Erlösung.
Wir sehen also, daß der Christian Science gemäß Erlösung nicht auf blindem Glauben beruht und nicht von Unglück und Tod abhängig ist, sondern daß sie die Betätigung des geistigen Verständnisses bedingt. Notwendigerweise schließt sie den Übergang von der Sündhaftigkeit zur Heiligkeit in sich, und Christian Science lehrt eine Methode, nach welcher der Sünder seine rechtmäßige Herrschaft über die Sünde demonstrieren kann. Daß entweder die Sünden des Einzelnen oder die der Menschheit im allgemeinen in irgend einer Form und auf irgend eine Weise mit menschlichen Leiden zu tun haben, gibt ein jeder zu. Wenn Sünde plötzlich aufhören würde, so wäre Krankheit bald von der Erde verschwunden. Das Überwinden des Leidens bedingt daher das Überwinden der Sünde, und der Christian Science gemäß schließt Erlösung nicht nur Freiheit von Sünde, sondern auch von Mangel, Sorge, Krankheit und allem Elend in sich.
Der offenkundige Sünder, der herzliche Reue verspürt, wünscht zwar frei zu sein, kann aber scheinbar seinen sündhaften Neigungen nicht widerstehen. Man überhäufte ihn stets mit der frommen Ermahnung, er müsse das Sündigen aufgeben, gab ihm jedoch keine bestimmte Methode, die ihm hätte behilflich sein können. Christian Science zeigt ihm, wie er zu Werke gehen muß, um die Sünde los zu werden. Sie erklärt, daß Gott sündlos ist und daß Sünde daher keine natürliche Existenz in Gott, in der Wahrheit oder Wissenschaft hat. Gewöhnlich ruft diese Behauptung heftigen Widerspruch hervor, besonders von den Kanzeln herab. Diejenigen, die sie nicht völlig verstehen, oder die nicht bewiesen haben, ob sie richtig ist oder nicht, machen geltend, daß wenn die Christian Science Lehre von der Unwirklichkeit der Sünde allgemeine Verbreitung fände, das Volk denken würde, es könne ungestraft drauflossündigen. Wir wollen diese Sache etwas näher betrachten. Es sei hier darauf hingewiesen, daß Christian Science keine Theorie ist. Entweder ist sie Wissenschaft, oder sie ist garnichts. Entweder wirkt sie durch das Gesetz der Wahrheit, das Gesetz Gottes, oder sie wirkt garnicht. Ihre Lehrsätze können bewiesen werden. Wer deshalb Christian Science kritisieren will, sollte es nach der in ihrer Lehre enthaltenen absoluten Regel tun, um zu erfahren, ob ihre Behauptungen auf Wahrheit oder auf Irrtum beruhen.
Ich habe nicht die Absicht, eine Behandlungs-Formel anzugeben, denn das wäre nicht im Einklang mit Christian Science; jedoch möchte ich in allgemeiner Weise andeuten, wie der Kritiker die Christian Science Lehre von der Unwirklichkeit der Sünde prüfen kann. Er behaupte täglich die durch Christian Science enthüllte Tatsache, daß Gott sündlos ist; daß Sünde deshalb keine göttliche Autorität und demzufolge keine wirkliche Macht besitzt; daß sie keine Intelligenz, keine Vernunft, kein natürliches Dasein in Gott hat; daß ihr kein Gesetz, kein Einfluß und Reiz, keine Gegenwart und Kundgebung, keine Macht der Suggestion oder des Denkens angehört; daß sie kein Bestandteil Gottes und daher auch kein Bestandteil des Menschen ist. Er widerstehe täglich auf diese Weise allen sündhaften Neigungen, und frage sich dann nach einem Monat, ob er infolge dieses Verfahrens ein größerer Sünder geworden sei oder ob er weniger sündigt als vorher. Nur auf solche Weise kann er feststellen, ob die Lehren der Christian Science bezüglich der Sünde göttlichen oder menschlichen Ursprungs sind. Er ist dann in der Lage kritisieren zu können, falls er dazu überhaupt noch eine Neigung verspürt. Es ist klar, daß kein gewöhnliches Lehrsystem einen Menschen befähigt, an der Christian Science Kritik zu üben, weil kein System außer Christian Science ein Normalmaß hat, das zuverläßig genug wäre, um das Erkennen ihrer erhabenen Tatsachen zu ermöglichen.
Der Himmel.
