Nichts ist wichtiger zu einem praktischen, demonstrierbaren Verständnis der Christian Science, als daß wir in allem, was wir sehen, denken und tun, einen klaren Unterschied machen zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Es gibt vielleicht keine bessere Übung in der Christian Science, als das Studium der Bibel und der Werke unserer Führerin, Mary Baker Eddy; und fast bei jedem Satze sollten wir uns selbst fragen: „Bezieht sich dies auf den absoluten Daseinszustand oder nur auf die menschliche Annahme?“ Daß viele, die sich Christian Scientisten nennen, es unterlassen diese sorgfältige Unterscheidung zu machen, zeigt sich leider in ihren Behauptungen und Handlungen, und diese Vernachlässigung ist schuld an vieler Gedankenverwirrung und an der Unfähigkeit jene Freiheit zu erlangen, welche immer ein Verständnis der Wahrheit begleitet.
Die Lehre der Christian Science erklärt, daß alle Wirklichkeit absolut ist, daß Gott, der Schöpfer, unendliches Gemüt ist, daß Seine Schöpfung rein geistig, harmonisch und vollkommen ist und Seine eigene göttliche Natur ausdrückt oder wiederspiegelt. Das materielle Universum aber, und alles was es enthält, einschließlich des sterblichen Menschen, ist ein Traum oder eine Illusion; seine Daseinszustände sind nie wirklich noch absolut, sondern immer angenommene Zustände, die einmal besser und ein andermal schlimmer scheinen, aber tatsächlich immer unwirklich sind. Und die Christian Science lehrt, daß die Anerkennung von Gott und Seiner Schöpfung als das Absolute und einzig Wirkliche, die beständige Behauptung und Erklärung, daß der Mensch und das Universum wirklich geistig und vollkommen sind, daß das Erkennen, daß es im Menschen, als Idee Gottes, kein Element des Bösen gibt, und daß das Verneinen des materiellen Universums und des materiellen Menschen, da sie Illusionen sind, und alle ihre Daseinszustände nur als angenommene gute oder schlechte Begriffe gesehen werden müssen, die mentale Arbeit ist. Diese Arbeit, wenn gewissenhaft getan, erzeugt in der sterblichen Annahme eine bessernde Wirkung, oder, um es genauer auszudrücken, macht die Irrtümer des sterblichen Gemütes zunichte, bis die materielle Annahme durch geistiges Verständnis ersetzt worden ist und das sterbliche Gemüt verschwindet. Diese Umwandlung ist auf Seiten 115 und 116 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ dem Lehrbuch der Christian Science, von Mary Baker Eddy, deutlich beschrieben als die „Wissenschaftliche Übertragung vom sterblichen Gemüt.“
Als Christus Jesus vor dem Grab des Lazarus gestanden, wußte er, daß Lazarus, als das geistige Kind Gottes, nie gestorben war, aber er wußte auch, daß Lazarus, als materieller Mensch nie gelebt hatte, und dieses klare Verständnis der absoluten Wahrheit über Lazarus, änderte die Annahme der Leute von einer Annahme von Lazarus als tot, zu einer Annahme von Lazarus als lebend; doch waren beides Annahmen des sterblichen Gemütes. Diesbezüglich sagt Mrs. Eddy auf Seite 493 von Wissenschaft und Gesundheit: „Wenn Jesus Lazarus aus dem Traum oder der Illusion des Todes erweckte, so beweist das, daß der Christus einen falschen Begriff berichtigen konnte.“ Alles nun, was in der Christian Science das Gute demonstriert, ist die Anerkennung des Christus, der Wahrheit, welche einen falschen Begriff berichtigt. Kein Zustand der Menschheit, der Welt oder der Kirche ist absolut oder vollkommen, solange eine Spur des Begriffs der Materialität oder Sterblichkeit verbleibt. Man wird natürlich einsehen, daß die Anerkennung Gottes und Seiner geistigen Schöpfung, als vollkommen und allein wirklich, das Erwachen und Betätigen von einem gewissen Grade von geistigem Sinn bedingt; denn nur durch denselben kann die Wirklichkeit wahrgenommen werden. Johannes hatte eine klare Vision des Neuen Jerusalems, der Stadt Gottes, des Geistes, aber das sterbliche Gemüt oder der materielle Sinn, kann diese geistige Wirklichkeit nie sehen, denn sie ist ganz außerhalb der Sterblichkeit und der Materialität. Nichts was der sterbliche Mensch sieht oder kennt, besitzt oder erfährt, kann absolut oder vollkommen sein; alles ist menschliche Annahme. Eines Tages kam eine Patientin zu einem Praktiker mit einer bitteren Klage. Sie zeigte ihre beiden Hände, die ganz wund waren, und sagte, daß sie schon seit mehr als zehn Jahren erklärt habe diese Hände seien vollkommen. „Und warum,“ fragte sie, „sind sie nicht geheilt?“ Geduldig erklärte der Praktiker, daß die Behauptung, diese materiellen Hände seien vollkommen, gar keine Wahrheitserklärung sei, und darum auch keine gute Wirkung hervorbringen könne; daß nur das Absolute vollkommen sei, daß materielle Hände nur eine Form der Annahme des sterblichen Gemütes seien und darum keine wirkliche Existenz haben; wenn man aber erkenne und behaupte, daß Gottes Schöpfung geistig ist, nicht materiell, und daß der wirkliche Mensch und alles was ihm angehört, als ein Kind Gottes vollkommen ist, werden die Irrtümer des sterblichen Gemütes zerstört und der Begriff oder die Annahme über die Hände berichtigt.
