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Einiges über den Pantheismus

Aus der Mai 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Auf das Vernunftwidrige des Pantheismus und seine gefährlichen Scheingründe ist von der Begründerin der Christian Science Bewegung in so trefflicher Weise hingewiesen worden, daß wenig Grund vorhanden ist, sich weiter über diesen Gegenstand zu äußern. Diese Zeilen kommen aber vielleicht vielen Lesern zu Gesicht, denen aus diesem oder jenem Grunde Mrs. Eddys Äußerungen über die pantheistische Gedankenrichtung nicht bekannt sind. Die Annahme, daß die von Mrs. Eddy gelehrte Religionsphilosophie ihrem Wesen nach pantheistisch sei, scheint auch bei sonst wohlunterrichteten und denkenden Menschen, die sich mit der Christian Science Lehre nicht befaßt haben, ganz allgemein verbreitet zu sein. Diese falsche Ansicht ist des öfteren mit Bestimmtheit vertreten worden, und namentlich in theologischen Schriften hat es an hierauf bezüglichen Andeutungen nicht gefehlt.

Der Verfasser muß hierbei an folgenden Fall denken: Vor einigen Jahren erbot sich ein Geistlicher in Neu-England, ihm eine kurze Darlegung vorzulesen, die bei einem Vortrag über die Christian Science zur Einführung des Redners dienen sollte. Nach einigen freundlichen Bemerkungen über die Anhänger dieser Lehre hielt es der Pastor offenbar für seine Pflicht, das soweit Gesagte durch die Erklärung zu modifizieren, daß er in Anbetracht des pantheistischen Charakters der Lehre Mrs. Eddys ein Gegner derselben sei. Der Verfasser sah, daß er es mit einem gutgesinnten, verständigen und gebildeten Mann zu tun hatte. Auf die Frage, wo denn pantheistische Ideen in der Christian Science zu finden seien, gab der Herr zu, daß er diese Schriften nicht aus erster Hand kenne, sondern sich aus den Besprechungen in dem offiziellen Organ seiner Konfession ein Urteil gebildet habe. Nachdem ihm der Verfasser mehrere Stellen aus Mrs. Eddys Buch „Science and Health with Key to the Scriptures“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift) vorgelesen hatte, gab er seinem Erstaunen und Bedauern offen Ausdruck und strich aus seinen Ausführungen alles, was er sich vorgenommen hatte über diesen Punkt zu sagen. Der Schreiber dieser Zeilen muß oft staunen, wenn er im Gespräch mit Leuten hört, wie allgemein selbst wirklich kluge und verständige Leute den Pantheismus und ähnliche Lehren mit der Christian Science in Verbindung bringen.

Es ist ja gar nicht zu verwundern, daß der Pantheismus für jeden christlichen Prediger, der des logischen Denkens fähig ist, ein solches Schreckbild bedeutet, denn er führt ihn in eine Zwangslage, aus der er nur dadurch einen Ausweg findet, daß er entweder die Allgegenwart, Allwissenheit und Allmacht Gottes leugnet, oder in Abrede stellt, daß Gott gut ist und alles gut erschaffen hat. Dies ist das Dilemma, in das jeder gerät, der die Wirklichkeit eines materiellen Weltalls annimmt. Die Christian Science beseitigt das Dilemma und somit einen gefährlichen und vielbetretenen Nebenpfad zum Atheismus. Nach einem unsrer Wörterbücher ist der Pantheismus die Lehre, daß Gott und das materielle Weltall, als Ganzes betrachtet oder gedacht, eins sind.

Seitdem das Christentum unter Konstantin vor etwa fünfzehn Jahrhunderten in die Bahnen des Materialismus gelenkt wurde, haben die Geistlichen die Wirklichkeit materieller Dinge gepredigt. Mit andern Worten, sie haben ungeachtet des überzeugenden Beweises, den die Worte und Werke Jesu bieten, allgemein gelehrt, daß das sichtbare Weltall nicht ein bloßes Phänomen ist, sondern das Noumenon oder die Welt der Dinge an sich, d. h. Substanz und Wahrheit. Was ist nun die logische Folgerung? Daß die Allgegenwart Gottes die Gegenwart Gottes in der Materie bedingt, was doch nur eine andre Wendung für Pantheismus ist. Die ungewissen und weitläufigen Ausflüchte sind nicht nur für christlich gesinnte Denker unbefriedigend gewesen, sondern haben auch den Unglauben gefördert. Es folgt ferner, daß, wenn Gott das belebende Prinzip der Materialität ist, Ihm das Erdbeben von Messina oder von San Francisco, wie überhaupt alles verheerende Wirken zugeschrieben werden muß. Und sogleich drängt sich die Frage auf: Wo bleibt da die Güte Gottes?

Überdies würde der Pantheismus kraft seiner Beweisführung Gott null und nichtig machen, weil er Ihn nicht als unendlich, sondern als endlich darstellt; denn wenn Gott in der Materie wäre, so wäre er durch die Endlichkeit der Zeit und des Raums begrenzt. Daher sind diejenigen Christen, die immer noch an der alten Lehre von einem durch das materielle Weltall sich äußernden Gott festhalten, so pantheistisch gesinnt wie nur irgend möglich. Die Lehre von der Wirklichkeit der Materie ist lange genug das Labyrinth der Theologen gewesen. Sie führt unausbleiblich zum Pantheismus, und Pantheismus führt sicherlich zu widersprechenden Begriffen von Gott. Diese Nebel der Theologie werden verscheucht durch den christlich-wissenschaftlichen Begriff von Gott als dem unendlichen Geist, als der regierenden Intelligenz des Weltalls und des Menschen.

Die Tatsache, daß die neuesten Lehren der Naturwissenschaft über die Materie — nämlich, daß Materie nur ein Phänomen und nicht Wirklichkeit ist ist — mit den Lehren der Christian Science in gleicher Richtung laufen, sollte die von den Dienern der christlichen Kirche so lange gehegte materialistische Anschauung schnell zum Schwinden bringen und dem pantheistischen Popanz ein baldiges Ende bereiten. Nie wieder dürfte sich in der Geschichte ein Fall wiederholen wie derjenige Amalric’s von Chartres, eines Theologen des zwölften Jahrhunderts, der gezwungen wurde seine unumstößliche Behauptung zu widerrufen, die Allgegenwart Gottes und die Wirklichkeit des materiellen Weltalls führe unweigerlich zu dem Schluß, daß Gott in der Materie sei. Diese Art etwas zu widerlegen, was durch eine vernunftgemäße Beweisführung nicht widerlegt werden kann, gilt heutigestags nicht mehr, und Mrs. Eddy sprach das endgültige Wort über diesen Gegenstand, als sie schrieb („Messages to The Mother Church“, S. 8): „Das Christentum, wie es im ersten Jahrhundert von unserm großen Meister gelehrt und demonstriert wurde, erklärte die sogenannten Gesetze der Materie, die Abgötterei, den Pantheismus und Polytheismus für null und nichtig. Das Christentum hatte nunmehr einen Gott und ein Gesetz, nämlich die göttliche Wissenschaft. ... Das Christentum, wie er es lehrte und demonstrierte, kann nur auf der Grundlage des Ersten Gebotes und der Liebe zum Menschen bestehen.”

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