Christian Science lehrt, daß die Menschheit nur durch Beweise der Wahrheiten des Seins auf Erlösung von Leiden hoffen kann. Niemand vermag zu beweisen, daß der Tod die Seligkeit bzw. den Eintritt in das Himmelreich begünstigt, oder verhindert. Jesus erklärte: „So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich.” Hätte er diese Äußerung getan, wenn der Tod zur Erlangung der Seligkeit nötig wäre? Er wußte genau, worin der Zustand der Seligkeit besteht. Indem die Menschen den Tod mit ihrem Begriff vom Himmel in Verbindung gebracht haben, sind ihre Vorstellungen so sehr verdunkelt worden, daß sie nur zögernd an den Himmel denken oder von ihm reden. Alles das ändert sich in der Christian Science; der Himmel wird ein natürlicher Gegenstand des Gesprächs. Wir erkennen, daß er ein gegenwärtiges und willkommenes Erlebnis sein kann. Ein praktizierender Christian Scientist, der an ein Krankenlager tritt und da vermöge seines Verständnisses von der Christian Science sieht, wie das Leiden allmählich abnimmt, bis es schließlich ganz verschwindet, und wie der Patient geistig gehoben und moralisch gebessert worden ist, hat während dieser Erfahrung etwas von der Seligkeit des Reiches Gottes „inwendig in euch” erfahren. Vielleicht kann er seine Gefühle erklären, vielleicht auch nicht; auf jeden Fall ist ihm ein Vorgeschmack der himmlischen Freuden zuteil worden. Er weiß, daß der Himmel Harmonie und Zufriedenheit bedeutet, daß derselbe nicht auf einen Ort beschränkt ist, sondern sich im Bewußtsein befindet; daß er nicht den Tod voraussetzt, sondern vielmehr das Verständnis, daß Gott Leben ist und daß das Leben deshalb ewig, harmonisch sein muß und nur Gesundheit zum Ausdruck bringen kann.
Die Bibel.
Christian Scientisten studieren wohl die Bibel mehr als irgendwelche anderen Leute. Der Grund liegt darin, daß ihr Lehrbuch, „Science and Health with Key to the Scriptures,“ von Mrs. Eddy ihnen dazu verholfen hat, die Bibel als das interessanteste und schönste Buch der Welt zu erkennen. Mrs. Eddys Buch hat einen höheren Wert als andere Bibel-Kommentare, weil es uns eine Basis des Verständnisses gibt, auf der wir uns selbst die geistigen Lehren der Bibel sowie die in derselben enthaltene Wissenschaft des Lebens zu eigen machen können. Durch das Studium der Bibel nach der Auslegung des Christian Science Lehrbuches sind viele Leute gesund geworden, die früher stets leidend waren. Ferner haben viele Leute durch dieses Studium gar manche Arten von Furcht und abergläubischer Annahme überwunden. Solche Resultate sind höchst wertvoll; sie zeigen, welchen Segen Christian Science dem Bibelforscher bringt.
Die Mission der Christian Science.
Ohne Zweifel ist Furcht ein vorherrschendes Element im menschlichen Bewußtsein; ein jeder ist mehr oder weniger mit derselben behaftet. Nun mag aber dieser oder jener erklären: „O, ich fürchte mich nicht, weder vor Menschen noch vor Tieren”; und doch muß er zugeben, daß er sich vor etwas anderem fürchtet, vielleicht vor dem Klima oder den Witterungseinflüssen. Er mag sich wohl fürchten, in einem kalten Zug zu sitzen, nasse Füße zu bekommen, eine besondere Speise zu essen; oder er sürchtet sich vor Bakterien. Fast ein jeder, der nicht durch Christian Science eines Besseren belehrt worden ist, lebt in Angst vor Bakterien, und je kleiner die Bakterie, desto größer die Furcht!