Es gibt nur ein absolutes und vollkommenes Gutes, das ist Gott. Mensch, die Idee Gottes, ist absolut, geistig, und hat kein Element des Bösen oder der Begrenzung in sich. Aber kein von Sterblichen wahrgenommener Mensch, ist oder kann absolut und vollkommen sein. Als einer zu Jesus trat und vor ihm kniete und sprach: „Guter Meister, was soll ich Gutes tun, daß ich das ewige Leben möge haben?“ sah Jesus daß der Fragende auf seine menschliche Person sah und diese vollkommen nannte, und er antwortete: „Was heißest du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott.“ Auf Seite 4 in ihrer „Message to The Mother Church for 1902“ gibt Mary Baker Eddy, die Führerin der Christian Science Bewegung, den folgenden Rat: „Ich wiederhole: Folgt eurer Führerin nur insofern als sie Christus nachfolgt.“ Damit zeigte sie deutlich, daß sie für jeden sterblichen Sinn der sie wahrnahm, weder vollkommen noch unfehlbar war, und daß die Demonstration des Guten in Führerschaft, wie in allem anderen, in der letzten Analyse, eine individuelle Sache sein muß und daß wir in Wirklichkeit nur unserem höchsten Begriff von Gott nachfolgen können.
Die Verwechselung in der Annahme von Jesus mit dem Christus, und der Versuch, die Eigenschaften des absoluten ewigen Christus, der Wahrheit, dem menschlichen Jesus zuzuschreiben, waren die größten und unheilvollsten Irrtümer der christlichen Geschichte. Wäre Jesus absolut gewesen so hätte ihn kein Sterblicher wahrnehmen können, und er hätte nicht der Wegweiser sein können. Ebenso ist kein Mann und keine Frau, die wir als Sterbliche kennen oder sehen, absolut oder ewig, und niemand ist vollkommen und unfehlbar. Was für das einzelne wahr ist, ist auch wahr über eine Vereinigung. Das Reich Gottes ist die vollkommene Vereinigung von Gottes Ideen, die unter der Regierung des absoluten Prinzips, der Wahrheit und Liebe, stehen. Die heilige Stadt, die Johannes in seiner Vision sah, ist der Ort, wo sich alle Kinder Gottes in vollkommener Harmonie aufhalten. Die vollkommene Kirche ist ein rein geistiger, göttlicher Bau, wie sie unsere Führerin definiert hat. Aber keine dieser göttlichen Ideen ist für das sterbliche Gemüt oder den materiellen Sinn wahrnehmbar. Keine Regierung, Vereinigung, Organisation oder Kirche, welche menschlich wahrgenommen wird, ist absolut; und keine Gesetze, Regeln, gerichtliche Vorschriften, Beamte, Vorsteher oder Herrscher sind vollkommen oder ewig. Das sind alles sterbliche Annahmen, die dem Wechsel unterworfen sind, und was sie Tag für Tag sein sollen ist die Demonstration der Leute, die sie wählen und ihnen Untertan sind. Das Mißlingen, in bezug auf Nationen und Kirchen zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen unterscheiden zu können, und die Neigung dem Sterblichen Eigenschaften und Vorrechte zuzuschreiben, die dem Absoluten angehören, haben zu dem Aufbau von Despotismus und Hierarchie geführt; und unter diesen Umständen sind die Leute, die sich nicht für ihre eigenen Demonstrationen verantwortlich machen, schwach und entartet geworden, und ihre Institutionen, welche zu hohen und hilfreichen Zwecken gestiftet wurden, sind verdorben und zugrunde gegangen.
Immer wenn Menschen einen Grad der Freiheit erkannt, vereinigen sie sich um den gemeinschaftlichen Gedanken und Zweck zu fördern. Die guten Ideen für solche Organisationen werden von Wahrheit und Liebe inspiriert, wenn auch die Natur dieser Inspirationen kaum verstanden wird. Organisationen, die so gegründet werden, wird oft sehr große Autorität zugeschrieben, und man ergibt sich der gewählten Regierung in vielen Einzelheiten, die dem einzelnen Menschen vielleicht lästig und unweise erscheinen, nur weil sie den Willen der Mehrheit kundgeben. Aber freie Menschen sind sich immer bewußt, daß sie, menschlich, wirklich von ihrer eigenen höchsten Idee der Wahrheit regiert werden. Sie geben ihre eigene Verantwortung der Selbstregierung nie auf, denn sie wissen, daß Autorität nicht in der Organisation und auch nicht durch Formen, Gesetze oder bevollmächtigte Leiter ins Leben gerufen wird und auch nicht beständig darin bleiben wird. Freie Menschen machen die klare Unterscheidung zwischen der Wahrheit, welche allein absolut ist und über die es keine Autorität gibt, und den materiellen Formen, die nur der Ausdruck ihrer eigenen Begriffe sind, Unternehmungen, die bestimmt und berufen sind die Ideen der Leute zum Ausdruck zu bringen, Ideen die vielleicht von der Wahrheit inspiriert worden sind oder die Wahrheit schwach wiederspiegeln. Wenn sie im Unklaren sind über die absolute Wahrheit und den menschlichen Begriff, und versuchen den Begriff mit der Autorität zu bekleiden die allein der Wahrheit angehört, wenn sie die scheinbaren Formen als absolut annehmen, dann verlieren die Menschen ihre Freiheit, sie fangen an zu entarten und ihre Organisation lösen sich auf. All dies geschieht weil sie der Materie Eigenschaften und Vorzüge beimessen die in Wirklichkeit nur dem Gemüt angehören.
