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Zeugnis eines Arztes.

Aus der Juni 1909-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Mehrere Jahre lang ehe ich das Studium der Christian Science begann, glaubte ich, daß dieselbe nicht nur in vieler Hinsicht irreführend, sondern als Heilmethode auch sehr gefährlich sei. Ich hatte zehn Jahre mit dem Studium der Medizin und deren praktischen Ausübung zugebracht und glaubte, den Prozeß genau zu verstehen, durch welchen die Heilungen der Christian Science — die ich anerkannte — herbeigeführt werden. Obwohl ich zur Zeit, als ich das Studium der Christian Science begann, sieben Jahre lang nicht als praktischer Arzt tätig gewesen war, galt mein Interesse doch der Arzneikunde. Ich war Professor der medizinischen Jurisprudenz in einer unserer ärztlichen Schulen und versuchte mit einigem Erfolg, medizinisch- gerichtliche Fälle zu meinem Spezialfach zu machen. Nebenher war ich finanziell an zwei Drogengeschäften beteiligt, so daß ärztliche Ansichten und medizinische Erwägungen eine jede meiner Handlungen beeinflußten.

Mein Fall wurde dadurch noch hoffnungsloser, daß ich glaubte, es sei unmenschlich, Kindern Christian Science Behandlung zu erteilen, und das Unvermögen der praktizierenden Scientisten, ansteckende Krankheiten zu diagnostizieren und somit ihre weitere Verbreitung zu verhindern, sei eine Sache, die alle denkenden Menschen verurteilen müßten. Dies waren nur einige von den Schranken, die mich davon abzuhalten schienen, Christian Science anzunehmen. Wie viele es außerdem gab, vermag ich nicht zu sagen. Dies wissen nur die treuen praktizierenden Scientisten und Freunde, die mir in jenem stürmischen „Übergang vom Sinn zur Seele” („Science and Health,“ S. 566) so liebevoll beistanden. Dem sterblichen Sinn zufolge muß es wunderbar erscheinen, daß ich zur Erkenntnis der Wahrheit kommen konnte, wenn man bedenkt, daß ich außer meinem scheinbaren Widerstreben glaubte, mein Lebensunterhalt hinge völlig von der Fortsetzung meines ärztlichen Berufes ab, und wenn man ferner in Betracht zieht, daß ich vermeinte, physisch wohl zu sein.

Meine Frau hatte mehrere Jahre an Krankheiten gelitten, gegen welche Medizin keine Hilfe gewährte. Obwohl sie von den erfahrensten Vertretern meines Standes behandelt wurde, erlangte sie unter deren Fürsorge nur zeitweilige Linderung. In ihrer Bedrängnis wollte sie Christian Science versuchen, fügte sich jedoch liebevoll meinem Urteil, obgleich ihr Zustand sich stetig verschlimmerte. Die äußerste Not, die mein irriges Urteil herbeiführte, ließ mich schließlich das Ungerechte meiner Haltung einsehen, und ich gab endlich meine Zustimmung zu ihrer Behandlung nach der Methode der Christian Science. Ihre Heilung war eine schöne und vollständige; meine Opposition wurde jedoch dadurch nur noch größer anstatt geringer, und zwar deshalb, weil ich die Ergebnisse für jene Wirkungen hielt, die — wie meine Berufsgenossen anerkennen — vermöge des Hypnotismus oder des Einflusses der Mental-Suggestion auf den menschlichen Geist ausgeübt werden.