Christian Scientisten behaupten nicht, die Furcht ganz überwunden zu haben und stets frei von Krankheiten und Leiden zu sein. Sie erklären bloß, daß sie jetzt weniger Furcht haben, nicht so oft krank werden und sich in Krankheitsfällen viel schneller erholen als früher, da sie noch an materielle Heilmittel glaubten. Sie geben nicht vor, den Zustand ganz erreicht zu haben, den die Menschheit mit der Zeit als „das Reich Gottes ... inwendig in euch” erkennen wird; Tausende haben jedoch in gewissem Maße jene schrecklichen Zustände überwunden, die man am besten mit den Worten „Hölle inwendig in euch” bezeichnet, und Christian Science hat ihnen zu diesem Sieg verholfen. Es ist die Aufgabe der Christian Science, die Menschheit in harmonische Zustände zurückzuführen. Sie will ihr Gesundheit statt Krankheit, Harmonie, Frieden und Glückseligkeit statt Disharmonie, Zwietracht und Elend geben. Gewiß ist dies eine berechtigte Mission. Dieselbe wird durch das Verständnis erfüllt, daß das Übel kein Teil des Seins in Gott ist. Wenn die Vertreter der Systeme, welche die Macht des Guten über das Übel nicht bewiesen haben, gegen den Beweis, den Christian Science liefert, Einwand erheben, so ist das gewiß höchst sonderbar.
Krankheit wird als mental erkannt.
Diejenigen, welche nicht gelernt haben, Gedanken mit deren Wirkungen in Verbindung zu bringen, verstehen nicht, wie der menschliche Körper durch Denken gesund oder krank werden kann; und doch gibt die medizinische Wissenschaft diesen Einfluß gewissermaßen zu. Christian Science geht jedoch weiter: sie enthüllt die allein richtige Methode, nach welcher Furcht und Sünde sowie deren Einfluß auf den Körper zerstört werden können. Der Durchschnittsmensch, der von Christian Science als von einer metaphysischen Methode reden hört, ist geneigt, sie mit den sogenannten mentalen Methoden zu verwechseln, die sich da und dort geltend machen. Christian Science hat jedoch mit Suggestion, menschlicher Willenskraft, Hypnotismus, Mesmerismus und dem Gebrauch von Formeln durchaus nichts gemein. Sie legt dar, daß alle diese Methoden ebensoleicht zu bösen als zu guten Zwecken angewandt werden können und daß sie deshalb weder christusähnlich noch wissenschaftlich sind.
Christian Science ist deshalb so wirksam, weil sie die Christus-Methode ist, in welcher der Einfluß des göttlichen Geistes anerkannt und als die einzige Macht angewandt wird. Es sollte nicht so schwierig sein, sich einigermaßen über den Einfluß des Denkens auf den Körper zu unterrichten, da es ja nie an Gelegenheit fehlt, diesbezügliche Beobachtungen zu machen. Gedanken der Furcht bewirken beim Menschen Erbleichen; Zorn macht ihn erröten; wenn ihm etwas begegnet, was ihn erschreckt, so klopft sein Herz schnell und unnatürlich. Es sind dies alles physische Wirkungen, die durch das Denken verursacht werden. Angenommen nun, ein Kind wird in einer Umgebung geboren, wo es unter den Einfluß der Furcht kommt, wie so oft der Fall ist, und angenommen, dieser Einfluß ist mehr oder weniger fortdauernd. Indem es unter solchen Umständen aufwächst, wird sein Herz wohl immer unnatürlich schlagen, bis vielleicht eines Tages nach einer ärztlichen Untersuchung das Urteil abgegeben wird: „Keine Rettung mehr für das arme Kind; es ist herzkrank.” Angenommen, ein solcher Fall wird dann einem praktizierenden Scientisten übergeben, wie so viele sogenannte unheilbare Fälle. Dieser wendet Christian Science an und kommt so dem Übel auf den Grund. Er findet die Ursache des Leidens, und durch das gerechte Gebet der Christian Science beginnt er alle Furchtgedanken auszuscheiden. Nach Beseitigung der Furcht wird das Herz in normalem Zustand sein. Es gibt Tausende von Leuten, die der Christian Science ein normales Herz, Gehirn und andere normale körperliche Organe verdanken.
Ich habe Ihnen bloß eine kurze Andeutung bezüglich der Ursache von Krankheiten und der richtigen Heilmethode gegeben. Diejenigen, welche hierüber ein volles Verständnis erlangen wollen, sollten es in dem Lehrbuch der Christian Science suchen, denn Mrs. Eddy hat in demselben die Ursachen menschlicher Leiden analysiert. In dieser Hinsicht sowie in Hinsicht auf die Regeln zur metaphysischen Behandlung von Krankheiten steht ihr Buch einzig da.
Gebet.
