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Der Gipfel des Berges.

Aus der Juli 1908-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Schreiber dieses Artikels hatte einst eine Erfahrung, die eine wichtige Lehre für ihn enthielt und die einen tiefen Eindruck auf ihn machte. Als er eines Morgens durchs Fenster schaute, bot sich ihm ein imposanter Anblick dar. Scheinbar nur eine Meile entfernt erhob sich der schneebedeckte Gipfel des Pikes Peak. In der klaren, frischen Luft dieses Februar-Morgens erschienen die kühnen und schroffen Umrisse des hohen Berges so deutlich, daß der Gedanke an die Entfernung beinahe verschwand. Es schien, als könne man den Berg in nur wenigen Minuten erreichen und ihn dann ohne Schwierigkeit bis zur Spitze besteigen. Der Schreiber war früher einmal bis zum Fuße des Berges vorgedrungen; deshalb erinnerte ihn jetzt seine durch die Erfahrung erlangte Beurteilungskraft sehr bald daran, daß ein solches Unternehmen keineswegs leicht sei. Der Fuß des Berges war tatsächlich mehrere Meilen entfernt, und nach Zurücklegung dieser Distanz bleibt erst noch der größere und schwierigere Teil der Reise übrig.

Und nun die Nutzanwendung. Bei der Lösung unserer Lebensprobleme sind die Resultate oft nicht so leicht oder so rasch erreichbar als wir uns anfangs vorgestellt hatten. Es treten uns unvorhergesehene Schwierigkeiten entgegen. Die Entfernung ist größer und die bevorstehende Arbeit schwieriger, als uns zuerst vorkam. Das Ziel ist wünschenswert, die Aussichten sind gut und die Hoffnung wird belebt; wir machen uns aber oft keinen Begriff davon, welch schwere Last wir tragen müssen, ehe das Ziel erreicht ist. Wenn wir dann auf Hindernisse stoßen, welche anfangs unsichtbar waren, und wenn uns klar wird, daß der Erfolg nicht so leicht erreichbar ist, wie wir zuerst gedacht hatten, so werden wir manchmal mutlos und führen dadurch das Mißlingen unserer Bestrebungen herbei. In keinem Unternehmen kann man auf Erfolg rechnen, ehe man alle Schritte getan hat, welche zu dem erwünschten Ziel führen. Ein Reisender, welcher zum ersten Mal die Berge erblickt — besonders auf den wellenförmigen Ebenen des amerikanischen Westens, — ist sehr erstaunt, wenn er hört, daß diese hohen Gipfel wenigstens fünfzig oder sechzig Meilen entfernt sind, denn es kommt ihm vor, als sei die Distanz nicht größer als fünf oder zehn Meilen, und er erklärt: „Es ist nicht möglich!”

Nehmen wir nun an, er entschließt sich, den Gipfel eines der nächstliegenden Berge zu ersteigen. Er macht sich mutig auf den Weg und ist überzeugt, daß er das Ziel bald erreichen werde. Eine Stunde vergeht, und es kommt ihm vor, als ob der Berg gerade so weit entfernt sei wie am Anfang seiner Reise. Auch nach einer weiteren Stunde scheint er seinem Ziele um nichts näher zu sein. Es ist gerade, als ob der Berg vor ihm zurückweiche. Er weiß jedoch, daß das nicht möglich ist, und indem er auf den Punkt seiner Abreise zurückblickt, wird er sich seines Fortschrittes bewußt. Die von ihm festgesetzte Zeit zur Ankunft am Fuße des Berges ist längst verstrichen; aber immer weiter dringt er vor. Es ist ihm jetzt klar, daß seine Aufgabe nicht so leicht ist, als er anfangs dachte; er wird jedoch nicht mutlos, denn er weiß, daß jeder Schritt ihn dem Ziele seiner Reise näher bringt. Zu seiner Verwunderung kommt er an Flüsse, die er kreuzen muß, und noch viele andere Hindernisse, von denen er beim Beginn seines selbstauferlegten Werkes keine Ahnung hatte, treten ihm entgegen. Endlich ist seine Treue belohnt, indem er den Fuß des Berges erreicht. Man sollte nun denken, er habe durch Erfahrung gelernt und werde nicht mehr „nach dem Ansehen” urteilen. Dem ist aber nicht so. Er freut sich, daß er beinahe am Ziele angekommen ist. Es scheint ihm, als sehe er sich schnurstraks den Berg hinansteigen, bis er den Gipfel erreicht hat. So bald hat er vergessen, daß „der Schein der Dinge trügt.”

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