„Konnte sie nicht genau dasselbe von der ärztlichen Wissenschaft annehmen, und das christliche Element auslassen?” Das war für mich eine Streitfrage, die mir manche kummervolle Stunde bereitete. Damals war mein größter Wunsch der, meine Frau möchte den Gegenstand in dem Lichte sehen, in welchem ich ihn sah. Mir was überdies klar, daß die Frage der religiösen Erziehung für unser kleines Mädchen bald zur endgültigen Entscheidung kommen würde, und obwohl meine Frau bei ihrer Anhänglichkeit an Christian Science diese Lehre voraussichtlich für das Kind wünschen würde, glaubte ich es nicht über mich bringen zu können, meine Zustimmung dazu zu geben. Die folgende Erwägung entschied die ganze Angelegenheit und hob meinen Widerstand auf: Ich hatte keine Religion, welche ich dem Kinde hätte bieten können, während meine Frau eine besaß. Es wurde mir klar, daß es ungerecht sei, meinem Kinde etwas vorzuenthalten, was meine Frau für segensreich hielt. Vor zwei Jahren nahm ich mir daher vor, Christian Science zu studieren. Ich wollte gegen meine Frau und mein Kind gerecht sein, hoffte aber, um meiner Pflicht zu genügen, einen Weg zu finden, wie ich sie davon abhalten könnte, sich blindlings in etwas hineinzübegeben, was meiner Meinung nach gefährlich war. Die Geschichte meines beabsichtigten „Vernichtens” der Christian Science wäre interessant, wenn ich sie so erzählen könnte, wie sie sich wirklich zutrug. Kurze Zeit nachdem ich das Studium begonnen hatte, legte sich unser kleines Mädchen eines abends mit einem starken Husten zu Bett. Meine Frau wollte einen praktizierenden Scientisten rufen lassen, wozu ich meine Zustimmung erst nach einigem Zögern gab. Das Ergebnis war, daß das Kind nach fünfzehn Minuten zu husten aufhörte und einschlief. „Ein Zufall,” dachte ich bei mir selber. Am folgenden Abend geschah dasselbe. „Wieder ein Zufall,” war der Ausspruch meiner ärztlichen Weisheit; ich war aber nicht ganz so sicher. Am dritten Abend ereignete sich der „Zufall” abermals, und nun war ich eher zum weiteren Forschen geneigt. Ich wollte das Gesetz finden, vermöge dessen die jedesmalige Erleichterung bewirkt wurde.

Als ich das Studium dieser großen Religion wirklich ernstlich begann, dauerte es nicht lange ehe ich sah, daß sie viel Wahrheit enthielt. Z. B. der Ausspruch: „Es ist keine Empfindung in der Materie” („Science and Health,“ S. 237) welcher vielen Anfängern so schwer verständlich ist, war mir gleich zu Beginn klar. Ich glaube, alle Ärzte werden die in dieser Behauptung liegende Wahrheit zugeben, wenn sie dieselbe von einem vorurteilslosen Standpunkte aus betrachten. Nachdem dieser wichtige Punkt überschritten war, erkannte ich bald, daß der ganzen Lehre eine Weisheit zugrunde liegt, die aus keiner anderen Quelle kommen kann als aus wissenschaftlicher Kenntnis. Da ich nun eine große Wahrheit gefunden hatte, ließ ich andere Wahrheiten folgen, bis das Ganze ein System der Wahrheit wurde, dessen einzelne Teile so miteinander verbunden waren, daß der Beweis eines derselben den Beweis des Ganzen liefern mußte.

Ungeachtet der Tatsache, daß ich zuerst viel Wahrheit erkannte, konnte ich des Gedankens nicht Herr werden, daß es sogenannte „äußerste Fälle” gäbe, denen man mit Christian Science nicht beikommen könne; und diese Fälle schienen sich dem Erkennen des fundamentalen Gesetzes, das ich entdecken wollte, als ein Hemmnis entgegenzustellen. Zu diesen sogenannten „äußersten Fällen” gehörten unter anderem Diphteritis, Lungenentzündung und Schwindsucht. So glaubte ich z. B., Diphteritis könne nur durch den Gebrauch von Antitoxin kuriert werden. Ich hatte dieses Mittel in meiner eigenen Praxis angewandt, und trotz der Tatsache, daß sehr viele Aerzte dasselbe nicht anwenden und niemals angewandt haben, schien es mir, als ob die Weigerung der Christian Scientisten, Antitoxin zu gebrauchen, eine verbrecherische Fahrlässigkeit sei. In Bezug auf Lungenschwindsucht glaubte ich, in gewissen Stadien dieser Krankheit seien für den Patienten Reizmittel nötig; wenn Christian Scientisten also Reizmittel nicht anwandten, so machten sie sich der Fahrlässigkeit schuldig. Ich war der Meinung, Christian Science begünstige Schwindsucht, anstatt derselben Einhalt zu tun, weil die Opfer dieser Krankheit in ihrer religiösen Verblendung sich weigerten, sich zu schonen oder ein anderes Klima aufzusuchen, welches ihnen Linderung verschaffen würde. Wenige Monate jedoch nachdem ich angefangen hatte „Science and Health“ zu lesen, war es mir vergönnt, eben einen solchen Fall zu beobachten, der den Händen eines praktizierenden Scientisten anvertraut worden war. Die Krankheit war in einem vorgeschrittenen Stadium; der Patient wurde aber nach Verlauf von ungefähr drei Wochen geheilt, und zwar ohne ein anderes Klima aufzusuchen. Somit hatte ich einen Meilenstein hinter mir und war recht froh darüber.