Nun dürfte aber wohl dieser oder jener einwenden: „Was, Sie behaupten, Frömmigkeit und Gesundheit ständen miteinander in Verbindung? Wie erklären Sie dann die Tatsache, daß rechtschaffene Leute so oft krank sind?” Ein Mensch mag rechtschaffen sein ohne eingesehen zu haben, daß Krankheit kein Teil des göttlichen Planes ist. Er mag annehmen, Gott habe in irgend einer geheimnisvollen Weise das Leiden verursacht oder es wenigstens zugelassen. Solange er nun solche falsche Begriffe hat, kann er unmöglich gesund werden. Wahre Frömmigkeit schließt nicht nur Rechtschaffenheit, sondern auch das Verständnis geistiger Tatsachen in sich. Ein solches Verständnis muß der Gesundheit förderlich sein.
Wer über die Lehren der Christian Science urteilen will, darf nicht wegen ihrer außergewöhnlichen Darlegungen in Aufregung geraten. Er muß vielmehr sorgfältig prüfen, ob dieselben wahr sind oder nicht. Offenbar kann der Körper nicht denken, sondern man denkt über den Körper. Ohne geistige Tätigkeit gibt es kein Leiden und keine Krankheit, denn die Materie ist an und für sich empfindungslos. Die Lehre von den Arzneimitteln gibt jetzt zu, daß der Geisteszustand des Patienten bei der Linderung von Schmerzen und der Heilung von Krankheiten in Betracht gezogen werden sollte. Ohne eine weitere Auseinandersetzung ist der Leidende jedoch geneigt, derartige Erklärungen mißzuverstehen. Er mag wohl mit Entrüstung ausrufen: „Was! Lehrt Christian Science, meine Schmerzen seien nichts als Einbildung, und ich dächte bloß ich sei krank?” Wir antworten, daß Christian Science nichts derartiges lehrt. Es fällt ihren treuen Anhängern niemals ein, nur so oberflächlich und leichthin über menschliche Leiden zu reden, sondern sie bemühen sich, dem Kranken mit lievollem Herzen den Weg zur Befreiung zu zeigen.
Fast alle Menschen sind gelehrt worden, daß Krankheit natürlich und gesetzmäßig sei. Ihre Erziehung beruht auf den materiellen Erfahrungen und der Geschichte des Menschengeschlechtes. In Anbetracht der vorherrschenden Einflüsse, Erziehungsmethoden und allgemeinen Annahmen wäre es herzlos und dem Begriff des Patienten gemäß unwahr zu erklären, der Patient bilde sich seine Schmerzen bloß ein, und er denke nur, er sei krank; denn Schmerz und Krankheit scheinen ihm so wirklich wie seine eigene Existenz. Sein Leiden besteht gerade in seiner Überzeugung, daß er krank sei. Christian Science berichtigt seine Annahme. Sie hebt seine Gedanken über das falsche Zeugnis der Sinne in das übersinnliche Reich der absoluten Wahrheit empor. Ihre Darlegungen erwecken richtige Ideen, welche ihm eine göttliche und ewige Basis des Denkens geben und seine ganze Gedankentätigkeit umwandeln, ohne ihm irgend etwas zu nehmen, was in seiner Erziehung wahr und nützlich gewesen ist. Auf diese Weise beginnt er dann, das Weltall von der göttlichen Basis, vom göttlichen Prinzip, vom Standpunkte Gottes aus zu betrachten und alle Eingebungen und inneren Regungen nach diesem göttlichen Normalmaß zu beurteilen. Eine solche Methode muß als richtig anerkannt werden. Sie bildet den Christus-Weg. Sie offenbart die Wahrheit über Gott, den Menschen, das Weltall und das Gesetz. Sie schließt das Gebet bzw. die Christian Science Behandlung in sich. Sie klärt das Denken, indem sie darlegt, daß Gott, der Inbegriff des unendlich Guten in keiner Weise und zu keinem Zweck Übel oder Leiden verursachen, anerkennen oder zulassen kann.