Mrs. Eddy hat alle diese Dinge erkannt und der Geist derselben kann aus allen ihren Handlungen und Werken wahrgenommen werden. Sie hat die große geistige Wahrheit des Seins wieder entdeckt und festgesetzt. Sie hat diese Wahrheit nicht ins Leben gerufen und beanspruchte auch keine Autorität dafür; sie entdeckte sie. Sie wußte, daß diese Wahrheit, wenn verstanden und anerkannt, die Welt erlösen würde, und sie glaubte an die Notwendigkeit einer menschlichen Organisation zur Verbreitung dieser Wahrheit. Und so tat sie, was Jesus seinerzeit nicht zu tun versuchte; sie gründete ein Religionssystem und Gottesdienste. Sie organisierte eine Kirche und gab Regeln und Gesetze für ihre Regierung die von den Leuten angenommen wurden. Sie gab ihren Nachfolgern den Rat diese Regeln zu befolgen. Aber Mrs. Eddy hat die absolute geistige Wahrheit nie mit der menschlichen Organisation verwechselt. Sie wußte, daß die Wahrheit das Wichtige ist, daß Organisation und die Form der Anbetung nur die Wiederspiegelung dieser Wahrheit sind in der menschlichen Annahme, welche immer besser wird, je klarer die Wiederspiegelung ist. Mrs. Eddy kannte die Gefahren der Organisation und warnte ihre Anhänger beständig davor. Sie hatte in der menschlichen Geschichte die Neigung des sterblichen Gemütes, die Organisation zu verherrlichen, bis die Wahrheit, zu deren Wiederspiegelung sie bestimmt war, verloren ging und die Organisation, anstatt der Wahrheit, zu regieren begann, gesehen. Sie lehrte, daß die Form immer der Wahrheit Untertan bleiben müsse, und daß der Mensch immer die Organisation regieren müsse und nicht die Organisation den Menschen.
Mrs. Eddy lehrte ihre Nachfolger der geistigen Idee treu zu sein. Nichts anderes macht einen wahren Christian Scientisten aus. Die Sterblichen mögen körperlich krank sein, oder in irgendeinem menschlichen Begriff den sie festhalten fehlen, entweder einzeln oder vereint; aber das eine Wichtige ist: Immer der absoluten Wahrheit über Gott und Sein Universum, als geistig, harmonisch und vollkommen, treu zu sein. Wenn wir nichts als Gott und Sein Gleichnis in unseren Gedanken weilen lassen, wird uns das von Sünde und Krankheit heilen, und immer bessere menschliche Begriffe und in allen menschlichen Beziehungen Harmonie und Frieden hervorbringen. Auf Seite 256 von Wissenschaft und Gesundheit sagt Mrs. Eddy: „Wer ist es, der Gehorsam von uns fordert? Er, von dem es in der Sprache der Bibel heißt: ‚Er macht's, wie er will, beide mit den Kräften im Himmel und mit denen, so auf Erden wohnen; und niemand kann seiner Hand wehren, noch zu ihm sagen: Was machst du?‘ Keine Form, auch keine physische Verbindung reicht hin, um die unendliche Liebe darzustellen. Ein endlicher und materieller Gottesbegriff führt zu Formenwesen und Engheit; er macht den Geist des Christentums erstarren.“ Und auf Seite 141 des Lehrbuches finden wir das Folgende: „Alle Offenbarung (dies ist die allgemeine Ansicht!) muß durch die Schulen kommen und gelehrten und kirchlichen Ursprungs sein, wie die Könige aus einer königlichen Dynastie gekrönt werden. Durch Heilen der Kranken und Sündigen arbeitete Jesus bis ins kleinste die Tatsache aus, daß die heilende Wirkung dem Verständnis des göttlichen Prinzips und des Christusgeistes folgt, welche den körperlichen Jesus regierten. Für dieses Prinzip gibt es keine Dynastie, kein kirchliches Monopol. Sein einziges gekröntes Haupt ist die unsterbliche Oberhoheit. Sein einziger Priester ist der vergeistigte Mensch. Die Bibel erklärt, daß alle Gläubigen werden zu ‚Königen und Priestern gemacht vor Gott.‘ “
