wissen, können wir auch beweisen, und es ist dem richtigen Denker augenscheinlich, daß, wenn Gott mit uns ist, Krankheit, Sünde und Tod nicht mit uns sein können, und durch diese höhere Kenntnis lernt er, alles was Gott unähnlich ist, zu überwinden. Um unsern Sinn für das Böse zu verlieren, müssen wir eine korrekte Idee vom Guten erreichen, ebensowohl wie die wahre Erkenntnis vom Leben zur Vernichtung unseres Sinnes vom Tode notwendig ist. Keins der beiden wird vollbracht werden, solange wir an die Wirklichkeit und Macht der Materie glauben. Eins der größten Hindernisse für geistiges Wachstum ist der irrtümliche Glaube, daß der Mensch eine doppelte Natur habe, daß er beides, gut und böse sei, beides, Wesen und Materie, Geist und Fleisch, und was noch schlimmer ist, daß Gott ihn so gemacht habe. Darin sehen wir wieder die Notwendigkeit Gott richtig kennen zu lernen.

Unser Meister sah es nicht als Anmaßung an, zu behaupten, daß er eins mit dem Vater sei, und diese Verwandtschaft bewies klar seine unvermeidliche Pflicht und seine von Gott gegebene Fähigkeit, nur vom Vater kommende Gedanken auszudrücken. Er sagte: „Der Sohn kann nichts von ihm selber thun, sondern was er siehet den Vater thun.” Wenn die, sich als Christen Bekennende, anfangen einzusehen, wie Jesus immer nur vom rein geistigen Standpunkte aus Beschlüsse zog und daß dies ihm die einzige bewußte Macht und Autorität gab, so werden sie seine Heilungswerke nicht mehr als übernatürlich und außerhalb ihres Begriffsvermögens ansehen. Jesu vollkommenes Verständnis von Gott offenbarte ihm die sagenhafte Natur der Materie und die Machtlosigkeit ihrer sogenannten Gesetze. Er versuchte niemals den Geist von einem materiellen Standpunkt aus zu erklären; ebensowenig können wir dies tun. Sein Rat für die ganze Menschheit war „am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit” zu trachten, und warum? Weil er wußte, daß Gott die einzige Quelle rechter Gedanken ist, und daß des Menschen einziges Heil vom geistigen Verständnis dieser großen Tatsache abhängt.

Die falsche Tätigkeit des sterblichen Geistes, der Gehirn und Nerven mit Intelligenz und Macht zu versehen scheint, war für Jesus ein sinnloser Traum. Er drückte es als „von unten” kommend aus und sagte dies mit Autorität, weil er wußte, daß er „von oben,” eins mit dem Vater war. Er wußte, und Christian Science hat uns dies Verständnis offenbart, daß das Ebenbild Gottes unmöglich einen unheiligen Gedanken widerspiegeln kann.

Da Gedanken willkürlich von Ursache zur Wirkung, vom Noumenon zum Phänomen übergehen, so sollten wir natürlich mit der Ursache rechnen, um die Disharmonie der Sinne aufzuheben. Es würde sicherlich Zeitverschwendung sein, Gott zu verleugnen, wenn man der Weisheit und Belehrung bedarf. Sollte Gott nicht im stande sein, uns mit allem Notwendigen zu versorgen? Und warum sollten wir nicht mit Seiner Kenntnis zufrieden sein? Wir sind einfach nicht gelehrt worden in solch’ praktischer Weise von Ihm Belehrung zu verlangen; wir haben uns anstatt dessen auf die Kenntnisse der Sinne verlassen und haben zeitweise sogar versucht, die Gottheit zu belehren. David hat wahrheitsgemäß vom Sterblichen gesagt, er denkt, daß er einen Geist für sich hat, er denkt, wie es ihm gefällt: „In allen seinen Tücken hält er Gott für nichts.”

Ein rechter Gedanke oder eine Idee tritt ins menschliche Bewußtsein heilend und verbessernd; da Gottes Gesetz eins der göttlichen Hinlänglichkeit und Vollständigkeit ist, muß es alles unrechte Denken korrigieren, dadurch jede menschliche Notdurft befriedigend. Die Tätigkeit einer wahren Idee muß notwendig alles Böse und Unrechte im individuellen Bewußtsein bloslegen, wodurch irgend ein sterbliches Gesetz mit seiner unwahren Natur und Wirkung des Bösen erkannt und vernichtet wird. Solange wir an den Irrtum glauben und darüber sprechen, sind wir unwissend über dessen wahre Natur, dagegen wird, wenn wissenschaftlich blosgelegt, der Irrtum als nichts erkannt, und dies kann nur das Denken an Gott, das Gute, tun.