Im Lichte dieser neuentdeckten Wahrheit erkennt der Mensch, daß die Erklärung der Bibel: „Deine [Gottes] Augen sind rein, daß du Übels nicht sehen magst, und dem Jammer kannst du nicht zusehen,” ohne Zweifel wissenschaftlich ist, denn sie ist unwiderlegbar wahr. Er beginnt dann einzusehen, daß Krankheit und Elend ihren Ursprung und ihre Basis nicht in der Wahrheit, nicht in Gott haben und daß sie deshalb ohne Ursprung und Basis sind. Es wird ihm dann immer klarer, daß der Mensch gesetzlich, natürlich und ewig gesund ist, anstatt dem Gesetz und der Natur gemäß krank zu sein. Wenn er diesen wichtigen Punkt erreicht hat,— wenn er weiß, daß der Mensch gesund ist und warum er gesund ist, wird diese Kenntnis seine Furcht und seine falschen Annahmen vertreiben, und man braucht sich dann über ihn und seine Gesundheit keine Sorge mehr zu machen. Dies bezieht sich sowohl auf die eigene Person als auch auf andere. In allen Fällen besteht das ideale Verfahren darin, daß man sich die Wahrheit vergegenwärtigt. Während dieser Vergegenwärtigung darf man mit Recht die Wahrheit behaupten, und dies schließt dann notwendigerweise das Verneinen alles dessen in sich, was der Wahrheit oder Harmonie unähnlich ist. Wegen dieser zweifachen Natur des Gebetes in der Christian Science ist dasselbe so sehr erfolgreich in der Krankenheilung. Es bedingt wahre Frömmigkeit seitens des praktizierenden Scientisten; es ist die bewußte und beständige Gemeinschaft mit Gott, dem Guten; es schließt die Reinigung des Bewußtseins und des eigenen Ich in sich,— ja die Taufe in des Wortes höchster Bedeutung.
Die Entdeckerin und Gründerin der Christian Science.
Die Welt hat sich gewissermaßen an Christian Science gewöhnt. Dieselbe ist jetzt in vielen Kreisen ein willlkommenes Thema, und ihre wunderbaren und segensreichen Werke werden im allgemeinen anerkannt. Es gab jedoch eine Zeit, da Mrs. Eddy der einzige Christian Scientist auf Erden war. Sie stand allein mit Gott der Welt gegenüber und erntete durch ihre Entdeckung der Christian Science den Hohn der Unwissenden sowie die Feindseligkeit der theoretischen Religionssysteme und der materiellen Heilmethoden. Weltliche Begierden und Hoffnungen auf materielle Belohnung konnten unmöglich das Bewußtsein einer Person beflecken, deren Gedanken erhaben und rein genug waren, um Christian Science zu entdecken,— eine Religionslehre, die so reich ist an gottverliehenen Möglichkeiten und an unendlichen Segnungen für die Menschheit. Mrs. Eddy wußte, daß ihr die Christus-Idee erschienen war. Auf Seite 108 ihres Lehrbuches „Science and Health with Key to the Scriptures.“ spricht sie ganz besonders über diese Erfahrung. Sie wußte, daß ihr diese Offenbarung nicht durch selbsüchtiges Streben zuteil worden war, sondern durch das Verlangen, ein gottgefälliges Leben zu führen und Gutes zu tun. Es ist für sie gewiß ein gottverliehenes Vorrecht, diese geistige Erleuchtung erhalten zu haben; jedoch mußte sie zuvor unzähliche Opfer bringen und viel Selbstverleugnung üben, denn nur so konnte diese geistige Erleuchtung für die leidende und sündhafte Welt anwendbar gemacht werden.
Da nun diese Entdeckung ausschließlich vom Denken handelt und wahre Frömmigkeit in sich schließt, verdient sie deshalb weniger den Namen Wissenschaft als die Systeme, welche gewöhnlich diese Benennung erhalten? Wir bewundern und achten die großen Forscher auf dem Gebiete der Wissenschaft,— solche Männer wie Newton, Franklin, Alexander von Humbold und Hunderte von anderen, und wir tun wohl daran; dennoch aber hatten ihre Entdeckungen nur Bezug auf die materielle Welt und auf die von deren Phänomenen hergeleiteten Gesetze. Da wir nun diese Entdecker achten, was sollen wir dann von der Entdeckerin derjenigen Dinge sagen, die auf die Wahrheit des Seins und auf die geistigen, ursprünglichen und natürlichen Gesetze der Gesundheit und Harmonie Bezug haben. Wenn wir materielle Entdeckungen groß nennen, wo wollen wir ein Wort hernehmen, das die Entdeckung der Christian Science richtig bezeichnet?