In den ersten paar Monaten bot sich mir überraschend häufig Gelegenheit, solche „äußerste Fälle” zu beobachten. Während ich auf einige Tage von Hause abwesend war, erkrankte mein kleines Mädchen und wurde einem praktizierenden Scientisten übergeben. Als ich vierundzwanzig Stunden später nach Hause kam, war sie beinahe wiederhergestellt. Ich erkannte den Fall sofort als ein gefürchtetes Halsleiden; am nächsten Morgen jedoch aß sie herzhaft und war innerhalb sechsunddreißig Stunden völlig geheilt. Antitoxin war nicht angewandt worden, und somit verlor meine Arzneiwissenschaft wiederum einen Beweis. Später wurde dasselbe Kind von einem ernsten nervösen Leiden in einer Behandlung geheilt. Dies war für mich der wunderbarste Beweis von der Macht Gottes — wie Christian Science sie erklärt und lehrt — den ich je erlebt hatte. Ist es ein Wunder, daß ich festen Glauben an diese heilende Religion gewann? Um aber die „äußersten Fälle” vollständig zu machen und jedes Argument, das ich je gebraucht hatte, endgültig und gänzlich zu widerlegen, bot sich mir die Gelegenheit, einen Mann zu untersuchen, der an Lungenentzündung im schlimmsten Stadium daniederlag. Die Behandlung war umso schwieriger, als der Patient an einem Herzklappenfehler litt. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß falls Arzneimittel angewandt worden wären, es in diesem Fall keine Hoffnung gegeben hätte. Der Patient wurde mit einer Behandlung geheilt und konnte am nächsten Tag aus die Straße gehen. Die Grundlage meiner Behauptung, daß die Ausübung der Christian Science für den Patienten höchst gefährlich sei, wurde mir vollständig entzogen. So stand ich nun mit Gott als meiner einzigen Stütze.

Ich selbst legte ohne besondere Behandlung meine Brille ab und wurde von Schlaflosigkeit, ferner von einem Magenleiden, das periodisch aufzutreten pflegte, sowie von vielen anderen geringeren Beschwerden geheilt. Ich habe nur einige von den vielen Fällen erwähnt, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte. Verschiedentlich sah ich hohes Fieber innerhalb weniger Minuten schwinden und heftige Schmerzen vergehen. Ich habe gesehen, wie Glück und Freude an Stelle des Kummers traten, und dies alles durch ein Bekanntwerden mit der Macht der Wahrheit und ein festes Vertrauen auf den göttlichen Geist, wie ihn die Christian Science offenbart.

Das Heilen von Krankheit wäre an sich schon ein genügender Grund, weshalb ich für Christian Science so dankbar bin; es ist jedoch nur ein sehr geringer Teil all der Segnungen, mit denen wir überhäuft worden sind. Zu wissen, daß es einen Gott gibt; die Inspiration der Liebe zu fühlen und überzeugt zu sein, daß es für jedes scheinbare Übel der Menschheit ein unfehlbares Mittel gibt: all dies gehört zu den Segnungen, die mir zuteil worden sind, seit ich die ehrliche Erforschung dieser heilenden und erneuernden Wahrheit begonnen habe. Ich schreibe dieses Zeugnis mit dem Gefühl tiefster Dankbarkeit sowohl gegen Gott, als auch gegen unsere geliebte Führerin für ihre inspirierende und heilende Botschaft an die Menschheit.


Man braucht nur mit Liebe einer Sache nachzugehen, so gesellt sich einem das Glück zu.

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