Der Meister sagte: „Ich bin der Weg, ... niemand kommt zum Vater denn durch mich,” und früher oder später muß die ganze Menschheit den Christus als ihren Erlöser annehmen, denn nur allein durch die göttliche Idee kann sie Gott recht erkennen und den Banden des Bösen entkommen. Kein System der Philosophie oder Theologie, das vom Standpunkte der physischen Sinne rechnet, kann jemals Gott für die Menschheit praktisch als eine stets gegenwärtige Hilfe in Zeiten der Not verständlich machen. Der Christian Scientist braucht nicht Abhandlungen über Hypnotismus oder irgend ein anderes falsches System zu studieren, um zu lernen, was solche Systeme lehren. Der Geldwechsler braucht nicht Falschmünzen zu seinem Schutz studieren; seine Kenntnis vom echten Geldschein oder Münze befähigt ihn augenblicklich das unechte herauszufinden und zurückzuweisen. Ebenso ist es mit unserer Kenntnis von Christian Science, — unser Verständnis vom Guten, das die Unwirklichkeit des Bösen aufdeckt, zeigt uns wie es zu überwinden ist.

Wenn wir durch tatsächliche Demonstration bewiesen haben, daß alles wahre Denken göttlich ist, so müssen wir natürlich alle Formen des Hypnotismus verwerfen. Jesu Heilen und Lehren waren ein beständiger Vorwurf für die falsche Tätigkeit, die vermutet, daß ein irrtümlicher Geist Einfluß auf einen andern hat. In Christian Science wird der sogenannte sterbliche Gedanke zu einem ursprünglichen Nichts, während der wahre, geistige Gedanke oder die göttliche Idee mit Unsterblichkeit, Macht und Autorität ausgestattet ist; was auch immer aus dem Geiste der Sterblichen hervorzugehen scheint, ist gänzlich ohne Prinzip, hat folglich weder Macht noch Autorität und ist weder Gesetz noch Regierung.

Gott anzubetteln, anzuflehen oder zu quälen, für uns etwas zu tun, was von seinem erhabenen Standpunkt aus schon vollbracht ist, ist wertlos wie ein Spielen mit Schatten und heißt nicht beten, denn um recht zu beten, muß man wissen, was Gedanken sind und woher sie kommen, daß sie in Gott ihren Ursprung haben und im Menschen widergespiegelt werden; sie machen eine stets wirkende Tätigkeit aus, die nichts mit dem Bösen gemein hat. Das rechte Gebet und Kommunion ist die wahre Denkungsart oder Seelentätigkeit, die uns Gott praktisch anwendbar in jeder Stunde menschlicher Notdurft offenbart. Ein Glaube an viele Geister hat niemals und kann nimmer eine Grundlage für das wahre Gebet bilden. Glaube, Frohsinn und Hoffnung müssen in dem Einen Geist begründet sein, um jemals Verständnis und Verwirklichung zu erlangen. Die heilige Schrift lehrt: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist,” — an solch ein Gebet lehrt Christian Science glauben, nicht mit blindem, gleichgültigem, wirkungslosem Glauben, sondern mit einem solchen, der schafft, was er glaubt und mit festem Vertrauen an das Gute die Wahrheit bis ans Ende standhaft erklärt.

Die richtige Denkungsart ist die Basis des wahren Gebets; wenn jeder Schüler der Christian Science dies erinnern möchte und sein tägliches, geistiges Werk tun, so könnte jedes Gesetz menschlicher Begrenzung vernichtet werden und unsere Sache würde in jeder Gemeinde, wo der Same der Wahrheit gesäet worden ist, gedeihen. Von einigen unserer kleineren Städte kommt der Ruf nach erfahrenen und fähigeren Anhängern der Christian Science, um die Arbeit in ihrer Mitte aufzunehmen. Sehr oft hat diese Bitte keine Erwiderung gefunden, aus dem Grunde wahrscheinlich, weil man vor dem Ergreifen des sogenannten Wirkens zurückschrickt und dadurch verfehlt, die Weise und Wirksamkeit eines wahren Gebetes zu erlernen. Sie haben mit andern Worten verfehlt für das zu beten, was sie brauchen und haben statt dessen Gedanken der Sorge und Furcht genährt oder Argumenten zugehört, die ihre Fähigkeit und Fassungsvermögen des Gebens und Empfangens begrenzt haben. Um richtig anzufangen, muß man richtig beten lernen, denn ein rechter Anfang bedeutet ein fruchtbringendes, wirksames Ende, so lange man mit seiner geistigen Arbeit fortfährt und sich weigert, von irrtümlichen Ratschlägen beeinflußt zu werden. Ein richtiger Denker ist ein tätiger Reformator in jeder Gemeinde. Sein Einfluß für das Gute wird sicher gefühlt und anerkannt werden, wie gering auch seine gesellschaftliche Stellung sein mag. Es gibt keine Entschuldigung für einen Schüler der Christian Science, wenn er nicht ehrlich und praktisch ist, sobald er einmal richtig denken gelernt hat, denn das rechte Handeln ist die unzertrennliche Folge des rechten Denkens.

Als Schüler der Christian Science, — des beweisbaren Christentums, — müssen wir die Tatsache hervorheben, daß das geistige Denken das einzig gesetzmäßige ist und daß alles andere, was nicht von Gott kommt und durch Sein Gesetz regiert wird, aus dem individuellen Bewußtsein als eine Verfälschung der wahren Denkungsart verworfen werden muß.

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