Unter den jungen Leuten der heutigen Zeit hört man oft gewisse Bemerkungen, die erkennen lassen, daß das Verlangen nach Beliebtheit im menschlichen Bewußtsein tief eingewurzelt ist. Viele in den Reihen der christlich-wissenschaftlichen Bewegung haben jedoch die Wahrheit der Worte der Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 102) erkennen gelernt: „Es gibt nur eine wirkliche Anziehungskraft, die des Geistes”.
In einem Wörterbuche finden wir das Wort „Beliebtheit” erklärt als „etwas, was den Eifer der Leute fesseln soll”, mit andern Worten, etwas, um persönlichen Beifall zu gewinnen. Zergliedert man den Beweggrund dieses Verlangens nach Beliebtheit, so erkennt man leicht, daß er, obgleich oft unbewußt, nicht im entferntesten ein christlicher Beweggrund ist. Und sollten nicht alle Menschen wünschen, christusähnlich zu sein? Daß Christlichkeit nicht langweilig oder reizlos ist, geht aus den Worten Christi Jesu hervor: „Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen”.
Obgleich unser großer Wegweiser, menschlich betrachtet, inmitten des Weltlichen mit seinem Glauben an Sünde, Krankheit und Tod weilte, stand er mental über dem allem — im Reich des Wirklichen, wo er durch sein geistiges Verständnis des Menschen jeden falschen Zustand, der sich ihm zur Berichtigung darbot, meistern konnte. Er vollbrachte seine Werke aus liebreichstem Erbarmen, doch ohne falsches Mitleid. Während wir die von unserem Meister bekundete Sanftmut pflegen sollten, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, daß er auch ein mächtiger geistiger Streiter war; denn wir lesen in der Bibel, daß er „versucht [war] allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde”. Dies zeigte sich bei seiner 40tägigen Versuchung in der Wüste. Die Einflüsterungen des Bösen, die Einlaß in sein Bewußtsein begehrten, haben viel Ähnlichkeit mit denen, die heute an den Toren des menschlichen Denkens anklopfen. Was tun wir mit diesen Einflüsterungen? Christus Jesus widerstand ihnen und stellte sie bloß. Mit gottverliehener Stärke beharrte er gewissenhaft in seinem Verneinen des Bösen in allen seinen Erscheinungsformen. Er tat dies nicht nur für sich, sondern für alle Menschen, und deshalb lieben wir ihn und fühlen uns angezogen, aber nicht von seiner körperlichen Persönlichkeit, sondern von seinem geistigen Wesen, das ein Ausdruck des Prinzips ist, das seine Beweggründe und Handlungen regierte. Auch heute noch bewundern wir wahrhaft die jungen Leute, die in ihrem Alltagsleben dieselben wahren, bejahenden Eigenschaften einigermaßen zum Ausdruck bringen.
Manche der meist geliebten und bewunderten Menschen, die im Gesellschaftsleben unserer jungen Leute großes Ansehen genießen, sind weniger diejenigen, die viel Schönheit, Reichtum oder sogenannte Persönlichkeit besitzen, als vielmehr solche mit liebevollem, freudigem Wesen, die mit selbstloser Anteilnahme immer rücksichtsvoll gegen andere sind,— ein Verhalten, das, wie die Christliche Wissenschaft zeigt, für alle natürlich und normal ist.
Als Kinder des Gottes, der „ganz lieblich” ist, zu Seinem Bild und Gleichnis geschaffen, besitzen und widerspiegeln alle unaufhörlich die Tugenden des Geistes und „die Schönheit der Heiligkeit”. Wie die Strahlen der Sonne nie Finsternis bringen könnten, so kann auch der wirkliche Mensch, der Gott zum Ausdruck bringt, nichts anderes als Licht ausstrahlen — unmittelbare Freude, reine Gedanken und sittlichen Mut, den Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit (S. 514) als „‚den Löwen, der da ist vom Geschlecht Juda‘, den König im mentalen Reich”, auslegt.
Wenn der ernste Schüler der Christlichen Wissenschaft in seiner Wahrheitserkenntnis fortschreitet, sieht er, daß das Böse, das beansprucht, durch unwahre Vererbungsgesetze oder durch den Einfluß falscher Umgebung zu wirken, keine Macht hat, die Entfaltung seines wahren Wesens irgendwie zu hemmen oder zu verhindern. Dieses Wesen, das das Göttliche widerspiegelt, besitzt anziehende Eigenschaften wie Unversehrtheit, Uneigennützigkeit, Dankbarkeit, Begeisterung, Lieblichkeit. Ein solches Wesen hat unwiderstehliche Anziehung. Es zieht an, es hält fest und gibt doch unaufhörlich. Das sind feststehende Tatsachen des Seins des Menschen, die bewiesen werden müssen; denn unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 37): „Es ist möglich, ja es die Pflicht und das Vorrecht jedes Kindes, Mannes und Weibes, dem Beispiel des Meisters durch die Demonstration der Wahrheit und des Lebens, der Gesundheit und der Heiligkeit, in gewissem Grade zu folgen”.
Die Begierde nach Beliebtheit kann einen zuweilen, um sich bei gewissen Kameraden in Gunst zu setzen, zum Opfer der Selbstachtung werden lassen, während einer, der sich die Herzen begehrenswerter Freunde erobert, hohe Ideale hat und trotz Spott oder gegenteiliger Überredung daran festhält. Beliebtheit ist so unbeständig, daß man sie heute genießen und morgen vermissen kann. Fast alle, die Jesus bei seinem siegreichen Einzug in Jerusalem huldigten, verließen ihn in seiner dunkelsten Stunde.
Hören wir auf, nach Beliebtheit zu trachten, und trachten wir nach mehr Christentum! Wir werden finden, daß es uns nichts von unserer frohen Freiheit nimmt, sondern uns eher holde Lieblichkeit bringt, wahre Freundschaften anzieht und sichert und heilsame Freuden bereitet, gemäß den Worten Jesu: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen”.