Selbst die Tausenden, welche den wohltuenden Einfluß der Christian Science erfahren durften und durch denselben von Sorge, Krankheit und großer Trübsal befreit worden sind, haben nur einen schwachen Begriff von der Stärke, Macht und Herrlichkeit, die durch Mrs. Eddys inspirierte Lehren auf die Erde herabgekommen sind. Ja, sehr wenige Empfänger der Wohltaten der Christian Science haben einen richtigen Begriff von der hohen Aufgabe, die Mrs. Eddy erfüllte, als sie die Entdeckerin und Begründerin der Christian Science und die Führerin dieser großen Bewegung wurde. Mit Demut, Energie und Ausdauer, die nur der Christus-Geist verleihen kann, hat sie immer und immer wieder erklärt, daß der Christus-Weg der einzige Weg ist, auf dem die Menschheit wahre Gesundheit und Harmonie finden kann. Sie steht als eine einzigartige Gestalt in der Geschichte der Neuzeit da.
Schlußbemerkungen.
Selbst das geringe Verständnis von der Christian Science, wie man es sich schon durch den Besuch eines Vortrags über diesen Gegenstand aneignen kann, offenbart einem jeden Zuhörer bis zu einem gewissen Grade die Macht des wahren Denkens, dessen Ursprung in Gott, dem göttlichen Geist, dem Inbegriff des Guten ist. Wer nun diesen Einfluß und dessen Möglichkeiten erkannt hat, sollte sich doch gewiß befleißigen, diese Kenntnis praktisch anzuwenden. Ein einfach passiver Glaube richtet nichts aus, denn er gibt uns keine Erklärung über die Wissenschaft, die wir in Betracht gezogen haben. Wenn sich die Wahrheit geltend macht und allen Irrtum, alles Übel verneint, wird die wirksame Kraft der Christian Science bewiesen, denn man gibt dann der Herrschaft des Guten im Bewußtsein Raum. Dadurch wird sie mit der Zeit auf Erden erscheinen. Nun höre ich jemand sagen: „Das ist wohl Idealismus,” und ich antworte: „Ja, wahrer Idealismus.” Wir sollten jedoch bedenken, daß die Ideale der Menschheit die Tatsachen der Gottheit andeuten, obgleich sie bis jetzt leider noch zu unvollkommen sind, um dieselben darzustellen. Die Wahrheit übersteigt jeden menschlichen Begriff von Wahrheit.
Ferner, wer bloß zugibt, daß die Lehren der Christian Science sehr schön sind, hat nur einen mangelhaften Begriff von ihrer Bedeutung für die Menschheit. Musik ist schön; Malerei, Bildhauerkunst, alle Künste sind schön. Denken Sie an die herrlichen Landschaften, deren es so viele in unserem Lande gibt! Denken Sie an die Herbsttage, an die schönen Herbstblätter! Denken Sie an die Pracht des westlichen Himmels beim Untergang der Sonne! Wie majestätisch! Und doch müssen wir fragen: Haben alle diese schönen Dinge je einen Menschen erlöst? Haben sie das Sehnen des Herzens gestillt? Haben sie unsere Krankheiten geheilt und unseren Kummer weggenommen? Nein, keines derselben kann es tun; Christian Science hingegen vermag es. Sie ist nicht nur schön, sondern auch zweckdienlich.
Christian Scientisten werden dazu angehalten, gegen ihre Mitmenschen stets liebevoll zu sein. Wenn sie sehen, wie viel Elend, Krankheit, Leiden, Mangel und Sorge es in der Welt gibt; wenn sie an den Kampf zwischen den verschiedenen Gesellschaftsklassen denken, an des Menschen Grausamkeit gegen den Menschen, an die sich überall geltendmachende Habsucht, und wenn sie sich dann der Befreiung von all diesen Zuständen erinnern, wie Christian Science sie der Menschheit bietet, so ist es kein Wunder, wenn sie mit einem Gefühl des tiefsten Erbarmens an die Worte jenes alten Liedes denken:
Ihr, denen dieses Lebens Last
Den müden Rücken beugt,
Die ihr mit Müh’ und saurem Schweiß
Den steilen Weg ersteigt,
Seht auf! Das goldne Glück erscheint,
Und aller Kummer flieht;
Erquickt euch an des Weges Rand,
Und lauscht der Engel Lied.
Die Bibel erklärt: „Es wird dir kein Übels begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen”; und unser Lehrbuch definiert das Wort Engel in folgender Weise: „Gottes Gedanken, wie sie sich dem Menschen mitteilen; reine und vollkommene geistige Eingebungen.” Dies sind die Engel, die „dich behüten auf allen deinen Wegen.”
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